#12 – Euer Input für Schlusskonferenz 388

05.11.1996
„Die Bedingungen, unter denen ich angetreten bin, sind nicht mehr gegeben. Ich fühle mich getäuscht. Ich sehe nicht die Möglichkeit, jemanden zu gewinnen, der bei diesem schwebenden Verfahren ungesicherte Kredite übernimmt“ Nach 30 tägiger Amtszeit tritt Hans Joachim Otto als Präsident zurück. Er spricht von Bankrott, 7 Millionen Mark Schulden. Die Eintracht ist soeben das erste Mal in der Vereinsgeschichte abgestiegen. Die Steuerbehörde klopfte wegen verdeckten Gehaltszahlungen für Köpke, Böhm und Doll an, nachdem man eigentlich nur für eben jenes Vergehen im Fall Yeboha gekommen war. Schon absehbar war vermutlich ebenfalls, dass die SGE durch das Bossman Urteil am 30.06.97 nur noch einen Lizenzspieler unter Vertrag haben würde.
Teil der Eingangs zitierten Pressekonferenz ist Rolf Heller. Rolf Heller saß dort unter Tränen. „Die Eintracht darf nicht sterben“ so sein Plädoyer. “Ich habe Verantwortung übernommen und laufe nicht weg. Das haben die Fans nicht verdient"
Heller lies sich als Verwaltungsdirektor bei der AOK Thüringen beurlauben und übernahm das Amt des Präsidenten.
Er schaffte es mit seiner optimistischen und versöhnlichen Art die Eintracht zu sondieren. Tage später stand die Finanzierung der kommenden Saison.
Rolf Heller war es auch, der den Umzug der Fanszene auf die Gegengerade ermöglichte, um in der Nordwestkurve Platz zu schaffen für neue junge Leute, die Ultras Frankfurt. Es ist bekannt, dass er bei Auswärtsfahrten auch mal mit im Bus war und sich auch später, während seiner Amtszeit bei der BSG Chemie Leipzig, welche eine enge Fanfreundschaft mit der Eintracht pflegt, noch nach diesen jungen Leuten erkundigte.

Kurzer Exkurs: Den finanziellen Scherbenhaufen übernahm Heller übrigens von Otto’s Vorgänger Matthias „Fünf Milliarden Dollar“ Ohms. Einen Star der goldenen Zeit der Investmentbanker und das was man landläufig eine „schillernde Persönlichkeit“ nennt, brachte er doch den Geldadel des Banken- und den Nachtadel des Rotlichtviertels zusammen. Er gab der zahlungsunfähigen Eintracht 1,1 Mio Mark Kredit damit diese noch einmal die Lizenz bekam. Und in den frühen 90ern gab es mit Fußball 2000 ja auch Erfolge zu feiern. Auf Grund der angespannten Lage trat er nach Misstrauensvotum zurück, privat hatte er Wohl finanziellen Schiffbruch erlitten und wurde wegen falscher eidesstattliche Versicherung der Vermögenslosigkeit.
Kurz gesagt: Es gibt doch erstaunliche Parallelen zur aktuellen Hertha, nur mit vielleicht mehr Höhen und Tiefen.

Zurück zu Rolf Heller. Nach zwei Jahren 2.Liga kam der Aufstieg, die angespannte Lage blieb.
Im Jahr 2000 trat Heller unter tosenden Applaus zurück. Es drohten Spaltung und Machtkämpfe, diese wollte Heller vermeiden. In der Folge wurde die AG gegründet und Octagon stieg ein.

Vor einer Woche verstarb Rolf Heller.
Zu Beginn des Champions League Spiels leuchte die Kurve für ihn. Vor dem Topspiel um die ersten Tabellenplätze gegen den BVB gab es eine Schweigeminute und eine erneut für ihn leuchtende Kurve. Für Padrone Rolf

P.S.
Eine Stimme zur damals angespannten Lage vom damaligen Trainer Dragoslav Stepanovic: „Ich bin und bleibe hier, solange ich noch elf Leute für die Spiele finde. Wir müssen versuchen, zu retten, was zu retten ist. Zu essen haben wir, zu trinken haben wir, mit dem Bus können wir noch fahren, und wenn uns die Bahn wieder mal eine Fahrt zum Auswärtsspiel schenkt, dann nehmen wir die auch.“

Pps zum kurzen Exkurs in der letzten Folge: Octagon kaufte 49,9 Prozent der AG für rund 25 Mio Euro, wollte dafür auch das neue Waldstadion betreiben. Nach erneutem Abstieg wollte Octagon aber nichts wie raus. Weil man Octagon ausbezahlen musste geriet die Eintracht erneut in arge Finanznot und es drohte erneut der Lizensentzug. Damals sprangen die „Freunde des Adlers“ ein. Die Namen dahinter waren zunächst geheim, weil keiner der finanzstarken Akteure mit der maroden Eintracht in Verbindung gebracht werden wollte. In den folgenden Jahren war das Ziel der AG nicht die Meisterschaft, sondern unterschiedliche Finanzspritzen dienten dem Ziel möglichst handlungsfähig zu bleiben.

6 „Gefällt mir“