TSG Hoffenheim (m)

Ich würde folgende Aspekte mit zu einem Royal Segment bringen:

  1. Mögliche Saisonbewertungen
    Hier gibt es für mich zwei Herangehensweisen, aus denen man vermutlich am Ende des Tages einen Mix finden muss. Wenn man sich das reine Ergebnisebene anguckt sieht man da die Qualifikation für den europäischen Wettbewerb, die Einbindung von einigen jungen Talenten und eine klare Verbesserung im Vergleich zur Vorsaison - alles super. Wenn man einfach keine Spiele der TSG in dieser Saison geguckt hätte könnte man wunschlos glücklich sein, den 7. Platz hätte ich vor der Saison sehr gerne genommen, darauf lässt sich jetzt aufbauen. Im Prozess zu diesem Ergebnis hatte man dann aber vieles dabei, worüber man reden muss: einer der schwächsten Defensiven der Liga, einige Spiele bei denen man Zweifel an den Grundwerten der Mannschaft bekommen hat bzw. teilweise sogar in denen die schlimmsten Befürchtungen (die des fehlenden Willen, Widerstände zu überwinden) bestätigt wurden, weshalb nach dem Spiel in Bochum ja auch die Stimmung kippte, in diesen Aspekten fehlen für mich auch Schritte nach vorne. Ich bin mir sicher, dass wenn die Saison jetzt noch 10 Spieltage gehen würde, es wieder 3-4 Gegner geben würde, die die Defensive ganz alt aussehen lassen würden und dann es wieder Spiele gegen sehr intensive Mannschaft geben würde, bei denen man nicht gegen mithalten kann.
    Auch abgesehen von dem Bochumspiel war die Saison der TSG von einer großen internen Unruhe geprägt, wobei zu vermuten ist, dass wir hier auch nur einen relativ kleinen Teil der Streitfälle mitbekommen haben. Hoffenheim ist nicht München, hier kann man das Chaos hinter den Kulissen noch etwas besser verbergen. Dazu kommen dann noch einige Transferflops, teilweise mit krassen Ausmaßen. So viele Punkte hat man ja außerdem gar nicht geholt, es waren genauso viele wie in der 2. Hoeneß Saison (der ja bekanntlich danach gehen musste). Das es halt dieses Mal für Europa reicht, hängt ja auch mit Faktoren zusammen, mit denen man selber nichts zu tun hat.
    Deshalb sage ich mir mit der Fanbrille aktuell vor allem „geil, Europa“, was natürlich emotional einen Kontrast zu einer Saison aufbaut, die oft extrem frustrierend war. Daraus ergibt sich für mich die Frage, in wie fern man die Saison intern überhaupt kritisch bewertet. Wenn man hierbei die Pressekonferenzen von Matarazzo und den öffentlichen Auftritte von Alex Rosen als Grundlage nimmt, könnte man zum Schluss kommen, dass man sich in Sinsheim die Welt grade absolut rosarot malt, man kann nur hoffen, dass es intern aktuell auch viele kritische Worte gibt, es gibt ja Baustellen.

  2. Die Innenverteidigung
    Seit Dienstag steht jetzt fest, dass die Verträge von Brooks und Adams (den muss man nicht kennen, hat die TSG nur mal 8 Millionen Ablöse für bezahlt) nicht verlängert werden. Letzte Saison wurde mit Attila Szalai ein Spieler für 12.3 Millionen Euro verpflichtet, zu dem ich später noch etwas schreibe, in der Saison davor bezahlte man für Stanley Nsoki (dem es leider offensichtlich nicht möglich ist länger als 2-3 Monate am Stück unverletzt zu bleiben) 12 Millionen. Nach dieser Saison steht die vierschwächste Defensive der Liga auf dem Papier, obwohl man den besten Torhüter der Bundesliga unter Vertrag hat. Hier jetzt alles auf die Dreierkette zu schieben wäre Quatsch, man könnte genauso auch über die Außenspieler ein paar Absätze schreiben, da ist aber die Transferpolitik halt nicht schon seit 5 Jahren verheerend. Und vermutlich wird man auch in diesem Sommer wieder viel Geld in die Hand nehmen um einen IV zu verpflichten (Hoffenheim ist da quasi der FC Bayern des kleinen Mannes), Roger Wittmann wird da schon den nächsten Spieler rauszaubern, der dann wahnsinnig viel Potenzial hat, sicherlich auch ein tolles Aufbauspiel mitbringt aber nie stabil verteidigen wird.
    Was ich als das Kernproblem beim Hoffenheimer Innenverteidigerscouting ausmachen würde ist, dass man ständig Spieler verpflichtet hat, die die selben Stärken und die selben Schwächen haben. Wenn man in erweiterte Statistiken reingeht, findet man da in einigen Kategorien mehrere Spieler von uns unter den schwächsten Spielern der ganzen Liga, bspw. bei den benötigten Fouls pro Spiel und bei den gelben Karten pro Spiel. Das ist dann auch Teil von dem, was ich als solides, unaufgeregtes Verteidigen empfinde, wenn du oft gut stehst brauchst du halt auch weniger Fouls, Kevin Vogt war dafür immer ein super Beispiel. Brooks, Kabak, Akpoguma und Grillitsch liefern dafür alle in jedem Spiel einige sehr wertvolle Pässe, die dann kurze Zeit später beim Gegner für Gefahr sorgen und haben auch tolle Läufe, sorgen aber auch oft genug vor dem eigenen Tor für Gefahr. Die Gesamtpassquote ist bei diesen vier Spielern aber bei keinem über 83% (Akpo), Vogt war da normalerweise um die 90%. Wenn dann drei von diesen Spielern in der Startelf stehen vermisse ich hinten einfach ein stabilisierendes Element mit viel Ballsicherheit, gutem Stellungsspiel und Ruhe. Ich hatte teilweise das Gefühl dass irgendjemand von denen ja patzen muss wenn gewisse Kombis an IVs auf dem Platz standen, oft ist dann auch was passiert. Bezeichnend für die Schwäche bei Transfers ist dann auch, dass ein Spieler aus der zweiten Mannschaft kommen muss (weil Brooks und Kabak beide gesperrt waren und man im Winter ja drei Innenverteidiger abgegeben hat) um genau diese Qualitäten zu liefern. Tim Drexler hat in 8 Spielen vier Fouls begangen, hat eine Passquote von 90% und macht einfach übers Spiel hinweg wenig falsch, auch wenn er natürlich auch bei einigen Gegentoren Teil von Fehlerketten war (v.a. gegen Gladbach und Mainz). Bei einem 19 jährigen IV sind diese Fehler ja aber meines Wissens eh eingepreist und ich gehe davon aus, dass aus Tim Drexler ein super Bundesligaspieler werden kann, hoffentlich auch langfristig bei der TSG. Insofern hat man sich unter Umständen ein Teil einer besseren Zukunft selber gebaut, trotzdem gibt es natürlich offene Fragen - was wird aus Szalai und Nsoki? Auf welcher Position spielt Grillitsch nächste Saison? Musste der Abgang von Vogt wirklich sein? Ist es zielführend, dass Quarshie jetzt nochmal ein Jahr bei Düsseldorf auf der Bank sitzt? Und wie viele Innenverteidiger stehen bei ROGON denn überhaupt noch unter Vertrag?

  3. Leihen als Glücksspiel
    Eigentlich ist der Umgang mit Leihspielern ein Thema, was bei Hoffenheim jede Saison thematisiert werden müsste, da das ein zentraler Bestandteil von der Transferpolitik ist. Hoffenheim hat permanent Spieler ausgeliehen, die zusammengerechnet eine riesige Ablösesumme gekostet haben, sodass der Blick auf die Leihspieler für mich persönlich jeden Montag dazugehört und auch zwischen einer soliden und einer guten Saison ein Entscheidungskriterium ist. In der Saison 23/24 hatte man jetzt noch relativ wenige Leihen, 2 geliehene und 7 verliehene Spieler (in den vier Saisons davor hatte man 2x elf und 2x vierzehn Leihgeschäfte). Während die geliehenen Spieler dann doch relativ gut funktioniert haben, muss man für diese Saison zusammenfassen, dass ein Großteil der Leihen weg aus dem Kraichgau überhaupt nicht geklappt haben, was die Transferbilanz der letzten 12 Monate noch schlimmer macht, als sie so schon wäre. Drei Leihen stechen hier besonders negativ heraus: Damar hat in Hoffenheim über die gesamte Saison 58 Minuten Spielzeit in der 2. Bundesliga bekommen, Atilla Szalai kommt in einer halben Saison in Freiburg auf 101 Minuten, Sammasekou in der selben Zeit in Cadiz auf 62 Minuten. Während man die Damar Leihe als Fehleinschätzung erklären kann und die von Sammasekou als Akt mangels Alternativen, habe ich bei der Leihe von Szalai ganz viele Fragen, auch unter dem Eindruck von dem SCF Segment nach dem 34. Spieltag. Szalai wurde in Freiburg ja anscheinend so ziemlich jeder Spieler im Kader vorgezogen, auch einige positionsfremde Spieler. In Hoffenheim in der Hinrunde lief das teilweise ähnlich, nachdem man ja im Sommer 12 Millionen Euro für ihn ausgegeben hat. Gleichzeitig spielt er wohl für die Nationalmannschaft Ungarns gute Spiele und wird von all seinen Trainern für seine Einstellung gelobt? Und weil Szalai in Freiburg auf der Bank sitzt und Vogt und Quarshie im Winter abgegeben wurden, muss man selber dann nach zwei Sperren auf einmal auf einen U23 Spieler (Drexler) und einen positionsfremden Spieler (Grillitsch) setzen weil man sonst keine Innenverteidiger mehr übrig hat? Was ist das denn bitte für eine absurde Situation? Für mich ist das ein klassisches Beispiel, was von Fußballmedien komplett ausgeschlachtet werden würde, wenn die mehr über Hoffenheim berichten würden.
    Insgesamt sind die Leihen bei Hoffenheim weiterhin ein reiner Gamble, bei einigen Spielern nimmt man gefühlt alles an was kommt und guckt dann halt mal. Das hat für mich diese Saison nicht nur ein Geschmäckle hinterlassen sondern macht auch die Frage für die neue Saison auf, was mit diesen Spielern denn dann jetzt genau passieren kann. Aber gut, der nächste Beier wird schon dabei sein, bis dahin verbrennt man halt noch viele Millionen Euro und ein paar Karrierewege von Spielern.
    (Der Vollständigkeit halber: Ob die Quarshie Leihe gut war wird sich nach der nächsten Saison zeigen. Asllani hatte in Wien Pech mit einer Verletzung, hat sich aber auch über Strecken für mehr empfohlen, Justvan und Bruun Larsen haben zwar Spielzeit bekommen, aber jetzt auch keine herausragenden Saisons gespielt.)

Über Details zu Alex Rosen, ROGON und Hopp können andere mehr sagen als ich, ist ja auch schon bei den letzten Schwerpunkten viel bei gewesen, da merke ich dann schon dass mein Blick dann eher auf den Spielen am Wochenende (und bald an Donnerstagen) ist.

Sendung ist im Kasten, vielen Dank

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Ozan Kabak hat sich im Testspiel heute/gestern vermutlich das Kreuzband gerissen. Stand jetzt hat Hoffenheim damit für drei Positionen 4 Innenverteidiger, davon zwei die viel gekostet haben aber bisher überhaupt keine Bundesligatauglichkeit bewiesen haben (Szalai, Nsoki), ein 19-jähriger der im März sein Bundesliga Debüt gegeben hat und ein ziemlich verletzungsanfälliger Akpoguma. Wird eine spannende Transferperiode.