Schiedsrichter*innen und Regeln

Zu 1.

„Die Sohle aufs Sprunggelenk“ fand ich recht uneinheitlich geahndet.

Zu 2.

Ich hatte die Hoffnung, dass der VAR aufdeckt, dass es unterschiedliche Auslegungen der Regeln gibt und dass es durch messbare Videoanalysen zu objektiveren Entscheidungen führt (Siehe andere Sportarten, in denen die Entscheidungen - Touch down oder nicht? - milimetergenau seziert werden).
Stattdessen weicht sich der VAR selbst auf, insbesondere durch die Aufgriffsgrenze der „klaren Fehlentscheidung“. Ich finde die Entscheidungen, bis auf Abseits, weniger nachvollziehbar als vor dem VAR.

zu 3.

Gab es Situationen, die er ohne Anstellungsvertrag schärfer kommentiert hätte?

Hättest du konkrete Beispiele dafür? Ich würde es gerne anhand von Szenen diskutieren, sonst wird es so philosophisch

Aus dem Kopf nicht, aber ich erinnere mich an meine Irritationen sogar innerhalb wines Wochenendes.

Ich lasse mal Google sprechen. Mir geht es da nur um die dort zitierten Spielszenen, nicht um die Meinungen…

Hätte drei Szenen an denen ich gerne aufzeigen würde, dass ich diese strikte Auslegung „Treffer oberhalb vom Knöchel“ für sehr problematisch finde.

  1. Spieltag SVW - BVB, Sabitzer bekommt Rot
    sabitzer
    Er trifft klar oberhalb des Knöchels aber nicht mit offener Sohle. Dennoch klar Rot?

  2. Spieltag BVB - LEV, Can bekommt kein Rot
    can
    Klarer Tritt oberhalb des Knöchels mit offener Sohle abseits des Balles. Aber meiner Meinung nach absolut unabsichtlich, er läuft halt einfach in ihn rein und ist nicht mit dem Fuß in einen Zweikampf gegangen. Dennoch Rot?

  3. Spieltag M05 - KOE, Mwene bekommt Rot
    mwene
    Klarer Treffer oberhalb des Knöchels aber nicht mit offener Sohle. Dennoch klar Rot?

Persönlich hätte ich bei keinem der Fouls einen Platzverweis gegeben, aber ich habe den Eindruck, dass es gerade „modern“ ist bei jeglichen Treffern oberhalb des Knöchels von rot-würdigen Vergehen zu sprechen. Ich will bitte kein brutales Spiel fordern, aber in meinen Augen ist ein Indiz für „rohes Spiel“ zu einem Kriterium geworden. Bei keinem der oberen drei Fouls sehe ich eine erhöhte Verletzungsgefahr der gefoulten… aber was sagen die Leute dazu die Ahnung davon haben?

In der Hoffnung, dass es noch nicht zu spät ist:
Zu 1., auch im Kontext mit den vorherigen Themen (würde aber evtl. auch bei 2. reinpassen): Ändert bei rüderen Foulspielen das Spielen/Berühren des Balles etwas an der Härte der Sanktion, wenn das Trefferbild für Rot spricht?
Am 26. Spieltag bekommt Can bei BVB - SGE zuerst Rot für eine Grätsche mit Treffer im Knöchelbereich (wenn auch kein Volltreffer mit dem Führungsbein). Nach Review entscheidet Tobias Stieler auf eine Verwarnung, was mich nicht so wirklich überzeugt hat, da auch das konkrete Trefferbild in meinen Augen für eine Gesundheitsgefährdung spricht. Wenn ich es richtig im Kopf habe, wurde die Verwarnung damals mit dem berührten Ball begründet (es kann aber auch sein, dass ich mich da täusche). Man hört auch immer wieder „Spielt auch den Ball, deshalb ist Gelb okay“, was auch dem allgemeinen Fußballverständnis entspricht. Die Regeln sagen aber, dass ein Spieler, der die Gesundheit des Gegners gefährdet, wegen brutalen Spiels des Feldes verwiesen werden muss - und die Gefährdung der Gesundheit ändert sich nicht dadurch, dass der Ball vorher gespielt wird. Wie ist da die offizielle Regelauslegung, inwiefern kann das Spielen des Balles bei der Frage, ob Gelb oder Rot berechtigt bzw. die bessere Entscheidung ist, berücksichtigt werden?

Zu 2.: Welche Entwicklungen haben sich in der Regelauslegung diese Saison aus seiner Sicht ergeben (Gibt es neue Modefouls? Gab es Veränderungen in der Auslegung der Regeln? Wenn ja, natürlich jeweils: Welche?)? Welche Baustellen sind aus Schiedsrichtersicht für die kommende Saison schon absehbar?
Die UEFA hat gestern bekannt gegeben, dass bei der EM nur noch Kapitäne (bzw. ein ausgewählter Feldspieler, wenn der TW der Kapitän ist) beim Schiedsrichter wegen Entscheidungen vorstellig werden sollen. Weiß Alex schon, wie konsequent das umgesetzt wird? Und ist das auch eine Überlegung für Deutschland in der nächsten Saison, sollte es sich bei der EM bewähren?
Wie steht Alex (persönlich) zur Zeitstrafe?

Zu 3.: Mit Alex’ Anstellung beim DFB haben sich einige Hoffnungen auf mehr Transparenz ergeben. Wie bewertet Alex dahingehend sein Wirken und gibt es schon Spruchreifes, das und da in Zukunft erwartet (Was ist eigentlich der Stand bei der VAR-App für Stadionbesucher)?
In dem Kontext auch eine Anregung: Es ist schön, dass immer wieder Schiedsrichterentscheidungen auf der DFB-Homepage eingeordnet werden (evtl könnte das auch wöchentlich ohne konkreten Anlass passieren) und der DFB auch auf Medienanfragen eine fundierte fachliche Einschätzung zur Verfügung stellt (zuletzt bei der Handspielszene bei Kiel - Düsseldorf). In den Graubereichszenen wäre es aber vielleicht gut, wenn der DFB stärker kommunizieren würde, was er für die bessere der beiden vertretbaren Entscheidungen hält und sich damit in Zukunft von den Schiedsrichtern wünscht. Das ist bei Foulspielszenen natürlich immer schwierig, weil ein hitzigeres Spiel in der Regel eine kleinlichere Linie erfordert als ein entspanntes Spiel, aber gerade bei Handspielszenen (auch da wieder: Kiel-Düsseldorf) wäre es hilfreich, um die Entscheidungen berechenbarer zu machen. Selbst ich als Lehrwart meiner Schiedsrichtergruppe kann mittlerweile bei On-Field-Reviews nicht immer auch nur tendenziell vorhersagen, was dabei rauskommen wird (dieser Teil der Anregung würde evtl. auch zu Punkt 2 passen).

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Can bekam nur kein Rot weil sie erst Sabitzer für Fans total unverständlich aber gerechtfertigt eine Woche vorher so verloren haben und sie keine Lust auf Diskussionen hatten. Ist halt immer noch Dortmund, da ist im Zweifel gegen den Shitstorm zu entscheiden (siehe den Elfmeter in Hinspiel gegen Marmoush). Gerade im Kontext der anderen roten Karten ein Witz, sowas zurückzunehmen.

Das ist aber ganz schön verschwörungstheoretisch argumentiert. Finde ich eher schwierig.

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Das hat nichts mit einer Verschwörung zu tun, sondern ist rein menschlich. Kann man auch eine Statistik zu machen, wer wie oft von Fehlentscheidungen profitiert und auch wenn das nur Fans sind die das machen, bei Wahretabelle ist Dortmund 8 mal der Profiteur von Fehlentscheidungen und damit führend. Ist ja auch logisch, wer es geschafft hat, Zwayer derart zu rasieren, dem will man nicht nochmal ans Bein pinkeln, wenn nicht wirklich nötig. Man weiß als Schiri ja, dass jede 50/50 Entscheidung, die gegen den BVB getroffen wird, zum großen Skandal wird.

Der andere Knöcheltreffer, der keine rote Karte gab, war übrigens ja Grifo und Freiburg ist bei Bevorzugung der Fehlentscheidungen auf Platz 2 diese Saison und mir scheint auch, dass das relativ sich durch die Saisons ziehen könnte.

Wenn es systematische Benachteiligung gibt, dann muss es ja auch systematische Bevorteilung geben, damit sich es ausgleicht. Und ich finde es heikel, jede Form von unbewusster Disbalance der Fairness als Verschwörungstheorie abzustempeln, denn die gibt es ja überall im Leben. Es ist halt erstmal nur eine Arbeitshypothese, bei der man überlegen kann, ob man sie irgendwie statitisch profund untermauern kann und dann auch interpretieren.

Aber an sich muss auch Wissenschaft an unbequemen Dingen arbeiten können, ohne dass man direkt denunziert wird, deshalb finde ich diesen Reflex, eine Hypothese mit einer Verschwörungstheorie wie der Mondlandung welche noch am harmlosesten ist, echt schwierig.

Nun ja aber der verschwörungstheoretischer Ansatz besteht darin, daraus eine beabsichtigte Handlung abzuleiten. Du schreibst:

damit erweckst du den Eindruck, es gäbe eine Stelle, die als Handlungsrichtlinie ausgegeben habe, den BVB in strittigen Szenen zu bevorteilen um laute öffentliche Kritik zu vermeiden. Du lässt sogar die Benennung der handelnden Instanz aus und sprichst nur von „sie“. Das sind in meinen Augen verschwörungtheoretische Argumentationsmuster.

Und dieses Zitat führt das Muster fort

Hier werden Ableitungen („logisch“; „als Schiri weiß man“) gemacht, die auf reinen Vermutungen basieren und mit Begriffen verknüpft, die rationale Schlussfolgerungen suggerieren.

Meinst du aber die ganze Zeit…

ist es mir nur nicht gelungen es da herauszulesen. Die Posts wecken den Eindruck es gäbe jemanden der bewusst eine Disbalance hervorruft. Die Formulierungen lassen zudem schwer erkennen, dass versucht wird eine Hypothese aufzustellen.

BTW: Die Behauptung kriege ich logisch nicht zusammen? Wenn ein Verein systematisch bevorteilt wird, verteilen sich die Benachteiligungen statistisch auf alle anderen 17 Vereine. Das ist dann nicht systematisch.

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Was mich von Alex interessieren würde:

1.) bei der EM gibt es ja die Idee, dass nur noch die Kapitäne mit den Schiedsrichtern reden sollen. Wie findet er die Idee?
2.) Transparenz: noch immer habe ich das Gefühl, dass zu wenig kommuniziert wird; gerade über die sozialen Medien. Hat der DFB hier einen Plan?
3.) Zeitstrafe im Amateur-Fußball: hat er da einen Einblick? Meine gefühlte Einschätzung bisher: die Schiedsrichter meiden nun rote Karten extrem, selbst klarste Tätlichkeiten sind nun erstmal 10 Minuten Strafe. Sicher nicht die Idee dahinter…

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Verschwörung beinhaltet halt eine aktive Absprache, aber es ist eher der unterbewusste Druck auf den Entscheidungen, wenn man weiß, wer sich mehr beschweren würde, und wessen Kritik wichtiger für das eigene Wohlbefinden sein wird. Aber sicher war meine Formulierung nicht ganz unemotional, deshalb tut es mir leid, dass es falsch rüber kam.

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Schließe mich dem Input zum Royal hier an, größter Kritikpunkt fehlende Kommunikation und Transparenz, das was Alex vor seiner DFB Anstellung so toll via Social Media gemacht hat, fehlt komplett, als ob der DFB ihn stummgeschaltet hätte. So sorgt man eben genau nicht für Verständnis bzgl. der Bewertung mancher Situation.

  • Völlig absurde und unerklärliche Handregeln in Kombination mit Einsatz des VAR anhand der Beispiele Heidenheim vs. Bremen (Elfmeter zum 2:1; Schiri geht nicht an den Monitor) im krassen Gegensatz zu Kiel vs. Düsseldorf letzten Samstag (kein Elfmeter; Schiri am Monitor).

Ich habe noch eine steile These die ich aber noch nicht statistisch nachgeprüft habe, kann es sein, dass an den Spieltagen nach den Länderspielpausen (vermutlich Schiri Lehrgänge) mehr Karten gerade rot verteilt wird, eigentlich nur ein Gefühl spricht aber nicht für die allg. Qualität und gleiche Bewertung versch. Fouls.

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Zu Punkt 3:
Natürlich ist es toll für Alex, dass er aus einem Hobbyprojekt eine Karriere machen konnte. Allerdings hat der Wegfall von Collinas Erben leider eine große Lücke in den öffentlichen Diskurs rund um Schiedsrichterthemen gerissen. Es gibt niemanden mehr mit signifikanter Reichweite, der neutral und ergebnisoffen das Zustandekommen von Entscheidungen einordnet. Die nächstbeste unabhängige Quelle scheint mir nun Gräfe zu sein, der Nachts um drei irgendwelche schwer zu entziffernden Tweets absetzt.

Von daher würde mich interessieren, ob es von Verbandsseite aus Bestrebungen gibt, die Debatte zu versachlichen. Alex bisherige Rolle, jede noch so offensichtliche Fehlentscheidung öffentlich zu verteidigen, scheint mir eher kontraproduktiv. Dadurch wirkt das Schiedsrichterwesen noch unnahbarer, rechthaberischer und bornierter als es das Vorurteil ohnehin schon besagt. Hat man beispielsweise aus dem Schuhrandvorfall mit Hamann etwas gelernt?

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Falls es reinpasst (so ganz passt es ja weder in Punkt 2 noch in Punkt 3): Was darf man sich vom Führungswechsel (Fröhlich auf Kircher) erwarten?

Ein Blick in die Statistik zeigt: Diese Saison gab es (auch ohne den letzten Spieltag) viele (glatt) Rote Karten, nämlich bisher 33 Stück.
Als Vergleichswerte:

  • Letzte Saison: 22
  • Vorletzte Saison: 15 (!)
  • Letzte Saison, in der es 33 Rote Karten oder mehr gab: 2011/12 mit 36 (hoffe, ich habe nichts übersehen)

Die naiven Impulse wären:

  • Es wird genauer hingeschaut/strenger gepfiffen (dazu gab es ja auch schon eine sehr interessante Diskussion weiter oben)
  • Das Spiel ist brutaler/rücksichtsloser/strategischer(mehr DOGSO) geworden

Es wäre sehr schön, wenn ihr darauf eingehen könntet, denn die Wahrheit ist sicher etwas komplexer.

Was sind für die Bundesliga die möglichen Auswirkungen dessen, dass in England nun tatsächlich die Abschaffung des VAR diskutiert wird?

Würde mich sowohl in Bezug auf beabsichtigte Konsequenzen seitens der DFL, aber auch in Bezug auf die Veränderung der Diskussion über dieses Thema in Deutschland interessieren.

Ich könnte mir vorstellen, dass - ganz ähnlich zum Brexit - eine Abschaffung des VAR in England auch dazu führen könnte, dass sich Fans in anderen Ländern den Vorteilen der aktuellen Situation auch wieder mehr bewusst werden, wenn die ersten deutlichen Abseitstore in England fallen. Finde es generell schade, dass die Unzufriedenheit mit dem VAR in England scheinbar nicht zu konstruktiven Verbesserungsvorschlägen führt, sondern nur wieder die Schwarz/Weiß Diskussion VAR ja oder nein geführt wird. Ich kann mich da aber auch täuschen, verfolge die Premier League nicht so intensiv.