Rasenfunk Royal: Die Saison von Leverkusen

Friends, es ist mal wieder Zeit für den Rasenfunk Royal. Mit Abpfiff des 34. Spieltags werden alle Aufnahmesessions zu jedem Verein geplant und dann in einer Sonderfolge auf die Saison aller Teams zurückgeblickt.

Für diese Aufnahmen freue ich mich noch mehr über Input als eh schon - denn die Vorbereitung auf alle 18 Teams ist eine echte Herausforderung. Das heißt ich nehme an dieser Stelle nicht nur sehr gerne jede Frage entgegen, sondern auch Input anderer Art. Statistiken, Dinge die euch aufgefallen sind, Gedanken die ihr zum jeweiligen Verein habt.

Inhaltlich will ich vor allem über die Gründe sprechen, warum die Saisonziele erreicht oder verfehlt wurden. Welche Personalien wichtig waren, auf besondere Spiele eingehen. Zudem interessiert mich natürlich die Stimmung im Umfeld sowie die Hausaufgaben mit Blick auf die Saison 17/18.

Macht mit!

Expertin wird Friederike Baudisch vom Neverkusenpod sein.

Danke für eure Fragen :wink: Aufnahme startet in einer halben Stunde, also jetzt auch zu spät. :smiley:

Hallo zusammen,

besonders viele Fragen kann man sicher zum Bayer nicht erwarten. Und um ehrlich zu sein: Als großer Rasenfunk-Fan interessieren mich die Abschnitte zu Bayer, besonders im Rasenfunk Royal, eher weniger. Ich bin ja meist besser informiert als das, was da nun schlussendlich besprochen wird. Wozu also Fragen stellen? Und wer, außer Bayer-Fans, interessiert sich schon für Bayer? Muss man ja mal ganz ehrlich zugeben…

Nachträglich wollte ich gern auf ein paar Punkte eingehen. Zur Auflösung.

Oliver Bartlett war bereits in Dortmund ein Anerkannter Fachmann und hat unter Jürgen Klopp dort als Fitness-Coach gearbeitet. Er war wohl ein Roger Schmidt-Intimus. So weit, so richtig. Innerhalb der Mannschaft hatte er allerdings wohl keinen so guten Stand. Es gab wohl auch mal ein Gespräch zwischen Mannschaftsrat und Geschäftsführung um dieses Problem anzusprechen. Wo nun genau der Bruch stattgefunden hat kann ich nur erraten (und das lasse ich mal).

Kurz vor Weihnachten wurde Bartlett dann, entgegen dem Wunsch von Schmidt, entlassen. Damals hatte ich das bereits als Warnschuss für Schmidt verstanden. Schmidt selber wurde ja nicht öffentlich angegangen, ihm wurde immer der Rücken gestärkt. Doch er hat sich auch öffentlich ein wenig über diese Personalentscheidung mokiert.

Bei der Personalie Jörn Wolf ist in der Öffentlichkeit immer wieder gesagt worden, dass der Club hier federführend war und Schmidt ein wenig “an die Leine” legen wolle. Das widerspricht dem, wie man es verstehen konnte, wenn man sich etwas mehr mit diesen Personalspielchen beschäftigt. Jörn Wolf war auch eine Schmidt-Personalie. Die beiden kannten sich sehr gut. Nach meinem Verständnis wollte Schmidt sich hier selber entlasten - von den organisatorischen Aufgaben, die so ein Projektleiter nun mal hat. Das wurde öffentlich etwas belächelt - bsw. auch Clubikone und Dummschwätzer Ramelow am Sky-Mikro - und in der Nachbetrachtung glaube ich auch, dass dies clubintern eher als nicht so tolle Idee angesehen wurde. Allerdings muss ich gestehen, dass ich hier rate. Wenn man sich das so angesehen hat, wie es bei der Demission von Schmidt ablief: Jörn Wolf war schon am Tag zuvor aus dem Amt geschieden. Das hat Michael Schade (der es einfach nicht lernt, dass er als Geschäftsführer einfach mal die Klappe halten sollte…) auf der Pressekonferenz, auf der Korkut präsentiert wurde, ein wenig süffisant (fast augenrollend, könnte man sagen) kommentiert. Um es mal umgangssprachlich zu sagen: Schades Reaktion auf die Journalistenfrage nach Wolf hab ich eher so verstanden: “Gott sei Dank ist mit dem Kasperletheater jetzt Schluss!!” Für mich war das eher ein Hinweis, dass diese Sache vom Vorstand auch als albern empfunden wurde.

Ich glaube, dass Schmidt hier wirklich noch mal was probieren wollte. Ich hielt die Idee auch nicht für so doof. Ein Trainer muss viel organisieren. Schmidt war bekannt dafür, dass er eben weniger darauf aus war am Mikro die Pressetermine zu wuppen - gab sich da regelmäßig dünnhäutig. Ich hielt es für eine sinnvolle Einschätzung seiner selbst, dass er sich da Hilfe geholt hat. Genützt hat es wohl nicht viel, wie man nun sagen muss…

Zum taktischen Aspekt möchte ich noch sagen, dass Schmidt bereits im Winter seines zweiten Jahres angefangen hat, den Übergang zum Ballbesitzspiel hin zu bekommen. Und zwar gepaart mit seinem üblichen Pressing. Das Pressing wurde aber immer weniger eingesetzt, um den Umschaltmoment zu kreieren. Sondern nach sofortigem Versuch den Ball zurück zu erobern, erfolgte oft der kontrollierte Pass nach hinten um geordnet aufzubauen. Unsere Ballbesitzwerte sind seitdem konstant geklettert.

Anfangs hat das nicht so richtig funktioniert. In Schmidts zweitem Jahr war ja auch Krise. Nach dem Skandalspiel gegen Dortmund war ein Tiefpunkt erreicht. Das Spiel gegen Augsburg (nach 0:3 noch 3:3) in dem Schmidt während der Partie nach Spanien flog, stellte einen Wendepunkt dar. Danach folgte eine ungeahnte Serie, die uns auf Platz 3 führte. In dieser Phase hat Schmidts Konzept super gegriffen: Pressing und Ballbesitz-Fussball in einem. Wir haben alle Teams dominiert und ziemlich überlegen geschlagen (außer die erste Hälfte gegen Schalke).

Ich denke auch, dass diese Rückserie mit dem Endspurt auf Platz 3 für die hohen Erwartungen rund um Bayer für für die vergangene Saison verantwortlich war. Das Team hat alles an die Wand gespielt. Brandt und Bellarabi haben nach Lust und Laune gezaubert. Im Nachhinein muss man wohl sagen, dass das Team völlig überperformt hat und diese Serie nicht mit in die neue Saison nehmen konnte. Dann ging alles den Bach runter…

Aber zurück zur Taktik:
Das Ballbesitzspiel von Schmidt hat sich von dem vieler anderer Clubs dadurch unterschieden, dass es extrem flügellastig war. Teilweise wurde das Spiel versucht über den am weitesten außen gelegenen Kanal nach vorne zu tragen um dann in Strafraumnähe in die Mitte zu ziehen. Meriner Ansicht nach hat Schmidt den modernen Fussball recht gut analysiert: In den letzten Jahren entstanden wahre Bollwerke vor dem Strafraum. Kaum ein Team, dass nicht die Mitte extrem vollgestellt hat. 5er-Kette und davor den 6er-Raum zu gemacht. Daher der große Fokus auf den Flügel: Schmidt wollte sein Team in dem Bereich gut machen. Spieleröffnung über den Flügel und die Halbräume. Oft hat es nicht geklappt. Hin und wieder schon. Erinnerst du dich, Max, an das Tor von Hakan gegen Bayern? Wo das Spiel von uns über links vorgetragen wurde, und plötzlich ging es schnell: Brand zog in die Mitte, Hakan startete auf dem Flügel durch, Brand steckte durch und Hakan stand blank vor Neuer und voll endete. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Art des Spielaufbaus, wie man sie bei diesem Tor gesehen hat, die Quintessenz von Schmidts Bemühungen war: Extrem flügellastig um die so stark geblockte Mitte zu umspielen. Ein weiterer Vorteil: Wenn man den Ball verliert ist das Feld eh schon besonders klein, weil die Seitenlinie sehr nah ist. Im Pressing ist die Seitenlinie dein Freund, denn sie bietet keinen Ausweg. Man kann Spieler auf dem Flügel besser pressen als in der Mitte. Daher bauen viele Teams ja auch die Pressingfallen auf den Außenpositionen auf - Leverkusen hat das auch immer so gemacht.

Übrigens ist der Spielaufbau über den Flügel jetzt auch nicht soooo neu. In Barcelona gibt es einen Spielmacher, der immer vom Flügel aus das Spiel aufgebaut hat, in die Mitte zog und dann Torgefahr entwickelte. Messi machte das unter Pep schon lange so.

Worauf ich hinaus will: Bereits im Winter/Frühjahr 2016 hat Schmidt angefangen von seinem totalen Pressing/Umschaltspiel abzulassen und versucht dem Team ein Ballbesitzspiel beizubringen. Das hat er in der letzten Saison nochmal intensiviert. Und ist gescheitert. Was aber wohl weniger an seinen taktischen Fähigkeiten lag.

So. Wollte ich irgendwie noch mal loswerden. Das sind so die Dinge, mit denen so ein Geek wie ich sich beschäftigt. Ich fand es geradezu großartig, dass Friederike dieses Punkten so überhaupt kein Gewicht beigemessen hat. Man muss nicht immer den kleinsten Personalentscheidungen und der Klubpoilitik so viel beimessen. Auch, wenn man das irgendwie immer macht - von der Ferne aus. Denn irgendwie sind das so Medienthemen…

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