LT107: Krise bei Ajax

Wir haben mit Benjamin Denes vom Projekt @oranjefussball über die Krise bei Ajax gesprochen. Wie hat euch die Folge gefallen?

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Tolles Ding. Hat mich in seiner Ausführlichkeit begeistert die Folge. Da hätte ich sehr gerne eine weitere Stunde zugehört :joy:

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Auf jeden Fall was ganz besonderes, sich eine Stunde über einen internationalen Verein zu unterhalten, auch wenn es selten noch ähnlich große Katastrophen gibt (außer bei Juve mal wieder), eine sehr nette flexible Erweiterung des Portfolios mit tollem Gast.

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Fand die Folge auch richtig toll, zumal Ajax und die Eredivisie eine sehr untergeordnete Rolle innden deutschsprachigen Medien bekommt…

Besonders spannend fand ich tatsächlich die Einordnung, dass trotz des ‚modernen‘ Images das grade Ajax gern zugeschrieben wird, sie eigentlich vieles in ihren Strukturen sind, nur eben nicht modern. Außerdem war ich überrascht, davon, dass die Ajax Jugendarbeit in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr zu liefern scheint.

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Yep, ein Brett von Podcast. Richtig nice.

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was für eine Rasenfunk-Woche! Super Schwerpunkt, tolles Tribünengespräch und dann auch noch diese Folge! Super spannend, mal so tiefe Einblicke bei einem internationalen Verein zu bekommen. Zumindest in den deutschen Mainstream-Sportmedien ist das ja ganz selten. Ich weiß nicht, ob das angesichts des Aufwands möglich ist, aber so etwas zu Vereinen außerhalb der Top-5-Ligen wäre auch regelmäßig spannend: Warum haben die Young Boys Bern die Rolle des FC Basel in der Schweiz übernommen? ist das Double von AEK Athen nur ein one-hit-wonder wie die Meisterschaft von Trabzonspor? Wie konnte Rakow Czestochowa in kurzer Zeit ein polnischer Topklub werden usw…

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schließe mich den Beiträgen oben an. Super „Kurzpass“ :+1:

Gute Zusammenfassung der Situation.

Noch ein paar Anmerkungen:

  • Ajax ist zwar arrogant wie der FCB in FRG (das erwähnte WZAWZDB), aber wird von Fans anderer Vereine nicht abgelehnt wie der FCB. Viele Leute, vor allem wenn die die Saison 94/95 als Kinder/Jugendliche miterlebt haben, sind Ajacieden oder respektieren/bewundern Ajax für die Jugendarbeit und Erfolge über viele Jahre.
  • Der verhasste Verein ist eigentlich Feyenoord, vor allem wegen der Fans/Hooligans aus der Arbeiterstadt, die gerne die eigene Stadt bei Meisterfeiern oder andere Städte bei Europapokalreisen auseinandernehmen. Feyenoord fans damage to Rome put at €8m, fundraising continues - DutchNews.nl
  • In der Eredivisie werden Spiele aktuell nach zwei Vorfällen abgebrochen, am Sonntag waren das die zwei Pyro-Würfe. (Der Becherwurf wäre mitgezählt worden wenn man den Werfer nicht sofort gefunden hätte. Weil der Werfer gefunden und aus dem Innenraum entfernt wurde, war das kein zählenswerter Vorfall.)
  • Die Regierungen von Mark Rutte haben in den letzten 13 Jahren immer wieder kleine Leute strukturell benachteiligt und z.B. arme Familien, die berechtigte Sozialleistungen empfangen haben, als Betrüger bestempelt und Zehntausende Euro zurückgefordert. Darum gibt es gerade gereizte Stimmung bei Leuten, die finanziell eher schwach dastehen. Es gab in den letzten Monaten/Jahren einige Demonstrationen/Krawallen, etwa von Bauern, die sich von der Regierung im Stich gelassen fühlten. Das hat die Krawalle am Sonntag eventuell befördert.
  • Ajax hat zwar eine legendäre Jugendarbeit und es schaffen immer noch viele Talente in den Profifußball, in den letzten Jahren konkurriert aber AZ ernsthaft um viele Talente aus der Stadt/Region Amsterdam. Vor allem seit die AZ-Jugendakademie 2016 nach Wijdewormer umgezogen ist, näher an Amsterdam als an Alkmaar. https://maps.app.goo.gl/S3hxg6Dr5kFk7Jef9
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Danke für die Hinweise, dass AZ in Jugendarbeit immer relevanter in Europa wird, hab ich so nebenbei mitbekommen, aber dass wie ist sehr interessant.

Über das Gespäch mit Benny habe ich mich sehr gefreut (ich habe mit ihm die wechselvollen Ajax-Jahrzehnte durchlebt, und jetzt ist wirklich der Tiefpunkt).

Hier möchte ich etwas anfügen, z.T. als Reaktion auf den Kommentar von @thedishguy :

Ajax wird sicherlich insbesondere von Anhängern Feyenoords, aber auch von denen FC Utrechts oder ADO Den Haags (letztere sind ja vor ein paar Jahren abgestiegen) von Herzen abgelehnt — und das sage ich als Ajacied (der auch seit den frühen 90ern den SCF unterstützt). Ich hege sicherlich keine Sympathien für Feyenoord, und gerade ein sehr gewaltbereiter Kern unter den Anhängern sorgt auch dafür, dass genug Menschen mit dem Klub ihre Probleme haben — ich würde ihn aber nicht als verhasst bezeichnen.

Nun, man kann Rutte I-IV sicherlich für viele Dinge kritisieren (und die Toeslagenaffaire und ihre sehr schleppende Aufarbeitung und „Wiedergutmachung“ gehört sicherlich dazu), aber ich halte es für vollkommen vermessen, hier eine Verbindung zu den Ausschreitungen bei Ajax zu ziehen. Ich verstehen auch nicht, wie die Bauernproteste, die hauptsächlich durch den Unmut über die Stickstoffpolitik hervorgerufen wurden, damit zusammenhängen sollen — vor allem da diese in gewisser Hinsicht gerade seit der Gründung und dem Erfolg der BBB auch eine politische Plattform gefunden haben (über das leidige Problem der ganzen populistischen Parteien will ich jetzt wirklich nicht mehr schreiben, da das hier eh schon zu lang werden wird). Die wieder gestiegene Gewalt in den Stadien der Eredivisie oder der KKD nach der Pandemie kann nicht einfach damit erklärt werden, dass Menschen dagegen rebellieren, ökonomisch und sozial vergessen worden zu sein.

Es ist sicherlich eine Frage, wie man den Erfolg einer Jugendabteilung bemisst. Mit weitem Abstand spielen am meisten ehemalige Ajax-Jungspieler bei Eredivisie-Klubs und werden das wohl auch noch in absehbarer Zeit tun. Die Frage der Durchlässigkeit von Jong Ajax zu der ersten Mannschaft ist auch noch gegeben. AZ ist mit Sicherheit durch ihre ganzheitliche Herangehensweise in der Nachwuchsauswahl und -förderung aufgefallen, auch wenn die Darstellung von Jong AZ als einer Mannschaft „idealer Schwiegersöhne,“ wie z.T. in den niederländischen Medien geschehen, nicht unbedingt relevant oder auch zutreffend sein muss. Trotzdem herrschen andere Parameter bei der Auswahl der Talente als bei Ajax. Zudem ist gerade die Unterstützung im kognitiven Training dem Vernehmen nach bei AZ ausgezeichnet. Der Erfolg von Jong AZ muss aber nicht notwendigerweise auf AZ übertragen werden (auch wenn es weiterhin sehr gut läuft unter Pascal Jansen). Das große Talent Owen Wijndal hat bei Ajax letzte Saison ja leider auch nicht sein Glück gefunden (und jetzt ist er an Royal Antwerp verliehen — wo, wie in der Sendung schon erwähnt, Marc Overmars so zügig seine neue Heimat gefunden hat).

Man muss sicherlich auch anführen, dass in den Niederlanden vier Nachwuchsmannschaften in der KKD/Eerste Divisie (also 2. Liga) spielen, nämlich die von Ajax, AZ, PSV und Utrecht, was natürlich eine bessere Ausgangsposition bedeutet für die Integration der Jungspieler in die ersten Mannschaften (AZ hat sich den Aufstieg in diese Liga 2018 noch selbst erarbeitet). Seit einigen Jahren können lediglich Nachwuchsmannschaften aus dieser Liga absteigen, jedoch ist das seit zwei Jahren nicht mehr geschehen. Bei den anderen Klubs sorgt insbesondere die Verwendung von Spieler aus den ersten Mannschaften in den Nachwuchsmannschaften immer wieder für Unmut, da so natürlich der Wettbewerb — und damit der Aufstieg in die Eredivisie — erheblich beeinflusst werden kann (das Problem kennt man in Deutschland auch aus der 3. Liga oder aus den Regionalligen). Rein theoretisch könnte Jong Ajax diese Saison aber absteigen, aber ich bin mir recht sicher, dass das sportlich oder auch anderweitig verhindert wird.

Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass herausragende Jugendspieler recht spät zu den großen Vereinen wechseln und dann als deren „Produkte“ präsentiert werden. Wenn ich mich recht erinnere, war Frenkie de Jong auch schon 18, als er von der Jugend von Willem II Tilburg zu Ajax kam. Klar kann man den als Erfolg der Ajax-Ausbildung darstellen, aber wie sinnvoll das ist, sei dahingestellt. Aber das ist nun wahrlich kein spezifisch niederländisches Problem.

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Vielleicht liegt es an meiner Blase, ich habe aber in den letzten Jahren kaum niederländische Fußballfans getroffen, die Feyenoord nicht unsympathisch fanden (sofern sie nicht selbst Feyenoord-Fans waren).

Natürlich ist die Politik der letzten Jahre nicht allein ausschlaggebend für die Krawalle am Sonntag. Ich merke in den letzten Jahren aber im täglichen Leben die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander gehen.
Auf der einen Seite Eigenheimbesitzer, die mir dem Leasingauto ins Büro fahren oder direkt von Zuhause arbeiten und gutes Geld verdienen, auf der anderen Seite Mindestlohnverdiener die z.B. in Schiphol mit wechselnden Arbeitszeiten Koffer sortieren und damit kaum die Miete zahlen können.
Solche Unterschiede gibt es in jeder Gesellschaft, ich habe aber den Eindruck, dass heutzutage deutlich mehr Leute finanzielle Probleme haben als vor 5-10 Jahren und die allgemeine Stimmung wirkt auf mich auch gereizter.

Die größtenteils negativen Veränderungen in den Lebens- und Arbeitswelten wollte ich nun wirklich nicht Abrede stellen, mir ging es lediglich um den Zusammenhang mit dem, was in den Fußballstadien und um sie herum in der Form von Gewalt sichtbar geworden ist in letzter Zeit. Ich lebe nun seit vielen Jahren auf der anderen Seite des Atlantiks und bin mir auch meines Blickwinkels auf die Niederlande und Deutschland durchaus bewusst. Ich finde es aber grundsätzlich problematisch (vollkommen unabhängig vom Ort des Geschehens), den Fußball letztlich nur zum Spiegel der Gesellschaft zu erklären, als ginge damit auch eine Entlastung der Verantwortung der Klubs und auch des Publikums einher; was ich hier sehe, sind nicht direkte Reaktionen auf Marginalisierung und Deklassierung. Aber ich bin halt ein Mensch, in dem große Menschenmengen ohnehin leicht Skepsis und Unbehagen hervorrufen können — ich weiß, da ist ein Fußballstadion schon prinzipiell kein guter Ort. Ach, was tut man nicht aus Liebe zum Spiel… (auch wenn ich mich mittlerweile sehr selten in einem wiederfinde).

Tolle Folge zur katastrophalen Lage bei Ajax. Es ist tatsächlich atemberaubend, in welchem Tempo dieser Verein gerade die Erfolge der guten Arbeit in den vergangenen Jahren verschenkt.

Der Gast hat die Lage meiner Meinung nach sehr gut zusamengefasst, würde nur noch einmal die Rolle des Telegraaf etwas deutlicher hervorheben wollen. Wie schon von einigen Vorrednern benannt ist die gesellschaftliche Lage in den Niederlanden, ähnlich wie in Deutschland, recht angespannt, und der Telegraaf reitet diese Welle zumindest in Teilen mit. Die Zeitung versteht sich mehr oder weniger als das Hausblatt van Ajax und ist eine der lautesten Stimmen, die einer Modernisierung von Ajax sehr kritisch, eher noch ablehnend, gegenüber stehen. Alles was nicht 4-3-3 ist, angelehnt an die Fußballphilosphie von Cruijff, wird runtergeschrieben. Bei so ziemlich allen Transfers wurde gesagt, dass es auf dem Niveau zig Jugendspieler bei ‚De Toekomst‘ (dem Jugendkomplex van Ajax) gäbe die man umgehend hätte hochziehen können.

Zudem sah man da den moderneren, mehr durch Daten und Statistiken getriebenen Scoutingansatz von Mislintat sehr kritisch und gab ihm kaum eine Chance. Die Bezeichnung ‚Dataduitser‘ war meiner Meinung nach vor allem spöttisch gemeint und wurde eher als Verunglimpfung verwendet.

Durch die schwache Aufstellung an den entscheidenden Positionen (nicht nur Sportdirektor und Trainer, auch im Aufsichtsrat) hat man jetzt den Weg des geringsten Widerstands gewählt, auch auf Druck der Medien. Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, dass auch Steijn nicht mehr lange im Amt sein wird, zumal es auch in seriösen Medien durchaus immer lautere Kritik an seiner Arbeit gibt…

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Bitte Benjamin in die Ligatour integrieren. Das war eine wahnsinnig interessante Folge.

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Ja, Nachholspiele, dies, das, Ananas, aber mittlerweile ist Steijn gefeuert und Ajax LETZTER.

… und zwar die erste Mannschaft in der Eredivisie und die zweite in der zweiten Liga (der wunderbaren Keuken Kampioen Divisie).