Ich würde sagen (Achtung Polemik): Equal Pay schlecht. Debatte erledigt.
Nicht, weil der Grundsatz „gleiche Arbeit, gleicher Lohn“ falsch wäre oder man im Fußball auch nur ansatzweise dabei wäre das mal umzusetzen.
Ich habe nur zunehmend ein Problem mit dem Begriff Equal Pay und der Debatte drumherum - ein Problem, das @dogfood ja schon ein bisschen angerissen hat.
Momentan scheint mir die mediale Debatte ganz klar darauf fokussiert zu sein, dass der Frauenfußball genauso wie der Männerfußball sein soll und das wird dann primär mit dem Schlagwort Equal Pay verbunden. Warum, bitte, kriegen die Frauen nicht auch Millionen für ihre fußballerische Tätigkeit? In einer der Sendungen zur WM wurde darauf verwiesen, dass Alex Popp 40.000 (oder 50.000 ich weiß es gerade nicht mehr genau) Euro Jahresgehalt bekommt. Das ist ein himmelschreiender Unterschied zu den Männern. Nur kann man ja mal die gesellschaftliche Perspektive aufmachen: Das Medianeinkommen in Deutschland liegt bei etwas über 50.000 Euro und ein erheblicher Teil der Bevölkerung würde sich auch über 40.000 Euro Gehalt freuen. Noch viel mehr natürlich über die Millionen, die die Männer einstreichen. Da wird es gleich allgemeinpolitisch.
So wird auch vollkommen vergessen, dass die Verhältnisse im Männerfußball, jedenfalls auf Fanseite, nicht unumstritten sind und da verdammt viel im Argen liegt. Jemand, der jahrelang Männerbundesliga gespielt hat, geht zumeist als Millionär aus der Sache raus, aber trotzdem haben wir keinen wirklichen Wettbewerb (international natürlich genauso wenig) und der Breitensport leidet seit Jahren. Gerade wirkt die Debatte durch diese Fokussierung auf den ‚tollen‘ Männerfußball aber wie die Gehaltsdiskussion innerhalb von Mannschaften: Ich will 1 Million, denn X kriegt auch eine Million. Dass die Spielerinnen sich professionalisieren wollen und von ihrer Arbeit auch leben können wollen, ist nicht nur menschlich, das ist gut so. Aber ich habe den Eindruck, dass das auch von Verantwortlichen etc. vorangetrieben wird, die in erster Linie die Wirtschaftlichkeit ihres Produkts (Frauenbundesliga) oder ihres Unternehmens im Blick haben - auch das ist ihr gutes Recht. Nur bezweifle ich, dass diese Interessen tatsächlich deckungsgleich sind und umso mehr, dass die angestrebte Entwicklung im Interesse der Allgemeinheit ist.
Im allgemeinen Interesse wäre in allen Bereichen ein spannender Wettbewerb, der sportlich entschieden wird. Außerdem eine Reduktion der Gehälter und Ablösesummen (für den Teil jubeln mir die Clubs sicher zu), sodass mehr Geld in den Breitensport und die Ausbildung geht (den Teil mag man in den Vorstandsetagen sicher nicht so). Gerade letzteres heißt dann zwangsläufig, dass man auch dafür sorgen könnte (und mMn müsste), dass die Gehälter der Frauen und Männer identisch sind. Genauso wäre es im Interesse der Allgemeinheit, dass Fußballspielende aus dem Milliardengeschäft Fußball Mittel für einen Einstieg in das Leben nach dem Fußball bekommen (Ausbildungspläne samt Finanzierung etc, da nicht alle im Fußball bleiben können.). Das betrifft momentan sicherlich relativ wenige Männerbundesligaprofis, aber im Unterbau dürfte es einigen helfen und im Frauenfußball oder bei denjenigen, die es nicht in den Profibetrieb schaffen, betrifft es ja quasi alle.
Die Gelder wären durchaus da, sie sind nur nicht richtig verteilt. Harry Kane kriegt halt so viel Jahresgehalt wie mehrere Kleinvereine (sprich Kreisliga etc.) für die Aufrechterhaltung ihres gesamten Vereins mit Hunderten Spielern im Jahr braucht. Ganz zu Schweigen davon, wie viel Spielbetrieb die Bellingham-Ablöse finanzieren könnte. Oder wie viele Popp-Gehälter man damit finanzieren kann.
Kurzum wäre es sinnvoll eine Umverteilungsdebatte zu führen (ist hier ja schon oft genug passiert), statt auf Fußball-Business jetzt auch bei den Frauen zu setzen. Momentan erinnert mich die ‚Debatte‘ sehr an die Debatten um mehr Frauen in Führungspositionen. Einerseits will ich da noch nicht mal drüber reden, wenn dafür mal wieder das immer noch nicht vollständig durchgesetzte Recht auf den eigenen Körper oder beispielsweise die Situation von Alleinerziehenden (die immer noch in der Mehrzahl Frauen sind) vergessen wird. Andererseits ist das auch so eine Debatte, in der mir Partikularinteressen als Interessen der Allgemeinheit verkauft werden sollen. Mehr Frauen in den Führungsetagen / Millionen auch für Fußballspielerinnen? Dann ist es endlich fair, gerecht und toll!
Nein ist es nicht. Davon profitiert eine Handvoll und die Diskussion, die wir darüber führen könnten, ob es überhaupt diktatorische Manager braucht/irgendwer Millionen verdienen sollte, wenn Millionen (Menschen, nicht Geld) hart am strugglen sind, wird zugunsten einer Diskussion über Vorstandsposten ignoriert.
PS: @nDeeB1981 Ich glaube, wir hatten irgendwo mal so einen Thread, aber ich finde ihn auch nicht mehr. Vielleicht war das aber auch innerhalb der Diskussionen zur EM letztes Jahr.
PPS: Mir ist bewusst, dass das natürlich nicht nur eine deutsche Frage ist, aber ich denke, man kann das analog auch auf die internationale Ebene übertragen.