Zu den rein sportlichen Eigenheiten dieser Saison wurde ja schon einiges gesagt und analysiert (von meinen Vorredner*innen, aber nicht zuletzt auch in den letzten Schlusskonferenzen), deshalb muss/kann ich da keine großen Ergänzungen vornehmen. Die aktuelle Konstellation aus Aufwand, Ertrag und Erwartungshaltung ist schon etwas absonderlich.
Mein Input fokussiert sich stattdessen – zehn Spielzeiten nach der Hoffenheimer Bundesliga-Premiere, und in ihrer zweiten bzw. ersten richtigen Saison in der Königsklasse – auf den Status Quo ihrer Anhängerschaft. Den finde ich nämlich fast genauso merkwürdig (und bedenklich) wie Hoffenheims Chancenverwertung.
Drei Fragen, bei denen mich die persönlichen Einschätzungen des Experten (oder gar der Expertin?) und natürlich auch von Max selbst sehr interessieren würde:
a) Wie ist eure Wahrnehmung: Wie sehr ist die TSG Hoffenheim mittlerweile in der Region verankert, und inwiefern hinkt man hier den eigenen Erwartungen und Möglichkeiten hinterher? Bei 2,5 Millionen Einwohner*innen in der Metropolregion Rhein-Neckar (davon sehr viele jung und/oder gut situiert) sollte ja eigentlich sehr viel Potenzial vorhanden sein. Gerade auch mit Blick auf den maximalst erfolgreichen und attraktiven Fußball der TSG bzw. die sportliche und/oder spielerische Dauermisere von Waldhof & Sandhausen.
b) In der Sinsheimer Kurve ist zumindest in Sachen “Ausdifferenzierung” immer einiges los:
- schon der Aufstieg in die erste Liga ging einigermaßen turbulent über die Bühne (man denke an die Doku “Das Leben ist kein Heimspiel”, den Zank um das Badenerlieb und natürlich Torsten “Torro” Hartl)
- 2011 entsteht der ultra-ähnliche Verbund “11hoch3”
- 2013 tritt “11hoch3” aufgrund verschiedener Konflikte aus dem Dachverband “Supporters Hoffenheim” aus
- 2017 treten selbsternannte “Aktivposten der Szene” aus dem 11hoch3-Verbund aus und gründen das sog. “Vicuskollektiv”, sozusagen als “echte” Ultrà-Gruppe
- im September 2018 kommt es bei einem Heimspiel zu einer kleinen kurveninternen Keilerei
- im November 2018 löst sich 11hoch3 auf, “absolut im Guten”, aber zugleich aufgrund unüberbrückbarere Differenzen
Inwiefern bekommt der 08/15-Fan von all dem etwas mit? Und haben diese permanenten Kleinkriege reelle Auswirkungen auf den Support bzw. das Sinsheimer Stadionerlebnis?
c) Wie gestaltet sich das Verhältnis der Hoffenheimer Fanszene zu RaBa Leipzig? Und wie bewertet ihr beide das? Nicht nur wegen Rangnick und Nagelsmann, sondern auch, da die organisierte Fanszene ja im Prinzip schon seit 2014 versucht, sich verbissen auf Kosten von Leipzig zu profilieren?
Würde mich sehr freuen, wenn ihr euch dieser schwierigen Fragen annimmt, auch wenn natürlich das eigentliche Geschehen auf dem Rasen im Mittelpunkt stehen sollte! Vielen Dank! (:
Zu a) hier auch mein persönlicher Eindruck:
Zumindest hier in Heidelberg (wo ich seit einigen Jahren lebe und studiere) ist von einer Verbundenheit mit der TSG Hoffenheim nichts zu spüren, wenn man ihre großflächigen Plakatierungsbemühungen einmal ausklammert.
Wenn die Adler Mannheim ein Spiel haben, ist das im Straßenbild zumeist nicht zu übersehen. Wenn die TSG Hoffenheim ein Heimspiel hat, sieht man zwar u.U. die Gästefans, die sich in der Heidelberger Altstadt einen schönen Tag machen, aber keine Einheimischen, die sich auf den Weg nach Sinsheim machen. Nicht in den Bussen, nicht in den Straßenbahnen, teilweise noch nicht einmal in der Bahnhofshalle. Zugespitzt formuliert, bekommt man in Heidelberg genauso oft hier lebende TSG-Spieler (z.B. Baumann und Zuber, früher z.B. Rudy & Kuranyi) wie Hoffenheim-Fans zu Gesicht. Und in Mannheim, wo ohnehin der SV Waldhof das Stadtbild dominiert, ist das definitiv nicht anders.
Ich würde sogar sagen, dass der SV Sandhausen diesbezüglich einen besseren Job erledigt und sich bei den Einheimischen größerer Beliebtheit erfreut als die TSG. Und das finde ich sehr, sehr sonderbar und fahrlässig.
Wer des Studiums wegen nach Freiburg zieht, adopiert den SCF ganz automatisch als Zweitverein, ganz egal, ob man eigentlich Bayern, Dortmund oder Schalke die Daumen drückt. Max ist ja selbst ein wunderbares Beispiel dafür. Aber weder in Heidelberg noch in Mannheim ist das meines Erachtens auch nur ansatzweise der Fall. Und Sinsheim alleine wird als Einzugsgebiet auf Dauer nicht genügen.
Zur Illustrierung von c) hier drei kurze Lesetipps (Norbert Elias hätte große Freude an diesem Gebaren):
(1) https://fanzeit.de/wir-stehen-dem-marketing-produkt-von-herrn-mateschitz-sehr-kritisch-gegenueber/12314
(2) https://www.faszination-fankurve.de/index.php?head=TSG-Hoffenheim-Fans-boykottierten-RB-Leipzig-Spiel&folder=sites&site=news_detail&news_id=9834
(3) https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.tsg-hoffenheim-gegen-rb-leipzig-nur-noch-sandhausen-hasst-uns-wie-frueher.e836d6c9-cc89-429d-b01e-294b0aca6fce.html