Feedback zum 20. Spieltag - "Ancelotti kicks Ass" - Raba

Generell wieder eine gewohnt starke Folge, die meine Meinung vom Rasenfunk als bester deutscher Fußballpodcast nur bestärkt. Vielen Dank allen Beteiligten für eure Mühen!

Ein kleiner Einschub zu dem kurzen Leipzig/Dortmund Protest-Segment: Max hat selbst in der Folge angemerkt, dass das kurze Anschneiden dem Thema in seinen vielen Facetten nicht gerecht werden kann. Es ist schön, wichtig und richtig zu hören wie ihr euch mit klaren Worten von jedwedem gewaltsamen Protest distanziert. Gleichzeitig entbehrt es doch nicht einer gewissen Ironie, eine mangelnde Diskussionskultur (nicht nur) in den Massenmedien anzuprangern, die Notwendigkeit einer multilateralen und vor allem sachlichen Debatte zu unterstreichen - nur um dann Raba Proteste auf das leidige “die sind ja nur gegen Geld/Kommerz” Argument zu reduzieren, und das Segment mit einer Passage abzurunden, die Ultras und Pegida-Anhänger auf eine Stufe stellt und betreutes Wohnen als Lösungsvorschlag in den Raum stellt. Das klingt zumindest etwas unglücklich.

Ein möglicher katalysierender Faktor für die Heftigkeit der Proteste und Reaktionen in den vergangenen Wochen, von denen ua ja auch Verein und Fanprojekt in Dortmund überrascht wurden, ist auch eine gewisse Monodimensionalität in der Art und Weise, wie mit dem Thema Raba medial umgegangen wird - vor den gewaltsamen Ausschreitungen wurden Vorbehalte von Fans zwar punktuell erwähnt, selten aber argumentativ aufbereitet. Das Gefühl von Marginalisierung mag dem einen oder anderen dann zur Bestätigung gereicht haben, was uU zu den hässlichen Szenen in Dortmund beigetragen hat.

Beim Rasenfunk, der sich ja - wenn ich das in der Vergangenheit richtig gehört habe - unter anderem auch aus einer gewissen Frustration über etablierte Fußballberichterstattung gegründet hat, schmerzt dann diese etwas flapsige Oberflächlichkeit schon ein bisschen. Mit Spannung erwarte ich daher das schon angekündigte Tribünengespräch zu Raba - mit der generell absolut exzellenten Qualität eures Podcasts als Baseline seid ihr hier wahrscheinlich wie kein zweiter aufgestellt, einen konstruktiven und hochwertigen Debattenbeitrag zu produzieren. Viel Erfolg dabei!

Noch einmal vielen Dank für eure Arbeit, weiter so!

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Jein. Ich nicke und schüttle gleichzeitig mit dem Kopf, wenn ich deinen Kommentar lese.

Erstmal danke dafür und für das Kompliment.

Zur Oberflächlichkeit der Debatte in der Folge selbst: Volle Zustimmung. Ich musste das Thema dann irgendwie zumachen, weil wir einen Zeitrahmen von 2 Stunden hatten und ich auch das Gefühl hatte, nur noch Marvin und ich reden. Das ging aber nur unter argumentativen Schmerzen und am Schluss habe ich ehrlich gesagt auch ein paar Dinge zusammengeworfen und damit das gemacht, was mich an der Debatte am meisten stört. Ich hoffe aber, ein paar neue Aspekte kamen doch auch in diesem Segment vor.

Ich weiß nicht genau, wie du das mit dem katalysierenden Faktor meinst: War dir die Berichterstattung zu wenig detailreich bei Aufarbeitung der Kritikpunkte an Raba, oder ist sie dir zu positiv? Ich finde, beides trifft zu. Zum einen ist die Berichterstattung teilweise so, dass den Argumenten von Kritikern gar nicht nachgegangen wird und sie somit ein bisschen “abgekanzelt” werden. Zum anderen ist der Grundtenor sehr bald in der Saison eher gewesen: Toller Fußball, volles Stadion, also ein super Verein.

Jetzt ist die Frage, wie wir das mit den Plakaten und Übergriffen einiger hundert Fans zusammenbringen und da tue ich mich schwer. Was sein könnte: Man wollte einen Kontrapunkt setzen. Aber ob es bei Menschen, die nicht nur Plakate mit irrsinnigen Verwünschungen hochhalten und auch tätliche Angriffe in Betracht ziehen, wirklich noch eine solche Motivation braucht? Ich bin mir da sehr unsicher.

Die Kausalitätskette, die manche aufmachen, ist ja die: Kritik am Projekt Leipzig wurde zu Hetze und diese Hetze zu Gewalt. Und ich sehe diese Kausalität einfach im Großen und Ganzen nicht. Denn rückwärts gedacht argumentieren manche so, als dürfe man dann nicht mal mehr kritisieren (auch ich wurde auf Facebook in diese Richtung gedrängt. Aber das kann es ja auch nicht sein, dass wir uns jetzt nicht mehr kritisch mit Dingen auseinandersetzen oder uns dazu äußern dürfen.

Wie bei eigentlich allem im Leben geht es wahrscheinlich um die Form, in der man sich äußert. Da schossen manche über das Ziel hinaus, auch ich vielleicht in den Augen einiger Hörer (siehe hier). Aber eine Sachdebatte, die vom Respekt anderer Meinungen geprägt ist, darf nie verteufelt werden. Ich hoffe, eine solche Debatte auch noch ausführlicher im Rasenfunk stattfinden zu lassen. Aber der zu erklimmende Hügel ist von unten aus gesehen steil.

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Lieben Dank für die ausführliche und differenzierte Antwort!

Mit pauschalisierender Medienkritik muss man natürlich gerade in diesen Zeiten vorsichtig sein, darüberhinaus ist eine sehr positive Raba Berichterstattung in rein sportlicher Hinsicht ja auch verständlich und legitim. Der medialen Auseinandersetzung mit den Hintergründen und Problemen fehlt es aus unterschiedlichen Gründen aber an intellektueller Schärfe - da stimme ich dir in deiner Ausführung zu. Als wahrscheinlich wichtigstes Medium für die Bundesliga begleitet Sky seit Beginn der Saison Raba mit wohlgefälligen behind the scenes Dokus; wo Kritik überhaupt Raum findet dann nur als simplifizierende Mauerschau: “Schaut, da drüben beschweren sich Leute immer noch über den Kommerz!”

Natürlich ist Sky in erste Linie ein Entertainmentsender und kein Ort für Fußballfeuilleton, und deshalb hier auch nur bedingt zu kritisieren. Gleichzeitig sind wir so in einer Situation, wo Unwille unter Fans nicht nur über Raba selbst, sondern auch über die Untätigkeit des DFB/der DFL und der Hilflosigkeit der anderen Vereine zusammenkommen - und wo sich nun eben die Salienz einer zahnlosen Hofberichterstattung als weiteres Puzzleteil hinzufügt. Das kann durchaus unter Fans zu einem Gefühl fortschreitender Isolation von einer medial konstruierten Mehrheitsmeinung beitragen - und geht gut mit einem Frustrationspotential zusammen, dass auf einem in langjährigen Auseinandersetzungen mit Medien, Behörden und Verbänden aufgebauten Gefühl des Missverstandenseins und der Missrepräsentation fußt. Natürlich gibt es einen Kern von Leuten, die keine externe Stimuli benötigen um gewalttätig zu werden oder sonstwie ihre Lust zur Provokation zu befriedigen. Ich halte es aber für gut möglich, dass in dieser Situation öffentliche Isolation und Fatalismus den ein oder anderen anspornen, ein Plakat hochzuhalten, der unter anderen Umständen da keine große Notwendigkeit gesehen hätte.

In eine ähnliche Kerbe schlägt ja auch Borussia Dortmund in ihrem Statement zur DFB Strafe: die Chancen einer kritischen Auseinandersetzung unter Fans mit den Protesten wird durch die Kollektivstrafen eher behindert; an Stelle einer Solidarisierung gegen Gewalttäter fördert man so eher eine Solidarisierung gegen den DFB - und Raba. So wichtig und verständlich ein deutliches Zeichen des DFB gegen Gewalt ist, so ungeschickt ist diese spezielle Lösung in dieser Konstellation. Dass man gut daran tut, Menschen in ihren Ängsten und Sorgen zu begegnen, sich öffentlich und konstruktiv mit ihnen auseinanderzusetzen anstatt sie zu ignorieren oder - noch schlimmer - bewusst zu isolieren ist keine Erkenntnis, die nur für den Fußball gilt.

Natürlich ist es Unsinn, eine direkte Kausalitätskette von Kritik > Hetze > Gewalt aufzumachen. Gerade im Fußball, wo eine martialisch-anachronistische Rhetorik nicht nur fester Bestandteil der Berichterstattung, sondern häufig auch gern gesehener Teil emotionaler Vermarktung ist, greift das zu kurz und ist ein rhetorischer Fehlgriff, der der Debatte letztendlich mehr schadet als nützt (die diskursive Wirkmacht von Fußballrhetorik ist aber auch wieder ein anderes weites Feld…). Als Versuch diese wall of text zusammenzufassen könnte man vielleicht sagen: Es ist eher die Hilflosigkeit und mangelnde Bereitschaft sich mit Kritik ostentativ und öffentlichkeitswirksam auseinanderzusetzen, die hier eine Eskalation begünstigt hat. Denn wer das Gefühl hat prinzipiell Ernst genommen zu werden, wer weiß dass es ein Forum gibt mit reellen Chancen angehört zu werden, der gibt sich eher damit zufrieden sich nicht in jedem Punkt durchzusetzen - weil die Institution ja fortbesteht und man sich dann eben bei der nächsten Auseinandersetzung durchsetzten kann. Das ist letztendlich die Grundlage demokratischen Zusammenlebens - und das macht hier das Ausbleiben einer sachlichen Debatte (auf beiden Seiten) umso frustrierender.

Entschuldigung für den langen Kommentar - das Thema ist einfach komplex, der Hügel ist definitiv steil. Es ist aber keine leere Floskel zu sagen, dass du und deine Gäste ein exzellentes track record haben, auch solchen Themen mit der nötigen Entspanntheit und Klarheit zu begegnen. Deshalb freu ich mich sehr auf das, was in Puncto Raba noch von dir/euch kommt!

Ich mische mich jetzt einfach mal ungefragt hier ein. Einfach mal vorneweg, sozusagen als eine Art Transparenzhinweis, kann ich sagen, dass ich mich als RaBa-Sympathisant bezeichnen würde. Und grob gesagt habe ich eigentlich auch nur eine Frage: Ist dein Argument der zu unkritischen Berichterstattung nicht genau das gleiche Argument wie das, dass Watzke noch Öl ins Feuer gegossen hätte, nur eben von der anderen Seite?
Und die gefühlt fehlende kritische Berichterstattung zu RaBa finde ich auch problematisch, da es sich einfach nicht beweisen lässt und äußerst subjektiv ist und sich immer so drehen lässt, wie es einem gerade passt.

Ja sicher, soll ja keine Exklusivveranstaltung hier sein.

Grundsätzlich hast du Recht - prinzipiell kann wie wir auf gesellschaftlicher Ebene über ein Thema reden unser Handeln beeinflussen, das kann theoretisch in die eine wie auch die andere Richtung schneiden. In beiden Fällen ist es aber natürlich kein Automatismus, weder haben Watzkes Kommentare direkt zu gewalttätigen Ausschreitungen geführt, noch gab es solche direkt wegen mangelnder Kritik.

Zu Formalisieren wie die Berichterstattung zu Raba ist könnte helfen - es gäbe durchaus Mittel, sich der Debatte in einer formalen Analyse zu nähern mit dem Ziel, eine etwaige Bias zu quantifizieren. Letztendlich ist es aber trotzdem eine Frage der Wahrnehmung, denn nicht jeder partizipiert gleichmäßig am medialen Diskurs. Meine Wahrnehmung ist, das für einen Teil der Dortmunder Fans ausbleibende “Mainstream” Kritik an RB und einseitige Berichterstattung schon länger eine Art eiternde Wunde ist.

Letztendlich ist es aber eben auch nur das: eine subjektive Feststellung über einen Faktor unter vielen, der vll noch nicht mal der wichtigste ist.