Rasenfunk Royal Winter 18/19 - VfL Wolfsburg

Es ist wieder soweit, ich zeichne in der Winterpause wieder einen Hinrundenrückblick auf mit je einem Gast pro Verein.

Die Aufzeichnungen finden zwischen 25.12. und 3.1. statt.

Wie immer freue ich mich sehr über Input und Fragen eurerseits.

Folgende Dinge sind für mich neben euren Fragen interessant: Was waren für euch die wichtigsten Aspekte der Hinrunde? Gab es Schlüsselspiele, Spieler die besonders hervorzuheben sind oder Geschichten, die in der breiten Öffentlichkeit vielleicht gar nicht angekommen sind? Wie kann man die Halbserie des Vereins am besten zusammenfassen?

Die Bonusfrage an alle Gäste diesmal: Was für ein Küchenutensil beschreibt den von dir besprochenen Verein am besten?

Wie immer freuen sich die Gäste sicher auch hier über Ideen, ist immer etwas knifflig, da was zu finden.

Zur Hinrunde des VfL Wolfsburg:

Zu Beginn ist der Verweis auf die letzten zwei Saisons des VfL obligatorisch. In diesen beiden Jahren war der VfL geprägt von vielen Spielerwechseln, mehreren Trainerwechseln sowie einigen Systemwechseln. Vollkommen nachvollziehbar war daher, dass der VfL insbesondere in der letzten Saison weder spielerisch wie eine Einheit daherkam, noch, dass sie wie eine “Mannschaft” wirkte. Das führte auch zu Unmut bei den Fans. In der Saison 16/17 wurde- auch vor dem Hintergrund der zwanzigjährigen Ligazugehörigkeit- die schwierige sportliche Situation angenommen und mit einer versöhnlichen Busfahrt beendet, auf der die Mannschaft gemeinsam mit den Fans den Sieg in Braunschweig feierte.
Im Frühjahr 2018 war die Stimmung allerdings trotz (oder vielleicht gerade wegen) der gleichen sportlichen Situation wie im Vorjahr ziemlich bedröppelt. Die Apathie und Müdigkeit der Fans fanden Ausdruck in dem höhnischen (und geschmacklosen) Gesang über Bruno Labbadia. Das gesamte Wolfsburger Chaos fand in den Tagen rund um das HSV-Spiel seinen Ausdruck, als Olaf Rebbe seinen Hut nehmen musste, der bei den Fans nicht sonderlich beliebte Daniel Didavi erst große Töne spuckte um dann zu fehlen und dann natürlich die katastrophale Niederlage.
Zu diesem Zeitpunkt Anfang Mai hatte der VfL einen erfolglosen Trainer, eine zusammengewürfelte Mannschaft und eine führungslose Chefetage.
Glücklicherweise wurde der GAU in den Spielen gegen Köln und Kiel abgewendet. Außerdem wurde mit Frank Witter ein neuer Aufsichtsratsvorsitzender installiert, der auf seiner ersten Pressekonferenz gleich auch den neuen “starken Mann” vorstellte, nämlich Jörg Schmadtke. Insbesondere Witter machte in der PK einen erfrischend sachlichen und nüchternen Eindruck, womit er ein lang ersehnten Paradigmenwechsel herbeiführte, da sein Amtsvorgänger, Francisco Garcia Sanz, eher als etwas hochmütiger Real Madrid-Edelfan aufgefallen war, denn als Fußballfachmann. Witter, der in grauer Vorzeit auch neben seinem steilen karrieremäßgen Aufstieg auch bei Hannover in der zweiten Liga gespielt hat, kann man zumindest ein objektives Grundwissen attestieren. Jörg Schmadtkes sportliche Kompetenzen sind hinlänglich bekannt.
So, ich hoffe, das war jetzt nicht zu lang, ist aber aus meiner Sicht wichtig, um diese Hinrunde zu bewerten. Denn in Wolfsburg sind die letzten beiden Jahre Relegation und der damit verbundene Fußball noch sehr präsent. Jetzt aber zur Hinrunde 18/19:
Gleich zu Beginn wurde vonseiten des Vereins und vor allem von Bruno Labbadia Wert darauf gelegt, eine Identifikation der Spieler mit der Stadt Wolfsburg herbeizuführen. Unterstrichen wurde diese Motivation mit der Entscheidung, die Vorbereitung in einem lokalen Trainingslager in Wolfsburg selbst zu verbringen. Diese ausgestreckte Hand wurde von den Fans dankbar angenommen und mit Freude wurde registriert, wie stark die Mannschaft im konditionellen Bereich gefordert wurde, weshalb auch der von Mythen umrankte Magath´sche Hügel reaktiviert wurde, was in Wolfsburg grundsätzlich dezente Begeisterungsstürme auslöst. Außerdem war von den Vorbereitungsspielen an zu sehen, dass der VfL auch taktisch an zwei Systemen gearbeitet hat, am 4-3-3 und am 4-4-2 mit Arnold und Gerhardt auf den Halbpositionen.
Der VfL ging mit dem 4-3-3 in die Saison und erspielte sich gleich zwei Achtungserfolge gegen Schalke und Leverkusen. Alleine schon zu sehen, dass eine taktisch kohhärent eingestellte Mannschaft auf dem Platz steht, die auch über eine mentale Geschlossenheit verfügt, war einfach schön. So ließ man sich von einem späten Ausgleich gegen Schalke nicht beirren, auch das frühe Gegentor in Leverkusen führte nicht zu früher gesehenen Auflösungserscheinungen.
Mit der Zeit fanden die gegnerischen Teams immer bessere Mittel, um das flügellastige 4-3-3 des VfL zu unterbinden. Exemplarisch hierfür ist das 1-3 gegen den SC Freiburg, in dem Wolfsburg mehrfach ausgekontert wurde und im Offensivspiel harmlos wirkte. Dies lag vor allem am Fokus auf dem Flügelspiel. Grundsätzlich schafften es die Pärchen Roussillon-Brekalo und William-Steffen zwar häufig bis zur Grundlinie, die Flanken blieben aber fast ausschließlich ungefährlich.
Trotz einiger ordentlicher Leistungen reichte es bis zum 11. Spieltag nur zu 12 Punkten. Dies lag in Teilen auch an den Ausfällen von Camacho und Guilavogui, die als Sechser gerade in den ersten Spielen für dringend benötigte Stabilität sorgten.
Ab dem 12. Spieltag gelang dann jedoch eine punktetechnische Wende, die aus meiner Sicht auf den Systemwechsel vom 10. Spieltag gegen den BVB zurückzuführen ist. Von da an spielte der VfL nämlich im 4-4-2, das davor lediglich in Vorbereitungsspielen zur Anwendung kam. In diesem System konnten die zwei Stürmer gleichzeitig aufgestellt werden und die Mitte wurde mit drei Sechsern dichtgemacht, die hinter einem überall zu findenden Admir Mehmedi viel wegarbeiten konnten. Nach diesem Systemwechsel konnte der VfL aus den letzten sechs Spielen der Hinrunde 16 Punkte holen. Die beiden Stürmer trafen, über die Außen kam dennoch viel Druck, außerdem wurde mit Elvis ein Jugendspieler in die Mannschaft intregriert.
Das Spiel am 16. Spieltag gegen den VfB kann man aus meiner Sicht als Sinnbild für den “neuen” VfL sehen: Man hat es mit einer taktisch solide eingestellten Mannschaft zu tun, die die individuellen Qualitäten ihrer “Front Three” perfekt einsetzt. Gleichermaßen muss auch das große Pensum erwähnt werden, dass diese drei auch für den defensiven Bereich mit abspulen. Daher war es kein Wunder, dass Stuttgart lediglich zu einem Schuss aufs Tor kam. Garniert wurde der Sieg mit “Bruno! Bruno!”-Rufen aus der Kurve nach dem Spiel, was ein Zeichen der Anerkennung für einen Mann war, der in seinen ersten Wochen und Monaten keinen leichten Stand hatte.
Neben der sportlich mehr als vernüftigen Situation wurde mit Michael Meeske auch ein neuer Mann für die Finanzabteilung des VfL geholt. Und dass Marcel Schäfer als “Lehrling” von Schmadtke geholt wurde, wurde natürlich auch positiv wahrgenommen.
Ach, gefühlt könnte ich noch die ganze Zeit weiterschreiben, will aber nicht noch weiter ins Detail gehen. Nur vielleicht sei noch Yannick Gerhardt als Symbolspieler zu nennen: Gerhardt hat in den zwei Jahren seit 2016 ein Dasein als LV gefristet, wo er nicht überzeugen konnte. Nun spielt er im Mittelfeld und ist der spielstärkste ZM, der das Offensivspiel belebt und gleichzeitig unheimlich viel arbeitet. Gerhardt steht damit sinnbildlich für das “Sie können´s ja doch.”, das viele VfL-Fans wohlwollend zur Kenntnis genommen haben im Verlauf der Hinrunde.
So geht der VfL mehr als entspannt in die Winterpause, weil es sportlich gut läuft und die Fans den Eindruck haben, dass bodenständig und sachlich und hart für die Stadt und für den Verein gearbeitet wird.

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Platz 5 ist gut, besser als erwartet. Aber jetzt kommt die Rückrunde und traditionell ist das nicht Brunos Schokoladenhälfte der Saison. Ich gehe weiter davon aus, daß Wob am Ende Platz 7-10 hat

Mich würde interessieren, wie es um viele nicht berücksichtigte Spieler beim VfL steht. Itter hat nach einer guten Vorsaison glaube nur zwei kurze Einsätze gehabt, Bruma und Jung als weitere Abwehrspieler stehen überhaupt nicht mehr im Kader, wie mit den Rückkehrern wie Seguin, Ntep, Stefaniak, Azzaoui geplant werden soll ist für mich genauso ein Rätsel wie die Situation von Malli (380 Spielminuten), Kuba (12) und besonders Klaus, der als Neuzugang noch keine Minute absolviert hat.

Vielleicht könnte der/die Wolfsburg-Experte/in im Royal mir einige Antworten geben.

Hoffentlich komme ich nicht zu spät :open_mouth:

Ich persönlich möchte dann nochmal ergänzend zu dem was geschrieben wurde, auf eben jenen Doppelsturm eingehen, der die Liga jetzt vllt nicht begeistert, aber so doch in erstaunen versetzt.

Ginczek und Weghorst.

1,91 und 1,97. Auf dem Papier Typus klare Brecher. Eigentlich ein Spielkonzept welches so schon seit Jahren nicht mehr gespielt wurde (zumindest soweit ich mich erinnern kann, habe selten 2 Stürmer ü 1,90 erfolgreich nebeneinander gesehen).

Vllt mag der Fokus aktuell von beiden ein bisschen mehr auf Ginczek liegen, da er zwischen den Spielen gg Leipzig und Nürnberg n ordentlichen Run hatte, doch glaub ich das die wichtigere Figur wohl Weghorst ist.

Wenn ich schon selten ein Stürmerduo der Körperlänge, gesehen habe, so habe ich noch seltener eines gesehen, das auch mit dem Ball vernünftig arbeiten konnte. Gerade Weghorst hat für Typus Brecher eine exzellente Ballbeherrschung und Verarbeitung, die mich stetig in der Hinrunde ins Staunen versetze.

Klar sind beide auf die Zuspiele ihrer Mitspieler aus dem Mittelfeld angewiesen (wie im übrigen jeder Stürmer), jedoch hat man mit diesen beiden spiel und abschluss starken Angestellten beim VfL Möglichkeiten die man zuvor nicht hatte.

Vllt lässt sich ja nochmal auf die Rolle dieser beiden während der Aufnahme ein kurzer Blick richten :slight_smile:

So ganz kann ich die Überraschung über die Wolfsburger Leistung nicht nachvollziehen. Der Vfl war immer dann gut, wenn man nicht nach Namen (Draxler als bestes Beispiel) ging, sondern nach Entwicklungspotential verpflichtete. Zu Beginn der Saison ging man wieder zum alten Konzept zurück und schon sieht man die Erfolge. in Sachen Transfers bedarf es noch eine Idee bzgl. Malli, der in Wolfsburg nie wirklich dauerhaft überzeugen konnte. Findet man hier wieder einen passenden Spielmachertypen (und ggf. noch einen schnelleren Filigranstürmer als Konterpart zu Weghorst/ Ginczek), ist eine EC-Teilnahme sehr gut möglich.

Danke für euren Input. Aufzeichnung findet heute statt.