FC Schalke 04 (Transfers Stand 31.07., ansonsten Stand 19.07.)
Wichtigste Transfers: (Ausgaben €8m / Einnahmen €11m, Saldo: +€3m)
Zu:
Polter, €1,5m, VfL Bochum
Mohr, €1m, 1.FC Heidenheim
Mollet, €0,5m, Montpellier HSC
Heekeren, €0,2m, Rot-Weiß Oberhausen
Brunner, ablösefrei, Arminia Bielefeld
Greiml, ablösefrei, Rapid Wien
Yoshida, ablösefrei, Samdoria Genua
Cissé, ablösefrei, KAA Gent U21
Krauß, Leihe €0,5m mit Kaufoption, RaBa Leipzig (verliehen an 1.FC Nürnberg)
Schwolow, Leihe €0,3m, Hertha BSC
Král, Leihe, Spartak Moskau
Lee, Leihe verlängert bis 12/22, Ulsan Hyundai
Hochgezogen/Leih-Ende:
Harit, Olympique Marseille
Sané, U19
Ab/Leih-Ende:
Bozdoğan, Leihe €0,5m mit Kaufoption, FC Utrecht
Ranftl, Leihe mit Kaufoption, Austria Wien
Pieringer, Leihe, SC Paderborn
Boujellab, Leihe bis 12/22, HJK Helsinki
Kabak, €7m, TSG Hoffenheim
Matondo, €3m, Glasgow Rangers
Pálsson, €0,5m, D.C. United
Mercan, ?, Fatih Karagümrük
Becker, ?, Holstein Kiel
Mendyl, ablösefrei, OH Leuven
Rzatkowski, ablösefrei, Arminia Bielefeld
Sané, ablösefrei
Fraisl, ablösefrei
Itakura, Leihende, Manchester City (weiterverkauft an Borussia Mönchengladbach)
Churlinov, Leihende, VfB Stuttgart
Vindheim, Leihende, Sparta Prag
Mikhailov, Leihende, Zenit St. Petersburg II
Zu den Ausgaben hinzu kommen die Festverpflichtungen von Ouwejan (€2m), Zalazar (€1,5m) und Pieringer (€0,5m), sowie diverse Erfolgboni für Transfers der letzten Saison durch den Wiederaufstieg. Ein Verkauf von Leihrückkehrer Harit ist angestrebt.
Kader
Die Mannschaft wurde nach dem Aufstieg auf allen Positionen verstärkt. Die meisten angedachten Zugänge wurden bereits getätigt, auf Abgangsseite wartet man auf passende Angebote für Harit, Kabak und Bozdogan. Auch Thiaw könnte bei entsprechender Offerte verkauft werden, Leihen weiterer junger Spieler wären denkbar. Wenn die nötigen Einnahmen erzielt worden, könnte eine erneute Verpflichtung Churlinovs angegangen werden. Viele Positionen sind aber erstmal nur vorübergehend für ein Jahr besetzt worden - für langfristige Lösungen fehlte oft das Geld und die erste Liga ist perspektifisch auch alles andere als sicher. Für das kurzfristige Ziel Klassenerhalt mussten einige Kompromisse geschlossen werden.
Im Tor hat Schalke seit der Saison 2018/19 keine Konstanz gefunden. Fährmann hat leider abgebaut, hatte unglückliche Leihen ohne Einsatz und danach mehrfach den internen Kampf um die Nummer eins verloren - bei Trainerwechsel aber meist den Status aufgrund seiner Vergangenheit und Verbundenheit zurückgewonnen. Außer ihm und Routinier Langer, der erneut um ein Jahr verlängert hat, standen in der Zeit Nübel, Schubert, Rønnow und Fraisl zwischen den Pfosten. Nun soll Schwolow die Rolle für eine Saison übernehmen.
Qualitativ ist Schalke im Tor ordentlich besetzt, eine dauerhafte Lösung ist das aber nicht. Junge und schon erprobte Torhüter sind rar und für den Verein kaum zu finanzieren, Schalke versucht sich an einer kreativen Nachwuchslösung. Heekeren wurde vom Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen verpflichtet und soll in der U23 aufgebaut werden. Dort spielt seit diesem Sommer auch der 2020 aus der Jugend des FC Everton verpflichtete irische U21 Nationaltorhüter Rose, sowie sein letztjähriger Konkurrent aus der U19 Treichel. Ob von ihnen aber auch wirklich einer den enormen Entwicklungsschritt in das erste Team schafft, bleibt abzuwarten.
Die Innenverteidigung ist trotz des schmerzhaften Abgangs von Itakura gut verstärkt worden. Zu den letztjährigen Stammspielern Thiaw und Kaminski kommt mit Greiml ein großes Talent aus Österreich - der aber die letzten neun Monate mit einem Kreuzbandriss ausfiel - und mit Yoshida ein international erfahrener Spieler - der ist allerdings schon fast 34 und nur mit einem Einjahresvertrag ausgestattet. Hinzu kommen der letzten Winter verpflichtete Lode und der fast gänzlich unbekannte Cissé, letzterer dürfte wie Heekeren erstmal in der U23 Einsätze sammeln. Potenzial für eine starke Saison ist da, allerdings auch viele Fallstricke. Ein Abgang Thiaws steht im Raum, Greiml kommt gerade erst zurück ins Mannschaftstraining, Cissé ist bisher eine absolute Wild Card, Lode spielte letzte Rückrunde eher eine Nebenrolle und Yoshida und Kaminski sind nicht mehr die jüngsten und nur bis kommenden Sommer vertraglich gebunden.
Auf der linken Außenverteidigerposition wurde Mohr, auf der rechten Brunner verpflichtet, beide gehören zu den wenigen Schalker Spielern im „besten Fußballeralter“. Inwiefern sie den Jugendspielern Çalhanoğlu und Aydin bei ihrer Entwicklung helfen oder ihnen im Weg stehen, wird sich zeigen. Auf links dürfte außerdem Ouwejan den Konkurrenzkampf anheizen - falls die sich andeutende Transferlawine auf dieser Position nach Verkäufen von etwa Raum, Kostic, Bensebaini oder Sosa ausbleibt, wenn doch, könnte er bei gutem Angebot noch verkauft werden.
Im Mittelfeld gab’s die namenhaftesten Neuverpflichtungen - Král und Krauß für die sich andeutende Doppelsechs, Mollet voraussichtlich für die rechte Zehn. Dazu wurde die Leihe von Lee um ein halbes Jahr verlängert, er war letzten Winter gekommen, aber brach sich nach einem Einsatz den Fuß. Latza hatte nach verletzungsgeplagter Vorsaison eine starke Vorbereitung, Zalazar hat sich letztes Jahr gut entwickelt, wie kein anderer Schalker. Dazu defensiv Flick und Pálsson, sowie offensiv Drexler und Idrizi. Insgesamt also sechs junge Fußballer bis 24 Jahre und vier ältere ab 30. Die Altersstruktur mit der fehlenden Mitte - wie auch schon letzte Saison - wird im Mittelfeld besonders deutlich. Erfahrung und Entwicklungspotential sind zu Hauf da, beides aber äußerst selten in einer Personalie vereint. Und wieder ist offen, wie es nächsten Sommer weitergeht, Drexler, Pálsson, Krauß und Kral sind nur (noch) diese Saison gebunden, Lee könnte bereits zum Jahreswechsel weg sein.
Der Sturm aus Terodde und Bülter, sowie Nachwuchsspieler Pieringer wurde durch Polter und Jugendspieler Sané ergänzt. Bülter, Polter und allen voran Terodde haben in der Vergangenheit hervorragend in der 2. Bundesliga gespielt, taten sich in Liga eins aber deutlich schwerer. Ein weiterer Stürmer steht wahrscheinlich ganz oben auf dem Wunschzettel vieler Schalker. Als Fan erhoffe ich natürlich das Beste, aber hinter dieser Position steht bei mir das größte Fragezeichen.
Wichtige Themen 1: Trainerwechsel
Mit dem neuen Trainer Kramer soll der unter Knäbel und Schröder eingeschlagene Weg fortgesetzt werden, ein spielerischer Umbruch ist auf Schalke also nach langer wechselhafter Zeit nicht zu erwarten. Zuvor waren innerhalb kürzester Zeit unterschiedlichste Philosophien und Spielstile aufeinander gefolgt, keine konnten auf die davor aufbauen, keine waren längerfristig erfolgreich, immer weiter erodierte darunter das fußballerische Fundament und die Moral der Mannschaft. Die letzte Saison war spielerisch bestenfalls solide, oft arg pragmatisch, was aber im Gegensatz zu den Jahren davor immer stimmte, waren körperliche Verfassung und mannschaftliche Geschlossenheit.
Die Wahl Kramers rief kaum positive Reaktionen hervor. Oft wundern sich Fußballfans, wie solche doch offensichtlich gescheiterten Trainer nicht vom Karussell fallen, sondern stattdessen immer schnell neue Chancen bekommen. Dazu bringt er ziemlich wenig Profierfahrung oder Erfolge für sein Alter mit. Bielefeld hatte in den beiden Saisons unter ihm echt schwache Offensivwerte. Und so sehr es vor fünf Jahren noch neu und aufregend war, einen Trainer aus der hochgelobten RB-Schule zu holen, inzwischen ist es eher zu einem Buzzword verkommen und hat sich vollkommen überraschend nicht als das allgemeingültige Gütesiegel herausgestellt. Schalke ist zudem gefühlt einer der letzten Vereine, die einen solchen Trainer ausprobieren und aus der Fülle an Alumni ist sein Name gewiss nicht der, an den man spontan denken würde.
Nach einiger Beschäftigung mit Kramer konnte ich aber durchaus einige richtig gute Argumente dafür finden. Natürlich war er zuallererst günstig und verfügbar und bei der aktuellen Situation auf Schalke ist das ein Hauptkriterium. Herausragend ist aber, wie innig vertraut zahlreiche Verantwortliche zuvor mit seiner Arbeit waren. Der Schalker Sportdirektor Schröder machte ihn im März 2013 in Fürth zum Trainer, sein Vorgänger und Nachfolger damals war sein jetziger Co-Trainer Büskens und auch Asamoah (Leiter Lizenzbereich) spielte bis Sommer 2013 dort. Vielleicht gab auch Hermann, Co-Trainer unter Büskens letzte Saison, seine Einblicke, denn er assistierte Kramer 2015 in Düsseldorf.
Dazu kommen einige leicht zu übersehende Leistungen in seiner Trainerkarriere, der Klassenerhalt mit Bielefeld in der Corona-Saison 2020/21 oder der dritte Platz mit Fürth 2014/15 mit unglücklichem Scheitern am HSV in der Relegation. Bei allen drei Profistationen hatte er stets gezielt auf junge Spieler gesetzt - der Altersschnitt seiner Startaufstellungen war immer geringer als derjenige seiner Vorgänger und Nachfolger in derselben Saison und nur in Düsseldorf hatte er mit dieser Herangehensweise einen geringeren Punkteschnitt als die anderen Trainer. In den beiden Transfersommern in Fürth erzielte der Verein das beste und drittbeste Transferergebnis der Geschichte, in Düsseldorf das zweitbeste, das Rekordminus mit Bielefeld letztes Jahr ist da der krasse Ausreißer.
Insofern könnte Kramer gut zu Schalke passen, er arbeitet erfolgreich mit jungen Spielern und er könnte derjenige Trainer sein, der aus allen Kandidaten am besten in das bestehende Gefüge hereinpasst, sportlich wie menschlich. Der Vorstand hatte sich viel Zeit mit der Entscheidung genommen und selten konnte dafür so viel aus unterschiedlichen Perspektiven an Eindrücken aus erster Hand beigesteuert werden. Der Erfolg ist damit freilich nicht garantiert und ob sein Spiel die Fans mitreißen kann und wie er sich in den Problemfeldern Kommunikation und Teamführung schlägt, bleibt abzuwarten.
Spielphilosophie
Die Spiele in der Vorbereitung ähnelten stark denen des Saisonendspurts der letzten Saison und das ist sicherlich beabsichtigt. Hauptsächlich wurde im 4-2-3-1 oder 4-2-2-2 gespielt, seltener ein 4-3-3 oder 4-4-2 mit Raute probiert. Ballbesitzspiel will man nur zeigen, wenn es der Gegner zulässt, überwiegend kann man sich auf solides Verteidigen und Gefahr aus Umschaltmomenten und Standards einstellen.
Das Pressing wirkt noch nicht griffig, ein flacher Aufbau wird zwar oft versucht, klappt aber schon unter Testspielbedingungen kaum, zu oft geht das Tempo durch ungenaues Passspiel verloren. Zu den wenigen herausgespielten Chancen gesellt sich zudem noch eine mäßige Effizienz, besonders wenn Terodde nicht spielt. Das Team wirkt insgesamt träge - hoffentlich ändert sich das aber, wenn die harte Vorbereitung vorbei und das Wetter angenehmer zum Fußballspielen ist.
Kramers Bielefeld hatte letztes Jahr arge Probleme mit den Standards, die sehe ich auf Schalke nicht. Unter Grammozis wurde das Thema damals drastisch angegangen, der Aufgabenbereich in die Verantwortung der Co-Trainer Büskens und Kreutzer gelegt - und die waren auch für den Saisonendspurt zuständig und sind dem Trainerteam erhalten geblieben. Die starken Schützen der letzten Saison - vor allem Ouwejan, aber auch Zalazar, Latza und Çalhanoğlu - konnten außerdem gehalten werden. Auch Einwürfe scheinen auf der Agenda zu stehen, waren letztes Jahr aber noch ausbaufähig.
Wichtige Themen 2: der ganze Rest
Insgesamt scheint der Verein endlich gelernt zu haben, dass dauernde Umbrüche kein Allheilmittel sind, im Gegensatz die Probleme meist nur verschlimmert haben. Außerdem erfreut die offensive und klare Kommunikation unter dem neuen Vorstand, sowie die finanzielle Vernunft, die nun endlich Einzug gehalten hat. Bestes Beispiel dafür ist wohl die Abkehr von Gazprom im März, ein drohendes Kommunikationsdesaster, dass sich vorherige Verantwortliche nicht hätten entgehen lassen. Aber auch ein kleines Wunder, nein, ein Zeichen herausragender Arbeit, dass Schalke nach dem Wegbrechen der CL-Einnahmen 2019, den Folgen der Coronapandemie ab 2020 und dem Abstieg 2021 finanziell überhaupt in der Lage war, 2022 mitten in der Saison den Hauptsponsor abzuschießen. Und trotzdem die nötigen Voraussetzungen für den direkten Wiederaufstieg zu schaffen.
Ein Learning, was ich beobachtet habe, hat in der Zusammenstellung des Trainerteams stattgefunden. Da gab es die vergangenen Jahre viele Fallstricke: fehlende Sprachkenntnisse (Weinzierl), viel zu geringe Mannstärke (Tedesco), irgendwie hingebogene Notlösungen (Baum, Gross), das alles begleiten von ständigen Personalwechseln, also vielfachen Kosten durch Mehrfachbesetzungen und Abfindungszahlungen, bei gleichzeitigem regelmäßigen Erkenntnis- und Wissensverlust.
Mit Büskens und Kreutzer haben sich inzwischen zwei feste Größen herausgebildet. Nachdem das Athletikteam zwischen 2018 und 2021 dreimal komplett ausgetauscht wurde, scheint sich auch hier eine längerfristige Besetzung gefunden zu sein. Ergänzt wird Kramer nun durch den zuvor weithin unbekannten Molinari, der letztes Jahr Co-Trainer von Zorniger bei Apollon Limassol und davor Verbands- und Oberligatrainer war. Dieser soll unter anderem die noch benötigten Sprachkenntnisse mitbringen. Schalke ist von großen Namen und vermeintlichen alleinigen Rettern abgekehrt, versucht stattdessen ein möglichst starkes und breit aufgestelltes Team zu formen.
Viel Aufmerksamkeit auf Schalke hat letztes Jahr die U17 erregt, die Deutscher und Westdeutscher Meister bei den B-Junioren wurde. Überragender Spieler des Teams war wohl Ouedraogo und das, obwohl er 2006er Jahrgang ist, ab dieser Saison spielt er dann U19. Cinel gilt schon länger als Trainertalent, hat bereits die UEFA-Pro-Lizenz, war schon 2017 bis 2018 Trainer der U23, sowie 2020/21 Co-Trainer unter Baum, Stevens und Gross. Außerdem assistiert er neben seiner Tätigkeit in der Knappenschmiede auch Rangnick bei der österreichischen Nationalmannschaft. Schlagzeilen machte Cinel dann, als er sich öffentlich mit deutlichen Worten über die fehlende Qualität in der Schalker U17 zur neuen Saison beschwerte.
Zu erwähnen wären ansonsten noch die neuen Sponsoringstruktur beim FC Schalke. Anstelle eines großen Hauptsponsoren versucht der Verein drei neue Partner zu finden, jeweils einen für das Trikot, das Aufwärm-/Trainingsshirt und die Knappenschmiede, letzterer wird gerade noch gesucht.
Saisonauftakt
Bremer SV (DFB-Pokal)
1.FC Köln
Borussia Mönchengladbach
VfL Wolfsburg
1.FC Union Berlin
VfB Stuttgart
VfL Bochum
Borussia Dortmund
FC Augsburg
Bayer Leverkusen