Zu BMG-FCB zitiere ich mich mal (kuratiert und überarbeitet) schamlos von woanders:
Wichtiger Sieg für die Stimmung nach dem Desaster in Berlin. Denn wenn Du nicht mal mehr zu Hause gegen die Bayern gewinnst, gegen wen denn sonst?
Ich hab im Kicktipp übrigens 2:2 getippt. Soweit ist meine Verzweiflung mit dieser Gladbacher Saison schon.
Zur roten Karte (Achtung: Vereinsbrille):
Ich glaube, das ist ein Schulbeispiel einer Livebild-Entscheidung. Das ist eine rote Karte, die die Spieler dem Schiri aufgedrängt haben. Und die man als TV-Zuschauer dann später nicht mehr nachvollziehen kann.
Upamecano stellt sich da einfach mega dusselig an. Er stellt Plea in dessen eigener Hälfte quasi ins nicht vorhandene Abseits und hechelt dann dem langen Ball hinterher. Plea ist schnell, Upamecano ist schnell, da gehen jedem Schiri und jedem Fußballgucker sofort die Alarmglocken an. Und sie werden nicht leiser, wenn man sieht, dass Upamecano Plea den besseren Winkel zum Ball und zum Tor eröffnet und dann sein Heil in einem Körperkontakt sucht, wo der Ball leider zwar einerseits von beiden Spielern noch zu weit weg ist, damit es ein Kampf um den Ball ist und andererseits Plea für seine Position in diesem Laufduell als gemahde Wiesn zum Torschuss bereit liegt. It’s the Winkel, stupid. So kannste da nicht reingehen.
Nagelsmann hat im Sportschau-Interview für mich extrem nachvollziehbar erklärt, was da aus seiner Sicht passiert ist. Sinngemäß: Plea erwartet den Rempler, stempelt sich clever vor Upamecano in den Rasen, der Rempler kommt aber nicht und deshalb verliert Plea die Kontrolle über seinen Körper. Nicht wegen der ultrakurz aufgelegten Hand, die überhaupt keinen Einfluss aufs Geschehen haben kann. Meine persönliche Expertise in mehreren Mannschaftsportarten besteht in erster Linie darin, wie man anderen Leuten möglichst effizient im Weg stehen kann. Da hat Nagelsmann mich. Das überzeugt mich. 100 %.
Der Punkt ist aber: Er stempelt sich vor Upemacano in den Rasen. Nach diesem High Speed Sprintduell. Im besseren Winkel zum Ball. Und das ist, was Tobias Welz da sieht. Und er sieht, dass Upamecano dabei regelwidrige Anstalten unternimmt, dessen Vorankommen zu behindern. Und er sieht ihn stürzen. Das ist im geschult gesehenen Live-Bild ein klares Foul (und dann auch eine zwingende Rote Karte). In der Zeitlupe ist es nahe an nichts. Quasi das Gegenteil des gefürchteten Zeitlupen-Fouls.
Und da kommt dann hier das VAR-Protokoll ins Spiel:
Wir haben 2023. Den VAR gibt es seit wieviel, sechs Jahren? Und es ist immer noch weithin unbekannt, wie unfassbar wichtig a) der Unterschied zwischen wahrgenommen und nicht wahrgenommen ist und b) wie unfassbar abstrakt und weltfremd (und in sich konsequent und rein juristisch überzeugend) die DFB-Definition von “wahrgenommen” ist. Hier in diesem Fall sind wir ausnahmsweise mal im Extrembereich dessen, dass der Hauptschiedsrichter das Geschehen selbst innerhalb dieser absurden Definition wirklich mal komplett wahrgenommen hat. Wenn Welz das pfeift, dann wird er den Köperkontakt und das Handauflegen auch gesehen und als Foul (verständlicherweise, s.o.) bewertet haben. Und dann darf der VAR ihn halt nur noch dann zur Videoprüfung schicken, wenn es nach den Buchstaben der Regeln eine klare Fehlentscheidung war. Und das war es nicht.
Ich finde, in einem Profispiel sollte sowas nach Ansicht der Videobilder nicht als Foul gewertet werden. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das irgendein Bundesliga-Schiedsrichter anders sieht – inklusive Tobias Welz selber. Aber man darf es als Foul werten, das ist grundsätzlich erst einmal regelkonform. Es ist stulle und unangemessen, aber regelkonform. Und gleichzeitig finde ich es aus den oben genannten Gründen maximal verständlich, dass er es in seinem Live-Auge (wie ich im ersten “Live”-Bild) klar als Foul erkennt. Und da beißt sich dann das VAR-Protokoll in den Schwanz. Dann läuft es ins Leere. Ohne dass irgendjemand der Beteiligten selber etwas falsch gemacht hat. Das ist ehrlich gesagt einfach nur noch tragisch und peinlich.
Wobei das ja nicht das eigentlich peinliche ist. Man kann das ja so wollen. Man kann wollen, dass sowas so gewertet wird, wie es der Hauptschiedsrichter auf dem Feld entschieden hat, wenn er es so gesehen hat und keine Spielregel klar dagegen spricht. Es ist eine Sportart und kein Kesselwagen in Ohio.
Aber dann muss man das auch so kommunizieren. Sechs (?) Jahre VAR und diese Volldeppen lassen das immer noch an den zwei entscheidenden Geburtsfehlern kranken:
– Der Fußball musste als letzter Gast auf der Party natürlich unbedingt beim Thema Videoprüfung das Rad komplett neu erfinden und hat das zur Überraschung aller eher so semi clever hinbekommen.
– Der Fußball kommuniziert nach innen und außen mehr oder weniger null, was er da tut.
Mit Verlaub, da darf man dann auch als wohlwollender Betrachter schon auch mal dran verzweifeln.
Ich freue mich natürlich über diese rote Karte. Und ich erfreue mich diebisch am Nagelsmann’schen Meltdown. Die Größe, meine Bewertung dieser Situation in Empathie für den durchgeknallten Schnösel-Gegner umzuwandeln, sie ist mir nicht gegeben. Aber ganz ehrlich, so kannst Du das als DFB nicht verkaufen. Das ist einfach nur noch absurd.
Und damit meine ich weniger die Entscheidung an sich, so falsch ich sie persönlich finde. Denn so falsch sie man finden mag, so wenig finde ich sie krass ungerecht. Das hat sich Upamecano schon alles selber zuzuschreiben. Und es gibt echt gute Gründe, diese on field Entscheidung stehen zu lassen, wenn man das so will. Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, unter dem Strich würden sie mich sogar überzeugen.
Aber herrgott nochmal, dann gebt uns doch diese Argumente. Sagt doch einfach mal an, was ihr da tut und warum.
Das Problem ist nicht, dass ich hier so eine unlesbare Buchstabenwüste für 1 Schiedsrichter-Entscheidung reinstempel; ehrlich gesagt primär für mich selber. Das Problem ist, dass sie zu 99 % aus reiner Spekulation besteht. Und das liegt bestimmt nicht nur an mir. Das geht so nicht. Und das geht schon gar nicht in so einem Multi-Millionen-Unternehmen der Unterhaltungsindustrie, wie es die Bundesliga nun einmal ist. Da darf ich als Zuschauer bei allem sportlichen Respekt mehr von der Spielleitung erwarten.
Aber letztlich muss man gleichwohl eines mal festhalten:
Ich nehme auch neben Nagelsmann jede Menge Stimmen aus Bayern-Fankreisen war, die diese Niederlage allein an dieser roten Karte festmachen. Großer Betrug, da war das Spiel vorbei und entschieden, alles ein Muster ohne Wert, allein der Schiri ist schuld.
Und da muss ich als Nicht-Bayernfan ganz ehrlich sagen: Berechtigt hin oder her. Und N A T Ü R L I C H ist es daneben noch ganz nett, die Bayern zwischen zwei – für ihre Saison existentiellen – CL-Spielen gegen eine Übermannschaft wie PSG zu erwischen (ehrt diese Leute, dass sie dies nach meiner Beobachtung nicht weiter erwähnen).
Aber ein Team mit den Spielern wie die Bayern muss den Anspruch haben, eine dermaßen struggelnde Mannschaft wie es Gladbach gerade ist, auch zu zehnt vor eine Aufgabe zu stellen, dass nach einer frühen roten Karte für einen Fan das Spiel nicht direkt entschieden und aus und vorbei ist. Man muss es vielleicht nicht gewinnen, das ist ja trotzdem keine Thekenmannschaft. Insofern schon ganz okay und erfrischend, dass man als Fan keine super arroganten, schwachsinnigen Anforderungen an seinen Lieblingsclub stellt. Aber nach der einen Roten Karte war das Spiel entscheiden? Also ganz ehrlich, da hätte ich als Bayern-Fan etwas herausfordendere Ansprüche an mein Team.
Diese Schiedsrichter-Entscheidung hat einen großen, einen sehr großen Einfluss auf dieses Spiel genommen, das kann ganz wertfrei niemand sinnvoll bestreiten. Aber sie hat es nicht alleine entschieden. Das kann mit diesem Team nicht der Anspruch des FC Bayern sein. Außer natürlich, der Anspruch des FC Bayerns ist es, es Mitte Februar nicht in der eigenen Hand zu haben, in der Liga hinter einem Team wie dem des 1. FC Union zu liegen. Dann kann man sowas sagen.