Stuttgart
Wenn ich das hier lese, dann geht der VfB runter. Wenn Mislintat Leistung und Einstellung lobt und Tomas von den großen Ambitionen spricht, dann würde ich als VfB-Fan richtig Angst bekommen. Das verwirrendste für mich ist, dass der VfB jetzt eigentlich eine zeitlang den Eindruck gemacht hat, dass man die Selbstüberschätzung aufgegeben hatte. Das klingt jetzt überhaupt nicht mehr danach. Vielleicht braucht man dort wirklich Streit im Vorstand, um nicht abzuheben?
Süle
Ich war ein ganz klein bisschen überrascht von eurer negativen Süle-Einschätzung. Aktuell ist er wahrscheinlich der zweitbeste deutsche Innenverteidiger. Das sagt natürlich nur bedingt etwas aus, aber wenn ich einmal international schaue, dann habe ich nur bedingt den Eindruck, dass es tatsächlich so viele bessere gibt.
Vielleicht auch deshalb, weil ich versuche Süle vor dem Bayern-Hintergrund zu sehen: Ihr habt sehr gut herausgearbeitet, dass Upamecano extrem schwankt und auch Hernandez fehleranfällig ist (wie gegen Bochum gezeigt). Pavard ist gut, aber sicher nicht top und Davies ersprintet viele Bälle, aber die, die er nicht mehr kriegt, erhöhen den Druck auf den Rest meist gewaltig. Dazu kommt: Kann Süle überhaupt der Abwehrchef bei Bayern sein? Damit meine ich nicht, ob er die Fähigkeiten hat, sondern, ob die anderen das zulassen? Upamecano ist gefühlt jedes zweite Spiel sehr mit sich selbst beschäftigt und Hernandez hat für die Bayern-Bosse den höheren Stellenwert (angesichts des Gehaltsgefüges). Gleichzeitig scheinen die Verantwortlichen wohl nie so ganz hinter Süle gestanden zu haben. Lässt sich ein Hernandez (aber auch die anderen) dann überhaupt etwas von Süle sagen?
Süle hat sicher eine gewisse Amplitude in seinen Spielen drin - das haben alle Spieler - aber die ist bei weitem nicht so groß wie bei Upamecano oder auch bei Hummels. In meiner Erinnerung sind schlechte Süle-Spiele meist Spiele mit einer guten Leistung von ihm, nur ganz selten sind die wirklich schlecht. Nur meistens spielen dann auch die anderen (Innen-)Verteidiger nicht gut und es sieht noch schlimmer aus als es ist. Oder kurz: Meine These ist, dass das Stückwerk Bayern-Abwehr dazu führt, dass Süle schlechter wahrgenommen wird, als er ist.
Was Dortmund angeht: Mit Süle kommt ein spieleröffnender Verteidiger, den man dringend gebrauchen kann. Der Transfer ist vor allem auch dann sinnvoll, wenn man annimmt, dass Süle nicht mit Hummels, sondern statt ihm spielen soll. Vielleicht nicht direkt nächste Saison, aber spätestens ab Mitte 2023. Damit ist die Dortmunder Baustelle in der Defensive noch nicht geschlossen: Es fehlt noch mindestens ein Sechser und man braucht noch jemanden für die Defensive, der diese voranbringt. Aber der Anfang ist erstmal gemacht in meinen Augen.
Playoffs etc.
Warum sollte Bielefeld Geld kriegen, wenn Bayern, Dortmund und RB Playoffs um die Meisterschaft austragen? Werden sie nicht oder zumindest nicht auf lange Zeit. So viel zu Playoffs, aber ihr habt gut herausgearbeitet, warum das wahrscheinlich nur Ablenkungsmanöver sind, deshalb will ich mich auf die Fairness im Sport etc. fokussieren.
Die amerikanischen Profi-Ligen sind nicht gerechter oder ausgeglichener. Das sind große Trusts (außer die MLS, das ist ein kleiner Trust^^).
Einerseits wird auch da versucht mit allen möglichen Mitteln zu finanziellen Vorteilen zu kommen (leider nur auf Englisch). Dazu muss auch da gewirtschaftet werden und wenn die Geldquellen versiegen, dann haben auch die Clubs dort ihre Schwierigkeiten. Andererseits ist die Grundprämisse der amerikanischen Profiligen gerade die Beschräkung des Wettbewerbs. Das Franchise-System bedeutet, dass Paderborn oder Fürth per se unmöglich sind, weil man sich Startplätze erkaufen muss und sie nicht sportlich erringen kann. Gleichzeitig funktioniert es aber nur wirklich in den US-Sportarten, weil man einerseits für Spieler den wichtigsten Markt darstellt und andererseits die internationale Konkurrenz nicht mithalten kann, sodass das System die Kostenreduktion (Salary Cap) und die gemeinsame internationale Vermarktung (und damit Marktwertsteigerung) ermöglicht. In der MLS funktioniert das aber schon (nicht) mehr: Die Qualität des MLS Fußballs ist beschränkt, weil es ernsthafte internationale Konkurrenz gibt (und damit die Guten immer woanders hingehen) und gleichzeitig wird man zunehmend zu einer Farmliga (Red Bull, City Football Group und Beckham deuten zumindest in diese Richtung), sodass der Wettbewerb vielleicht fairer unter den Teams sein mag (kann ich nicht beurteilen), aber man eigentlich zum Fan- und Spielerzuträger anderer Marken wird. Sollte der Fußball-Markt in den USA explodieren, dann könnte sich das vielleicht ändern, aber warum sollten City oder RedBull oder die großen (d.h. mit dem finanzstärksten Investor gesegneten) US-Clubs weiterhin ein Interesse an einer relativ fairen Verteilung haben, wenn sie doch aufgrund ihrer Marktmacht dann auf Dominanz drücken können? Mal abgesehen davon, dass Franchise-Nehmer auch rausfallen können, wenn sie finanziell nicht mithalten können, soweit ich weiß.
Zum Entertainmentcharakter und zu Bundesliga-Investoren: Ja, @GNetzer, du hast Recht. Und du liegst falsch. Es ist Unterhaltung, aber eben nicht einfach nur Unterhaltung. Es ist Unterhaltung mit zwei nicht unwichtigen demokratischen Elementen (das ist auch der Unterschied zur WWE): Einerseits der Wettbewerbscharakter, der quasi für jeden erstmal nachvollziehbar ist und die gleichen Ausgangschancen verspricht. Bessere Leistung, besseres Ergebnis (komme ich gleich noch drauf zurück). Andererseits haben Sportvereine im Großteil der Welt grundsätzlich einen expliziten demokratischen Charakter (bzw. hatten diesen bis zur Übernahme): Jeder kann mitmachen, es wird gemeinsam entschieden und beim Gegner sieht es genauso aus. Ja, das ist schon lange an vielen Stellen inkorrekt und war es ein bisschen auch schon immer, aber d.h. nicht, dass sich viele Fans diese Vereinsdemokratie nicht wünschen. Mal abgesehen davon, dass sie (außerhalb der USA?) ja meistens auch noch ziemlich aktiv in die Vereinsgestaltung involviert sind, obwohl ihnen der Verein nicht gehört (ob Fanclubs oder Ultras). Kurzum der Konflikt ist: Will ich noch einen Lebensbereich haben, in dem ich nichts zu sagen habe oder versuche ich mir noch ein bisschen Mitbestimmung zu erhalten? (Dazu kommt die Subventionierung des Fußballs seitens der Politik, die auch alle betrifft) In den USA mag das mit den wechselnden Standorten der CLubs anders sein, weil es eine andere Bindung an den Verein gibt, aber selbst da wäre es mal spannend die lokalen Fans zu fragen, ob sie nicht gerne die Philadelphia Warriors oder Chicago Packers/Zephyrs behalten hätten (und mehr Mitsprache bekommen hätten), statt sie den Ort wechseln zu sehen.
Nun stimmt das bessere Leistung, besseres Ergebnis auf Zeit gesehen heute nicht und stimmte früher nicht und wird morgen mit einer Superleague nicht stimmen. Jedenfalls nicht solange es kapitalistischer Fußball ist. Wie @HamezMilner korrekt sagt, war schon die Bundesliga ein Umbruch, weil die (finanziell) erfolgreichsten Vereine zu groß für die anderen geworden waren. Das ändert sich auch mit einer Super League nicht, egal wie deren Modus aussieht: Dann dominiert in 20 Jahren in Deutschland eben nicht mehr Bayern, sondern Frankfurt, Union, Gladbach oder ein neuer Investorenverein, der sich die SuperLeague nicht leisten kann, aber sieht, dass er die BuLi dominieren kann. Der Kapitalismus schafft halt Monopole und die Super League kann den US-Weg gehen und einen gewaltigen Trust bilden (danach sieht es aktuell aus) und damit den kleineren Unternehmen (den anderen Bundesligisten) erstmal wieder den ‚normalen‘, ‚freien‘ Wettbewerb mit geringeren Wachstumschancen und bestenfalls gleichbleibendem Kapital ermöglichen, aber die erfolgreichsten ‚Kleinen‘ werden dann wieder nach Wachstumsmöglichkeiten suchen und entweder zu kleinen Monopolen in ihren Ligen werden, pleite gehen oder ihr Kapital so steigern müssen, dass sie in den Trust aufgenommen werden können.
Kurzum: Wer fairen Fußball will, der muss in den Amateurfußball gehen, da spielt Geld bekanntlich überhaupt keine Rolle… hust hust