Dortmund: Neue Stärke trotz 0:4-Abreibung?

Ich habe mit Sebastian Weßling (Redaktionsleiter Funke Sport, @fluestertweets, @wessling.bsky.social) versucht, die Lage beim BVB aufzuarbeiten. Danke noch einmal für all den Input im Thread (Borussia Dortmund). Wie hat euch die Sendung gefallen?

Danke für die Kommentare zu dem Bit der letzten Woche, das ist sehr löbliche Reflexion. Ich wollte gestern als ich die letzte SK erst gehört habe, noch nachfragen, woher die Auffassung mit den Parolen kam, und habe dann beim Recherchieren nur eine diffuse Quellenlage (Springer) gefunden, bei denen ich mir sicher war, dass es nicht daher kam. Aber danke, das hat sich dann ja geklärt.

Zum eigentlichen Segment: Ich fands gut, hat alle Aspekte umfasst, hatte Kritik, aber dennoch auch gute Balance drin. Rundumsorglos-Paket.

Nur eine Frage habe ich: Und zwar, wie spielt denn Terzic jetzt eigentlich Fußball? Ich kann mir immer noch keine Stärke und einen Plan zusammenreimen, aber scheinbar existiert dieser, also sehe ich das Problem klar bei mir.

Ich habe da meine eigene Theorie, wie der Matchplan aussieht. Der Plan sieht so aus, dass die Spieler versuchen durch ihre individuelle Klasse in Einzelaktionen torgefahr zu erzeugen…

Problem: Das klappt natürlich nur, wenn man diese Spieler hat. Ob ein Haaland, Sancho, Bellingham oder ein Guerreiro, alle konnten durch Ihre individuelle Klasse ein Spiel alleine entscheiden. Alle sind weg, und jetzt der „Dortmunder Jung“ mit heruntergelassenen Hosen dar, aber wie es in der Folge bereits erwähnt wurde, der Erfolg gibt am Ende dem Trainer recht.

Warten wir mal den Knüppelharten November und Dezember ab, da werden wir sehen, ob Terzic wirklich ein guter Trainer ist. sollte es gegen Leverkusen und Leipzig deftige Niederlagen geben, steht der Trainer für mich persönlich zur Disposition.

Schöne Sendung

Aber ganz ehrlich Xhaka / Grimaldo und Boniface funktionieren in Leverkusen super aber würde das in Dortmund funktionieren sind sie besser als die verpflichteten?

Ich denke Nein
Grimaldo hat Offensive Stärken aber was passiert bei richtigen Druck?
Gegen RB und Bayern ist er Defesniv geschwommen wie auch oft International mit Benfica.
Boniface ist eine tickende Zeitbombe mit seinem Knie und der liebe Granit Xhaka hat auch nicht das Gewinner Gen, dass momentan in Dortmund fehlt.

Tolle Sendung.
Finde die Vergleiche mit Leverkusen bzl. der Transfers etwas unfair. Die Spieler sind vor allem wegen Xavi Alonso da. Nicht wegen dem Verein. Ausserdem kann der Bayerkonzern die Gehälter stemmen und Alonso seine Wünsche erfüllen. Ansonsten wäre dieser schon im Sommer weg gewesen.
Leverkusen hat dieses Jahr eine einmalige Chance, vielleicht mit viel Glück noch nächste Saison. Ich glaube aber nicht daran. Danach ist Alonso eh weg und das Kartenhaus bricht dann langsam zusammen.
Wäre Alonso nicht in Leverkusen hätte der BVB auch die besseren Karten bei den gleichen Spielern gehabt…

Für mich war das auch eine sehr interessante Folge, insb. da Sebastian Weßling einige Abweichungen zu den allgemeinen Medienberichten zu erzählen hatte und auch weil er den ein oder anderen Punkt anders sieht als ich. Dennoch finde ich es erstaunlich, dass nicht alle Themen, die man besprechen könnte, in 80 Minuten besprochen sind. Aber ich denke man hat hier definitiv die Wichtigen ausgewählt.

Im Bereich der Transferstrategie hatte er erzählt, die Neuausrichtung mit mehr robusten Spielern wäre eher das Profil von Sebastian Kehl, was, insb. durch diverse Medienberichte, meinem Empfinden nach eher anders ist und definitiv in der Allgemeinheit anders wahrgenommen wird. Insofern fand ich die Aussage sehr interessant und weiß nicht so richtig wie ich die Gesamtgemengelage jetzt einordnen soll. Er hat ja seine Kontakte, aber die Leute die es anders berichten ja definitiv auch, insofern wird vermutlich beides zutreffen, die Mitte, die es dann vermutlich ist, würde mich jedoch sehr interessieren.

Im Zuge der Transferstrategie wurde auch aufgegriffen, dass es für den BVB schwieiriger ist die Risentalente zu verpflichten, da sich mittlerweile auch andere & größere Vereine früh auf diesen Markt stürzen. Definitiv ein richtiger Punkt, den wir ja im Thread auch diskutiert hatten, mich hätte nur weitergehend interessiert, wieso der BVB an Leihgeschäften kein Interesse hat, wenn diese keine Kaufoption beinhalten. Spieler wie Xavi Simons oder Armel Bella Kotchap hätte man in dieser Saison auf Leihbasis haben können, wollte Sie aber wohl nur mit Kaufoption. Geholfen hätten dem Kader beide sehr. Vielleicht ist das auch ein Weg den man vermehrt in Zukunft gehen müsste, wozu man aber, zumindest aktuell, noch nicht bereit zu sein scheint.

Im Transferthema fand ich auch sehr gut, dass das Leverkusen-Beispiel mal besprochen wurde, da tatsächlich viele BVB Fans sich damit vergleichen und hierbei insb. die Zeitpunkte der Verpflichtungen außer Acht lassen.

Auch sehr gut fand ich, dass Max, als Sebastian Weßling das Zitat „Weniger Sexy - Mehr Erfolg“ anbrachte und dazu sagte dass mehr Erfolg auch geklappt hat, so nachgehakt hat. War ja auch ein Punkt aus dem Thread, denn alles was man unter Terzic (bisher) erreicht hat, hat man auch bereits „sexy“ vorher erreicht. Insofern war ich ein bisschen überrascht, dass die Aussage bei Sebastian quasi hingenommen wurde, da Sie m. E. n. Terzic massiv unter Druck setzt.

Bezüglich Terzic kam ja auch die unterschiedliche Wahrnehmung in Bezug auf guter Matchplan aber schlechte Anpassungen bzw. schlechter Matchplan aber gute Anpassungen auf. Hier nur ein versuch der Erklärung von mir: Ich glaube beide Seiten haben eine Berechtigung, allerdings geht man hier von verschiedenen Seiten des Balls aus, wie man im Basketball sagen würde.

Ich finde den defensiven Matchplan von Terzic meist richtig gut. Wenn der Gegner hier jedoch etwas ändert - oder teilweise auch schon direkt zu Beginn etwas anderes macht - fehlen die Anpassungen.

In der Offensive fehlt mir häufig eine genaue Idee und man spielt in der ersten Halbzeit meist erstmal sein Standardspiel, bevor man dann - meist in der Halbzeit - umstellt. Hatte ich ja hier auch schon häufiger in den Spieltagsanalysen geschrieben. Hier Dreieraufbau dadurch weniger Druck des Gegner im Aufbau, hier ein zusätzlicher Spieler fürs Zentrum um dort eine Überzahl zu haben etc…

Interessant fand ich auch, dass sich Sebastian Weßling beim Thema kleine gegen große Gegner erst sagt, dass man sich in der vergangenen Saison gegen die kleinen Gegner nicht mehr so schwer getan hat, dafür aber gegen die großen Teams Punkte liegen gelassen hat und dann, als Max ihn zum Ende auf den Restspielplan bis zum Winter anspricht sagt, dass dem BVB die Spiele gegen die großen Gegner die mitspielen auch eher leichter fallen.

Hierzu auch eine kleine These: ich glaube die Niederlagen gegen die „kleinen“ Gegner bleiben einfach nur länger im Gedächtnis hängen, da man aus Spielen gegen Bayern, Leverkusen oder RaBa eher herausgeht und eine Niederlage sportlich nachvollziehen kann. Gegen die kleinen Gegner ist das jedoch vermehrt nicht der Fall, da gefühlt jeder erwartet, dass man dort wie ein Roboter durchmarschiert. Noch dazu gibt es von den kleinen Gegner mit großer Fallhöhe einfach viel mehr für den BVB.

Denn, wie es auch gesagt wurde, in der vergangenen Saison hat sich gegen die größeren Teams extrem schwer getan. In München bekam man die übliche Packung, Zuhause holte man ein verdientes aber glückliches Unentschieden in letzter Sekunde. Gegen Leverkusen konnte man zwar beide Spiele gewinnen, aber auch hier gab es ein leichtes Spielglück um es vorsichtig auszudrücken. Die Spiele gegen Leipzig waren sowohl zwei Mal in der Liga als auch beim Ausscheiden im DFB Pokal desaströs und man war komplett unterlegen. Dementsprechend hat man auch zwei Spiele komplett verdient verloren und lediglich im Heimspiel in der Rückrunde einen wirklich unfassbar glücklichen Sieg geholt.

Bezüglich der Mentalitätsdiskussion habe ich mich an eine Diskussion mit Martin Rafelt zurückerinnert, der mit Tobias Escher im Phrasendrescher damals diskutierte was Mentalität überhaupt meint. Da für mich immer Konstanz gemeint ist, wenn die „Mentalitätsfrage“ gestellt wird, habe ich das damals eingebracht. Generell waren wir uns einig, dass dies eine valide Möglichkeit wäre, es jedoch im Ergebnis dann unsinnig ist, eine entscheidende Fähigkeit, auch auf kognitiver Ebene, auf das Wort „Mentalität“ runterzubrechen. Habe mich hieran zurückerinnert gefühlt als das in die Richtung diskutiert wurde.

Und da ich jetzt schon wieder viel geschrieben habe und im Podcast ja auch über mögliche weitere Supertalente beim BVB diskutiert wurde, wo unter anderem Duranville genannt wurde, hier noch eine Hoffnung, die evtl. der ein oder andere BVB Fan nicht kennt, da er etwas unterm Radar noch fliegt im Schatten von JBG, Duranville, Brunner:

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Möchte mich dem bereits gesagtem anschließen: Ein Dortmundschwerpunkt der mir sehr gut gefallen hat und viel zum Denken angeregt hat.

So hatte ich denk Eindruck, dass man Terzic zwar für seine Spielweise und taktischen Ausrichten kritisieren kann und sollte, aber das Hauptproblem dann doch in der Kaderzusammenstellung liegt. Ob das jetzt Kehls oder Terzics Schuld ist kann ich von außen nicht beurteilen und wie @strassenkicker schon sagte, liegt die Wahrheit vermutlich in der Mitte. Eventuell haben sich alle gemeinsam dazu entschieden in die Richtung zu gehen, aber Kehl und Terzic waren sich in den Details dann uneins?

Dazu passend kommt ja noch, dass Dortmund gerade in zwei verschiedene Richtungen gleichzeitig rennt. Zum einen will man ja jetzt wohl auf gestandene Spieler setzen und zum anderen Personalkosten einsparen. Das dazugehörige Venn-Diagramm sähe dann in etwa so aus:


Das rechtfertigt natürlich nicht den letzten Transfersommer, aber verdeutlicht wie der BVB sich selbst das „Jagdrevier“ eingeschränkt hat. Die Maßgabe es sollen auch noch alles deutschsprachige Spieler sein, verstehe ich aber immer noch nicht.

Als letztes aber noch ein Aspekt, der sich wie ein roter Faden durch den Schwerpunkt zog ohne dass er wirklich angesprochen wurde: Dortmund hat im gewissen Sinne eine Sinnkrise und das schon seit Jahren. Jürgen Klopp (JK-Referenz: ✓) sagte mal so schön

„Ich glaube nicht, dass die Angst vor dem Verlieren dich eher zum Sieger macht als die Lust auf Gewinnen.“

Sebastian Weßling wies aber zurecht darauf hin, dass Dortmund in der Regel eher nach hinten schauen muss als auf die Bayern, da Leverkusen und Leipzig ihnen dicht an den Versen sind – oder schon überholt haben? Trotzdem wird Dortmund aber ständig mit den enteilten Bayern verglichen – wie auch in diesem Schwerpunkt – weshalb sie meiner Meinung nach stets das Gefühl haben „jetzt müssen wir aber mal was ändern!“ anstatt einfach ihr Ding durchzuziehen. Natürlich sollen sie versuchen sich zu verbessern, aber bitte nur im Rahmen, dass es zur Philosophie passt und nicht weil sie glauben die Bayern schwächeln diese Saison und deshalb all-in gehen. Der BVB wird die Lücke zu den Bayern nicht mehr schließen können, außer sie haben viel Glück oder die Bayern machen sehr viele, sehr schwerwiegende Fehler. Sich dennoch mit ihnen zu vergleichen zu wollen ist – in meinen Augen – nicht gesund für den Verein.

So weh es auch tut, als Fan wünsche ich mir manchmal schon dass Dortmund in der BuLi Hierarchie auf Platz 4-5 stehen würde, auch in den Köpfen der Leute. Natürlich habe ich keinen Bock darauf, dass der BVB jetzt royally verkackt und ich zusehen müsste wie er seine Ausgangslage verspielt… aber (überspitzt formuliert) gäbe es dann immerhin wieder etwas zwischen den Gefühlswelten „Dortmund muss gewinnen, sonst heißt es wieder der BVB hat verkackt“ und „mal gucken wie hoch die Bayern diesmal gewinnen“.

Das muss jetzt aber reichen an BVB-Whining :wink: Wie oben gesagt finde ich der Dortmundschwerpunkt war herausragend, auch wenn du, Max, das Gefühl hast jedes mal das gleiche zu sagen. Es war in meinen Augen genau das Richtige Maß an angebrachter Kritik und Zurückweisung von unangebrachter Kritik. Dank an euch beide dafür.

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Das Venn- Diagramm gilt doch auch für die vorherige Strategie. Toptalente sind billig spielen aber dann hoffentlich recht schnell auf Weltklasseniveau und man hat dann gute Spieler für gutes Geld, plus die Ablöse. Da fehlen also Aspekte wie langfristige Mannschaftsentwicklung, Leistungsprinzip (Toptalente müssen ja immer spielen) und die fehlenden Zusatzeinnahmen durch Verkauf.

Klar, es ist nicht vollständig. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass der BVB die Personalkosten runterschrauben und gleichzeitig mehr auf gestandene Spieler setzen will. Unter der Prämisse bleiben dann nur Spieler über, die für die Top-Clubs nicht gut genug sind. Was die Sachzwänge waren und andere Vor- und Nachteile sind dabei dann ausgeklammert.

Vermutlich sieht der BVB, dass ihm seine Nische als Sprungbrettverein abgegraben wird und kann daher nicht zwingend auf ständige Transfererlöse spekulieren. Dazu kommt noch, dass sie Fälle wie Schulz, Bürki oder Meunier (mit Abstrichen auch Wolf) in Zukunft vermeiden wollen, wo Spieler mit einem hochdotierten Vertrag nichts tun. Als Konsequenz haben sie beschlossen die Personalkosten zu reduzieren und mehr leistungsbezogene Verträge zu vergeben.

Unabhängig davon wurde beschlossen, mehr auf gestandene Spieler zu setzen um mehr Kontinuität (aka „langfristige Mannschaftsentwicklung“) reinzubekommen und eventuell auch mehr Identifikation zwischen Spieler, Fans und Verein?

In jedem Fall führen diese beiden unabhängigen Beschlüsse, dass der BVB sich größtenteils auf die Schnittmenge im Venn-Diagram oben begrenzt hat.