Die “Konstanz im Negativen”, die Du beschreibst ist das langsame Abschleifen einer Mannschaftshierarchie, die in den letzten Jahren stattgefunden hat.
Früher, als alles besser war, hatten wir in Stuttgart noch unumstrittene Führungsspieler, die auf dem Platz den richtigen Ton angaben. Entweder die Mitspieler beruhigten, wenn sie zu unorganisiert waren oder sie aufrüttelten, wenn sie drohten einzuschlafen oder aufzugeben. Das waren Spieler wie Zvonimir Soldo, Fernando Meira, Marcelo Bordon oder Pavel Pardo. Als nach der knapp verpassten Meisterschaft 2009 (ja, der VfB hatte am letzten Spieltag noch die Chance, die Schale zu holen, deswegen verstehe ich immer nicht, dass für viele der Niedergang des VfB bereits nach der Meisterschaft 2007 beginnt) und der darauf folgenden Saison in der Champions League aber plötzlich kein Geld mehr da war, um sich eine CL-Mannschaft zu leisten, bzw. das eingenommene Geld für mittelmäßige Spieler ausgegeben wurde, kam der VfB langsam in Geldnöte.
Anstatt aber in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nochmal in die Mannschaft zu investieren, spart sich der VfB seit fünf Jahren fast zu Tode. Der Spielereta wurde so drastisch gesenkt, dass man sowohl Spieler mit Führungsqualitäten, als auch solche mit herausragenden spielerischen Qualitäten ziehen lassen musste. Und so begann man in allen Mannschaftsteilen damit, sportlich herausragende Spieler mit Führungsqualitäten durch spielerisch mittelmäßige Mitläufer zu ersetzen, die in einer funktionierenden Mannschaft glänzen, eine disfunktionale Mannschaft aber nicht retten können.
Jens Lehmann war der letzte VfB-Torwart, der seine Hintermannschaft und seinen Strafraum im Griff hatte. Aber der hat leider seine Karriere beendet.
Khalid Bouhlarouz musste ebenso wie Serdar Tasci aus finanziellen Gründen verkauft werden. Als Ersatz holte man, ohne Witz: Karim Haggui und Daniel Schwaab.
Im defensiven Mittelfeld, der klassischen Kommandozentrale, fehlt uns seit Pardos Abgang auch ein Spieler mit Übersicht. Momentan versucht sich da eine Kampfsau namens Serey Dié, der aber leider spielerisch auch limitiert ist und Christian Gentner: VfB-Urgestein und gleichzeitig Sinnbild des Mitläufers. Bezeichnend, dass er vom Rest der Mannschaft seit Jahren zum Kapitän gewählt wird.
Ja, und in der Offensive haben wir viele talentierte Spieler, die aber alle zu launenhaft sind, um ihre Teamkollegen mal wachzurütteln. Egal ob Didavi, Maxim, Kostic: Können alle kicken, aber nicht antreiben. Unvergessen hingegen Mario Gomez, dem während der Behandlung an der Seitenlinie klar wurde, dass er sich länger verletzt hatte und der sich aus Frust mit einem Schlag auf den Medizinkoffer gleich auch noch das Handgelenk prellte.
Und so kommt es, dass seit Jahren Trainer an einer Mannschaft scheitern, in der keiner den Eindruck erweckt, er stemme sich mit aller Kraft gegen den Abstieg.
@GNetzer: Halte ich für eine sehr gute Idee, kann ja durchaus auch mal für dich als Denkanstoss herhalten, wenn Du mit deinen Gästen nicht nur über das letzte Spiel, sondern über die allgemeine Situation des Vereins reden möchtest.
VfB-Segment fand ich super. Betrachtet man die Saison singulär, kann ich deine Kritik an Zorniger nachvollziehen und erst recht, wenn man weiß, dass man sich so ein Verhalten nur im Erfolgsfall leisten kann. Auf der anderen Seite ist er der erste Trainer, der die Mannschaft aus der Wohlfühloase geholt hat, wegen der sie in den letzten Jahren so häufig in Abstiegsgefahr geriet. Aber Spieler sitzen nun mal am längeren Hebel.