Rasenfunk Royal - Hinrundenrückblick Borussia Dortmund

Zwischen dem 18. und dem 28. Dezember zeichne ich den Rasenfunk Royal auf. Wie bisher gibt es pro Verein einen Gast, der sich zur Hinrunde äußert.

Ich freue mich über Fragen und Anregungen. Was war eurer Meinung nach wichtig, um die Hinrunde des Vereins zu verstehen, welche Fragen habt ihr an unseren Gast (wer genau, wird hier erstmal nicht verraten)? Wie ist eure Meinung zu den ersten 17 Spielen in Liga und x in Pokal(en)?

Freue mich über Input!

Ich würde auf jeden Fall gerne ein paar Worte zum „Blitzwechsel“ von Peter Stöger hören. Für mich ist es schon bemerkenswert wenn ein Bundesligatrainer 7 Tage(!) nach seiner Entlassung bei Verein A direkt bei Verein B anheuert. In Spanien ist so etwas beispielsweise verboten:

Mal angenommen die Losfee hätte anders entschieden, dann könnten sich schon nächste Woche Dortmund und Köln im DFB Pokal gegenüberstehen, dass muss man sich mal vorstellen.

Allgemein scheint mir beim BVB in den letzten Monaten wahnsinnig viel kaputt gegangen zu sein, „Echte Liebe“ sehe ich da schon länger nicht mehr.

ich würde gerne wissen wie der Experte und wahrscheinlich dann auch Fan von Dortmund zu Watze und Zorc steht bzw. die allgemein Fanszene.

da gabs ja schon einige komische, um nicht zu sagen schlechte entscheidungen und aktionen in letzter zeit:

x Tuchel zwar geholt, aber ihn wieder vertrieben trotz sportlichen Erfolgs (ohne die genauen Hintergründe zu kennen)
x Spielertransfers, die nicht funktionieren (Merino, Mor, Isaac, Schürrle, Toprak mit Abstrichen)
x Sven Mislintat, was genau ist hier passiert? es kann ja nicht nur wegen Tuchel sein, dass er verschwindet

Gibts im Sommer dann den nächsten Umbruch? Oder wie sieht der Experte das?

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Hallo,
Mich erinnert die momentane Verfassung sehr an den Zeitraum Ende der Neunziger. Parallelen sind z.B. die ständige rückwärtige Sichtweise (Hitzfeld bzw. Klopp Ära), Transfers die nicht funktionieren (Ikpeba, Schürrle) und vielleicht ein bisschen fehlende Demut und Ruhe? Für mich wäre die Frage, ob Dortmund in dieser Erfolgsfalle gefangen ist (CL ist quasi ein Muss um den Kader zu halten) oder ob die Verantwortlichen aus der Vergangenheit gelernt haben und vielleicht wieder einen Schritt zurück machen werden?

Wie wird in Fankreisen denn eigentlich die Mannschaftshierarchie bewertet? Aktuell scheinen ja Schmelzer und Sahin die absoluten Leader zu sein. Obwohl sie nicht immer Topleistungen bringen und zumindest Sahin mit Weigl einen ziemlich starken Konkurrenten auf seiner Position hat (Schmelzer mit Guerrero auch, aber der spielt ja oft auf der 8 oder auf dem Flügel). Hat die “alte Meistermannschaft” zu viel Einfluss und behindert evtl. sogar die Integration der jungen Spieler?

Zum schnellen Trainerwechsel:
Könnte man nicht auch für Trainer ein Transferfenster einführen? Also das gerade erst entlassene Trainer erst wieder in der Winter-/Sommerpause einen neuen Verein übernehmen dürfen.

Da es mir so vorkam, dass Watzke bei der Stöger PK sehr angeschlagen aussah, wollte ich mal wissen ob eventuell die Ära Watzke (und Zorc?) beim BVB einem Ende entgegen geht. Man vermisst seit gut einem Jahr eine gewisse Souveränität im Auftraten der Mannschaft, des Umfelds und der Führungsetage. Stöger ist der dritte Trainer nach Klopp, Mitarbeiter verlassen auch den Verein und die Mannschaft wirkt nicht mehr wie eine eingeschworene Truppe sondern wie ein Grüppchenhaufen. Ich habe nicht den Anschlag auf den Spielerbus, und die nachfolgene Probleme vergessen welche der Verein erfahren hat, nur würde ich dieses Problem in der Nachbetrachtung auch etwas früher ansetzen.

Nach der, in der Summe, sehr erfolgreichen Ära Klopp wechselte man auf Tuchel. Das Auftreten von Watzke war immer noch wie üblich: Man sprach Meinungen aus, griff in die Rhetorikkiste, attackierte Gegner und Kritiker. Nur wirkte das immer mehr sehr abgenutzt, vor allem in der Phase in der das Hauptziel RaBa nun die Bundesligabühne betrat, man ein allgemein neues Feindbild hatte. Mit Tuchel wurde jemand geholt bei dem sich viele die Finger nach lecken, spielte zwei erfolgreiche Saisons doch am Ende ging man im Streit, Tuchel war der Buhmann (bestimmt auch nicht zu Unrecht), aber irgendwas scheint im Verein im gesamten in Schieflage geraten zu sein. Sehr viele Transfers saßen nicht mehr, man nahm zwar sehr viel Geld ein, gab deswegen auch sehr viel Geld aus, doch wirklich eingeschlagen hat nur ein kleiner Teil. Man versuchte immer noch das Gefühl der Klopp Ära zu behalten mit dem man viele Sympathien gewann, doch man merkte dass dies nicht mehr der “alte BVB” ist sondern ein Verein der sich auch immer und immer wieder anpassen musste. Tuchel wurde am Ende mehr oder weniger mit Ansage vor die Türe gesetzt, Bosz ist nach nur einem halben Jahr gescheitert, Stöger möchte man anscheinend nur bis Saisonende halten. Parallel dazu gab es immer wieder Störfeuer und seltsame Handlungen: Unter Tuchel wird gesagt, man wird Hummels, Miki und Gündogan behalten, am Ende waren alle weg. Man holt sich dann einen Schürrle und Götze für viel Geld die beide nicht einschlagen (bei Götze kam die Sotffwechselkrankheit dazu, kann man nix für aber das Geld ist trotzdem weg). Man holt “verdiente” Spieler zurück die einem nicht mehr wirklich die alte Qualitäten geben. Diverse Mannschaftsteile werden als nicht mehr leistungsgerecht für die Ambitionen bewertet, am Ende holt man sich sehr viele Flügelspieler und Talente auf denen man Erwartungen legt die sie so noch nicht leisten können. Man vergisst aber gestandenere Spieler zu holen und vor allem die Abwehr/Defensive zu stärken. Vielleicht kann man auch argumentieren, dass der Saisonanfang da viele geblendet hat und man nun die Wahrheit im Kader zu spüren bekommen hat. Es wirkt auch irgendwie seltsam dass der Spielerrat nur aus verdienten Spielern besteht die aus der Ära Klopp übrig geblieben sind, aber alle keine Leistung zeigen die man erwarten können sollte. Schmelzer wird zwar gerne schwächer geredet als er ist, eine absolute Bereicherung ist er nicht mehr. Pisczeck wird immer schwächer, unkonstanter. Reus ist ein Dauerpatient der dem BVB instant auf ein besseres Niveau heben kann, aber zu oft verletzt ist. Sahin ist ein sehr guter Kicker, der es aber auch oft genug nicht schafft dies zu zeigen. Trotzdem scheinen diese alten Klopp-Spieler in der Mannschaft noch ein enormes Gewicht zu haben, ihnen Watzke vertraut aber selbst dem Verein nicht mehr helfen können.

Sofern ich es als Außenstehender beurteilen kann, scheint mir Watzke immer mehr und mehr Fehler zu machen, müder zu wirken und seltsamer sich zu präsentieren. Es ist nur meine subjektive Einschätzung, aber ich kann mir auch vorstellen dass die Ära Watzke einem Ende entgegen gehen könnte.

Nach 2 Spielen (ggf. 3 zur Aufnahme) kann man natürlich noch kein sportliches Fazit zu Stöger ziehen, aber vielleicht gerade deshalb würde mich eine Einschätzung des Gastes zu dieser Personalie mit Blick auf den Sommer interessieren:

Sollte man unabhängig vom sportlichen Abschneiden (also selbst im Falle von z.B. Platz 2 und EL-Finale) im Sommer einen neuen Trainer holen, weil Stöger nicht zur Philosophie passt? Also genau nicht in die “Falle tappen” wie Bremen oder Gladbach zuletzt, indem man an einer Übergangslösung aufgrund kurzfristiger Erfolge zu lange festhält? Oder würde Stöger mit einer erfolgreichen Rückrunde beweisen, dass er auch “mit Stars kann”, was ihm ja teilweise abgesprochen wurde?

Ohne jetzt soziale Medien überzubewerten: Bei der Facebook-Seite der Sportschau gab es “Emoji-Abstimmung” bzgl Stöger vs. Nagelsmann im Sommer (Link). Ergebnis 1400 vs 200 für Stöger. Nachdem man die Fans / Teile der Fans mit der Entlassung von Tuchel vor den Kopf gestoßen hat (und die sich jetzt bestätigt fühlen), kann man das im kommenden Sommer mit Stöger wirklich nochmal bringen?

Bringt sich die Vereinsführung damit nicht selbst in die Bredouille mit dieser Kommunikation, dass Stöger nur bis zum Sommer bleiben soll? Die klare Erwartung auch von der Vereinsführung muss ja sein, dass Stöger mit diesem Kader Erfolg hat und eine erfolgreiche Rückrunde spielt.

Ich bin mal so dreist und zitiere meine Äußerung aus einem Spieltagsthread, die hier wohl besser passt:

Wenn ich mir den BVB-Kader ansehe, dann erblicke ich eine recht stabile, aber ziemlich langsame und technisch eher mediokre Innenverteidigung, technisch sehr starke Spieler im zentralen Mittelfeld und unfassbar schnelle Offensiven. Für einen Trainer wie Stöger, der Andreas Renners Merksatz “Es ist viel einfacher, wirksam die Defensive zu verstärken, als eine offensive Spielidee aufzubauen” zu leben scheint, wirkt mir das wie gemalt, um in den beiden Pokalwettbewerben mit opportunistischem Konterfußball die Saison zu retten. Oder mache ich es mir zu einfach?

Daran anschließend würde mich interessieren, wie es eigentlich zu diesem Kader kam. Es kann doch niemanden geben, dem es nicht auffiel, wie unausgewogen dieser Kader ist? Also um wie viel stärker die Offensive als die Defensive ist? Und wie unpassend die Defensive für diesen Spielstil ist?

Womit sich natürlich direkt die Frage stellt, wie man auf die Idee kommt, mit dieser Defensive diesen Spielstil zu spielen?

Die Hinrunde lief alles andere als gut für den BVB. Obwohl: Von den 17 Spieltagen war der BVB 9x Tabellenführer, der FC Bayern 8x , und die Dortmunder haben die meisten Tore (39) erzielt. Beides (häufige Tabellenführung + erzielte Tore) ist dem sehr starken und nahezu perfekten Saisonbeginn geschuldet. Danach ging es rapide bergab und dennoch steht der BVB immerhin noch auf Platz .

  • Zwischen den Spieltagen 8 - 15 gab es keinen einzigen Sieg in der Bundesliga. Wenn du als Verein solch eine Negativserie hinlegst, kannst du kein ernsthafter Verfolger sein und man kann auch bei weitem nicht von einer guten Hinrunde sprechen.

  • Im Sommer kam Peter Bosz. Dieser ist furios und sehr stark in die Saison gestartet und der BVB hat jeden Gegner geschlagen und das in einer souveräner Art und Weise. Schöner, attraktiver Fussball … viele Tore … traumhafte Kombinationen. Was dann passierte ist nur schwer zu erklären.
    Innerhalb von 6 Wochen erfolgte der unfassbare Absturz:
    Aus 5 Punkte Vorsprung wurden 9 Pkt Rückstand auf den FC Bayern
    Nur eines (gegen Magdeburg im Pokal) von elf Pflichtspielen wurde gewonnen
    Zwei peinliche Remis gegen Nikosia in der Champions League

Peter Bosz hat Fehler gemacht. Der größte Fehler ist für mich, dass er die schwache Defensive von Dortmund unterschätzt hat, für das System welches er spielen lassen hat. Von diesem betonierten 4-3-3 System ist er sehr lange nicht abgwichen, Es kam mir vor als ob er planlos und ratlos sei, wie er die Borussia mit voller Überzeugung aus der Krise holen soll. Das hat die Mannschaft gespürt und sich davon anstecken lassen. Dadurch kamen u.a. peinliche Abwehrfehler zustande. Nimmt man alles zusammen ist die Entlassung von Bosz eine logische Folge (letzte so frühe Trainerentlassung beim BVB war vor 33 Jahren - Timo Konietzka)

  • Aubameyang: 19 Tore Pflichtspieltore in der Hinrunde.Er ist DER Mann beim BVB. Aubameyang ist extrem wichtig für den BVB und ist der Superstark im Kader - Ein Star mit Sonderlocken! Er kommt gerne mal zu spät, kommt mit 3 Kumpels und insgesamt über 1800 PS auf das Trainingsgelände in Brackel gebraust. Das ist alles kein Problem wenn es läuft und er trifft. Trifft er nicht und spielt schwach wird es zum großen Problem. Könnte auf Dauer weiter zu Problemen führen.

  • Für mich fehlt es auch an Klasse auf der Innenverteidiger- und Secherposition. Ein wichtiger Spielertyp der nicht mehr da ist, ist Sven Bender. Genauso so eine Art von Spieler braucht Dortmund auf der 6. Ein Julian Weigl kann das nicht in der Form. Weigl ist auch ein Opfer von Bosz. Letztes Jahr spielte er eine überragende Saison. Dieses Jahr spielt er unter “ferner liefen”. Beispiel: Im Derby hatte Julian Weigl insgesamt 29 Ballkontakte. Sonst hatte er immer 80-90. Weigl hat den Ball immer gut verteilt, ließ sich fallen und war eine Passmaschine. All das litt unter der offensiven Ausrichtung von Peter Bosz.

  • Reus hat noch kein Spiel gemacht in dieser Saison. Ein wichtiger Mann welcher dem BVB auch sehr fehlt.

  • 8-9 Verletzte, teilweise Langzeitverletzte

Borussia Dortmund kann und wird eine viel bessere Rückrunde spielen. Am Ende wird der BVB sich direkt für die Champions League spielen und Peter Stöger bleibt über den Sommer 2018 hinaus Cheftrainer - auch wenn Nagelsmann noch im Rennen ist.

Hallo zusammen,

in der letzten Schlusskonferenz (oder der vorletzten?) wurde der SC Freiburg positiv im Bezug auf seine Philosophie erwähnt. Der BVB wurde in den letzten Wochen häufiger für seinen inkonsequenten Weg in Sachen Spielphilosophie kritisiert.

Aber ist die Ausgangslage des BVB nicht die schwierigste Situation um eine einheitliche Philosophie zu implementieren? Reigonale Marken, wie der SC Freiburg, können sich eben genau über ihr Image regionale Sponsoren hernaholen, Vereine wie der BVB, die sich auf dem Sprung zur globalen Marke befinden und um intenationale Sponsoren ringen, müssen als erste Konstante erstmal Erfolg vorweisen.

Natürlich sollte der BVB aufgrund seines Stadions, seiner Geschichte und seinses Image kein “Verwaltungsfußball” spielen, dennoch halte ich es für sehr wichtig, auch den kurzfristigen Erfolg im Blick zuhaben und mit einer Trainerwahl Peter Stöger auf unkoventionelle Art den größt möglichen Erfolg in dieser Saison zu erreichen.

Wie seht ihr das? Muss der BVB erstmal über einen konstanten Erfolg sich in den Top 10 Europas halten (ECA und UEFA sehen sie noch dort), oder sollte man nach erfolgreicher Saison einen “Systemtrainer” verpflichten, der Tuchels oder Klopps weg weiterführt? Oder ist vielleicht Peter Stöger der Mann, der für beides steht?

Schöne Grüße und eine besinnliche Weihnachtszeit :slight_smile:

Für mich scheint der Kader wie gemacht für Stöger. Es ist quasi die Kölner Mannschaft der letzten Jahren in sehr gut. Als Übergang (was nicht nur für eine Saison sein muss) scheint er mir genau der richtige Mann für den Kader. Defensiv wird er der Mannschaft wieder mehr Stabilität geben und nach vorne werden es die Spieler, mit eben der Gewissheit und dem Stögerschen Spaß im zwischenmenschlichen Bereich, selbst regeln. Zutrauen die Spieler (oder den Verein) weiterzuentwickeln kann ich ihm hingegen nicht.

Mich interessiert auch die mittlere Zukunft. Watzke scheint mir mit der Saison angeschlagen und mit dem Wechsel von Mislintat scheint sich mir nicht nur auf dem Rasen ein Umbruch anzudeuten. Zumal die Transferpolitik zwar finanziell erfolgreich war, aber sportlich kaum ein Transfer wirklich gesessen hat (Phillip und mit Abstrichen auch Yarmolenko. Dazu einige Mitläufer bis Enttäuschungen wie Dahoud, Toljan, Toprak (Zagadou und Sancho nehm ich da etwas raus, die sind so jung, dass man nicht damit rechnen konnte, sofort eine Verstärkung zu sein. Andererseits, wie kann man einen 17jährigen für 8Mio holen und ihm dann nur einen 3-Jahresvertrag geben?). Neben dem Platz läuft aktuell imho mehr schief als auf dem Platz, nur das es besser “kaschiert” wird…

Gibt es da Einblicke wie sich der Verein aufstellen wird? Mit Yarmolenko hat man ja auch einen eher gestandenen Spieler als Ersatz für Dembele geholt…

Ich habe keine Ahnung, was wirklich zwischen Thomas Tuchel
und dem Verein vorgefallen ist und möchte das weder bewerten noch beurteilen,
aber ich glaube, der bisherige Saisonverlauf ist auch eine Folge des „Sommertheaters“.
Zum Saisonstart wirkte die Mannschaft befreit von den Konflikten aus der
Vorsaison, dann aber kam wohl der Punkt wo sich möglicherweise zeigte, dass eben
der Trainer Tuchel den BVB so stark gemacht hat, das seine Art, die Spieler zu
ihren hohen Niveau getrieben hat. Ich hatte den Eindruck, dass die Spieler zu
viel Einfluss in die Führungsetage des BVBs hatten. Vor allem Spieler, die der
Mannschaft am Ende mit ihrem Niveau nicht (mehr) weiterhelfen können. Die Frage
ist in der Tat, ob man nicht zu lange auf Schmelzer und Sahin sich verlassen
hat und deswegen auch zu lange auf das Experiment Bosz gesetzt hat. Ich
befürchte, dass mit einer wie in den Medien nun kolportiert Rückholaktion von Henrikh
Mkhitaryan weiter an einer rückwärtsgewandten Sichtweise der Verein eben nicht
vorangetrieben wird. Weder Sahin, noch Kagawa, noch Götze konnten nach Rückkehr
zum BVB an ihr vormals gezeigtes Leistungsvermögen im gelb-schwarzen Dress
anknüpfen. Auf die Potenziale von Spielern wie Dahoud und Toljan, aber auch
Zagadou, Bruun-Larson und Sancho sollte man meiner Meinung nach mehr setzen.
Vor allem Dahoud hatte bisher wenig Chance seine Klasse unter Beweis zu
stellen. Dass er es kann, hat er in Ansätze im Pokal gegen die Bayern gezeigt,
aber man hat auch gesehen, dass ihm die Spielpraxis und Sicherheit fehlte. Mit
Mkhitaryan würde man wieder eine Planstelle für ihn blockieren, auch wenn er
natürlich defensiver agiert.

Ich will noch ein paar Gedanken zum Anschlag formulieren, der ist in meinen Augen nicht ernst genug zu bewerten.

Es war ein Anschlag, aber drei Bomben. Ich hab eben nochmal ein wenig gegooglet:

Bei dem Attentat unterlief dem Verdächtigen jedoch ein entscheidender Fehler: Während die erste und dritte Bombe wohl planmäßig umsetzten, war der zweite und wichtigste Sprengsatz einen Meter über dem Boden und damit zu hoch platziert worden. Die Ladung verfehlte ihr Ziel und schoss über den Bus hinweg.

Die Bomben waren nach offiziellen Angaben mit Metallstiften versehen, ihre zerstörerische Kraft hätte Hunderte Meter weit gereicht. Einer der Splitter, etwa 70 Millimeter lang und 15 Gramm schwer, verfehlte die Businsassen und bohrte sich in die Kopfstütze eines Sitzes.

Die Bomben sollten töten. Das steckt man als Betroffener nicht einfach weg, das geht nicht. Da rebelliert jede Faser Selbsterhaltungstrieb gegen, das Hirn lehnt sich komplett gegen die Formulierung „zu hoch platziert“ auf.

Traumata werden vom Menschen bevorzugt ritualisiert verarbeitet. Zu den Vorteilen gehört u.a. dass jeder anders damit umgeht und das Ritual mag den einen langweilen aber jemand anderes erhält dazu den dringend benötigten Schutz um das Gesicht zu wahren, Zeit zu bekommen oder Schwäche zeigen zu dürfen. Das Ereignis erhält durch das Ritual einen Sonderstatus außerhalb des normalen Lebens.
Das Ritual wurde verweigert. Die Wertschätzung der Spieler wurde verweigert. Alles möglich war wichtiger als die Spieler.

Laut dem Ticker war schon um 20:58 (also keine 3 Stunden später) der Termin fest

Das kann man nicht bringen. Kein Vorwurf an Watzke der ist von den Ereignissen auch nur überrollt worden, ich kenne auch andere, die einfach weitermachen würden als die beste Option bezeichnen würden.
Aber es ist falsch.
Es funktioniert nicht.
Soldaten die aus der rosigen Zivilisation gerissen werden kommen ruiniert zurück; nicht nur ihrer Taten wegen, sondern insbesondere weil sie realisieren dass alles was sie bisher kannten, alles was sie für wichtig hielten - Schall und Rauch ist. Man kann es Erdung nennen.

Auch ohne Nahtoterfahrung läuft das so, bei FightClub heisst es: „Nach einem Kampf ist alles andere im Leben leiser gedreht… Man wird mit allem fertig!“

Und jetzt stelle man sich vor, wie ein Bartra (nach dem Splitter in der Hand, nach dem Krankenhausaufenthalt) auf irgendwelche Kritik aus den Reihen der BVB-Fans reagiert.
Der reagiert nach erfolgter Erdung eindeutig: leck.mich.doch.

Man wird widerspensig, widerborstig, lässt sich nichts mehr sagen von Leuten die den Kopf noch in den Wolken (und keine Ahnung vom wahren Leben®) haben.
Man wird aggressiv, ohne dass man es unterfüttern könnte, weil man sich im selben Moment vielleicht doch nur zusammenrollen will.
Beim AuffeOhren-Podcast wurde mal das Bild der geprügelten Hunde bemüht um die Reaktion der Mannschaft auf das 4:4 zu verbildlichen. Das Bild passt hier auch.

Der öffentliche Umgang mit dem Anschlag ist größtenteils „Och…wann war das?“, man verweigert dem Ereignis einen Sonderstatus. Aber wenn dass das normale Leben sein soll, warum sollte ein Spieler mit ein wenig Resthirn nicht einfach quittieren und sich mit der ein oder anderen Million in die Karibik absetzen? Er riskiert ja schon täglich seine Gesundheit und hält die Knochen hin - jetzt soll er auch noch sein Leben setzen? Wovon träumt ihr nachts, das soll kein Sonderstatus sein? Die Reaktion: leck.mich.doch.

Dann könnte man noch betrachten, was passiert wenn ein Riss durch die Mannschaft geht zwischen Spielern die das Ritual gebraucht hätten, aber es nicht bekamen und Spielern die es nicht brauchten, oder das glauben.

die Mannschaft wirkt nicht mehr wie eine eingeschworene Truppe sondern wie ein Grüppchenhaufen.

Das wundert dann überhaupt nicht. Dazu eine Trennung von Tuchel, der nach dem Anschlag die richtige Entscheidung einforderte. Das ist ein fetter Finger an die Spieler der Mannschaft, die Hilfe gebraucht hätten und deren Fürsprecher gegangen wurde.
Da mag es andere Gründe gegeben haben, aber angesichts der erfolgten Erdung ist ja eh alles unwichtig, entscheidend ist, wer in dem Moment wo es wirklich, wirklich drauf ankam, die richtige Entscheidung traf: Tuchel.

Ich fürchte, auch Schmelzer mit seine aggressiven Nachspielansage ist entweder im leckmich-Modus oder provoziert auch wieder nur leckmich-Reaktionen in der Mannschaft.

Von außen scheint mir das alles ein übler Clusterfuck, ich hab auch keine gute Lösung, da wird’s hoffentlich gute Psychologen geben.
Und da lese ich

Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass denen jetzt erst auffällt dass die Jungs in psychologische Behandlung gehören.
Aber bei so einem Artikel schwillt mir der Hals. Nach 7 Monaten kommt sowas.

Danke für eure Fragen. Aufzeichnung startet jetzt

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