TSG Hoffenheim
Kader
Abgänge:
- Joelinton, ST (Newcastle), 44 Mio € + Boni
- Kerem Demirbay, ZM (Leverkusen), 32 Mio €
- Nico Schulz, LAV (Dortmund), 25 Mio €
- Nadiem Amiri, ZM (Leverkusen), 9 Mio €
- Reiss Nelson, LA (Arsenal), Leih-Ende
- Antonio Colak, ST (Rijeka), 800.000 €
- Robin Hack, LA (Nürnberg), 500.000 €
Verliehen:
- Gregor Kobel, TW (Stuttgart)
- David Otto, ST (Heidenheim)
- Felipe Pires, LA (Fortaleza)
- Alfons Amade, ZM (Braunschweig)
- Justin Hoogma, IV (Utrecht)
- Kasim Adams Nuvu, IV (Düsseldorf)
Zugänge:
- Robert Skov, RA (Kopenhagen), 10 Mio €
- Ihlas Bebou, ST (Hannover), 8,5 Mio €
- Sargis Adamyan, LA (Regensburg), 1,5 Mio €
- Konstantinos Stafylidis, LV (Augsburg), ablösefrei
- Philipp Pentke, TW (Regensburg), ablösefrei
Ausgeliehen:
- Sebastian Rudy, DM (Schalke), 850 Tsd € Leihgebühr (5 Mio € Kaufoption)
Rückkehrer nach Leihen:
- Kevin Akpoguma, IV (Hannover)
- Vincenzo Grifo, LA (Freiburg)
- Steven Zuber, LM (Stuttgart)
- Robert Zulj, OM (Union)
- Havard Nordtveit, IV (Fulham)
- Philipp Ochs, LA (Aalborg)
Saldo: + 111,85 Mio €
Fazit:
Die TSG durchlebte in diesem Sommer mit den Abgängen von Amiri, Joelinton, Demirbay und Schulz ihre profitabelste Transferperiode ihrer Geschichte. Mit Demirbay geht (neben Grillitsch) die Schaltzentrale im Hoffenheimer Mittelfeld. Joelinton war derweil einer der Überraschungen der vergangenen Saison, der sowohl mit Körperlichkeit, als auch mit Technik und Tempo glänzte - ein Paket, das in dieser Form kaum ein Stürmer mitbringt. Schulz war im Team der TSG kaum wegzudenken. Vor allem seiner Tempoläufe auf die Grundlinie waren eine gefährliche Waffe im Offensivspiel der Kraichgauer - simpel, aber extrem effektiv. Zudem geht mit Nadiem Amiri eine wichtige Identifikationsfigur den Klub. Der gebürtige Ludwigshafener spielte schon seit der Jugend für die TSG, wurde unter Julian Nagelsmann deutscher A-Jugend-Meister und legte sich in jedem Spiel ins Zeug. Verletzungen verhinderten, dass er sich als Stammspieler etablierte. In Leverkusen könnte er nun den Durchbruch schaffen.
Dem gegenüber stehen gerade einmal rund zwanzig Millionen Euro Ausgaben. Die TSG hat effektiv sechs Neuzugänge verpflichtet, die sich wie die letzten benötigten Puzzleteile in das Gefüge einfügen.
Der wohl vielversprechendste Transfer der TSG kam aus dem nichts und sagt den meisten Fans zunächst eher wenig. Robert Skov (Aussprache: Sko) ist auf dem rechten offensiven Flügel beheimatet und zieht von dort aus gerne Robben’esque ins Zentrum. Damit ist er genau der Spielertyp, der Hoffenheim in Schreuders bevorzugtem 3-4-3 als Außenstürmer fehlte. Dabei ist der Däne vor allem mit Distanzschüssen brandgefährlich. Skov erzielte in der Superligaen für Kopenhagen ganze 16 Tore von außerhalb des Strafraums - mehr als jedes Bundesliga-Team (!). Mit 30 Toren und 10 Vorlagen in 34 Ligaspielen war er zudem dänischer Toptorschütze und -Scorer. Trainer Stale Solbakken verglich Skovs linke Klebe sogar mit der seines ehemaligen Kölner Schützlings Lukas Podolski.
Der Offensivneuzugang Ihlas Bebou bringt ein Element in das Hoffenheimer Spiel, das zuletzt häufiger fehlte. Der Ex-Hannoveraner ist enorm temporeich und glänzt vor allem mit Läufen in die Tiefe. Daneben könnte er das Chancenverwertung des kraichgauer Angriffs ankurbeln. Auch seine Verpflichtung zeigt, dass Schreuder großen Wert auf temporeicher Flügelspieler legt.
Mit Sargis Adamyan kommt zudem ein vielversprechender Spieler, der in Regensburg vor allem mit Tempo und Technik punktete - zwei Elemente die zuletzt Reiss Nelson als Leihspieler beitragen sollte, was ihm aber nur zu Saisonbeginn gelang. Er wird zunächst eher von der Bank kommen, kann als Joker aber in Eins-gegen-Eins-Duellen ein Unterschiedsspieler werden.
Konstantinos Stafylidis hat von den vier Neuzugängen derweil die größte Aufgabe vor sich. Er muss die großen Fußstapfen des abgewanderten Nationalspielers Nico Schulz füllen. Dabei ist der Grieche jedoch keine schlechte Kopie des Neu-Dortmunders. Stafylidis füllt die Linksverteidigerposition deutlich defensiver als sein Vorgänger aus. Dadurch könnten die klassischen Hoffenheimer Diagonalbälle und Grundlinienläufe auf Links an Bedeutung verlieren, jedoch könnte im Gegenzug die zuletzt vernachlässigte Defensive stabilisiert werden. Indes hat Stafylidis zudem mit Steven Zuber einen starken Konkurrenten, gegen den es sich durchzusetzen gilt.
Mit besagtem Zuber, sowie mit Vincenzo Grifo kehren zwei Spieler von einer Rückrundenleihe zurück, die das Zeug zum Stammspieler haben. Während die beiden unter dem System Nagelsmanns keinen Platz fanden, könnte ihnen der Trainerwechsel zu Schreuder guttun. Nicht nur bekommen sie unter dem Niederländer eine neue Chance, sich zu beweisen, Schreuders Vorliebe zum 3-4-3 kommt den beiden deutlich mehr entgegen. Vor allem Grifo, der auf der Achterposition unter Nagelsmann zumeist falsch aufgehoben schien, kann endlich auf seiner favorisierten Flügelposition spielen, die er in Freiburg so stark ausfüllte und auch in der italienischen Nationalmannschaft bereits besetzte.
Der vorerst letzte Neuzugang kam für viele überraschend, scheint aber fast logisch zu sein. Sebastian Rudy kehrt zunächst leihweise nach zwei erfolglosen Jahren in München und auf Schalke in den Kraichgau zurück. Während der Mittelfeldstratege zuletzt nicht in seiner Lieblingsrolle eingesetzt wurde und so nie wirklich an seine Leistungen in Hoffenheim rankam, darf er nun bei der TSG wieder das machen, was er am besten kann. Im zentralen Mittelfeld soll Rudy gemeinsam mit Florian Grillitsch die Schaltzentrale bilden und kann dabei endlich wieder seine Stärken ausleben. Nach den Abgängen von Nadiem Amiri und Kerem Demirbay ist Rudy genau der Spieler, der im Mittelfeld der TSG fehlte. Für viele TSG-Fans geht mit seiner Rückkehr ein Traum in Erfüllung.
Ein möglicher Konkurrent für Rudy könnte indes Dennis Geiger werden. Der Youngster kehrt nach mehreren Verletzungspausen endlich in den Kader der TSG zurück und könnte dort eine tragende Rolle einnehmen. Das Eigengewächs wirkt trotz seines jungen Alters und seiner schmächtigen Statur extrem abgeklärt. Er kann im Zentrum auch unter hohem Druck die Bälle verteilen und ist dabei sehr wendig. Gleichzeitig arbeitet der Mittelfeldmann aber auch viel mit nach hinten und könnte das Hoffenheimer Gegenpressing wieder in die Spur bringen. Vor Rudys Wechsel schien Geiger auf der Doppelsechs neben Florian Grillitsch gesetzt. Nun deutet sich ein Zweikampf zwischen den beiden an, doch es gibt auch eine weitere Lösung um dieses Luxusproblem zu lösen: Schreuder experimentierte bereits mit einem 3-4-1-2, in dem Rudy und Grillitsch die Doppelsechs bildeten und Geiger als Zehner beziehungsweise fast als falsche Neun agierte. So wirkte das System zeitweise als würde es ohne Mittelstürmer auskommen, da die eigentliche Doppelspitze von zwei Flügelstürmern (Bebou und Grifo) gebildet wurde, die ihre Positionen dementsprechend interpretierten.
Weitere Rückkehrer von Leihen werden es derweil in dieser Saison schwer haben. Vor allem in der Innenverteidigung ist derzeit - ähnlich wie in der vergangenen Spielzeit - ein Überangebot vorhanden. Neben mehreren Jugendspielern, die sich bislang nicht durchsetzen konnten, sind auch Überbleibsel der Kaderverbreiterung im Zuge des Champions-League-Einzuges davon betroffen. So sind im Kader der TSG noch mindestens zwei Spieler zu viel vorhanden, das Niveau ist dafür auch in der Reserve trotz prominenter Abgänge weiterhin äußerst hoch.
Insgesamt kristallisieren sich nach der Vorbereitung vor allem in der Defensive bereits einige Stammkräfte heraus. Lediglich die Besetzung der Dreier-Angriffsreihe scheint vor allem durch die Verletzungen von Andrej Kramaric (entzündeter Nerv am Knie) und Ishak Belfodil (Rückkehr nach Kreuzbanddehnung) noch offen zu sein. Das könnte mit Blick auf die Vergangenheit zum Vorteil werden. Die, durch die Drei-/Zweifachbelastung in den letzten zwei Jahren ausgelöste Rotation der Startelf belastete häufig das Spiel der TSG, das viel auf Eingespieltheit beruht.
Gleichzeitig scheint unter Schreuder ein neuer Konkurrenzkampf entfacht worden sein. Einerseits ist durch den neuen Trainer die Rollenverteilung etwas aufgeweicht, andererseits werden Spieler, die in der Vergangenheit keinen Platz mehr im Kader fanden, ins Spielsystem integriert. Der Kader wirkt zudem ausgewogener und die Stimmung im Team scheint sich gebessert zu haben. So schien es in der Retrospektive so, als wären manche Spieler trotz großem Respekt und großer Sympathie von der fordernden Persönlichkeit Nagelsmanns angestrengt, vielleicht sogar genervt gewesen. Der Tapetenwechsel hat den Spielern augenscheinlich gutgetan.
Spielstil
Spielidee:
Die Hoffenheim Philosophie bleibt auch nach dem Abgang von Julian Nagelsmann die Gleiche: Mutiger Offensivfußball mit viel Ballbesitz, gutem Positions- und Kombinationsspiel, sowie schnellem Umschaltspiel. Dabei liegen die meisten Veränderungen in den Details und in der Umsetzung.
Grundordnung:
Während der Vorbereitung kristallisierte sich eine Grundordnung als der klare Favorit von Alfred Schreuder heraus. Während die TSG unter Nagelsmann zumeist auf ein 3-1-4-2/5-3-2 mit einem Sechser, zwei Achtern und zwei klassischen Mittelstürmern zurückgriff, setzt der Niederländer nun zumeist auf ein 3-4-3 mit zwei Sechsern und erstmals zwei klassischen Flügelstürmern. Dabei ist vor allem die Einführung der offensiven Außen eine Neuerung. Auch unter Nagelsmann lief die TSG schon mit drei Stürmern auf, doch der Neu-Leipziger verzichtete dabei auf klassische Flügelflitzer und besetzte die Außen stattdessen mit gelernten Mittelstürmern wie Joelinton, Kramaric und Belfodil. Auch die Transfers machen Schreuders Liebe zum Flügelstürmer deutlich. So wurden mit Skov und Bebou zwei offensive Außen verpflichtet und auch Rückkehr Grifo kommt auf seiner geliebten Außenbahn statt wie unter Nagelsmann im Zentrum zum Einsatz.
Neben dem 3-4-3 experimentierte Schreuder außerdem mit einem 3-1-4-2, bei dem die beiden Spitzen soweit außen standen, dass es fast schon ein 3-4-3 mit hängender Spitze darstellte. Auch die Viererkette könnte eine Alternative sein. Im Test gegen Sevilla stellte Schreuder nach 70 Minuten auf ein klassisches 4-3-3 um, das vor allem während seiner Zeit als Co-Trainer von Erik ten Haag bei Ajax seine bevorzugte Grundordnung war.
Schreuder vs. Nagelsmann:
- 3-4-3 erster Wahl
- klassische inverse Flügel statt nominelle MS (Grifo)
- IVs rücken häufiger vor, ZMs sichern ab
- Weniger Grundlinienläufe der Wingbacks, mehr Bälle aus dem Halbfeld*
- Kombination aus zwei 6ern + eine 10 als neue Alternative pic.twitter.com/xTAGCS6gqm
— Louis (@regionalkapital) 26. Juli 2019
Defensive:
Nachdem es der TSG in der abgelaufenen Saison besonders schwerfiel, Führungen über die Zeit zu bringen und sie defensiv häufiger instabil wirkte, forciert Schreuder eine diszipliniertere, etwas pragmatischere Spielweise bei gegnerischem Ballbesitz. So möchte Hoffenheim die Gegner weiterhin früh unter Druck setzen, Schreuder verschiebt dabei die Pressinglinie jedoch zeitweise fünf bis zehn 10 Meter weiter nach hinten. Durch den favorisierten Dreiersturm kann man im Aufbauspiel der gegnerischen Mannschaft zudem vor allem Seitenverlagerungen unterbinden und so bereits früh Druck aufbauen. Die zwei defensiven Mittelfeldspieler haben währenddessen die Aufgabe, in der Zentrale bei gegnerischem Ballbesitz gefährliche Halbräume abzudecken und Löcher zu stopfen. Dadurch, dass Grillitsch nicht mehr alleine vor der Abwehrkette agiert, ist die TSG besser gegen Konter abgesichert, büßt dafür aber bei eigenem Ballbesitz etwas Tiefe ein. Nach Ballverlusten sollen die zwei defensiven Mittelfeldspieler zudem das Gegenpressing antreiben, das unter Schreuder wieder besser funktionieren soll. Was in der vorletzten Saison von Nagelsmann nahezu perfektioniert wurde, zeigte zuletzt Nachlässigkeiten auf: Hoffenheim war zu nachlässig nach Ballverlusten. Dabei war es meistens nur ein Sekundenbruchteil, in dem die Spieler statt nachzusetzen noch mit ihrem Ballverlust haderten - Konzentration heißt das Zauberwort.
Schreuder möchte dem mit Disziplin entgegenwirken. Der Trainer paart seinen modernen Ansatz mit Elementen aus der alten Trainerschule. So lässt er die Nachwuchsspiel beim Aufbau der Spielformen und beim Toretragen helfen. Außerdem sprach er beim Essen ein striktes Handyverbot aus. Was zunächst aus der Zeit gefallen und für das moderne Hoffenheim unpassend scheint, zeigte bisher Wirkung: Die Mannschaft wirkt disziplinierter und im Training scheint mehr Zug zu sein. Auch das Gegenpressing sah in den Testspeielen deutlich engagierte aus. So ließ man Hellas Verona im Trainingslager in Österreich kaum Luft zu Atmen. Nach Ballverlusten folgte sofort die Rückeroberung und häufiger auch eine gefährliche Torchance.
Offensive:
In der Offensive ändert ist die größte Änderung ebenfalls durch die neue Grundordnung bedingt. Während Nagelsmann zumeist mit zwei, teilweise sogar drei Mittelstürmern spielte, lässt Schreuder nur einen Mittelstürmer, gepaart mit zwei Flügelstürmern auflaufen. Dabei haben die Flügel die Aufgabe, immer wieder den Weg in die Mitte zu suchen. Damit öffnet sich einerseits der Laufweg für die Wingbacks, die hinter den Flügelspielern kreuzen können. Andererseits sind die Flügel auch dazu angehalten, aus der Distanz abzuschließen. Mit Grifo, Kramaric und Skov hat man dabei gleich drei Spezialisten in den eigenen Reihen. Diese könnten auch bei Standards für große Gefahr sorgen.
Im letzten Spielfelddrittel bietet Schreuder seinen Spielern viele Freiheiten. So möchte er, ähnlich wie Nagelsmann, den Spielern einen Rahmen schaffen, in dem sie sich frei bewegen sollen. Vor allem Dribbler wie Kramaric, Grifo oder Belfodil sollen in ihrer Kreativität nicht beschnitten werden. Einstudierte Passkombinationen erachtet Schreuder deshalb als eher einengend.
Der Spielaufbau soll derweil weiterhin geordnet aus der Dreierkette heraus geschehen. Dabei hat Kevin Vogt erneut die “Quarterback-Rolle” inne. Im Zentrum hat man mit Grillitsch, Rudy und Geiger zudem erneut spielstarke Ballverteiler, die große Sicherheit ausstrahlen und die Spielverlagerung in die Hand nehmen sollen. Ein neues Element betrifft hingegen vor allem die beiden äußeren Innenverteidiger. So sind der rechte und der linke Part der Dreierkette dazu angehalten - ähnlich wie Hummels in der letzten Saison bei den Bayern - bis an den gegnerischen Strafraum vorzurücken, wenn sich die Gelegenheit bietet. Zur Absicherung muss gleichzeitig einer der beiden Sechser sich fallen lassen. Damit sorgt man sowohl für ein Überraschungsmoment, als auch für eine Überzahlsituation.
Auftaktprogramm:
- Frankfurt (A)
- Bremen (H)
- Leverkusen (A)
- Freiburg (H)
- Wolfsburg (A)
- Gladbach (H)
- Bayern (A)
- Schalke (H)
- Hertha (A)
- Paderborn (H)
Die TSG erwartet erneut ein knackiges Startprogramm. Sechs der ersten sieben Gegner standen in der Abschlusstabelle zuletzt vor der TSG. Auf Schreuder wartet also direkt zu Beginn ein Härtetest. Zu Beginn könnten außerdem Verletzungssorgen in der Offensive zur Gefahr werden. Der Saisonstart könnte für Schreuder zum Knackpunkt werden. Mit einem schwächeren Abschlussprogramm könnte die TSG sich dafür erneut zum Saisonende in einen Rausch spielen, wie es in den vergangenen Saisons der Fall war – auch wenn es in der abgelaufenen Spielzeit nicht mehr für das internationale Geschäft reichte.
Wichtige Themen:
Kann die TSG die schweren Abgänge verkraften?
Die TSG ist es gewohnt, im Sommer Leistungsträger abgehen zu müssen, doch einen Personalschwund wie in diesem Jahr, gab es noch nie. Mit 20 Millionen Euro hat man vergleichsweise wenig Geld reinvestiert. Trotzdem zeigen alle Neuzugänge großes Potenzial und können der TSG sofort weiterhelfen. Ob das reicht, um Demirbay, Amiri, Joelinton und Schulz zu ersetzen, bleibt abzuwarten.
Wie macht sich Nagelsmann-Nachfolger Schreuder?
Mit Alfred Schreuder kommt ein alter Bekannter zur TSG. Der Niederländer kam bereits unter Huub Stevens in den Kraichgau und blieb daraufhin aufgrund seiner guten Beziehung zu Julian Nagelsmann bis 2018 Co-Trainer, ehe er das Angebot von Ajax bekam, in seine Heimat zurückzukehren. Nun hat Schreuder die schwierige Aufgabe in der erfolgreichsten Phase ihrer Vereinsgeschichte in neuer Rolle zu übernehmen. Dabei liegt das Erbe des jüngsten Trainers der Bundesliga-Geschichte schwer auf seinen Schultern. Schreuders Verpflichtung kam für Viele überraschend. Auch einiger Spieler traf die Personalentscheidung unvorbereitet. Doch obwohl der ehemalige Nationalspieler einen Großteil seiner Trainerkarriere als Co-Trainer bestritt, war seine neue Tätigkeit als Teamchef vorhersehbar. Bereits während seiner ersten Amtszeit bei der TSG strebte Schreuder nach Höherem. Lediglich das Angebot von Ajax konnte ihn dazu umstimmen, erneut als Assistent zu fungieren. Nun möchte sich Schreuder auch als Trainer auf höchstem Niveau beweisen. Während seiner einzigen Amtszeit als Trainer bei Enschede gelang ihm das nicht, zu der Zeit befand sich der Klub laut Meinung der Experten jedoch im Chaos und Schreuder konnte nicht viel anrichten. Bei der TSG findet er nun ideale Bedingungen und ein intaktes Team vor. Wir bleiben gespannt, was Schreuder damit erreichen kann.
Schafft es die TSG wieder ins internationale Geschäft oder waren der 3. Und 4. Platz unter Nagelsmann nur Ausreißer?
In der abgelaufenen Saison spielte die TSG lange wie ein Champions-League-Teilnehmer, doch die Ergebnisse entsprachen zumeist nicht dem Eindruck. Eine verheerende Chancenverwertung und defensive Instabilität führten dazu, dass man mit Platz 9 sogar den Einzug in die Europa League verpasste. Die 2:4-Niederlage nach 2:0-Führung am letzten Spieltag in Mainz wurde zum Symbolbild einer verhunzten Abschiedssaison von Julian Nagelsmann. Was nun spannend zu beobachten sein wird, ist, ob im Kraichgau nun nach zwei Jahren im internationalen Geschäft wieder Normalität eingekehrt ist. Sprich: Geht es für die TSG zurück ins Niemandsland oder war die vergangene Saison nur ein Ausrutscher? Sollte es Schreuder gelingen, die Defensive zu stabilisieren und die Abgänge aufzufangen, könnte die TSG erneut um die internationalen Plätze mitspielen. Ansonsten wird man erneut im grauen Mittelfeld der Liga landen. Ein Vorteil könnte dabei sein, dass die TSG aufgrund der Abgänge und des Trainerwechsel derzeit von vielen bereits abgeschrieben wird.
Bleibt Benjamin Hübner fit?
Die defensive Instabilität der vergangenen Spielzeit lässt sich vor allem auf den langen Ausfall von Benjamin Hübner zurückführen. Der Innenverteidiger fiel zunächst aufgrund einer langwierigen Gehirnerschütterung und später wegen Oberschenkelproblemen lange aus. Dass es für die TSG in der Rückrunde zwischenzeitlich bergauf ging, als der Linksfuß wieder zur Verfügung stand, ist so kein Zufall. Hübner ist ein sicherer Abräumer, der sich kaum Fehler erlaubt und auch im Aufbauspiel Akzente setzt. Seine Konkurrenten Stefan Posch, Ermin Bicakcic, Kevin Akpoguma und Kasim Adams zeigten hingegen immer wieder Wackler und auch der zentral Verteidiger und Kapitän Kevin Vogt schwächelte kurzfristig. Ein fitter Hübner könnte ein wichtiger Erfolgsfaktor werden.
Wird das schlechte Verhältnis von Steven Zuber zum Problem?
Ein Randthema, dass in einer brenzligen Phase jedoch die Stimmung im Verein zusätzlich vermiesen könnte ist Steven Zuber. Der Schweizer war zuletzt an den Lokalrivalen VfB Stuttgart ausgeliehen und blühte dort trotz des Abstiegs auf. So kam es, wie es kommen musste: Im Duell bei den Schwaben gelang Zuber ein Treffer, den er exstatisch mit dem Stuttgarter Krokodil Fritzle (ich teile die Meinung des Wochenendrebells) vor dem Gästeblock feierte. Zuber erklärte zwar nach dem Spiel, dass es nie seine Intention war, die Fans zu provozieren, eine Entschuldigung gab es seither jedoch nicht. So ist der Allrounder bei viele TSG-Fans (ja, uns gibt es wirklich) mittlerweile unten durch. Einige forderten bereits Zubers Verkauf, doch der Ehemann von Star-Podcasterin Mirjana Zuber ist mangels Alternativen nomineller Stammspieler als linker Wingback. Bei der Hoffenheimer Saisoneröffnung empfingen die Anhänger Zuber mit Pfiffen. Ob es dabei bleibt, werden wir sehen.