Erstmal: eine sehr gute Sendung, Max! Auch super, dass es so zeitnah zur ersten Spiegel-Veröffentlichung schon geklappt hat.
Jetzt mal ein paar Gedanken von mir zu dem Thema, warum das ganze in der breiten Öffentlichkeit keine so hohen Wellen schlägt.
Der Punkt Steuerhinterziehung ist leider schon arg abgenutzt. Wie ihr in der Sendung ja auch schon angedeutet habt, viele Menschen überrascht es überhaupt nicht mehr, dass Großverdiener Steuern hinterziehen. Ich würde sogar sagen, die meisten erwarten es wahrscheinlich sogar schon. Egal ob jetzt Top-Manager, Sportstar, Künstler, usw., immer wieder liest man ja von kreativen Steuersparmodellen, es ist schon fast alltäglich geworden. Die Aufregung in diesem Punkt hält sich deshalb wohl doch eher in Grenzen. Dazu kommt noch die Auswahl der Fälle, die der Spiegel genommen hat.
Bei Christiano Ronaldo werden sich wohl viele Leute ins Fäustchen lachen, dass es ihn erwischt hat, aber besonders hier in Deutschland wird der große Aufschrei ausbleiben. Er ist zu weit weg, wirklich „angebetet“ wird er von den meisten Leuten hier auch nicht und aus Spanien hat man schon so einiges über Mauschelein gehört oder gemeint gehört zu haben, so dass sich wohl doch eher Vorurteile bestätigen, als dass ein großer Aufreger zustande kommt.
Mesut Özil wird hier in Deutschland zwar als guter Fußballer respektiert, aber wirklich geliebt wird auch er nicht. Außerdem spielt er schon lange nicht mehr in der Bundesliga und ist auch eher „weit weg“. Dazu kommt noch eine Annahme, wie ich sie in meinem Bekanntenkreis öfters gehört habe: „Der wusste bestimmt gar nix davon. Der hat das doch alles einfach seinem Berater übergeben und sich selber nie darum gekümmert“. Schuld ist also nur der böse Berater/Anwalt und der arme Fußballer kann doch überhaupt nichts dafür.
Hätte der Spiegel aktive Bundesligaspieler und/oder Bundesligavereine auf den Titel gebracht, wäre die Aufmerksamkeit bestimmt größer gewesen.
Was jetzt kommt ist nur ein Gefühl, aber ich glaube, dass viele Fans gar kein so großes Interesse an umfassender Aufklärung haben, weil niemand seine heilige Kuh Fußball zur Schlachtbank führen will. Da stecken zu viele Emotionen mit drin. Jedes Wochenende fiebert man mit seinem Verein, seinen Helden, Vorbildern und die soll man jetzt vom Sockel stoßen? Und da gibt es auch einen gravierenden Unterschied zu dem FIFA-Skandal. Das sind alles alte Herren, die gewissenlos den Fußball kaputt machen. Da hat man die romantische Hoffnung, dass wenn da mal „ordentlich aufgeräumt“ wird, jemand kommt und die gute, alte Zeit des Fußballs zurück bringt. Das der eigene Verein, die eigenen Lieblingsspieler in diesem ganzen kaputten System ebenso mit drin hängen wird dann wohl nur zu gerne ausgeblendet.
Ähnlich verhält es sich mit den Beratern. Die werden bei vielen doch eher als Parasiten des ganzen Systems wahrgenommen und es würde bestimmt auch viele Leute freuen, wenn man da dem einen oder anderen schwarze Kassen und moralisch fragwürdige Geschäfte nachweisen könnte. Dass davon aber groß was auf Vereine oder Spieler zurückfallen würde, bezweifel ich stark.
Warum findet das Thema in (reinen) Sportmedien kaum statt? Da kommen wohl einige Punkte zusammen. Es ist wohl nicht ganz einfach, selber investigativ Tätig zu werden, da alle Dokumente beim Spiegel und den Partnern liegen. Man hat also wohl nur einen sehr eingeschränkten Quellenzugang. Außerdem ist das Thema, gerade bei den Steuersachen, extrem komplex. Vielleicht zu komplex, als das die Redaktionen das wuppen könnten. Ein anderer Punkt wäre wieder die schon oben erwähnte „heilige Kuh“. Diese Medien leben vom Fußball. Deshalb bezweifel ich, dass dort ein gesteigerte Interesse daran herrscht, Vereine und Spieler in Bedrängnis zu bringen. Gerade heute, wo sich eh schon immer mehr Medien beklagen, dass sie immer weniger Zugang zu den Vereinen/Spielern bekommen, weil dieses sich über Social Media Kanäle mittlerweile lieber selber vermarkten, könnte eine unliebsame Berichterstattung den Zugang natürlich noch viel mehr erschweren. Wer schaufelt sich schon gerne sein eigenes Grab?
Dieses ganze System Fußball produziert halt mittlerweile viel zu viel Geld. Und zu viele Leute profitieren in irgendeiner Art davon, mit entsprechend wenig Interesse daran etwas zu ändern. Der Fußball ist, wie heißt es so schön, too big to fail.