NT191&192: EM-Vorschau

Ich bezog das beim Schreiben auf deutsche Fans. Diese (im Vorfeld der EM etwas hypothetische) Ambivalenz, einerseits mit anderen Fans zusammen ein Fußballfest feiern und die Verbundenheit mit anderen Menschen genießen zu wollen, und andererseits nicht mit dem falschen Leuten in Kontakt geraten zu wollen, muss aber nichts exklusiv Deutsches sein.

Negativ sicherlich. Mir geht es aber auch darum, ein hypothetisches Szenario anzudeuten, wie wann irgendwann in der Zukunft bzgl. der EM 2024 zu der Einschätzung „Sommermärchen 2.0“ gelangen könnte. Je verheerender die (meinetwegen subjektiv so wahrgenommenen) Zustände zum Zeitpunkt t irgendwann in der Zukunft, desto leichter wird es, die EM 2024 rückwirkend zum Sommermärchen 2.0 zu verklären.

Ich lebe in friedlicher Koexistenz mit dem Ironie-Smiley. Das führt gelegentlich zu bedauerlichen Missverständnissen. Sorry.

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Hallo, habe die allgemein wider sehr gute Vorschau zu den Gruppen A-D gehört, ich kann mich aber nur einigen hier anschießen. Der Rant am Anfang hat ich doch sehr gestört. Vorallem das wie.
Kurz gesagt: Oh Gott, seit ihr typisch deutsch (Weltschmerz!!!), oh Gott seit ihr pseudo-intellektuell

In länger:
Also bei Nele kommt keine Stimmung auf, weil Klimakrise, Kriege und was weiß ich nicht.
Lasst uns alle deprimiert sein, keine Freunde mehr treffen, keine Geburtstage und erst recht kein Weihnachten mehr feiern, und ganz bestimmt keine EM. Ganz schlimm, wenn dann auch noch Partiotismums aufkommt, wo der doch jetzt (mal wieder) von den Rechten vereinnamt wird.

Vielleicht können aber einzele Menschen oder ganze Gesellschaften mehr schaffen, wenn sie mal positiv gestimmt sind, vielleicht wird Teilung überwunden, wenn wir uns gemeinsam über etwas freuen können. Vielleicht sollten wir vor dem Thema Patriotismus nicht zurückschrecken, sondern stattdessen (wie 2006!) mal positiv besetzen. Ich lehne mich bestimmt nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, ein entscheidendes Tor von Musiala nach eine Passstafette über Neuer, Gündogan und Wirtz wird mehr für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft (und Integration) leisten als jedes Regierungsprogramm und jede sonstige Initiative.
Und bitte lieber Max nimm den erhobenen Zeigefinger herunter. Das Sommermärchen war nicht für alle toll? Keine Überraschung, wir reden hier über eine Gesellschaft mit über 80 Mio Bürgern. Da gibt es immer viele unterschiedliche Erfahrungen. Nichts nur positiv oder nur negativ.

Es ist aber Fakt, dass die WM und das allgemeine Verahlten der Bevölkerung für ein anderes Image von uns in der Welt gesorgt hat, weg vom übel gelaunten, ausländerfeindlichen Deutschen, eben weil viele Ausländer oder deutsche mit Migrationshintergrund zusammen mit den alteingesessenen Deutschen friedlich und fröhlich zusammengefeiert haben.
Dazu definieren sich Gesellschaften nicht nur über gemeinsame Werte, sondern auch über gemeinsame Geschichte. Und hier nicht über historsiche korrekte Darstellung bei der jeder Aspekt von jeder Seite beleuchtet wird, sondern über Mythenbildung. (Willst du wirklich eine der wenigen positiven Mythen unserer jüngeren Geschichte zerlegen?)
Klar kann man mal beim Sommermärchen genauer hinschauen, aber dann bitte in einer ausführlichen und ausgewogenen(!!!) Sendung und nicht so.

Nele hat nur schwarz gesehen. Was auch nicht differenziert ist, sie hat eher den Eindruck gemacht im letzten Jahr die Welt zum erstenmal mit erwachsenen Augen zu sehen, und scheint damit nicht klarzukommen. Und Max will dann auch nicht alles „weiß“ sehen: Beim Sommermärchen war ja auch nicht alles toll.

Also wo es schlecht ist, ist wirklich alles schlecht, wo es gut war, war aber nicht alles gut. Schon sehr selektiv wo ihr differenzieren wollt und wo nicht. (klar war ein spontaner Rant aber trotzdem)

Wie gesagt, sooooo deutsch, und alles nicht wirklich reflektiert. Hauptsache man grenzt sich in seiner Meinung von der Blöd und dem Pöbel ab, der sie liest.

Wenn ihr aber wirklich etwas für eine bessere (deutsche!) Gesellschaft beitragen wollt, macht nicht alles runter, sondern hofft oder arbeitet mit an einer (meist) schönen EM, besetzt den Patriotismus positiv, beteiligt euch oder beklatscht Autokorsos für egal welche Nation, umarmt eure Nachbarn, selbst wenn der blond ist und Blöd liest. Und habt mal ein Mindset, das auch etwas positives zulässt!!!

(So jetzt aber auch genug von meinem Rant… Geht’s naus und spuits Fußball)

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Kann man das als T-Shirt kaufen?

Ich erlaube mir noch zu ergänzen das nicht auf ein Kindermärchen a la Grimm mit dem Sommermärchen 2006 angespielt wird, sondern die positive Wahrnehmung von Deutschenland in der Außenwelt. Quasi als Umdrehung der sehr kritischen und zynischen Wahrnehmung in dem Stück von Heinrich Heine „Deutschland- ein Wintermärchen“, dessen Autor damals gar nicht mit der Deutschtümmelei klar kam und nach Frankreich emigrieren musste. Salut!

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Vielen Dank für diesen Beitrag. Ich finde das hilfreich hinsichtlich der Einordnung des „Sommermärchens“.

Ich finde, das sagt sich so leicht, aber stimmt das? Ich wäre mir da nicht so sicher. Es gibt in zahlreichen Nationen zahlreiche Beispiele für Nationalspieler, die in guten Momenten gefeiert werden und in schlechten als Ausländer diffamiert werden. Dass der Fußball allein durch seine Existenz als gesellschaftlicher Kit wirkt, ist so eine Story, die gut klingt und von vielen Akteuren im Fußball sehr gerne erzählt wird. Aber die Realität zeigt: Spielst du gut, bist du in der In-Group. Spielst du schlecht, bist du ganz schnell wieder in der Out-Group. Das ist für mich höchst zynisch und das Gegenteil einer inklusiven Message.

Der Punkt - zumindest für mich - ist, dass der Begriff „Sommermärchen“ ein selbstgerechtes „Alles ist geil bei uns in Deutschland“ vor sich her trägt. Um das zu widerlegen, reicht nunmal ein Gegenbeispiel. Ist natürlich eine streitbare Assoziation.

Voll gerne! Das ist aber alles nichts, womit ich aus der Erfahrung den Begriff Sommermärchen verbinden würde. Sich gemeinsam mit Fans anderer Nationen freuen und die Sportler unabhängig vom Ausgang für ihre Leistungen beklatschen finde ich eine sehr schöne Vorstellung. Persönlich habe ich 2006 (und alle folgenden Turniere danach) zu großen Teilen nicht so erlebt.

Ich glaube, am Ende haben wir es hier mit einem Problem zu tun, wie es in gesellschaftlichen Diskussionen leider sehr oft vorkommt: Abstrakte Begriffe werden von verschiedenen Akteuren hochemotional aufgeladen und am Ende streiten sich Menschen mit verschiedenen Vorstellungen vom gleichen Begriff um die Deutungshoheit. Insofern danke, dass du mit deinem letzten Absatz konkret beschreibst, was du als Handlungen mit positiver gesellschaftlicher Wirkung empfindest - das würde ich zu großen Teilen unterschreiben. Ob das in der Vergangenheit im Allgemeinen und in 2006 im Speziellen überall so passiert ist, oder ob da nicht auch manche Dinge schlecht gelaufen sind, ist dann wahrscheinlich die Diskussion, die im Kern ausgetragen wird, wenn sich vordergründig um den Begriff Sommermärchen gestritten wird.

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Auch in Deutschland:

Jep, habe länger überlegt, ob ich das Thema Özil ausgraben soll oder nicht. Habe mich dann dagegen entschieden, damit das hier nicht zu weit ausufert. Ggf. können wir das in Fußball & Gesellschaft - oder: Was genau ist eigentlich ein Sommermärchen? weiter ausführen.

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Im Olympia Park in der Nähe des Olympiastadions in Berlin gibt es bis zum 31.07. eine kostenlose Ausstellung

Diese beschäftigt sich mit Fussball und ein bisschen anderen Sport um die Zeit 1933-45

War leider noch nicht drin und empfehle sie auf Empfehlung nach hören folgender Fussballfrequenzfolge

Kann mir vorstellen, dass es unter den Rasenfunkhörer*innen Menschen gibt, die das Interessieren könnte und da EM ist, Sommer und Ferien und einige Menschen vielleicht in Berlin…

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Mehr als Präzisierung und Ergänzung als als Wiederspruch:

Das ist leider im allgemeinen so (und ic hwünschte wir könnten es ändern). Ich meinte aber ein entscheidendes Tor, zum Sieg im EM Finale oder zumindest mit besonderer Wirkung wie das Tor von Neuville gegen Polen 2006. Am Ende bleiben von Turnieren und ganzen Fußballkarrieren nur wenige Momente in Erinnerung. Wenn Musiala oder Gündogan oder Rüdiger (oder, oder, oder), wenn einem von diesen ein solcher Moment gelingt, wird das nicht nur kurzfristig viel bewirken sondern auch langfristig. Wobei „viel“ hier bedeutet: mehr als praktisch alle Initiative in die Richtung, aber alleine gegen einen gesellschaftlichen Trend wird es auch nicht viel nützen. (Dieses alleine gibt es aber auch jetzt nicht, das bezeugen schon die vielen Kommentare hier).

Nichts ist nur 100% positiv oder 100% negativ. Ich erinnere mich gerne an den Sommer 2006 zurück und bei mir ist es fast nur positiv besetzt, aber mir ist klar, dass das nicht für jeden überall gilt. (Ich bin leider auch in einer Gegend aufgewachsen wo es einige Nazis gab, die werden einigen Mitmenschen das Leben vermiest haben. Dort habe ich aber 2006 nicht mehr gelebt). Selbstgerecht ist der Begriff für mich nicht besetzt, und ich finde es schade für die die es so empfinden.
Sprache, Kommunikation (und Erinnerung!) ist (leider) immer vereinfachend, dessen sollte man sich bewusst sein. Allerding wäre ansonsten ein einfacher Austausch gar nicht möglich. Hier war es aber vor allem miesepetrig.

Ja und ich eben non-stop. (FYI in Hamburg)

Ja das ist leider so, siehe auch weiter oben vereinfachende Sprache und Kommunikation.
Und ich denke wir sind uns einig, dass nicht alles positiv war. Nur schließe ich das implizit mit ein und andere nicht. Und ich konzentriere mich auf das positive während andere das negative hervorheben. (Ganz ehrlich, dadurch bin ich ein glücklicherer Mensch, und habe in dieser Stimmung schon für mich und andere vieles positive bewirken können. Wie gesagt ohne negative Aspekte zu vergessen, aber sie blockieren mich nicht)

Ich scheibe letzten Punkt auch deshalb, weil bei Nele alles mies war, und Max gleich auf den negativen Hype-Train aufgesprungen ist… Bei Max habe ich ohnehin dass Gefühl, dass die Aufarbeitung der „dunklen“ Seiten des Fußballs es ihm immer schwerer machen die guten Seiten zu genießen… Vielleicht muss er sich aber auch einfach nur mal den Frust von der Seele reden. Vielleicht benötigt der Rasenfunk so eine Art „Format ohne Namen“ wie bei Stayforever bei dem er und Gäste über Themen reden und diskutieren kann, die ihn gerade bewegen. Man könnte es fast einen Stammtisch nennen :face_with_peeking_eye:

Aber ist das nicht einfach auch eine menschliche Reaktion? Ich merke das an mir selbst. Ich hab gestern zum ersten mal seit drei jahren wieder ein Profifußballspiel der männer von beginn an gesehen und wirklich kurz nach der Halbzeit ausgemacht, weil ich gemerkt habe, dass ich mich zwar für einzelene akteure kurz freuen kann aber das große ganze nicht wegignorien kann. Und dabei gehts mir nichtmal um Klimawandel rechtsruck usw. Ich kann mich für keine mannschaft freuen, wenn ich weiß, dass dadurch ein verband profitiert, bei dem mehrfach razzien durchgeführt wurden im letzten jahr. (Galt übrigens auch für das spanische team bei der wm 2023). Bzw. Allgemein auf ein turnier eines Verbandes der den sportlichen Wettbewerb auf vereinsebene kontinuierlich zerstört und ebenfalls deals mit autokratischen staaten eingeht.
Ich finde das sehr gut, dass 10 minuten dieser insgesamt 5 stündigen sendung (wenn beide teile zusammengerechnet werden) auch mal kurz kritische aspekte angesprochen wurden. Das sollten meiner Meinung nach auch fußballfans die sich nur auf das turnier freuen (was ja auch vollkommen legitim ist) aushalten können.

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Ich höre den Rasenfunk seit vielen Jahren und gehöre nicht einem Teil der Menschheit an, die meinen, etwas boykottieren zu müssen, weil da irgendetwas geäußert wird, was nicht der eigenen Meinung entspricht.In der Sendung wurde die Abscheu zu Thema Sommermärchen sehr deutlich geäußert, was auch mal eine Gegenäußerung nach sich ziehen darf.
Ich war übrigens schon 1990 befremdet, als mir links Sozialisierte sagten Deutschland dürfe nicht Weltmeister werden, weil die Wiedervereinigung zu einer Großmannssucht führe.

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„Wir werden auf Jahre unschlagbar sein“

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Das Zitat eines Mannes, der nach dem WM Sieg euphorisiert war. Da haben schon 1990 alle Berichterstatter milde gelächelt.

Habe vor dem Spiel heute nochmal das Rumänien-Segment gehört und war zwischendurch doch etwas enttäuscht, vielleicht auch weil ich die meisten anderen Segmente so gut fand.

Toll, dass ich jetzt weiß, dass Rumänien „keinen Sex-Appeal“ hat und Flo „nicht nur aus Nationen-Sympathie“ für die Ukraine ist, sondern auch „für den Fußball“ (weil die Ukraine mit einem deutlich besseren Kader ja so einen Traumfußball spielt?). Was erwartet man denn bei diesem Kader für einen Fußball?

Zum Glück wurde am Ende wenigstens noch kurz über relevante Spieler gesprochen, davor war das in meinen Augen dann schon etwas viel Lachen über eine schwache und unattraktive Mannschaft. Das mag inhaltlich ja nahe liegen, aber wie Tobi am Ende anmerkte, ist es für Rumänien schon ein großer Erfolg überhaupt dabei zu sein, der nationale Fußball steckt seit Jahren in der Krise.

(Anmerkung: Ich habe meinen ursprünglichen Kommentar gelöscht, da ich nach dem ersten Hören zu schnell und oberflächlich geschrieben hatte.)

Rumänien hat die Ukraine mit 3:0 geschlagen. Es gibt keine Fußballzwerge mehr…

Eine fußballerische Pointe :handshake:Allerdings ging es mir um die politische Dimension: Gemeint war, dass das wiedervereinigte Deutschland nicht Weltmeister werden dürfe. Dadurch wurden politische Meinungen auf den Fußball übertragen. Kommt uns das bekannt vor?

Geht halt alles darauf zurück: Schauen wir die Nationalmannschaft, weil wir der DFB-Auswahl die Daumen drücken und es genießen mit vielen Freunden gemeinsam Fußball zu schauen. Oder geht es darum, die allgemeine Überlegenheit der Deutschen auch im Fußball zu untermauern und wenn das nicht klappt, dann ist das direkt ein Affront.

Stand nach der Gruppenphase

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