Rasenfunk Royal - Saisonrückblick 17/18 Schiedsrichter

Fast vergessen: Die Erben Collinas geben sich im Rasenfunk Royal natürlich auch wieder die Ehre. Stellt hier gerne eure Fragen.

Dazu möchte ich mal kurz diesen Tweet hier lassen:
Ein Test, VAR-Entscheidungen im Stadion besser anzuzeigen.
Ich bin optimistisch und denke, dass man aus dieser Saison viele Lehren ziehen wird und im Sommer dann ein paar Dinge (wie das hier) feinjustieren kann, um den VAR zu verbessern.

Mich würde, ganz simpel, die professionelle Einschätzung interessieren, ob nach Ansicht der Erben der VAR in der derzeitigen Form und Ausführung weiterhin eingesetzt werden sollte? Sorry, aber dieses Thema wird euch auch sicher lang, lang beschäftigen. Und, wenn dafür Zeit ist und das nicht das Thema sprengt, interessiert mich schon lange, wie deutsche Schiedsrichter im europäischen Vergleich darstehen? Gerade mit blick auf die WM. Wenn sich eine solche Frage überhaupt allgemein beantworten lässt.

Keine Frage, nur ne Anmerkung: Ich war anfangs für den Viedeoassistenten. Ich hab lange gedacht, die Probleme geben sich mit der Zeit. Tun sie nicht. Unterm Strich bin ich zur Erkenntnis gekommen, das Problem hat sich nur in den Kölner Keller verlagert, ansonsten hat sich kaum etwas geändert. Der VAR ist in meinen Augen gnadenlos gescheitert und sollte lieber jetzt als gleich abgeschafft werden. Das wäre nämlich zumindest transparent. Man sieht den Schiedsrichter, er macht einen Fehler, man kann drüber diskutieren und gut ist.

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Mein “kleines” emotionales Fazit zu ein Jahr VAR:

Über den VAR selbst:
Meiner Meinung nach muss jedem Beteiligten klar gewesen sein, dass eine Einführung dieses System, was einen unglaublichen Einschnitt in die bisherige Erfahrung des Spielfluss und -atmosphäre bedeutete, nicht gleich alles glatt laufen wird. Wir sind immer noch, vor allem als Zuschauer, in einer Gewöhnungsphase, auch wenn es in anderen Sportarten ähnliche bzw. ausgereiftere Systeme schon gibt, so ist auch für eine Vielzahl an deutschen Zuschauern dies alles absolutes Neuland, genauso wie für die Schiedsrichter. Wir freuen und Jubeln über ein Tor, nur um dann gefüht Bange Minuten zu warten ob es nun wirklich eines war. Auf der anderen Seite hätte ich aber auch erwartet, dass das System etwas ausgereifter wäre (Stichwort Abseitslinien), man sich von vorneherein etwas stärker an der Durchführung orientiert wie im Eishockey oder American Football, bei dem vor allem zweiteres ein viel stärkeres System der Kommunikation mit dem Zuschauer, vor allem im Stadion (was uns einfach vollkommen abgeht und zurecht kritisiert wird), vorlebt und viel Irritation vermeidet. Dazu kommt noch das Fußballregelwerk selbst, dass in vielen Punkten von der Einschätzung des Schiedsrichters über Regelverstößte für die einzelne Situation und für die gerade stattfindene Gangart im Spiel selbst sehr variabel ist und auch so angewendet werden kann. Wenn der Videoassisten sagt, dass ist eine Gelbe Karte aber der Schiedsrichter ist nicht der Meinung, weil das nicht in seine bisherige Entscheidungsfindung im Spiel passt, dann ist das auch etwas schwer nachzuvollziehen wieso da jetzt diskutiert wird. Hilfreich wäre hier eventuell eben nicht ein einzelner Raum für X-Spiele in Köln, sondern dass ein VAR im Stadion selbst sitzt und in der Entscheidungsfindung des Hauptschiris auf dem Feld besser antizipieren kann. In der Summe aber, trotz aller Eingewöhnung und Fehler im System und Durchführung, empfinde ich den Fußball als fairer und ich bin eher davon überzeugt dass es in den nächsten Spielzeiten ausgereift sein wird.

Über den Umgang mit dem VAR (hier werde ich auch etwas emotional):
Der Umgang von Fans, Vereinsfunktionären und Journalisten mit dem VAR, der Umsetzung und einzelnen Entscheidungen war so gut wie jedem Spieltag unter aller Sau. Jetzt ist zumindest meiner subjektiven Erfahrung und Einschätzung so, dass in keiner Sportart der Schiedsrichter so respektlos, unwürdig und hart kritisiert wird wie im Fußball (durch alle Ligen hindurch), ich sehe das im Eishockey in der Form nicht, im Handball nicht, im Football nicht. Jahrelang wurde von einzelnen Beteiligten herumgeheult wieso der Fußball so altbacken ist, wieso er nicht auf die Technik zurückgreift wie in anderen Sportarten, es geht doch um Millionen, das kann man nicht nachvollziehen, es würde doch das Spiel fairer machen. Dann kommt die Einführung, bei dem jedem Beteiligten, wie zuvor beschrieben, klar sein müsste dass dies nicht von jetzt auf gleich zu 100% glatt läuft. Was wird gemacht? Genau die gleichen Konsorten durch Vereinsebenen und Sportmedien die jahrelang FÜR den Videobeweis sich ausgesprochen haben, fangen an ihn zu kritisieren, schlechtzureden und GEGEN die Einführung zu argumentieren. Da beschwert sich zum Beispiel ein Bruchhagen in der Sportschaud/DoPa etc. beim HSV Spiel in Bremen noch darüber, dass eine Entscheidung die zu Ungunsten des HSV (korrekterweise) getroffen worden ist, dass doch die Situation doch anders hätte ausgelegt werden können und das die Videotechnik die Seele des Fußball zerstören würde. Ein paar Wochen später feiert er es aber wenn es zu Gunsten des HSV ausfällt und will von der vorherigen Kritik nichts mehr Wissen. Völler hat sich jahrelang darüber beschwert wieso der Fußball nicht auf Technik zurückgreift, nur um dann nach einzelnen Spielen genau diese Technik zu kritisieren falls es nicht zu Gunsten von Leverkusen gefallen ist. Oft hört man mehrere Sätze herbe Kritik am Videobeweis, nur um dann in einem Halbsatz noch zu erwähnen “…also irgendwie ist es ja dann doch fairer geworden.” Von der Verunglimpfung des VAR als “die im Keller in Köln” könnte man sprachlich eventuell auch ganz gut diskutieren. Über die Phase wie sich stellenweise Streich äußerte muss man evtl. auch kein Wort verlieren, das mündete in aller streich’schen Emotionalität schon beinahe an Verschwörungstheorien. Anstatt aber dass die Journalisten dieses Spielchen den Beteiligten mal unter die Nase halten, finden die es aber eher töfte da voll mit einzusteigen. Da sitzen dann bei DoPa, bei Wonti oder den ganzen Sky Runden ehemalige Spieler und Funtkionäre und beschweren sich über all das, wie unfähig doch alle sind und schwelgen in ihren “ruhmreichen Zeiten” bei der das alles doch gar nicht vonnöten gewesen wäre. Was mir da auch immer wieder negativ auffällt sind Kommentatoren bei Live-Spielen auf Sky oder Radio, oder beim Sportstudio oder der Sportschau die gerne der Auffassung sind, die Entscheidung des Schiedsrichters zu “verbessern”, ich zitiere mal frei einen Sportschaukommentator beim Bremen Spiel am 33. Spieltag “Sehen sie hier? Diese Entscheidung kann man natürlich so treffen. Meiner Meinung nach aber kann man…” und schon hat man wieder einen Zweifel in die Entscheidungsfindung beim Zuschauer gesetzt. Von der “Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt” Einstellung die viele Fans, da möchte ich mich auch gar nicht ausnehmen", gegenüber einzelnen Entscheidungen, möchte ich gar nicht anfangen. Anstatt die 4 Entscheidungen zu loben die das Spiel fairer machen, hackt man eben auf den einen Freistoß/Strafstoß/Rote Karte herum die zu Ungunsten des eigenen Klubs gefallen ist und argumentiert dass alles doof ist.

Ich wünsche mir einfach, dass vor allem auch mal von medialer Seite der Schiedsrichter mal etwas mehr geschützt werden, nicht jede Kann-Entscheidung als “aber da muss/kann” diskutiert wird, oder der Schiri für Spiele kritsiert wird bei denen vor allem die Spieler und nicht der Schiri selbst die Eskalation provoziert haben und man dann gerne als “Emotionen die dazugehören” verharmlost, während der Schiri für wenig Fingerspitzengefühl gescholten wird. Mir kommt es viel zu häufig so vor, als ob das Schirigespann in manchen Situationen eh nichts richtig gemacht hätten können.

Ich wünsche mir aber auch ebenfalls dass die auch berechtigte Kritik der Fans, Spieler und Verantwortlichen über die Technik und Kommunikation der Entscheidungsfindung gehört wird und man diese verbessert von Seiten der DFL und der Schiedsrichter ausbessert. Der Stadionbesucher MUSS besser in die Entscheidungsfindung eingebunden werden, die Technik verfeinert und die Regeln eventuell angepasst werden.

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Ich bin sehr gespannt, ob der Schiedsrichterteil jetzt zweigeteilt wird. Eine eigene Folge zum VAR und den Rest wie gehabt zusammen mit Allgemeines.

Ansonsten gibt es m.E. zwei große Probleme mit dem Videobeweis. Das erste wurde ja sehr schön von einem deiner Gäste, ich glaube Mara, illustriert. Durch die reduzierte Zahl von Fehlentscheidungen wird der Fußball alles in allem fairer und gerechter, aber wie hieß es so schön, ihr habt eure Statistiken, ich habe meine Meinung. Abgesehen davon, dass es nicht Statistiken sind, sondern dass man das mathematisch auch beweisen kann, heißt das aber natürlich nicht, dass es nicht mehr vorkommen kann.

Das zweite Problem ist auch psychologisch. Der Schiedsrichter hat nicht mehr die Erklärung, dass er das ja nicht so schnell sehen konnte. Wenn die Fernsehbilder also meinen, eine Fehlentscheidung zu belegen, erwartet der Zuschauer, dass der Fehler durch “die im Keller” korrigiert wird.

Dazu kommen hausgemachte Probleme, insbesondere die mangelnde Kommunikation und die Arroganz, mit der einige Schiedsrichter hinterher erklären, sie hatten natürlich vollkommen recht und alle anderen keine Ahnung (Stichwort Elfmeter in der Halbzeitpause), sowie das Gefühl, dass durch den VAR dutzende uralte Regeln, die in der Praxis praktisch nie zur Anwendung kamen, plötzlich geprüft werden (ebenfalls Halbzeitpause).

Dazu kommt dann noch, dass der VAR nur in der Bundesliga angewendet wird und nicht in den europäischen Wettbewerben, dass Trainer und Funktionäre gerne von ihren eigenen Fehlern mit dem VAR ablenken und dass Meinungsmacher, insbesondere Reporter, aber auch Podcaster (dich eindeutig ausgenommen), trotz völliger fehlender Sachkenntnis wild argumentieren, warum der VAR angeblich falsch lag. So habe ich z.B. erst gestern erfahren, dass eine falsche Abseitsentscheidung immer klar falsch ist, weil Abseits eine Schwarz-Weiß-Entscheidung ist.

Ich glaube ja immer noch, dass die Probleme mit der Zeit abnehmen, wenn sich die Leute an das System gewöhnen. Aber der DFB könnte mit entsprechender Kommunikation da einen großen Schritt dazu machen.

Mich würde die Meinung des / der Experten zur Abseitsthematik interessieren. Wie @dirk45 ansprach:

Das habe ich auch letztens in einem kicker-Artikel so gelesen:

Wichtig zu wissen, ist: Bei einer nicht erkannten Abseitsposition handelt es sich immer um eine klare Fehlentscheidung - mag sie noch so knapp sein.

Da es kein Zitat ist, nehme ich mal an, das ist eine Interpretation des Autors.

Wie seht ihr das? Gerade mit Bezug auf die tollen, nicht existierenden, kalibrierten Linien. Ist Abseits ohne diese kalibrierten Linien wirklich richtig zu bewerten wenn es knapp ist? Aus meiner Sicht reicht dazu die Technik mit 25 fps und per Paint gemalten Linien nicht aus. Wäre es eurer Meinung nach mit kalibrierten Linien immer exakt zu bewerten? Aus meiner Sicht ebenfalls nicht aufgrund der Limitierung der Bildfrequenz und der dritten Dimension (ist der Kopf des Stürmers vor oder hinter dem Knie des Abwehrspielers?).

Zu den kalibrierten Abseitslinien stellen sich mir noch weitere Fragen:
Zum zeitlichen Ablauf: täuscht mich meine Erinnerung oder ist folgender Ablauf halbwegs richtig

  • Ganz zu Beginn hieß “in Stadion XYZ gab es heute keine kalibrierten Linien”, also konnte man daraus sich ableiten, dass es in anderen Stadien (natürlich) funktionieren müsste.
  • Nach ein paar Spieltagen hieß es dann, es gäbe generelle Probleme mit den kalibrierten Linien, die aber, so mindestens der Unterton demnächst (natürlich) behoben seien.
  • Inzwischen heißt es, es gibt überhaupt kein zertifiziertes System seitens der FIFA, weshalb diese kalibrierten Linien (natürlich) nicht eingesetzt werden können.

Für mich klingt das in der Retroperspektive so, als ob man zu Beginn der Saison die Leute glatt belogen hat?

Nächste Punkt: In dem oben erwähnten kicker-Artikel steht auch folgender Absatz:

Diskutabel bleibt dennoch der fehlende Einsatz von kalibrierten Linien, die alle Zweifel beseitigen können und ab der nächsten Saison denkbar sind. Bislang ging es nicht, weil es noch keinen von der FIFA lizenzierten Anbieter gibt. Bei der WM in Russland werden sie genutzt.

Ist das ein Witz? Es gibt nach wie vor kein funktionierendes System, aber bei der WM werden sie eingesetzt? Woher kommt diese Aussage? Ist euch dazu etwas bekannt?
Und seht ihr unter den aktuellen Gegebenheiten, dass in der kommenden Saison kalibrierte Linien vorliegen?

Zum Thema “klar falsch”. Meist ist eher die Redewenung “zweifelsfrei” angebracht. Und dieser ganze Komplex liefert dann jede Menge Raum für Interpretationen. Beim Handspiel von Naldo gegen den HSV zählte das Tor, weil es nicht zweifelsfrei falsch war. Beim Tor von Kostic gegen Leipzig gabe es eine Fehlentscheidung, der Spieler war relativ klar im Abseits, der Schiedsrichter sagte anschliessend, es sei nicht zweifelsfrei gewesen. (Der kicker schreibt: “Dass Kostic vor dem 1:1 knapp im Abseits stand, war mit bloßem Auge und selbst im TV ohne Hilfslinie kaum zweifelsfrei aufzulösen.”) Nehmen wir anschließend das nicht gegebene Tor von Ito gegen Frankfurt, von dem ich noch immer kein Bild gesehen habe, daß es mir auch im Nachhinein bestätigt, daß Ito zweifelsfrei im Abseíts stand (Der Kicker urteilt hier “Ito stand vor seinem Tor wohl ganz knapp im Abseits (25.).”). Trotzdem will man uns erzählen, daß er Günther Perl in Sekunden zweifelsfrei erkennen konnte, daß es Abseits war.

Das ganze passt nicht.
und dieses sind nur Beispiele. Ich habe sie gewählt, weil ich nunmal die HSV-Entscheidungen am besten kenne, aber auch, weil hier zweimal eine “schwarz-weiß-Entscheidung” vollkommen unterschiedlich bewertet wird und man uns beide male erzählen will, daß diese Entscheidungen beide richtig sind. Das passt nicht.

Wenn der Schiedsrichter das Spiel pfeift und die eine oder andere Fehlentscheidung dabei hat, dann ist das eben so. Jeder hat mal nen guten und mal nen schlechtern Tag, dann fehlen Wiederholungen, der Schiedsrichter hat nur eine Perspektive usw. Kann ich alles verstehen.

Der VAR muß aber quasi “genormte” Entscheidungen treffen. Schafft er das nicht, ist er witzlos. Dann ist man nicht mehr vom Feldschiedsrichter abhängig, der sich anschließend bei Fehlentscheidungen der öffentlichkeit stellen muß, sondern von einem Schiedsrichter im “Kölner Keller”, der in Zukunft wahrscheinlich auch kein Feldschiedsrichter der Bundesliga mehr sein muß. Die Spiele werden vollkommen untransparent von Unbekannten entschieden. Das schafft berechtigten Raum für Misstrauen.

Von der restlichen Kommunikation mal abgesehen

Wie ich oben schon schrieb: Ich halte den VAR für gnadenlos gescheitert. Man kann sich noch nichtmal mehr gelassen über Tore freuen, man muß immer damit rechnen, daß Situationen aus der Vergangenheit noch beurteilt werden, noch nicht mal vor dem Halbzeitpfiff macht es halt)

Ach ja, Halbzeitpfiff: Im Dunkeln lässt sichs munkeln. Die Erkenntnis haben wir ja beim Spiel Mainz gegen Freiburg erfahren. Der Schiedsrichter darf nur noch eingreifen, wenn er auf dem Spielfeld ist. Die Bilder zeigen, daß er nicht mehr auf dem Spielfeld war. Dann kommt der DFB mit Ausreden wie “Headset, Verbindungsprobleme oder ähnlich” und mit dem Moment, wo die Einspruchsfrist passé ist, gibt man dann doch zu, daß Winkmann nicht mehr auf dem Feld war. Und wir sollen dem VAR noch in irgendeinster weise vertrauen?

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Ich hab ja das Gefühl dass der VAR dem Ansehen der Schiedsrichter massiv schadet.

Die Situation dass der Schiedsrichter keine Zeitlupe hatte und auf dem Platz direkt entscheiden musste war Segen und Fluch zugleich. Ein Fluch natürlich weil die Entscheidungsfindung früher einfach höhere Hürden hatte. Ein Segen aber auch weil diese Hürden sehr gut sichtbar waren. Von ein paar Trollen und Cholerikern abgesehen habe ich schon das Gefühl dass man den Meisten Leuten, nach dem Abflauen des Spieladrenalins, näherbringen konnte warum es zu einer Fehlentscheidung kam. Und dabei waren dann eben der Blickwinkel des Schiri-Gespanns und das Fehlen einer Zeitlupe wichtige Argumente. Jetzt nehme ich mal als Beispiel die Szene aus dem Spiel Köln-Gladbach:

Hofmann wird kurz nach seinem Torschuss von einem Kölner Verteidiger umgetreten. Der Schuss geht neben das Tor.

Ohne VAR wäre die Szene für mich nahezu unproblematisch. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen dass der Schiedsrichter die Szene nicht richtig wahrnimmt weil er ein schlechtes Sichtfeld hat, oder weil er auf den Ball achtet, oder weil er sich Vlt auch nicht sicher ist ob der Ball zum Zeitpunkt des Fouls überhaupt noch im Spiel ist. Ich selber hatte die Szene im Spiel auch nicht wahrgenommen weil ich auch auf den Ball geguckt habe.

Jetzt haben wir aber einen Zwayer der sich die Situation in der Review-Area anguckt und über gutes Bildmaterial verfügt. Man kann den Kontakt sehr klar auflösen, man kann auflösen dass der Ball noch im Spiel war etc. Es gibt trotzdem keinen Elfmeter.

Am nächsten Tag lese ich die Kolumne von den Erben und erfahre dass Schiedsrichter ungern nach einem abgegebenen Torschuss noch auf Elfmeter entscheiden. Diese Entscheidung wäre aber mit den Regeln nicht zu vertreten.

Sowas wird dann durch den VAR gnadenlos demaskiert. Ich fühle mich in dem Moment nicht benachteiligt. Denn jeder wird mal benachteiligt. Ich fühle mich beschissen. Denn der Schiedsrichter hat in dem Moment eindeutig die Regeln gebeugt. Ich rege mich über diese Szene deutlich mehr auf als über andere Fehlentscheidungen. Und natürlich habe ich in meinem Gedächtnis eine Szene wo ein solcher Elfer schon gegen uns gepfiffen wurde.

Die von mir sehr geschätzte Seitenwahl twittert mittlerweile sowas hier um den VAR zu verteidigen. Die europäischen Spiele der letzten Tage haben gezeigt: das Hauptproblem liegt nicht beim VAR-System, sondern in der mangelhaften Entscheidungsqualität vieler Schiedsrichter und ihrer (ggf. Video-)Assistenten sowie bei den teilweise unklaren Regeln (insb. bei Handspiel). was man auch frei überspitzen könnte mit „der VAR ist nicht scheiße sondern die Schiedsrichter und die Regeln“. Und wenn VAR-Befürworter schon die Schiedsrichterschaft angreifen müssen um die Fehler zu rechtfertigen sehe ich keinen Profiteur aus dieser Technologie.

In meinen Augen brauch es mindestens eine temporäre Abschaffung des VARs um die vielen Unzulänglichkeiten zu korrigieren. Da ist natürlich der Hintergedanke dass eine einmal abgeschaffte Technologie auch länger nicht mehr eingeführt werden wird.

Über den VAR ist ja schon viel gesprochen und diskutiert worden; viele Themen hat man auch schon mehrfach gehört.
Zwei bisher eher unterbelichtete Aspekte fände ich spannend:

  1. Die Erfahrungen mit dem VAR in anderen Test-Ligen. Täuscht es, dass die Debatte in Deutschland besonders heftig ist - und hier auch viel mehr “schiefgelaufen” ist?
  2. Denke ich, dass man die riesigen Probleme des VAR nicht immer nur im “Vakuum”, also theoretisch und grundsätzlich diskutieren kann. Ohne die heftigen Verwerfungen in der Schiri-Zunft (Krug/Gräfe) sind die miese Performance und die krassen Unterschiede/Kehrtwenden in der Bewertung von Szenen m.E. nicht im Ansatz denkbar. Und dann ist man auch schnell beim Thema Missmanagement im DFB und vielleicht sogar Strukturfragen - wie, ob es noch mehr Professionalisierung braucht (DFB/DFL).

Da ja viel über den Videobeweis diskutiert werden wird, hier mal meine Übersicht darüber, was in welchen Spielen korrigiert wurde, wie oft die einzelnen Vereine dabei waren etc.

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Ich habe mehr eine generelle Frage hinsichtlich Abseits die sich mir irgendwie nicht nachvollziehen lässt. <Weiß daher nicht ob es so richtig hier her passt> Über diese Szenen wird nie gesprochen aber für mich sind sie Abseits

Beispiel 1 Augsburg-Schalke (32. Spieltag) 0-1 durch Kehrer.
Schalke bringt den Freistoß aus dem Halb-Feld in den Strafraum von Augsburg, bei dem Kehrer im Abseits steht. Sein direkter Gegenspieler “klärt” den Ball zur Seite <reicht für mich nicht für neue Spielsituation> und per direkter flacher Flanke kommt der Ball zu Kehrer zurück der den Fuss in die Flanke hält und der Ball landet im langen Eck.

Beispiel 2 ähnlicher Sachverhalt (Versuche noch ein Beispiel zu finden)
Es kommt ein langer Pass in die Spitze auf einen Spieler, der den Ball annimmt und alleine auf den Torwart zurennt. Der Spieler steht nicht im Abseits. Zeitgleich mit diesem Pass startet ,beispielsweise auf der anderen Seite des Spielfeldes (seitlich), ebenfalls ein Spieler, der zwar im Abseits steht, aber noch nichts mit der Situation zu tun hat. Beide Spieler rennen alleine auf den Torwart zu und kurz vor dem Tor erfolgt der Querpass auf den Spieler der vorher im Abseits stand. Tor.

Hoffe konnte das Beispiel verständlich beschreiben.

Irgendwie will mir diese Situation nicht in den Kopf, warum es sich hier um kein Abseits handelt. Genau die Meter, die der zweite Spieler im “Abseits” stand, helfen ihm im Sprintduell mit den Abwehrspieler um den Ball nach dem Querpass unbedrängt ins Tor zu schieben.

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Vorab - ich werde kein Anhänger des VAR werden. Niemals nicht, nein auf keinen Fall. Und ich freue mich schon wie Bolle auf die Saison 19/20, wo er mich heimsuchen wird. Ich bin da immer noch argumentativ auf Seite der wortpiratin. Aber dennoch habe ich ein paar Bemerkungen und Gedanken dazu. Als erstes rege ich mich aktuell wahnsinnig darüber auf, dass jetzt die sonntäglichen Apolegeten des VARs, die uns jahrelang mit ihrem Mantra mürbe getrommelt haben : " mit Videobeweis wäre das nicht…", auf einmal salbadern die, Schiedsrichter seien auch nur Menschen, die Fehler machen…, wenn zwei Menschen auf die gleiche Situation schauen, werden sie sie unterschiedlich bewerten… usw. usf. Neulich grad wieder in der Big Show so gehört. Nun diese Haltung kann man auch ohne VAR haben und hätte man früher haben sollen. Schiedsrichter sind fehlerbehaftet wie die Spieler übrigens auch. und es gleicht sich alles aus. Wenn ich dann die Statistik der Sportschau lese mit den 76 Entscheidungen, also etwas mehr als 2 pro Spieltag, dann habe ich Bilder von Spatzen und Kanonen im Kopf. aber die Kanonen sind nuklear munitioniert. Nun sind die Dinge, so wie sind und man wird den VAR wohl nicht wieder los. Aber ein vielleicht interessanter Gedanke geht mir seit 91. Folge der Erben durch den Kopf. Und Alex wird ja wohl auch diesmal den Part inhaltlich bereichern. Hier kleines Gedankenexperiment: Das TV-Bild besteht aus 25 Bildern pro Sekunde. Das sind 1000 ms. Dann ist ein Einzelbild, das z.B. bei Abseits die entscheidende Größe ist, 40 ms lang. Nimmt man eine Geschwindigkeit eines Spielers von 12 Sekunden auf 100 Meter an (was, glaube ich, nicht mal so schnell ist), dann ist die Position eines Spielers zwischen den beiden Einzelbildern um rund 20 cm verändert. Was ich damit sagen will, es ist durchaus möglich, dass man das Entscheidende gar nicht abgebildet hat und unsere Technologiehörigkeit uns eine Wahrheit vorgaukelt, die so gar nicht existiert. jedenfalls nicht auf dem Videobild. Ein weiterer Gedanke, der mir bei dem Naldo Handspiel gekommen ist, ist der veränderten Perspektiven bei Aufnahmen mit Teleobjektiven. Das kennt jeder vom Fotografieren. Und bei den Bildern, die ich davon sah, würde ich nicht entscheiden wollen, wie groß der Abstand zwischen Hand und Ball wirklich war.
Vielleicht ein etwas theoeretischer Ansatz, Videos sind eben nicht die Wirklichkeit, sondern lediglich ein Abbild davon.
Falls ich mich verrechnet haben sollte und es jemanden auffällt, dann sage er es und ich stelle mich zum Schämen in eine Ecke. Vom Videoteil weiß ich, dass ich richtig liege, aber ich könnte mich bei den Geschwindigkeiten verrechnet haben. eben fehlerbehaftet.

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Gleich vorab: ich bin für den Videobeweis. War es schon immer und werde es auch immer sein. Dass beim Einsatz des VAR nicht alles glatt läuft ist offensichtlich, aber auch verständlich und war mMn vorhersehbar. Was daran nicht läuft muss ich glaube ich nicht weiter erörtern, das passiert zu genüge an anderer Stelle.

Dass einige Fans auf den VAR komplett verzichten möchten kann ich akzeptieren, aber ehrlich gesagt überhaupt nicht verstehen. Er führt schließlich so nahe wie möglich an das sportlich korrekte Ergebnis, weil klare Fehlentscheidungen zugunsten der richtigen Entscheidung geändert werden können. Das macht den Sport für mich viel ehrlicher, weil man häufiger über das Spiel selbst sprechen kann und Sätze wie “…aber dann kam dieses Tor was nicht hätte zählen dürfen und stellte das Spiel auf den Kopf” oder “wenn das Tor korrekterweise gegeben worden wäre, wäre vielleicht alles anders gelaufen” viel seltener vorkommen. (Mit “Sport” meine ich hier das reine Duell zweier Mannschaften auf dem Feld, alles drumherum ist für mich zweitrangig)

Ja, es gibt immer noch Spiele wo Fehler vorkommen oder man zumindest über Situationen diskutieren kann. Das wird auch immer so sein. Schauen wir mal auf die Sportliga wo der Videobeweis wohl am ausgereiftesten ist: die NFL. Hier gibt es auch immer wieder Momente in denen über eine Review diskutiert wird und Fans letztlich nicht mit der Entscheidung einverstanden sind. Die Amerikaner diskutieren dann aber eher darüber ggf. Regeln im Wortlaut zu ändern um Entscheidungen transparenter zu machen, anstatt den Videobeweis abschaffen zu wollen. Das liegt aber auch einfach daran, dass NFL-Fans, -Spieler und alle weiteren Beteiligten die Startphase schon lange lange hinter sich haben. Der Videobeweis (alias Instant Replay) wurde schon von 1985–1992 das erste mal eingesetzt. Insgesamt war damals die Technik nicht ausgereift genug, weshalb man dann erstmal darauf verzichtet hat. Wenige Jahre später wollten ihn so viele wieder zurück, dass er auch wieder eingesetzt wurde. Die Technik und Anwendung des Ganzen wurde stetig verbessert und das ist heute immer noch so! Jedes Jahr rüstet die NFL hier an verschiedenen Stellen nach.

Was ich damit sagen will: es ist ein Prozess der Zeit benötigt. Da die Technologie heute aber viel besser ist als 1985, wird dieser Prozess für den Fußball viel schneller gehen, als für die NFL. Ich finde auch, dass die abgelaufene Saison gezeigt hat, dass es nicht funktionieren würde, den Videobeweis nochmal zu pausieren und hinter den Kulissen daran zu basteln. Alle (Spieler, Trainer, Fans, Schiris, Medien) müssen ihn in der Praxis erleben um ihn so schnell wie möglich so gut wie möglich machen zu können! Denn trotz Offline-Phase in der Saison 16/17 war nicht alles Gold was glänzt. Da müssen wir letztlich einfach durch und das ist für die Zukunft des Fußballs gut so! Dass wir überhaupt erst jetzt damit anfangen ist für mich eh vollkommen unverständlich und das ausgerechnet Wettbewerbe wie die Champions League als letztes damit arbeiten möchten, zeigt wie alt eingesessen die FIFA/UEFA immer noch ist.
Auch wenn nicht alles 100%ig funktioniert: ein Videobeweis der 90% der klaren Fehlentscheidungen korrigieren kann ist für mich unendlich viel besser als gar kein Videobeweis.

Ich bin davon überzeugt, dass es in den kommenden Jahren Verbesserungen am Videobeweis geben wird. Irgendwann wird es sogar kalibrierte Linien geben! (#revolution #CalibrareCalibrare) Der VAR wird sich im Fußball etablieren und irgendwann werden wir uns fragen: Warum haben wir eigentlich nicht viel früher damit angefangen?!

Aber eine Sache stört mich dann doch noch gewaltig: der Umgang mit bzw. das Wissen über den VAR von Seiten einiger Kommentatoren/Medienvertreter. Es kommt immer noch viel zu häufig vor, dass Kommentatoren, die ja das Spiel für den Zuschauer begleiten sollen, falsche Aussagen treffen und damit Zuschauer negativ ggü. dem VAR beeinflussen. Sender wie Sky müssen dafür sorgen, dass ihre Kommentatoren so gut über den VAR Bescheid wissen, dass sie fast selbst welche sein könnten! Ja das ist auch Aufgabe der/des DFL/DFB aber auch die Sender selbst sind gefordert. Es ist für mich unbegreiflich wie zwei Jungs in einem Podcast nur mit ihren Worten alles besser verständlich machen können, als jede andere Fußballberichterstattung die ich so sehe (Kompliment, Männer!!!). Max, ich denke da würdest du mir zustimmen.

Insgesamt sind mir die kritischen Stimmen zum VAR zu laut im Vergleich zu den Befürwortern, weil ich nicht glaube, dass es insgesamt mehr Fans gibt, die den VAR abschaffen wollen. Eine repräsentative Umfrage unter Fußball-Fans in der Stadionbesucher und Fernsehzuschauer proportional vertreten sind würde mich ja wahnsinnig interessieren. Gibt es sowas zufällig schon?!

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Bin auch dafür, dass das so gemacht wird! Allerdings sollte es noch ein-zwei Sätze mehr Erklärung geben. Z.B.: “Die rote Karte war nicht gerechtfertigt, da es sich nach Ansicht der Bilder um ein fahrlässiges Foulspiel statt eines groben Foulspiels handelte.”
So müssen nicht gleich alle 11 Spieler des anderen Teams zum Schiri rennen und diskutieren.

Warum ist es für dich unbegreiflich? Max schafft es doch auch, zusammen mit seinen Gästen die Bundesliga zehnmal besser zu erklären als die gesamte Presse, Rundfunk- und TV-Landschaft. Und selbst Tobias Escher verstehe ich hier zehnmal besser als auf Spielverlagerung :wink:

Das ist vollkommen wahr. Aber auch das ist für mich unbegreiflich. Ist wohl einfach ein toller Podcast! :wink:

Danke für euren Input! Aufzeichnung ist morgen. Ich bin schon sehr gespannt, wie viel VAR sein wird.

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Bin ja spät dran, aber vielleicht könnt ihr auch das Thema rund um die Gerüchte der Manipulation bei Goal Control aufgreifen?

https://www.ardmediathek.de/tv/Sport-inside/Torlinientechnik-außer-Kontrolle/WDR-Fernsehen/Video?bcastId=1493328&documentId=52110058

Ähnlich wie @Cortex würde mich auch interessieren, warum die Probleme mit der Abseitslinie nicht klargestellt wurden bzw. worin die eigentlichen technischen Probleme denn tatsächlich bestanden. Oder funktionierten die in der Testphase ebenfalls nicht?

Ein kleiner Fehler, könnte aber auch nur eine ungenaue Formulierung sein:

Das Bild ist nicht 40ms lang, es liegen zwischen zwei Bildern 40 ms, d.h. für den Zeitraum 0,04s bis 0,08s haben wir zwei Bilder, also ist der Zeitraum dazwischen aus den Bilder nicht zu rekonstruieren!