2. Mannschaft / Amateure
Besondere Erwähnung muss sicher die Saison der 2. Mannschaft (in Freiburg gerne Amateure genannt) finden. Natürlich lässt sich vortrefflich darüber streiten, ob 2. Mannschaften in der 3. Liga spielen sollten und wahrscheinlich ist diese Frage auch eher mit „Nein“ zu beantworten, doch nicht ganz uneigennützig muss ich gestehen, dass ich es sehr genossen habe, die Freiburger Amateure im Dreisamstadion in der 3. Liga spielen zu sehen.
In der Sommerpause vor Saisonbeginn erlebte die Mannschaft einen gewaltigen Umbruch. Mit Luca Herrmann, Carlo Boukhalfa und Konrad Faber verließen drei Stammspieler den Verein und wechselten in die 2. Liga. Noah Atubolu, Kiliann Sildillia, Kimberly Ezekwem, Noah Weißhaupt, Nishan Burkart und Kevin Schade wurden in den Profikader hochgezogen. Mit Vincent Vermeij, Sebastian Mellack, Raphael Assibey-Mensah, Jordy Makengo und Yannik Engelhardt kamen einige externe Neuzugänge. Zudem wurden einige Spieler aus der U19 hochgezogen.
Die Saison begann schleppend und so konnte erst am 4. Spieltag der erste Sieg gefeiert werden. Durch ein spätes Tor von Julius Tauriainen gewann man gegen die Würzburger Kickers mit 1:0. Das man einige Monate später den Klassenerhalt bereits am 34. Spieltag durch einen 1:0 Auswärtssieg beim SV Waldhof in Mannheim klar machen konnte, hätte ich zu Beginn der Saison nicht für möglich gehalten. Garanten für den Klassenerhalt waren der treffsichere Neuzugang Vincent Vermeij und sicher auch das zentrale Mittelfeld bestehend aus Robert Wagner und Yannik Engelhardt, die sich im Verlauf der Saison merklich steigerten. Robert Wagner gehörte in den letzten Spielen der Saison auch öfter dem Profikader an und wird ab der nächsten Saison in den Trainingsbetrieb der Profis integriert werden. Natürlich gebührt auch dem Trainerteam um Cheftrainer Thomas Stamm ein großer Anteil am Klassenerhalt. Ich bin sehr gespannt, ob Stamm im Verein bleiben wird und eventuell auf eine mögliche Nachfolge von Christian Streich spekuliert, oder ob er den Verein eventuell schon überraschend im Sommer verlässt, um ein anderes reizvolles Engagement anzutreten. An Anfragen dürfte es nicht mangeln. In Schweizer Medien wurde er bereits als größtes eidgenössisches Trainertalent bezeichnet.
Die zahlreichen Einsätze der sechs vor der Saison in den Profikader integrierten Profis würde ich klar als „win-win-Situation“ bezeichnen. In der 3. Liga konnte wichtige Spielpraxis gesammelt und Wettkampfhärte erarbeitet werden. Vor allem Noah Weißhaupt wusste das zu schätzen und zeigte teils überragenden Leistungen bei seinen Einsätzen. Christian Streich erzählte auf einer PK, dass Weißhaupt ihn mal gebeten habe, ein weiteres Spiel für die Amateure machen zu dürfen, um weiter Spielpraxis zu sammeln. Christian Streich schätzt es sehr, dass er die Möglichkeit hat, jungen Spielern Spielpraxis in der 3. Liga zu ermöglichen. Dabei betont er aber auch immer wieder, dass das Umfeld der Spieler Ruhe bewahren müsse, wenn ein Spieler eben „nur“ in der zweiten Mannschaft eingesetzt werde. Sehr wahrscheinlich meint er damit den im Winter von Standard Lüttich verpflichteten Hugo Siquet, der vor allem in der 2. Mannschaft eingesetzt wurde.
Schade (ja auch Kevin) ist, dass die sechs Jungprofis während der Saison mit einigen Verletzungen kämpfen mussten. Eigentlich nur Sildillia und Atubolu blieben von Verletzungen verschont. Ezekwem fiel die längste Zeit mit muskulären Problemen und einem Muskelfaserriss aus. Auch Burkart kämpfte mit muskulären Problemen, Kevin Schade verpasste das Ende der Saison mit einer hartnäckigen Bauchmuskelverletzung und Noah Weißhaupt verletzte sich im Spiel gegen die TSG Hoffenheim unglücklich an der Schulter. Merkt man an den Verletzungen, dass der Schritt vom Jugend- in den Profifußball doch ein großer ist, und resultieren die Verletzungen eventuell aus der deutlich höheren Trainingsintensität?
Die neue Saison könnte schwierig werden. Leistungsträger der letzten Saison werden den Verein im Sommer verlassen (Der Wechsel von Enzo Leopold zu Hannover 96 wurde schon bestätigt). Die neue Generation aus der U19 muss erfolgreich integriert werden. Spieler, die man auf dem Schirm haben sollte, sind Mika Baur, Kenneth Schmidt, Max Rosenfelder und Jihan Lee. Durch die Teilnahme am Europapokal werden die Profis öfter rotieren müssen, sodass Spieler aus dem Profikader auf weniger Einsätze in der 2. Mannschaft kommen werden. Je nach Breite des Profikaders werden sicher auch öfter Spieler aus der 2. Mannschaft den Trainingsbetrieb der Profis ergänzen. Wenn ich ehrlich bin, wäre der erneute Klassenerhalt eine große Überraschung für mich.
Im Fazit zur 2. Mannschaft muss ich zugeben, dass ich im Verlaufe der letzten Saison lieber zu den Amateuren ins Dreisamstadion, als zu den Profis ins Europapark-Stadion gegangen bin. Gefühlt sieht man dort noch ehrlichen Fußball und der Spieltag ist nicht völlig „durcheventisiert“.
Europapark-Stadion:
Mit dem 3:0 gegen den FC Augsburg am 6. Spieltag verabschiedet man sich vor einer gelungenen Kulisse vom Dreisamstadion. Auffällig war stets die Heimstärke der Freiburger. Zahlreiche Interviews belegen den Eindruck, dass die gegnerischen Mannschaften nicht gerne ins Dreisamstadion kamen. Schon die Anfahrt durch den Stau der Stadtteile Oberwiehre, Waldsee und Littenweiler war mühsam. Die Gästekabinen strotzten nicht vor Luxus. Das Feld war recht kurz und breit. Dazu kam die besondere Atmosphäre, die dadurch entstand, dass die Zuschauer*innen sehr nah am Spielfeld standen und saßen. Berühmt berüchtigt ist inzwischen das Gefälle von einem Tor zum anderen, das knapp ein Meter betragen soll.
Gefühlt konnte man diese Heimstärke nicht mit ins neue Stadion nehmen. Heimsiegen gegen Bochum, Wolfsburg oder Hertha folgten aber auch zum Teil deutliche Niederlagen gegen Bayern, Frankfurt oder Union Berlin. Ich frage mich nun, woran das liegen könnte. Fremdelt die Mannschaft mit dem neuen Zuhause. Brachte das kurze, aber dafür sehr breite Feld doch einen Vorteil gegenüber Mannschaften, die nicht jede zweite Woche dort spielten? Schaffen es die Zuschauer*innen nicht den gewohnten „Hexenkessel“ zu erzeugen? Christian Streich betont auf PKs immer wieder, dass er sich ein lautstarkes Publikum und Gesänge von den Tribünen wünscht, um die Mannschaft zu pushen.
Auffällig ist, dass man bei der Planung des Stadions an einigen Stellen Fehlern gemacht zu haben scheint. Die Promenade, die das gesamte Stadion umführt, ist viel zu eng gebaut worden. Dort befinden sich die Bier- und Essensstände, sowie die Toiletten. Vor allem in der Pause bildeten sich teilweise große Staus auf der Promenade. Um den Verkehr im Stadionumlauf zu entzerren, wurde der Umlauf mithilfe von Bauzäunen erweitert, sowie weitere provisorische Verpflegungsstände und Verweilmöglichkeiten geschaffen. Ich bin gespannt, ob man in der Sommerpause versucht, die temporären in längerfristige Lösungen umzuwandeln.
Bis jetzt ist die Gegend um das Stadion noch sehr grau und voller Beton. (Da helfen auch sprechende Mülleimer nichts). Auch die aktive Fanszene plädiert dafür die Gegend um das Stadion attraktiver zu gestalten. Die Stadien in Mainz und Augsburg gelten dabei als mahnende Beispiele, wie es nicht aussehen soll.
Defensive:
Zu Beginn der Saison und auch im weiteren Verlauf galt die Defensive als die mit stärkste der Liga. Zwischenzeitlich war man die Mannschaft mit den wenigsten Gegentore. Vor allem Nico Schlotterbeck und Philipp Lienhart brillierten mit ihren Leistungen in der Innenverteidigung und zeigten sich dabei auch noch äußerst torgefährlich. Mark Flekken im Tor zeigte überzeugende Leistungen und überragte vor alle mit seinem Können mit dem Ball am Fuß. Dank seiner technischen Fähigkeiten ist ein ganz anderer Spielaufbau möglich und die Spieler wissen, dass sie den Ball jederzeit problemlos zu Flekken spielen können. Besonders auffällig waren Flekkens technische Fähigkeiten im Spiel mit der niederländischen Nationalmannschaft gegen die DFB-Elf. Auf den Außen sind Kübler und vor allem Günter solide Konstanten, die beide auch schon getroffen haben.
Nun hagelte es am Ende der Saison regelrecht Gegentore. Nicht selten kassierte man 3 oder sogar mehr Gegentore. Wie ist das zu erklären? Ich bin etwas ratlos und hoffe, dass mir der Moderator oder die Gäst*innen eventuell einen Erklärungsansatz geben können.
Kader:
Freiburg hatte wohl noch sie einen in der Breite so starken Kader. Ich staunte sehr regelmäßig über die Besetzung der Bank, wenn ich die Aufstellung sah. Noch vor ein paar Jahren wäre das undenkbar gewesen. In der Saison fielen kaum Spieler mit Verletzungen aus. So musste Christian Streich auf deutlich weniger Spieler verzichten, als in den letzten Saison. Erst mit Kevin Schade und Noah Weißhaupt am Ende der Saison fielen Spieler längerfristig aus. Es kam kaum zu Verletzungen durch zu hohe Belastung. Die 2018 eingestellten Performance- und Datenanalysten Heiko Sander und Leon Krämer scheinen gute Arbeit zu machen und die Trainingsbelastung zusammen mit Athletiktrainer Daniel Wolf gut zu steuern.
Im Sommer konnten bis auf Baptiste Santamaria alle Leistungsträger gehalten werden, was nicht so oft vorkommt. Santamaria wurde durch Maxi Eggestein ersetzt, der nach leichten Anlaufschwierigkeiten inzwischen überzeugend spielt. Dazu konnte man in dieser Saison die Früchte der guten Nachwuchsarbeit ernten. Mit Schade, Weißhaupt und Sildillia konnten drei junge Profis nachhaltig auf sich aufmerksam machen und geben Streich weitere Optionen in die Hand.
Die Mannschaft zeigte von Beginn an eingespielt, denn die Leistungsträger der aktuellen Mannschaft spielen schon recht lange zusammen. Die Kontinuität, auf die man seit Jahren erfolgreich im Trainerteam und bei den Sportdirektoren und Vorständen setzt, zeigt sich nun auch im Kader und führt auch dort zum Erfolg.
Zum Schluss möchte ich einen Ausblick wagen. Der Umbruch im Sommer wird nicht allzu groß ausfallen. Mit Nico Schlotterbeck verlässt zwar der vielleicht in Teilen beste Innenverteidiger der Liga den Verein, doch scheint man mit Ginter, den man wieder zu alter Stärke bringen möchte, einen adäquaten Ersatz gefunden zu haben. Mit Janik Haberer verlässt ein verdienter Spieler den Verein in Richtung Berlin, der in die letzten beiden Saisons auch aufgrund von Verletzungen nicht mehr eine so tragende Rolle gespielt hat. Eventuell könnte noch Ermedin Demirovic den Verein verlassen. Dieser spielte nach einer starken Saison 20/21 kaum von Anfang an und konnte kaum Scorerpunkte sammeln. Er scheint nicht an Streich-Liebling und Pressing-Monster Lucas Höler vorbeizukommen.
Als Neuzugänge wird über Steffen Tigges (für Demirovic) und Alessandro Schöpf (für Haberer) gesprochen. Eventuell kommen noch ein oder zwei junge Spieler mit Entwicklungspotenzial dazu, nach denen man sich immer umschaut. Dabei sucht man nicht nach einer bestimmten Position, wie Streich mal betonte.
Matthias Ginter steht bereits als Neuzugang fest. Ihn konnte man ablösefrei in die Heimat locken und sich gegen namhafte und finanzstarke Vereine (Aston Villa bot wohl einen Fünfjahresvertrag 5 Mio pro Jahr) durchsetzen. In einem Gespräch mit einer Person aus dem Umfeld von Ginter konnte ich erfahren, dass Ginter sich aber schon früh auf einen Wechsel zu Freiburg festgelegt hatte. Streich betonte, dass sie nun gemeinsam versuchen werden Ginter wieder zu alter Stärke zu bringen. Dabei beklagte er die mangelnde Erholungsphasen zwischen den Saisons die Ginter zu schaffen machen würden. Ich bin mir sicher, dass Ginter in gewohntem und ruhigem Umfeld wieder zu alter Stärke finden wird. Gespannt bin ich auf die Dynamik, die seine Rolle als Topverdiener auslösen könnte. Kommen nun eventuell Leistungsträger wie Grifo oder Günter und fordern nun ebenfalls mehr Geld, oder wird die besondere Rolle Ginters als gestandener Nationalspieler akzeptiert?
Europapokal:
Vor dem letzten Spiel der Saison ist man fast sicher für die Europaleague qualifiziert. Ich bin gespannt, wie man den berühmt berüchtigten Tanz auf den drei Hochzeiten meistern wird, zumal der Kalender durch die WM in Katar am Ende des Jahres sehr eng getaktet ist. So sehr Streich die Teilnahme am Europacup schätzt, so sehr ist er sich auch deren Gefahr bewusst. In Pressekonferenzen betont Streich immer wieder, wie wichtig ihm die tägliche Arbeit auf dem Trainingsplatz ist. Er kann es nicht leiden, wenn Spieler auf Länderspielreisen sind und so die Vorbereitung auf das nächste Spiel gestört wird, weil ein Teil der Mannschaft fehlt. Er sieht die Arbeit im Training als Basis für einen möglichen Sieg am Wochenende. Ich bin sehr gespannt, wie die Mannschaft und das Trainerteam mit den sechs englischen Wochen (je nach Erfolg auch noch mehr) umgehen würde. In der Ära Streich konnte man in Saisons mit Dreifachbelastung (13/14 und 17/18) den Abstieg nur äußerst knapp verhindern.
Zuversichtlich stimmt mich der breite Kader auf den Christian Streich zugreifen kann. Bleibt man von Verletzungen verschont, ist jede Position doppelt/dreifach besetzt, ohne dass ein krasser Qualitätsabfall zu befürchten ist. Zudem drängen die jungen Spieler wie Siquet, Sildillia oder auch Weißhaupt auf Einsatzzeiten, die sie durch die Dreifachbelastung sicher bekommen werden.
Kleidungsstück: Veja-Sneaker
Im Moment total cool und erfolgreich. Alle wollen Veja-Sneaker haben. Man setzt auf Bio-Materialien und Faitrade-Beschaffung und zeigt damit Haltung. Trotzdem möchte man mit den großen Marken konkurrieren. Menschen in Frankfurt oder Köln setzten lieber auf die bewährten Sneaker-Marken und schauen abschätzig auf Menschen mit Veja-Sneakers.