Ich hole bezüglich der ganzen Thematik rund um den BVB mal etwas aus:
Generell sollte man (genau wie zu Saisonbeginn) jetzt nicht in Hysterie ausbrechen. Es war abzusehen, dass das System Bosz eine gewisse Zeit braucht um von der Mannschaft vollständig verinnerlicht zu werden. In der Saisonvorschau wurde das ganze ja auch thematisiert und dem BVB anfängliche Probleme zugesprochen. Stand jetzt ist der BVB zumindest oben mit dabei und das Saisonziel CL-Quali auf jeden Fall realistisch.
Der Trend geht allerdings eher nach unten. Der Saisonbeginn fiel nach einer ziemlich schlechten Vorbereitung dann trotzdem (in der Bundesliga) sehr gut aus. Erst in der CL und in den letzten Ligaspielen traten die Defizite deutlich ans Licht. Das lag bzw. liegt meiner Meinung nach allerdings nicht daran, dass das System anfangs schon vollständig gegriffen hat und später dann nicht mehr, sondern an einer Mischung aus verschiedenen Dingen:
a) Das Auftaktprogramm war natürlich nicht das Schwierigste. Die Gegner traten nicht wirklich mutig auf bzw. hatten nicht die offensiven Mittel die BVB-Abwehr ernsthaft zu prüfen. Dazu wurden sehr gute Torchancen (z.B. von Gladbach beim Stand von 0:0) nicht genutzt und das Abwehrsystem sah stabiler aus, als es letztendlich war. Die Offensive konnte viele Spiele schnell auf die richtige Bahn bringen. Gegen die stärkeren Gegner Tottenham und Real in der CL sah man im Gegensatz dazu sehr sehr schlecht aus.
b) Die ganze Spielweise von Dortmund war ziemlich neu…klar konnte man bei früheren Ajax-Spielen etwas scouten, aber wie das Ganze beim BVB aussehen würde, wussten viele Gegner nicht. Das ganze änderte sich aber schnell und wurde für mich erstmals im Augsburg-Spiel deutlich. Beispiele: Sahin wird als zentraler 6er im Spielaufbau vom Gegner über weite Strecken in Manndeckung genommen…der Spielaufbau efolgt dadurch langsamer und weniger geordnet; die offensiven Außen werden eher gedoppelt und können sich so dribbeltechnisch nicht so leicht durchsetzen um Chancen zu erspielen; die gesamte Spielweise (hoch stehen, aggressiv verteidigen etc.) wird besser ausgenutzt…der Gegner steht oftmals tief, weis wie er nach Ballgewinn umschalten soll und sucht gezielt Laufduelle gegen langsame BVB-Verteidiger.
c) Man merkt der Mannschaft mittlerweile eine gewisse Nervosität oder zumindest fehlendes Selbstvertrauen an…gefühlt vor allem in den letzten beiden Ligaspielen. Das ist natürlich Gift für solch ein System, da dadurch oftmals die nötige Aggressivität verloren geht und sich die Mannschaft zu schnell verunsichern lässt.
Das würde generell für Bosz spechen, der ja immer wieder betont, dass sein System noch nicht vollständig sitzt bzw. Plan A nicht zu 100% umgesetzt wird. Allerdings fragen sich viele (mich eingeschlossen) ob sein System überhaupt eine gewisse defensive Stabilität gewährleisten kann? Es ist ziemlich leicht zu durchschauen und bietet auch spielerisch schwächeren Mannschaften viele Möglichkeiten. Die ganze Mannschaft steht so hoch, dass der Gegner zum Kontern nicht wirklich genau spielen muss: ein schneller langer Ball in den riesigen Raum hinter der Abwehr und ein schneller Offensivspieler reichen schon aus. Im Mittelfeld können so gut wie keine Bälle abgefangen werden und die Viererkette sieht sich oft einer Überzahl an Gegenspielern gegenüber (auch weil die Außenverteidiger oft ebenfalls sehr hoch stehen und dann entsprechend zu spät kommen).
BVB-Spiele sind für neutrale Zuschauer immer super anzuschauen und auch die Leistungen von Leipzig, Frankfurt und Hannover sollten gewürdigt werden. Allerdings solte man sich schon fragen, warum alle Dortmunder Gegner in letzter Zeit so gut aussahen. Die generelle Frage zur Umsetzbarkeit von Bosz´s System kann man meiner Meinung nach erst im Laufe der Rückrunde beantworten. Ich als BVB-Fan hoffe natürlich, dass sich das Ganze wieder stabilisieren wird, aber der Trend ist auf jeden Fall jetzt schon besorgniserregend…auch weil (wie oben schon gesagt wurde), unser Trainer bisher keine Fehler bei sich oder seiner Spielweise sieht und daher in näherer Zukunft daran nichts umstellen wird.
“Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.”
-Albert Einstein-