Neue Schiedsrichter - eine Idee

Hallo ihr,
Gefühlt jeden Spieltag wird mehr über Schiedsrichter, VAR usw. diskutiert und ganz ehrlich: ich denke, das passiert mit recht. Mir ist eine Sache aufgefallen: warum werden eigentlich nicht viele ehemalige Profis zu Schiedsrichtern (gemacht)?
Ja, es spricht vieles dagegen:

  • spezielle Ausbildung und Zertifizierung notwendig
  • kein Interesse mehr am Geschäft Fußball
  • (Vereins)politische Gründe
  • Image
  • finanzielle Gründe
    Für mich spricht aber ein sehr wichtiger Grund dafür:
  • nur Profis können viele zweifelhafte Entscheidungen (Bewegungen, Emotionen, usw.) richtig einschätzen und dann die vermeintlich richtige Entscheidung treffen.
    Außerdem haben Profis jahrelang von Schiedsrichtern profitiert und könnten so etwas „zurück“ geben (ja ich weiß, etwas zu optimistisch dieser Grund)
    Ein komplexes Thema, was vermutlich mit dem Thema Profi- Schiedsrichter einhergeht. Was denkt ihr?

Da bin ich klar auf der anderen Seite.
Der Hauptpunkt: es ist etwas ganz anderes, ob man spielt oder pfeifen muss. Auch als Schiedsrichter braucht man Erfahrung.
Sprich: ein Spieler würde mit ca 34 die Karriere beenden. Dann Schiedsrichter-Ausbildung.
Danach dann einige Jahre in unteren Klassen.

Und dann ist der Spieler (oder auch die Spielerin) schnell Mitte, Ende 40. Auch wenn wir wissen, dass die Altersgrenze von aktuell 47 Altersdiskriminierung ist, kommt man doch dann spätestens mit Mitte 50 in den Bereich, wo die Geschwindigkeit nachlassen wird.
Bei Schiedsrichtern kann man ja die Faustregel aufstellen: wer mit Mitte, Ende 20 noch nicht in mindestens Liga 3 pfeift, wird nicht in die Bundesliga kommen.

Allgemein gilt für mich eh: ein guter Spieler ist nicht automatisch ein guter Schiedsrichter / Trainer / (hier Job eurer Wahl einsetzen).

Daher: wir würden ehemalige Spieler bevorzugen, in der Hoffnung, dass sie schnell gute Schiedsrichter werden. Ein Konzept, dass schon im Trainer-Bereich eher mittelprächtigen Erfolg gebracht hat (Effenberg, Brehme, Basler mal als Negativ-Beispiele)

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Ist sogar noch krasser. Der DFB möchte zukünftig keine SR über 25 Jahren in die dritte Liga aufsteigen lassen, um die Jungspunde auf dem Weg in die Bundesliga noch besser formen zu können.

Generell ist denke ich beides korrekt. Zum einen lebt ein guter Schiedsrichter oft von seiner Erfahrung. Es ist nahezu unmöglich, mit 35 Jahren deine Spielerkarriere beenden und dann noch ausreichend Erfahrung zu sammeln, um ein richtig guter Schiedsrichter werden. Zum anderen hilft es aber auch jedem Schiedsrichter, die Spielerperspektive aus eigener Erfahrung zu kennen und nicht nur von der Außenbetrachtung.

Um es mit 25 Jahren in die dritte Liga zu schaffen, muss man seinen Schirischein mit 14-16 Jahren machen und fast jede Saison eine Liga aufsteigen. Parallel selber zu spielen, wird sehr ungerne gesehen. Da wird dir relativ früh klar gemacht, deine Prioritäten zu klären. Mit einer eigenen Spielerlaufbahn bist du nur halb so oft als Schiri einsetzbar (1x pro Wochenende statt 2x) und hast ein höheres Verletzungsrisiko.
Dementsprechend ist es eine logische Konsequenz, dass viele Bundesligaschiedsrichter gar nicht wissen, wie sich Fußball als Wettkampfsport mit einem Erwachsenenkörper anfühlt. Wenn du mit 14-16 Jahren deine Spielerlaufbahn beendest, hast du nie in deinem Leben mit einem 80kg Körper einen Zweikampf geführt.

Die Schiedsrichterkrise geht aber denke ich tiefer. Der Profifußball hat sich in den letzten Jahrzehnten krass professionalisiert. Die Vereine geben Milliarden für Akademien, Scouts, etc. aus, um sich die größten Talente möglichst früh zu sichern. Bei den Schiedsrichtern dagegen ist die Talentförderung ungefähr so professionell organisiert, wie im lokalen Schützenverein. Irgendein ehrenamtliches Komitee auf Kreis/Landes/Regionalebene sucht sich ein Mal pro Saison seine Lieblinge und meldet sie an die nächsthöhere Instanz. Wenn du auf allen drei Ebenen deine persönlichen Förderer findest, wirst du bis zum 25. Geburtstag für die dritte Liga gemeldet und landest beim DFB.
Und der DFB macht es sich in dieser Position bequem, die Strukturen in der Schiedsrichterei bis zur Regionalligaebene dem Ehrenamt zu überlassen und sich nur mit den Schiedsrichtern zu beschäftigen, die ihnen von den Regionalverbänden überstellt werden.
Darunter gibt es keine festangestellten Mitarbeiter, keine leistungsfördernden Strukturen und keine Transaprenz bei Personalentscheidungen, sondern Verbandspolitik und Günstlingswirtschaft.
Die Schiedsrichter, die am Ende oben ankommen, sind natürlich alle nicht schlecht. Aber die Strukturen sind vollkommen ungeeignet, um von 40.000 Schiedsrichtern in Deutschland auch wirklich die 40 Besten für den Profibereich zu finden. Dafür müsste man halt Geld in die Hand nehmen (da sind also DFB und DFL gefordert) und einige Regionalmonarchen bei den Landesverbänden entmachten.

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