Ich hatte zuletzt schon mal in einem anderen Thread etwas zu den Trainerwechseln in den Top-5-Ligen geschrieben, das sich auch hier anbietet, um das Verhalten der Mannschaften bezüglich der Trainer zu beschreiben:
Ich habe mir vor kurzem mal die Anzahl der Trainerwechsel der Top-5-Ligen seit der Saison 2009/10 angeschaut. Dabei kam ich auf einige interessante Daten (Meine Daten sind wahrscheinlich nicht zu 100% richtig, sondern haben ein paar kleinere Fehler dabei, die die grundsätzlichen Aussagen aber nicht verfälschen sollten. Ich habe mit den Transfermarkt-Daten gearbeitet, die ja auch nicht immer komplett genau, bzw. eindeutig sind. Meine Daten haben den Stand 7.3.19):
In der Ligue 1 gab es mit 116 Trainern seit 2009 die wenigsten, danach folgte die Premier League mit 124 und die Bundesliga mit 120 Trainern, wobei hier auch bedacht werden muss, dass die Bundesliga zwei Vereine weniger hat und der Anteil an Trainerwechseln dementsprechend höher ist. La Liga (181) und Serie A (185) haben bei weitem die meisten verschiedenen Trainer gehabt. In der Bundesliga ist der Anteil an Trainerwechseln während der Saison mit 34% am höchsten. Die Top-5-Ligen liegen hier aber alle insgesamt eher dicht zusammen (Premier League und Serie A bei 32%, La Liga bei 31% und Ligue 1 bei 28%).
Von den aktuellen Bundesligisten hatte Stuttgart die meisten Trainer in der untersuchten Zeitspanne mit 14, 10 davon wurden während der Saison angestellt. Zwischen Trainerwechseln vor der Saison und während der Saison sind qualitative Unterschiede festzustellen, zu denen ich später nochmal komme. Es folgen Wolfsburg und Nürnberg mit 10 (8, bzw. 7 während der Saison) sowie Hannover mit 9 (7 während der Saison).Freiburg befindet ich mit nur 3 Trainern auf der entgegengesetzen Seite des Spektrums. Auch Mainz, Augsburg, Gladbach (jeweils 4) und Dortmund (5) stechen hier positiv hervor.
In der Premier League trainierten nur 2 Trainer Arsenal, was logischerweise Tiefstwert ist. Danach folgen mit jeweils 4 Trainern Tottenham, ManCity, Bournemouth und Burnley, also zwei absolute Spitzenklubs und zwei konstant überperformende Underdogs. Auf der anderen Seite stehen Crystal Palace (11, 8 während der Saison), Fulham (10, 6 während der Saison) und Watford (9, 4 während der Saison). Watford erlangte seit der Übernahme durch Gino Pozzo ja den Ruf, dass Trainer stets maximal ein Jahr bleiben. Dies hat jetzt erst Javi Gracia entkräftet, der einen wirklich hervorragenden Job macht.
La Ligas Spitzenreiter in Sachen Trainerentlassungen sind Huesca, Alaves und Real Valladolid, die jeweils 14 verschiedene Trainer hatten. Insgesamt gibt es nur drei Mannschaften mit 5 oder weniger Trainern. Dazu gehört Barca mit 5, Atletico Madrid und Eibar mit 4.
Die Serie A stellt den Spitzenreiter in Trainerwechseln. Cagliari Calcio hatte seit 2009 17 verschiedene Trainer, 11 davon erst während der Saison angestellt. Auch Genoa hat mit 15 verschiedenen Trainer eine viel zu hohe Zahl. Es folgen Udine (13), Bologna, Inter, Sampdoria (jeweils 11) und Empoli (10) mit zweistelligen Zahlen. Somit verweilt ein Trainer hier im Durchschnitt nicht mal eine Saison. Napoli ist das Team mit den wenigsten Trainer (5), gefolgt von Florenz, Parma und Atalanta (6).
Die Ligue 1 ist die mit Abstand beste Liga für Trainer. Nur Girondis Bordeaux hat eine zweistellige Anzahl an Trainern (10). 8 Teams haben derweil höchstens 5 Trainer gehabt. Dazu gehören Toulouse, Saint-Ettienne und PSG mit jeweils 5. Guingamp und Lyon benötigten nur 4 Trainer, Dijon und Caen 3, Angers lediglich 2.
Der längste amtierende Trainer der Top-5-Ligen kommt ebenfalls aus Angers. Stephane Moulin übernahm zur Saison 2011/12. Danach folgen Diego Simeone und Christian Streich, die beide während derselben Saison angestellt wurden. In den Top-10 der längsten amtierenden Trainern steht nur noch ein weiterer Bundesliga-Trainer, nämlich Pal Dardai auf Platz 10. Dazwischen stehen mit Bournemouth, Burnley, Tottenham und Brighton gleich vier Premier-League-Vereine. Aus der Serie A sind noch Juve und SPAL vertreten.
Vereine, mit 5 oder weniger Trainern, stellen die Ligue 1 und die Premier League mit 8 die meisten. Es folgen Bundesliga (5), La Liga (3) und Serie A (1). Es hat mich ehrlich gesagt etwas überrascht, das die Premier League so wenig Trainerwechsel hat, aber hier wird Trainern auch in Krisenphasen noch mehr vertraut. Passend gab es in der Premier League auch die wenigsten mehrfachen Trainerwechsel während einer Saison bei nur einem Verein (also mind. 3 Trainer pro Saison). In der PL kam dies in den vergangenen 10 Jahren nur zweimal vor. Erneut sticht auch die Ligue 1 positiv hervor (6). Es folgen Bundesliga (7), Serie A (9) und La Liga (15) als klarer Spitzenreiter.
Ein paar allgemeine Aussagen lassen sich anhand dieser Daten treffen. So bleiben Trainer, die zu Beginn einer Saison angestellt wurden in ca. 38% der Fälle nicht bis zum Saisonende. Diese Zahl liegt in der Bundesliga mit ca. 46% über dem Durchschnitt. Ligue 1 (21%) und Premier League (28%) bilden die positiven Ausnahmen, in La Liga (47%) und Serie A (48%) liegen die Werte noch knapp über dem Wert der Bundesliga. Von während der Saison angestellten Trainern schaffen es 63% nicht bis zum Ende der folgenden Saison, 20% werden sogar noch während der Saison, in der sie angestellt wurden, entlassen. Spitzenreiter in Letzerem ist La Liga mit fast 30%. Immerhin 38% der während einer Saison angestellten Trainer “überleben” mind. 1 Saison. Dieser Wert ist bei zu Beginn einer Saison mit 61% klar höher. Bei Trainern, die mindestens 2 Saisons bleiben, gleichen sich diese Werte aber näher an. Bei während einer Saison angestellten Trainer liegt dieser Wert bei 20%, bei zu Beginn einer Saison angestellten Trainern bei 27%.
Trainerwechsel werden logischerweise immer zu Beginn einer Saison bevorzugt. Diese Daten zeigen unter Anderem warum.
Abgesehen von diesem statistischen Exkurs halte ich die Trainerwechsel bei Gladbach und Hertha für durchaus nachvollziehbar. Bei Wolfsburg sind die Gründe nochmal anders gelegen, weswegen man sie vielleicht etwas aus dieser Betrachtung herausnehmen muss. Bei Hertha erhielt ich zuletzt das Gefühl, dass man nicht das komplette Potenzial des wohl besten Kaders seit vielen Jahren nicht perfekt ausnutzt. Der Wunsch nach dem europäischen Wettbewerb ist nachvollziehbar, mit Dardai aber aus Sicht der Verantwortlichen scheinbar nicht möglich. Ich finde den Wechsel aus dieser Perspektive sogar gut, auch wenn er Preetz sicherlich schlecht ausgelegt wird, wenn der neue Trainer nicht direkt liefern kann.
Trainerwechsel “ohne Not” halte ich für äußerst sinnvoll, da diese der Not zuvorkommen. Merkt man, dass der aktuelle Trainer die gewünschten Ziele oder Spielweise nicht umsetzen kann, ist ein Trainerwechsel im Sommer die Optimallösung. Man erlangt früh Planungssicherheit, der neue Trainer bekommt eine Vorbereitung und man erhält in den meisten Fällen seinen Wunschkandidaten. Diese geplanten Trainerwechsel zu Ende/Beginn einer Saison sind die besten. In der Saison sind die Bedingungen für einen neuen Trainer oft suboptimal, oft bekommt man nicht seinen Wunschkandidaten. Ein Marco Rose oder Oliver Glasner wären beispielsweise nicht während einer Saison zu verpflichten. Im Sommer dagegen schon. Man schaue nur darauf, welche Kandidaten für die aktuellen Abstiegskandidaten vorhanden waren. Die Trainerposition ist die wohl wichtigste im Fußball und muss dementsprechend sinnvoll besetzt werden. Schaut man auf die Abstiegskandidaten der letzten Jahre sind teils schwache Kader Schuld, sehr häufig aber auch falsche Besetzungen der Position des Cheftrainers.
Ich stehe den Trainerwechseln im Sommer, vor allem so wie sie aktuell vollzogen werden, nämlich äußerst früh und somit Planungssicherheit gebend, sehr positiv gegenüber.