Sehe ich auch so. Der Trainer hätte den Ball ja gar nicht zum Spieler werfen müssen. Den Ball weiterzureichen ist auch nicht eben unüblich, vor allem, wenn derjenige ein Innenverteidiger ist. Und dann finde ich, dass man einem Zeitspiel ja auch dadurch entgegen wirken kann, dass man die vertrödelte Zeit einfach zusätzlich nachspielen lässt. Da stelle ich doch nicht zwei Leute vom Platz. Geht’s noch?
Können wir uns darauf einigen, dass das Augsburger Eigentor, den Paulianern mit ihrer starken Defensive sehr entgegen gekommen ist. Dass sie ohne dieses, sich deutlich mehr um die Offensive hätten bemühen müssen, was vllt. zu einem eigenen Tor geführt hätte, vllt. aber auch mehr Räume für den FCA eröffnet hätte.
Das Spiel Bayern gegen St. Pauli habe ich gesehen. Du findest wirklich, dass 13 Torschüsse ein guter Wert ist für die Bayern? Und tatsächlich hat Bayern den vierfachen xG-Wert erzielt. Respekt.
Natürlich war das Eigentor gut für das Spiel von St. Pauli. Ich hatte aber, wie gesagt, in der ersten Halbzeit den Eindruck dass St. Pauli trotz deutlich mehr Offensivakzenten überhaupt nicht in Gefahr war, daher erschließt sich mir deine Schlussfolgerung nicht dass man ohne Eigentor bzw. Führung deutlich mehr angeboten hätte.
Während der FC Bayern zuhause durchaus auf >30 Torschüsse oder mehr in einem Spiel kommt, sieht das Auswärts nicht immer so aus. Hier mal 3 Auswärtsspiele vor und nach dem St. Pauli Spiel:
Gegen den FC Barcelona: 11
Gegen den VFL Bochum: 19
Gegen den 1. FSV Mainz: 15
Gegen den FC St. Pauli: 13
Gegen Borussia Dortmund: 15
Gegen Schachtar Donezk: 21
Gegen den 1. FSV Mainz: 13
Ich finde, man kann es auch andersherum aufzäumen: Die Regeln sollen den Spielfluss und die Fairness garantieren. Wenn sie das nicht tun, dann kann man sich natürlich auf ihren sakrosankten Charakter berufen, aber eigentlich bricht man damit mit dem Zweck der Regeln. Die Regeln sind eben kein Wert an sich.
Man kann trefflich darüber streiten, ob die Einwurfsregel in ihrer Breite (jede plötzliche Ballweitergabe bei angesetzter Ausführung ist strafwürdig - unabhängig von der Spielsituation) nun grundsätzlich dem Zweck dient oder nicht, aber man sollte auch auf die Auslegungspraxis gucken, um zu sehen, wie zumeist die Regel verwendet wird: Bestraft wird dieses Verhalten in 99% der Fälle, wenn es um Zeitspiel in der Schlussphase geht. Das bedeutet dann aber, dass die Schiris die Regel eigentlich konsequent selbst brechen. Denn der Text hält jede Spielverzögerung dieser Art für strafbar. Insofern ist das „Fingerspitzengefühl“ eigentlich nichts anderes als die Aufforderung sich an die Rechtspraxis zu halten und auch wirklich nur das Zeitspiel in der Endphase zu bestrafen.
Dieser zeitliche Kontext würde bei Stark natürlich passen, aber die Verzögerung passt nicht ganz und es widerspricht dem Wortlaut. Er hat noch nicht zum Wurf angesetzt, sondern schaut nur, wer stattdessen werfen kann und er wartet da auch nicht Ewigkeiten rum. Auch dadurch wird das Fingerspitzengefühl zur Forderung nach ‚Rechtsangleichung‘. In 95% der Fälle (zu einem vergleichbaren Zeitpunkt) bekommt er in dieser Aktion kein Gelb - auch weil er das nicht zum wiederholten Mal macht und weil der Schiri ihn auch noch verbal ermahnen kann.
Oder platt gesagt: Man kann durchaus Argumente dafür finden, dass Petersen zwar nicht mit der Regel bricht (zumindest in dem Moment - ich vermute auch Petersen hat nicht das ganze Spiel hindurch für solche Aktionen Gelb gegeben?), aber wenn man so will mit der üblichen Regelauslegung. Da beißen sich Regel und Zweck eben doch wieder.
Was Friedl angeht: Anfassen und wahrscheinlich Meckern - kann er zurecht Gelb für bekommen. Das Problem ist nur: Er hält sich an die Kapitänsregel und Petersen ignoriert ihn vollständig. Ob Petersen ihm Anweisungen gibt, denen er zu folgen hätte, lässt sich in den Zusammenschnitten nicht erkennen. Vor allem gibt Petersen aber nicht Gelb für die Berührung, sondern erst danach. In Summe kann man dafür gerne Gelb geben, aber hier kommt wieder die Rechtsauslegung ins Spiel: Mit der Einführung der Kapitänsregel wurde kommuniziert, dass der Kapitän als einziger den Schiri ansprechen darf und gleichzeitig wird das so gehandhabt (wenn der Schiri sie durchsetzt), dass in 98% der Fälle der Schiri auch kurz mit dem Kapitän redet. Ggf. wird der Kapitän abgebügelt und weggeschickt, aber geredet wird. Petersen verweigert das einfach und damit bricht er wieder mit der üblichen Rechtsauslegung und die Regel und der Zweck beißen sich wieder.
Für mich hat Petersen zwei Möglichkeiten der Rechtsauslegung zu folgen und Friedl zu verwarnen: Entweder er wirft ihn nach der ersten Berührung direkt vom Platz oder er gibt ihm direkt eine Anweisung als Friedl das Gespräch sucht und verwarnt ihn dann, wenn er der Anweisung nicht folgt (das würde allerdings auch mit der Berührung zusammenfallen).
Oder kurz: Ich verstehe, dass du und @alex_muc86 etwas gegen das „Fingerspitzengefühl“ habt. In meinen Augen ist die Argumentation mit der Konsequenz (den Platzverweisen) auch keine stichhaltige. Allerdings steht dahinter ein Widerspruch zwischen Regel, Regelauslegung durch den individuellen Schiri und Zweck des Regelwerks und wenn man den in den Blick nimmt, dann wird das Fingerspitzengefühl vor allem zum Appell an die Fairness des Wettbewerbs und es verweist darauf, dass es zu kurz greift nur von den Spielern verändertes Verhalten zu fordern. Denn eigentlich können die sich auf die bisher übliche Regelauslegung berufen.
deine ganzen Ausführung basieren auf der Prämisse, dass die Entscheidungen unüblich bis falsch seien. Dem kann ich nur entschieden widersprechen. Die Entscheidungen waren allesamt korrekt und erwartbar.
Das stimmt einfach nicht. In vergleichbaren Situationen (Spieler läuft in der Nachspielzeit 15 Meter zur Seitenlinie um den Ball vom korrekten Ort der Einwurfausführung zu entfernen) gibt es fast immer gelb. Normalerweise machen solch durchsichtigen Unfug halt Spieler, die noch kein gelb haben und dann interessiert es nach Abpfiff niemanden mehr.
bitte beschäftige dich mit der „Kapitänsregel“ (eigentlich ist es eine Anweisung und keine Regel, denn das Regelheft wurde für die neue Anweisung gar nicht verändert). Folgendermaßen hat der DFB die Anweisung im Sommer eingeführt:
Was hat es mit der Kapitänsregelung auf sich?
Es handelt sich um eine Anweisung, dass sich nur der Teamkapitän auf dem Spielfeld an den Schiedsrichter oder die Schiedsrichterin wenden darf, um eine wichtige Entscheidung erklärt zu bekommen.Wie ist der Ablauf?
Nach einer Entscheidung mit potenziell spielentscheidendem Charakter und möglichem Informationsbedarf zeigt der Schiedsrichter mit waagerecht ausgestrecktem Arm an, dass die Spieler*innen auf einer Mindestdistanz von 4 Metern bleiben sollen. Nur der Teamkapitän darf sich nähern und den Referee ansprechen.Muss der Schiedsrichter ab sofort mit dem Kapitän diskutieren?
Nein. Die Unparteiischen werden zwar dazu ermutigt, sich offen mit den Kapitänen auszutauschen, um eine respektvolle Atmosphäre zwischen allen Parteien zu schaffen und eine Vertrauensbasis zu den Spielern aufzubauen. Protestieren durch Worte oder Handlungen bleibt gemäß Regel 12 der Fußball-Regeln aber ein verwarnungswürdiges Vergehen, sodass der Schiri nach wie vor die Gelbe Karte zeigen kann, falls der Kapitän sich zu lautstark oder vehement beschwert.
FAQ zur Einführung der "Kapitänsregelung"
Es entscheidet einzig und alleine der Schiedsrichter, ob es sich um eine wichtige Entscheidung mit Informationsbedarf handelt. Der Kapitän darf freundlich um eine Erklärung bitten und muss dann auch damit leben, wenn der Schiri die Szene nur kurz kommentiert (bspw mit einem Wort: „Zeitspiel“) oder die Szene für gar nicht erklärungswürdig hält. Protestieren und insbesondere den Schiri angrabschen ist für den Kapitän natürlich genau wie für jeden anderen Spieler strafbar.
Petersen ist hier im Bewusstsein der erzeugten Bilder nicht kleinlich oder inkonsequent, sondern ganz im Gegenteil sogar äußerst großzügig, dass er Friedl nicht direkt nach dem ersten Angrabschen vom Platz schmeißt. Das Petersen Friedl den Rücken zukehrt und die Szene verlässt, ist kein Stück arrogant, sondern der Versuch, eine Situation, zu der es nichts mehr zu sagen gibt, zu deeskalieren und Friedl die (zu!) großzügige Gelegenheit zu geben, es ihm gleich zu tun und es auf sich beruhen zu lassen. Stattdessen stampft Friedl Petersen hinterher, redet weiter auf ihn ein und tippt ihm von hinten in den Rücken. Irgendwann reicht es dann auch. Respekt ist keine Einbahnstraße.
sorry, aber das stimmt einfach nicht. nochmal: zwischen dem Moment, als der Ball die Linie überquert und dem Moment, als Petersen die gelbe Karte zückt, liegen 8 Sekunden (!).
Ich kann mich an keine vergleichbare Situation erinnern, egal in welchem Spiel, wo ein Spieler bei der ersten Aktion seiner Mannschaft, die als Zeitspiel interpretiert werden könnte, sofort gelb sieht. Acht Sekunden nachdem der Ball die Seitenlinie überquert hat.
Detto mit der Kapitänsregel. Die ist ja nicht dazu da, Kapitäne wie Schulbuben aussehen zu lassen, sondern die Kommunikation auf dem Spielfeld in vernünftige Bahnen zu bringen. Natürlich darf der Schiri so reagieren wie er es gemacht hat, die Frage ist halt, ob es 1. fair und 2. klug war im Sinne des Spiels. Sorry, aber mMn hat sich Petersen da verrannt.