Meine (etwas unstrukturierte) Einschätzung zur Hinrunde:
Vor der Saison zählte ich zu denjenigen, die sich bereits keine großen Hoffnungen auf den Klassenerhalt machten. Zu sehr ist in den Zweitligajahren die Schere zwischen den Ligen auseinandergeraten. Dazu kommt die brisante Finanzsituation (so zitterte man vor 2 Jahren noch um die Lizenz) inkl. veraltetem Stadion, die keine großen Sprünge auf dem Transfermarkt zuließ und man folglich mit einem Transferbudget aufwartete, das für jegliche Vereine außer den Mitaufsteigern aus Düsseldorf mittlerweile für einzelne Spieler bezahlt wird.
Die Transfers (bzw. viele Leihen) waren folglich recht kreativ, seien es Misidjan aus Ludogorets (welcher sich weiter in einem Verfahren befindet und wohl nur deswegen erschwinglich war, stellte mit ungeheuren 3 Mio. € unseren neuen Vereins-Rekordtransfer dar), Pereira von Sporting und Kubo aus Gent. Interessante Spieler, jedoch freilich noch ohne Nachweis, in dieser Liga bestehen zu können und wie man nun sieht auch in zwei von drei Fällen mit langer Eingewöhnungszeit. Dazu kamen einige junge Talente aus den II. Mannschaften der Ligakonkurrenz der eigenen und wohl als "erfahrenere" (soweit man das mit 26 und 23 Jahren sein kann) Bundesliga-Spieler Mathenia und Bauer. Meines Ermessens durchaus kluge Transfers für die richtigen Positionen, auch wenn der Kader (man erinnere an Abgänge wie Möhwald, der nun so langsam in Bremen aufblüht) weiter sehr mit der heißen Nadel gestrickt war bzw. ist und Misidjan und Pereira wirklich erst in letzter Sekunde festgemacht werden konnten.
Dies holte uns im Verlauf der Hinrunde nun ein, da immer wieder Hoffnungsträger und Stützen der vergangenen Saison für längere Zeiträume (Ewerton, Löwen, Valentini, Behrens, Mathenia, Ishak) und einzelne Spiele wegbrachen, welche man teils gut (Mühl, der Ewerton vertreten musste, nahm so mMn eine überraschend tolle Entwicklung), oft aber kaum bis gar nicht auffangen konnte (tut mir leid, aber Bredlow ist da spätestens nach Mathenias Verletzung wohl besonders hervorzuheben).
Dazu kam, dass Spieler wie u.a. Kapitän Behrens und Vertretung Margreitter teilweise doch herbe Probleme mit der Spielgeschwindigkeit des Oberhauses haben. Weiter sorgte dieser Umstand für mehr Rotationen, als das Trainerteam ohnehin schon in Abhängigkeit vom Gegner einfließen ließ. Köllners häufige Umstellungen sehe ich nicht so kritisch wie andere, gerade wenn man als kleiner Fisch im Becken durchaus einen elaborierten Spielansatz durchziehen möchte, aber im Zusammenspiel mit den Ausfällen ging damit wohl irgendwann vor allem der Offensivdrive flöten, welchen man nun seit mehreren Partien (siehe Schlüsselspiel) nicht so wirklich in den Griff bekam.
Beim Anblick der Tabelle wird freilich häufig auf die vielen Gegentore verwiesen, jedoch haben daran einzelne Spiele wie gegen den BVB, RBL und auch Schalke, bei dem man ab dem Platzverweis völlig den Faden verlor, einen Riesenanteil. Klar, das dürfte einigen Vereinen so gehen, aber im Schnitt lässt man so bspw. weder außerordentlich viele Schüsse (10. Platz) noch Chancen (xGA 13. Platz) zu und mE sind gerade die letzten Spiele doch sinnbildlicher für unsere Probleme. Leider patzte insbesondere Bredlow ziemlich oft, sodass auch die Klatschen so höher ausfielen, als sie es hätten tun müssen. Für einen Aufsteiger ein großes Manko, konnten sich in der Vergangenheit ja durchaus eher mal Torhüter hervortun, die auch mal Spiele gefühlt allein für ihr Team gewannen.
Die individuellen Fehler anderer Spieler (Leibold, der sich teils grotesk einfach düpieren ließ und den Weg direkt in den Strafraum öffnete, Fehlpässe im Spielaufbau an der Strafraumgrenze, falsche Einzel-Entscheidungen bei der Absicherung von Standards und ich weiß nicht, ob sich diese „so einfach“ abstellen lassen oder schlichtweg der mangelnden Erfahrung bzw. berühmten fehlenden Cleverness vieler Protagonisten geschuldet sind. In dieser sieglosen Phase ständig „dummen“ Rückständen hinterlaufen zu müssen ist gewiss nicht einfach und trägt nur weiter zur mangelhaften Offensivstärke bei. Ich denke u.a. aus diesem Grund verzichtet man auch meist auf ein aggressiveres Pressing und spielt bundesliga-ungewöhnlich recht abwartend-passiv.
In Sachen Offensivspiel konnte so aus dem zentralen Mittelfeld keine große Vertikalität und Gefahr für den Gegner aufgebaut werden, Löwen fänd ich da zur Rückrunde recht interessant, da er sowohl eine gewisse Körperlichkeit mitbringt, die unseren meisten Spielern abgeht, als auch immer für einen wahnsinnigen Überraschungsmoment gut ist (leider manchmal auch im negativen Sinne, aber gut). Behrens haderte in dieser Rolle zu sehr mit den gestiegenen Anforderungen ans Defensivverhalten und schnellerem Spiel der Gegner, Kubo konnte auch nie wirklich über mehr als ein Spiel überzeugen und findet sich wohl nun erst jetzt so langsam in die Liga ein, Rhein und Fuchs sind weiter unheimlich jung, für ersteren stellt dies das erste Profijahr dar. Aktuell durfte deswegen der wuselige Palacios als Mittelfeldläufer ran, der sich ganz gut aufreibt und hin und wieder für gute Situationen sorgt, aber allein aufgrund seiner Physis auch oft seine Grenzen stößt. Petrak ist dazu ein solider, mMn oft unterschätzter 6er, mit viel Ruhe und Abgeklärtheit, jedoch klaren Stärken in den defensiven Kategorien.
Auf den Außen kann sich Misidjan durch seine Schnelligkeit oft hervortun, jedoch verliert er sich mehr und mehr in (Max liebt sie) sinnlosen, unpräzisen Flanken und Dribblings in Gegnergruppen. Die folgerichtige Auswechslung im letzten Spiel gegen Freiburg wurde dennoch mit Pfiffen quittiert, haben viele Fans wohl aufgrund seines Tempos immer wieder die Hoffnung, er würde einfach mal mehr draus machen. In der Abstimmung mit seinem defensiven Hintermann hat er sich verbessern können, manchmal stimmt diese aber weiterhin so gar nicht, was gefährliche Räume für Konter des Gegners schafft. Auf der anderen Seite kann v.a. Kerk leider nicht mehr an Auftritte vor seiner letzten Verletzung anschließen, sodass man hoffen muss, dass es nicht vielleicht die eine zu viel war. Gerade im Zusammenspiel mit Leibold konnte man sich da vor der Saison wohl mehr Spielwitz erhoffen. Aus diesem Grund wäre hier zusätzlich zum ZM vielleicht ein Transfer hilfreich. Jedoch kann man sich mit dem angesprochenen geringen Budget keine allzu großen Sprünge erhoffen, gerade da man aus der Vergangenheit gelernt hat und weiß, dass zu hohes Risiko weder Klassenerhalt, noch Wiederaufstieg garantiert und zu noch größeren Problemen führt.
Kurz sei noch die Schwäche bei eigenen Standards angesprochen, die selten so gut aufgezeigt wurde wie im letzten Spiel gegen Freiburg, die meine ich ja gar äußerst standardanfällig sind. Aus 12 Ecken und durchaus vielversprechenden Freistoßpositionen so wenig gute Torchancen zu kreieren ist wahnsinnig traurig, gerade wenn diese Situationen letztes Jahr noch zu unseren Stärken gehörten. Leider habe ich da keinerlei Ahnung, wie man dies verbessern könnte.
Als Schlüsselspiel würde ich das Spiel gegen den VfB Stuttgart sehen. Mit einem Sieg oder gar eine Punkteteilung hätte man sich diese „vom Leib halten“ können, die ordentliche Heimbilanz ausgebaut sowie weiter bestätigt, dass man außer gegen die ganz Großen durchaus fast gegen jeden mithalten könne. Stattdessen entwickelte sich ein Offenbarungseid ohne jeglichen Offensivdrang (daran dürfte auch Ishaks Ausfall seinen Anteil haben) und viel strukturierterem Spiel der zuvor erfolgslosen Weinzierl-Elf, der dort meines Wissens ja gar schon wieder heftig umstritten war. Konnte man die bekannten Auswärtsklatschen noch überraschend gut abschütteln (3:0 gegen Düsseldorf nach dem BVB-Spiel, gute 1. Halbzeit gegen die TSG nach RBL und ebenfalls guter Auftritt gegen Frankfurt danach, bei dem man den schmerzhaften Ausgleich gefühlt in letzter Sekunde kassierte), schleppte man die Probleme aus diesem Spiel bis zuletzt mit sich rum.
Auch wenn man gegen die folgenden Gegner Schalke, Leverkusen (danke nochmal ans Wetter), die Bayern, Wolfsburg und Gladbach wohl keine allzu hohen Ansprüche stellen kann und zuletzt zumindest wieder etwas engere Spiele gestaltet werden konnte, bereitete einem die Niederlagenserie und letztendliche Chancenlosigkeit schon ziemliche Sorgen, gerade angesichts der Überraschungserfolge der Konkurrenz. Auch an den Spielern ging das wohl nicht einfach vorbei, wenn man sich allein die Hektik in manchen Abschlusssituationen ansieht, die in der ersten Hinrundenhälfte wohl noch anders gelöst worden wären. Die Hinrundenabschlusspartie gegen den SC war die logische Konsequenz, dem SC unerwartet das Spiel aufgezwungen, dennoch kaum Chancen zugelassen und im Gegenzug durchaus einige potentiell gefährliche Situationen kreiert, aber im letzten Drittel bzw. im und um den Strafraum passierte alles, nur kein Tor und man musste sich erneut trotz hohen Aufwands mit 0 Punkten abspeisen lassen.
Da ich recht wenig auf Köllner bzw. das Trainerteam eingegangen bin: Denke, da sind andere Betrachter weitaus gewiefter als ich (kann da u.a. auf die Analysen von Clubfans-United verweisen bzw. ihrer Autoren), dazu denke ich nicht, dass trotz beliebter Hire-and-Fire-Spielchen der Clubfans (habens ja nicht anders gelernt über Jahrzehnte) Köllner intern zur Debatte steht. Das Team macht für mich weiter einen in sich geschlossenen Eindruck und scheint weiter hinter dem Trainer zu stehen, der Ex-Freiburger Bornemann auch eher ein Freund der Kontinuität zu sein. Aus diesem Grund brauche ich mir keine großen Gedanken darum machen, welcher andere Trainer was anders machen würde. Funkelscher Fußball wäre mit dieser Mannschaft jedenfalls kaum möglich, auch wenn man nach dieser englischen Woche in Teilen der Fanschaft neidisch dorthin guckt.
Alles in allem steht man nach mehr als ordentlichem Anfang nun wohl da, wo uns weite Teile der Experten bereits vor der Saison sahen und wo man aufgrund der mangelnden individuellen Klasse wohl auch zurecht steht. Mit etwas mehr Matchglück in wenigen, entscheidenden Situationen (siehe u.a. auch die xGP-Tabelle oder eben einfach Partien wie gegen Mainz oder Frankfurt) hätte das tabellarische Ergebnis dennoch etwas positiver ausfallen können und man würde wohl nicht so schwarz sehen (müssen), wie es nun der Fall ist. Hilft aber nun auch nichts.