Input zur Männer-EM 2024

Und was lerne ich jetzt daraus, was mich mit dem VAR weiterbringt? Messergebnisse sind nicht faktisch, die subjektive Beurteilung durch Linienrichter oder Fernsehzuschauer erst recht nicht, da bin ich erkenntnistheoretisch wohl in der Sackgasse, was das Abseits angeht. ‚Fakt‘ ist, dass eine Entscheidung gebraucht wird, und dass das System eine liefert. Alle, die sich über das Ergebnis der SAOT Entscheidung beschweren, haben das schon früher getan, als die Entscheidung noch alleine vom Linienrichter kam. In Wirklichkeit beschweren sie sich über die zugrundeliegende Regel, die da lautet: gib mir eine Abseitslinie und ich sage Dir, ob Du da zum Zeitpunkt X drüber warst oder nicht. LR und SAOT machen beide dasselbe, SAOT nur präziser. Ob da was spielrelevantes rauskommt liegt nicht an den beiden, sondern an der Spielregel. An der Spielregel wird ja auch schon seit Beginn des Fußballs rumgedoktert und wie es scheint, ist die nächste Runde bereits in Vorbereitung (Wenger’s daylight). Aber auch dann werden sowohl LR als auch SAOT mit den neuen Anforderungen gefüttert und uns wieder genau das Ergebnis liefern, was wir von den beiden anfordern, um uns dann drüber zu beschweren, weil da wieder eine Linie ist, und wieder ein Zeh …

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Ich hätte noch eine Anmerkung aus der Praxis
Kumpel ist praktischer Physiker oder wie das heißt und der ist für Verformung zuständig bei einem Automobilhersteller

Teilweise bauen die am Arsch der Heide mit sehr viel Aufwand und sehr hohen Kosten Experimente auf mit hunderten kameras und verbringen für ein Teilweise 10 sek Experiment 2 wochen mit dem Aufbau und der justieren und der Feinabstimmung, damit er mir dann beim trinken geile Bilder zeigen kann oder so

Er hat sich mal über einen Neuling geärgert, der um sich zu bewegen, gehüpft ist 50 m entfernt vom Experiment, weil hat ihn 5 h gekostet, dass wieder nachzujustieren

Hier geht es um noch genauere Bilder und um Nanometer

Aber die Kameras beim Fußball stehen in einem Stadion aus Beton, in dem nicht nur einer hüpft
Da gibt es viel Wetter
Auch die Chips mit den Kameras einwandfrei zu synchronisieren ist schwerer als es klingt

Ich bin gerade bei solchen Entscheidungen für den VAR, weil bei Abseits werden wir es nicht genauer hinbekommen mit de
Und das Handspiel muss der ref ja trotz allem bewerten(in meinen augen falsch, weil kurze distanz, versuch wegzuziehen und gestreift ohne Einfluß)
Aber gerade bei solchen knappen Entscheidungen sollte trotz allem bewusst sein, dass auch die Technik nicht unfehlbar ist

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Drei Absätze aus einem schönen Artikel der Zeit:

So schafft es der Fußball seine Fans zu verlieren!

Beim Abseits besteht noch immer das Problem der sogenannten Scheinobjektivität. Die Uefa setzt zwar bei der EM zum ersten Mal die sogenannte halb automatische Abseitserkennung ein, bei der zehn Kameras nur Abseitsstellungen erfassen sollen und jeder Spieler anhand von 29 Messpunkten am ganzen Körper gescannt wird. So ergeben sich die seltsamen Männchenbilder. Und es gibt einen Chip im Ball, mit dem versucht wird, so genau wie möglich den fürs Abseits relevanten Abspielzeitpunkt zu erfassen.

Das Problem: Der Analyse liegen TV-Bilder zugrunde, die 50 Einzelbilder pro Sekunde liefern. Das klingt nach viel, ist im Hochgeschwindigkeitsfußball aber wenig. Zwischen zwei Frames können sich in entgegengesetzte Richtungen rennende Spieler durchaus um mehrere Zentimeter bewegen. Diese technische Ungenauigkeit wiederum führt Abseitsentscheidungen im Zentimeterbereich ad absurdum.

Doch selbst wenn irgendwann Abseitsentscheidungen objektiv auf den Millimeter genau bestimmt werden können – es geht um etwas Grundsätzliches: Sie mögen dann formal korrekt sein, mit dem Sinn des Spiels aber haben sie nichts mehr zu tun. Schon längst gibt es Entscheidungen, an denen regeltechnisch nichts zu beanstanden ist, deren Auswirkungen aber in keinem Verhältnis zum Vergehen stehen. Sie sind, wie es so schön heißt, nicht im Sinne des Fußballs. Die Regeln dienen nicht mehr dem Spiel, das Spiel wird zum Knecht der Regeln.

Lange machte sich sogar der Uefa-Chef selbst über die neuen Abseitsregeln lustig. „Wenn du eine große Nase hast, bist du heutzutage im Abseits“, wurde Aleksander Čeferin schon 2019 im englischen Daily Mirror zitiert. Er zielte darauf ab, dass mithilfe kalibrierter Linien nach irgendeinem Körperteil gesucht wird, das einen Stürmer schlussendlich doch noch im Abseits stehen lässt.

Abseits wurde einst erfunden, damit Stürmer nicht einfach vor dem gegnerischen Tor herumlümmeln und auf den Ball warten. Nun werden Spieler zurückgepfiffen, die einen Zentimeter im Abseits standen, ein paar Sekunden später auch schon wieder nicht mehr. Aber welchen, um jeden Preis zu bestrafenden Vorteil hat sich der Stürmer gegenüber eines Verteidigers verschafft, der mit der Fußspitze einen Zentimeter im Abseits stand? Die Strafe, also das Zurücknehmen eines Treffers, steht in keiner Relation zu einem minimalen, lediglich durch technische Hilfsmittel detektierbaren Regelverstoß.

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Ich bin etwas angepisst dass England weitergekommen ist. Ich hab in allen meinen Tippspielen gegen sie getippt :see_no_evil: . Für mich war das Erstaunlichste am Spiel aber tatsächlich, wie überrascht alle in der Übertragung waren, dass England sich so schwer getan hat. Wenn man sich nur die Spiele der Slowakei und Englands im Tunier angeschaut hat und die Namen ausgeblendet hätte, wäre meiner Meinung nach die Slowakei Favorit gewesen…

England hat heute wieder, wie in jedem bisherigen Spiel einfach furchtbar und Systemlos gespielt. Slowakei war ganz eindeutig das bessere Team, sie waren nach 60 Minuten einfach platt, das ist das einzige was ich ihnen vorwerfen kann.

Also ich gehe davon aus, England wird gegen die Schweiz nahezu chancenlos bleiben… Alle Aktionen die sie bislang im Tunier hatten sind aus brillanten Einzelleistungen entstanden, was ja auch durchaus reichen kann. Aber da sie kein funktionierendes System hinbekommen ist das für mich immer mehr Zufall als geplantes Können.

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Was lernen wir so wet (65. Minute) aus ESP-GEO:

  • Georgien hat im Gegensatz zu Italien eine Idee, wie man aus dem (Gegen)pressing der Spanier rauskommt.
  • Spanien ist defensiv anfällig
  • Georgien wäre ein Horrorgegner für die DFB-Elf (defensiv eng und eklig/Im Konter überlegt und gefährlich)
  • Spanien bleibt der Topfavorit des Turnier, ist aber nicht so stark, wie in der Vorrunde vermutet

Der ARD-Kommentator fährt Almuth Schult nun zum dritten oder vierten Mal total unangenehm über den Mund.
Bsp. in der ersten Halbzeit:
Schult: „Jetzt muss er links raus spielen“ (da steht Williams)
Kommentator: „Nein. Auf Williams muss er spielen!“

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Das ist auch mir unangenehm aufgefallen. Das war nicht schön mitzubekommen.

Ich finde es gerade total spannend in welche Richtung die Diskussion hier läuft. Es ist doch gar kein Problem eine Messeinrichtung zu installieren die Ergebnisse in einer Genauigkeit im mm Bereich liefert, das stellt hier nicht das Problem dar. Und wenn man keine Diskussionen will, kann man eben sagen: „Diese Genauigkeit ist für eine objektive Entscheidung ausreichend und daher wenden wir sie so an!“ Das hat dann mit „Scheinobjektivität“ nichts zu tun, sondern nur mit der Korrekten Anwendung der Messgenauigkeit.
Die Frage ist doch eher, ob hier im Sinne dessen, wofür die Regel erstellt wude entschieden wird (Der Spieler verschafft sich einen Vorteil), wenn wir diese Genauigkeit als Beweisführung für die Entscheidung nehmen.

Na ja, 10^-9m ist eine Millionen mal kleiner als 10^-3m (mm), das macht einen nicht unerheblichen Unterschied!

Der Magenta Taktikkanal ist mein Unsung Hero für das Spanien spiel heute. Shkodran Mustafi mit Manuel Baum war so ein schönes Nähkästchen Geplauder! Und das zwischen mehreren totalen gewechselt wird, plus rein malen selbst im Spiel, ist alles viel interessanter als der schnöde Taktikstream der Öfis !!!

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Mal noch meine 2ct zu Spa-Geo:

Zunächst mal Georgien: Für mich eine hervorragende Leistung, wie eine Mannschaft ohne großen Namen so stark gegen die beste Mannschaft der EM spielen konnte ist einfach bemerkenswert. Das Ergebnis ist auch in der Höhe zwar nicht unverdient, aber trotzdem hat sich Georgien mMn wenig vorzuwerfen, gegen Spanien kann man halt auch mit 4:1 verlieren trotz eines guten Spiels. Ganz besonders hat für mich wieder Giorgi Mamardashvili herausgestochen, einfach ein berrauschendes Tunier des Keepers.

Zu Spanien:
Hat wieder gezeigt wieso sie als Topfavorit gelten. Auch in der ersten Hälfte hätte Spanien völlig verdient führen können. Sie sind sicherlich nicht perfekt, aber der geduldsame, methodische Aufbau den die Spanier an den Tag legen ist einfach schön anzuschauen (und effektiv). Ich bin zwar hoffnungsvoll, dass wir (durch die gezeigte Abwehrleistung Spaniens) nicht komplett Chancenlos bleiben werden, aber Spanien ist für mich ganz klar der zu erwartende Sieger.
So wie ich das sehe müssen wir einfach auf eine gute Chancenverwertung hoffen und dass Spanien das weiterhin handhabt wie bislang im Tunier…

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Oh, interessant. Für mich war’s genau andersrum, ich bin nach der ersten Halbzeit bei Magenta wieder zum ZDF gewechselt. Ich fand die Gespräche eher ablenkend und uninteressant :person_shrugging: .

Danke für den hervorragenden Artikel. Hatte ähnliche Diskussionen auch schon auf Twitter mit Alex Feuerherdt und im privaten Rahmen mit anderen Leuten des Schiedsrichterwesens und bin zum Ergebnis gekommen, dass zumindest auf der ausführenden Ebene schlichtweg das naturwissenschaftliche Verständnis für die geschilderten Zusammenhänge fehlt. Da reden zu viele fachfremde Leute von Dingen, deren inhaltliche Tiefe sie nicht durchblicken.

Von mir aus ist es okay, sich auf die semiautomatische Abseitserkennung als geringstes Übel zu einigen. Aber dieses Vortäuschen einer in der Realität nicht erreichbaren Genauigkeit und die fehlende Offenlegung der Methoden für eine unabhängige Prüfung finde ich als Naturwissenschaftler relativ unerträglich.

Deswegen vorher die Erklärung zum Aufbau der Experimente
Da springt ein Typ in 50 m Entfernung 2 mal hoch und du hast ein haufen Arbeit
Da ist bessere Technik als in der Bundesliga im Einsatz und mehr

Wie gesagt in den Experimenten geht es noch mal um andere Größen die es zu ermitteln gilt, aber die Umwelteinflüsse sind auch um ein vielfaches geringer

Was die Anwendung angeht: egal wo wir die Linie ziehen, es wird immer sehr knappe Entscheidungen geben, die sich subjektiv dann falsch anfühlen

Aber ich kann mit der Entscheidung wesentlich besser leben als mit denen wo interpretiert wurde (der Elfmeter zb.)

Da muss ich als Physiker und Kant-Leser widersprechen. Beobachtungen (==Messergebnisse) sind das einzig faktische was es gibt.

Hier ist ein Abseitsmessaufbau und die rote Lampe leuchtet. Also war es im Rahmen der Messgenauigkeit und Biases der Anlage Abseits. Das ist ein Fakt. Die rote Lampe hat geleuchtet.

Nun ist es etwas sperrig sprachlich jedesmal die Messgenauigkeit zu erwähnen und daher lässt man es spätestens beim zweiten Mal weg. Zumal die Info keinen Mehrwert bietet, da der Zusatz generisch für jede Form der Abseitserkennung gilt.

Ich bevorzuge den VAR nicht so sehr, weil er genauer ist, sondern weil er viel viel viel kleinere Biases hat als Linienrichter.

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Kann mir jemand hier erklären, wie der VAR den Zeitpunkt der Ballabgabe eruiert? Gilt hier der Erstkontakt oder der Zeitpunkt des Impulses auf den Ball? Was ist hier massgebend?

Ich reg mich jetzt schon auf, wenn England unverdient durch einen Kopfball von Kane gegen meine Schweiz 1:0 in Führung geht und dann hinten rein steht. England repräsentiert die 7 Todsünden: 1. Hochmut: Die Erwartungshaltung in England ist trotz konstanten Misserfolgen an Turnieren unrealistisch hoch. 2. Habgier: Anstatt positionengerecht aufzustellen, bombardiert man die Aufstellung mit grossen Namen. 3. Wollust: ÄHHHH 4. Zorn: Wo soll ich anfangen? Medial, intern… 5. Völlerei: Der Rückpass ist das zentrale Instrument der Spielanlage. 6. Neid: andere Mannschaften setzen die Taktik besser um. 7. Trägheit: Die ganze Mannschaft ist von Trägheit durchsetzt.

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Pointierte und auch witzige Analyse.

Ich gebe jedoch zu bedenken, dass die Engländer mit 70+ Spielen in einer Saison auch einfach extrem müde sein könnten. Das würde ihre Art zu spielen erklären.

Hmm… das Argument verstehe ich eigentlich nie. 1. Das ist ihr Beruf. Alles was ein Profi zu tun hat, ist sein Körper in gutem Zustand zu erhalten. Dann sollten eigentlich 2-3 Spiele pro Woche drin sein. NBA Profis spielen bis zu 5 mal pro Woche…
2. Die wirken nicht müde, sondern ratlos.
3. Was heisst müde? Erschöpft von der Saison oder verletzt?

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  1. Beim Basketball sind meines Wissens aber ständige Wechsel erlaubt, beim Fußball nicht. Wäre das beim Fußball erlaubt würde das die Belastung abschwächen.
  2. Beim Fußball sind ständige Richtungswechsel mit kurzen aber intensiven Sprints verlangt. Da gibt es Untersuchungen, dass das extem anstengend ist.
  3. Den mentalen Druck ist wohl beim Fußball am höchstens. Fußballer können keinen Schritt machen ohne befürchten zu müssen, dass eine Kamera oder Mikro in der Nähe ist. Das schlägt natürlich auch auf die Leistung uas.

Das mag sein. Aber ich habe Mühe mit dem Adjektiv „müde“. Das ist für mich nicht zutreffend. Wenn ich das Wort ernst nehme, verstehe ich darunter einen erschöpften Zustand, der es dem Spieler nicht erlaubt, die volle Leistung abzurufen. Doch wie kann man erschöpft sein Mitte 20, wenn man genug Schlaf hat und nicht verletzt ist?