Rasenfunk Royal Winter 18/19 - Werder Bremen

Es ist wieder soweit, ich zeichne in der Winterpause wieder einen Hinrundenrückblick auf mit je einem Gast pro Verein.

Die Aufzeichnungen finden zwischen 25.12. und 3.1. statt.

Wie immer freue ich mich sehr über Input und Fragen eurerseits.

Folgende Dinge sind für mich neben euren Fragen interessant: Was waren für euch die wichtigsten Aspekte der Hinrunde? Gab es Schlüsselspiele, Spieler die besonders hervorzuheben sind oder Geschichten, die in der breiten Öffentlichkeit vielleicht gar nicht angekommen sind? Wie kann man die Halbserie des Vereins am besten zusammenfassen?

Die Bonusfrage an alle Gäste diesmal: Was für ein Küchenutensil beschreibt den von dir besprochenen Verein am besten?

Wie immer freuen sich die Gäste sicher auch hier über Ideen, ist immer etwas knifflig, da was zu finden.

Mich als Österreicher würde die Meinung der Expertin/des Experten über die Leistung meiner Landsleute (v.a. Kainz) interessieren. Ich hätte vor der Saison schon gedacht, dass er regelmäßig spielt, 8 Einsätze und davon keines über 90 Minuten sind dann doch sehr wenig.

Für Bremen war in dieser Saison neben guter Transferpolitik und einem übergeordneten Plan - dieses alles will ich gar nicht Kleinreden und dazu komme ich auch nochmals später - vor allem der Spielplan ausschlaggebend.

Mein Eindruck des Saisonverlaufs:
Man begann die Hinrunde mit verhältnismäßig “einfachen” Gegner, sodass Punkte gesammelt werden konnte und man als Mannschaft das erste mal nach Jahren wieder solide bis gut in eine Saison gestartet ist (Ähnliches war auch vergangene Saison beim FCA zu beobachten).
Dennoch war deutlich, dass der Bremen Fussball Qualität besitzt, aber auch das teils fahrlässig Punkte verloren wurden, wie bspw. gegen Hannover.
Andererseits wurde vor allem in der zweiten Hälfte der HR klar - und somit auch zwangsläufig gegen die vermeintlich stärkeren Gegner - dass noch einige Meter fehlen, um als wahre Konkurrenz auftreten zu können. Dennoch wurde in den meisten Spielen ein recht solide Leistung gezeigt; wobei die Niederlagen - soweit ich ich mich erinnern kann - immer in Ordnung gingen, da zB individuelle Fehler auf dem Niveau nun mal zu Gegentoren führen (siehe letztes Saisonspiel gg RB Leipzig).
Für die Rückrunde sehe ich eine ähnliche Entwicklung. Ein guter Start und, sofern es aufgrund von “soft-effects” (wie Euphorie etc.) oder Verletzungen nicht anders kommt, im weiteren Verlauf eine Normalisierung der Ergebnisse.

Kader/Transfer:
Vielleicht ist meine Sorge unbegründet, aber ich habe eine wenig die Befürchtung, dass Bremen mit dem Kader auf einem Scheideweg steht. Es gibt einige wirklich gute Spieler im Kader, welche essentiell für das Bremer Spiel sind und im Zweifelsfall auch nochmal den Unterschied ausmachen können; allerdings wäre es vermutlich einfacher, jene im Bleiben zu überzeugen, wenn man europäisch spielt.
Grundsätzlich haben aber Baumann und Kohfeldt - soviel kann man schon nach 17 Spielen attestieren - vor der Saison einen guten und vor allem konkurrenzfähigen Kader zusammengestellt. Persönlich finde ich die Rolle/Perspektive von Rashica, M. Eggestein und Klassen am interessantesten.

  1. Maxi Eggestein hat sich nochmal im Vergleich zur vergangenen Saison gesteigert und sich zu einem der konstantesten Spieler bei Bremen entwickelt; plus sogar einen Torriecher entwickelt.
  2. Rashica hat zu Beginn der Saison mehrere Kurzeinsätze bekommen, doch wurde später von Kainz abgelöst. In den letzten Spielen erhielt er dann sogar S11-Einsätze und hat auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen: aufgrund ziemlich guten Läufen und starken Vorstößen und den vergebenen Großchancen, welche zu kahlen Stellen auf dem eigenen Kopf gesorgt haben.
  3. Klassen begann stark und wirkte direkt integriert; allerdings nahm seinen Präsenz und seine Leistungen ein wenig ab, sodass die Winterpause eigentlich doch ganz gut gelegen kommt.

Grundsätzlich muss man bedenken, dass uns vor der Saison Juno und Delaney verlassen haben, was man als Verein in Werders Größe auch erstmal so kompensieren muss.

Ich halte SVW für einen fähigen Kader, welcher das selbstausgeschriebene Ziel “Europa” erreichen könnte, dennoch müsste dafür eines langsam Einkehr finden, was ich am meisten vermisse: Chancenverwertung. Bremen spielt nicht immer die besten Spiele in ihrer Historie, aber immer offensiv und erarbeiten sich auch gegen stärkere oder unangenehmere Gegner durchaus Chancen und hätten sich dadurch noch den einen oder anderen Punkt ergaunern können… alleine gegen zwei Topteams wie TSG (SVW 2.44 - 2.19 TSG) und RaBa (RB 1.94 - 2.10 SVW) hätte man mit 6 satt 1 Punkt aus der englischen Woche rausgehen müssen.

Als Idee für ein Küchenutensil (vllt. ein bisschen schief der Vergleich): das Kochen eines neuen Gerichtes. Man hat schon die meisten Zutaten, hat ne Ahnung, was man backen möchte und es schon einige Male gekocht. Manchmal hat es schon sehr gut geschmeckt, aber manchmal war es wohl doch noch zu viel Salz oder wurde zu lasch gebraten, aber nach und nach wird es immer ein wenig routinierter und besser.

So mal sehen…

Am einfachsten finde ich die Frage wie man die Hinrunde zusammenfassen kann:

“Sie fühlt sich besser an als sie tatsächlich war”

Das Grundziel vor der Saison war es nichts mit dem Abstieg zu tun haben zu wollen.

Auf den ersten Blick hat man dies mit Platz 10 und damit 8 Punkten Vorsprung auf Platz 14 und 5 auf Platz 6 zwar erreicht, auf den zweiten Blick steht hier aber auch eine Bilanz von 5 Punkten aus 10 Spielen.
Dazu Spiele gg. Hannover, Nürnberg und Stuttgart in denen man keinen einzigen Sieg einfahren konnte. Sollten dies in der Rückrunde ähnlich verlaufen, also vor allem auf auf die letztgenannten bezogen, drüfte man sich ganz schnell wieder ganz unten in der Tabelle wiederfinden.

Und trotzdem, vom Gefühl her müsste Werder eigentlich besser da stehen. Das wurde ja auch von euch in den letzten beiden Schlusskonferenzen angesprochen. Werder spielt eigentlich guten Fußball, auch oder vor allem gegen die Top Mannschaften der Bundesliga. Selbst bei Rückstand gibt sich die Mannschaft nicht auf, spielt weiter “ihren” Fußball und wird dafür in der Regel zumindest mit Anschlusstrefferen belohnt.
Das erzeugt dann irgendwie schon das Gefühl, dass es immer knappe Niederlage waren; oder Unentschieden.

Aber wenn man das etwas nüchterner betrachtet täuscht das glaube ich. Denn sie sind vorne halt einfach schlecht. Klingt jetzt hart ist es in meinen Augen aber einfach. Entweder man versemmelt reihenweise richtig gute Chancen wie z.B. im Spiel gegen Hoffenheim oder am 16er ist Schluß, weil das Team nicht die richtigen Ideen hat wie man dann zu Torabschlüssen kommt. Dazu kommt dann noch eine eklatante Schwäche bei Standards.
Ich weiß nicht mehr genau welches Spiel das war, ich glaube das gegen Dortmund. Da hatte Werder vier oder fünf Ecken in kürzester Zeit und jedesmal zieht Kruse das den Ball auf den kurzen Pfosten und kein einziges Mal entsteht dadurch auch nur die Idee einer Torgefahr. Da muss ich doch irgendwann mal Varieren. [Ich trete ja eigentlich nicht gegen ehemalige Trainer nach, aber an der Stelle dann doch ein: Vielen Dank Herr Nouri für das “vergraulen” von Florian Bruns].

Daraus lässt sich dann auch das Küchengerät ableiten. Ich würde einen Spritzbeutel nehmen, bei dem vorne die Tülle verstopft ist und immer nur ein bißchen Zuckerguss (Tore) herauskommt.

Transfers:

Tja auf dem Papier ließt sich das ja eigentlich (ganz) gut.

Klaassen, Sahin, Harnik, Osako, Möhwald und Pizarro.

Aber eben nur eigentlich. Von Sahin bin ich leider überhaupt nicht überzeugt. Er wirkt sehr langsam, sowohl körperlich auch als im Kopf, Harnik und Osako hatten ihre Momente, aber eben nur solche, und bei Klaassen habe ich das Gefühl, dass er sich dauernd mit Kruse in die Quere kommt und Pizarro ist mir eigentlich zu oft im Kader bei der Offensivquantität bei Werder.

Die Aussagen muss ich aber relativieren. Ich habe nur ein paar Spiele von Werder auch gesehen und damit tue ich vielleicht vor allem Sahin etwas unrecht. Aber man sieht es jetzt auch ganz gut am Ausfall von Bargfrede, dass Sahin ihn offenbar nicht ersetzen kann und das finde ich dann schon irgendwie erstaunlich. Gut, ich habe von Taktik nicht so die Ahnung, aber entweder ist der Transfer nicht “stark” genug, oder Kohfeldt hat die “falsche” Taktik gewählt wenn Sahin für Bargfrede spielt. Aber auch da denke ich mir, müsste dann doch ein Spieler wie Sahin zum Trainer gehen können und ihm sagen “hey pass mal auf, lass uns doch mal das ganze ein bißchen modifizieren”. ABER ggf liegt es auch nur daran, dass er ja spät kam und die Vorbereitung nicht mitgemacht hat.

Bei Klaassen sehe ich ganz klar Florian Kohfeldt in der Pflicht. Vom läuferischen sind sich Klaassen und Kruse in meinen Augen einfach zu ähnlich. Beide sind nahezu überall im Mittelfeld etc. zu finden. Oft habe ich aber das Gefühl, dass die Laufwege dadurch aber nicht mehr stimmen oder obsolet werden. Ich glaube das könnte viel besser sein, wenn man beiden etwas die Freiheiten nimmt.

Die offensiv Transfers leiden meiner Meinung nach vor allem unter den ständigen Umstellung von Florian Kohfeldt in diesem Bereich. Grundsätzlich finde ich Leistungsgedanke und auch eine gewisse Flexibilität in Bezug auf den Gegner ja gut, aber auch hier fehlt mir dann die Eingespieltheit der Akteuere auf dem Platz, die dann aber auch nicht zustande kommen kann. Ob Pizarro zudem abseits der Tore etwas bewirkt, das kann mir ja viellicht ein “Taktikfuchs” sagen, denn für mich haben diese Einwechslungen bisher kaum etwas gebracht.

Von Möhwald war ich aber positiv überrascht, da er nach so langer Zeit, in der er nichtmal im Kader war, sofort drin im Team war, als es drauf ankam.

Taktik:
Letzte Saison wurde Florian Kohfeldt dafür gelobt, wie flexibel und zum Teil unberechenbar er sich und das Team auf den Gegner eingestellt hat. Diese Saison hört man von ihm eigentlich immer, das man mutig spiele wolle, das eigene Spiel aufziehen wolle und es auch durchbringen.
Ähnlich wie Max in der letzten Schlusskonferenz will ich das eigentlich auch gar nicht kritisieren. ABER auf der anderen Seite kommt mir das doch etwas stur vor und in vielen Situationen nicht clever genug. In Spielen gg. Dortmund und Bayern spielerisch mitgehen zu wollen ist das eine, aber muss es auch so sein? Düsseldorf hat es vorgemacht und ggf. wäre dann ein Mittelweg für Werder besser gewesen. Vor dem Spiel gegen Leverkusen hatten wir die zweibeste Deffensive in der Liga (glaube ich). Jetzt erinnert vieles an Zeiten unter Thomas Schaaf als es hieß “so lange ich vorne eins mehr Schieße…”. Da gehört dann auch dazu, sich nach einem 2:0 Rückstand mit einem 2:2 zufrieden zu geben und nicht noch einen Stürmer einzuwechseln um auf Sieg zu gehen.
Aber wie oben schon erwähnt, hab ich von Taktik nicht genug Ahnung um hier tiefer einzusteigen.

Besondere Ereignisse/Knackpunkte:
Das ist nun wieder sehr einfach. Der Knackpunkt war das 2:6 gegen Leverkusen. Danach war alles erstmal ein Scherbenhaufen. Das Selbstvertauen war weg, Kohfeldts Spielidee hatte massiv gelitten, man wollte weiterhin aber sehr Zwanghaft. Das Ergebnis ist bekannt: 5 Punkte aus 10 Spielen und aus einem Torverhältnis von 15:8 zu wurde am Ende der Hinrunde ein 28:29

Fragen:
Mich würde tatsächlich die Einschätzung zu Forian Kohfeldt und seinem Spiel am meisten interessieren und ob ihr glaubt, dass die Winterpause die Mannschaft “besser” macht. Ich hoffe da sehr drauf, habe aber auch meine Zweifel.
Achja und wie ihr die Zukunft von Eggestein und Sargent einschätzt angesichts der doch vielfältigen Konkurrenz.

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