Lilien vornerum naggisch zum Saisonstart
Aufsteiger Darmstadt 98 verließen in der Sommerpause zwei Stammspieler der vergangenen beiden erfolgreichen Zweitligasaisons: Patrick Pfeiffer ( Abwehr ) und Phillipp Tietz ( Sturm ) folgten dem Ruf des Geldes und schlossen sich dem SC Freiburg an. Besonders der Abgang des Angreifers dürfte den Kader nachhaltig schwächen, denn unabhängig von seinem sportlichen Wert war Tietz Identifikationsfigur der Fans , meist über jede Kritik erhaben und Führungsspieler. Im Umfeld der 98er wird gemunkelt ( Quelle: Eine dem SVD seit Jahren nahestehende Person ), dass die Vereinsführung den Wert Tietz’ , dessen Vertrag 2024 ausgelaufen wäre, nicht hoch genug einschätzte , um auf die gebotene Ablöse zu verzichten. Medien kolportierten eine Summe unterhalb von 3 Mio. Euro. Zudem ist der Club laut Präsident Fritsch aufgrund von Verlusten während der Pandemie auf Transferüberschüsse angewiesen. Der Neubau des Stadions stellt eine zusätzliche finanzielle Belastung dar, ist jedoch solide geplant.
Der Verein ist also auf die Verpflichtung von mindestens einem bundesligatauglichen Stürmer, und das in der Vergangenheit oft glückliche Gespür von Manager Wehlmann angewiesen, um diese gravierenden Abgänge zu kompensieren, denn den verbleibenden Angreifern kann nicht zugetraut werden, die entstandene Lücke zu schließen. Rückkehrer Luca Pfeiffer, der in Stuttgert keinen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte, soll seinen Teil dazu beitragen, dass die 98er in der Offensive bundesligatauglich sind. Ebenfalls kurz vor dem Saisonstart wurde der defensive Mittelfeldspieler Bartol Franjic vom VfL Wolfsburg verpflichtet, was als Mißtauensvotum gegenüber Etablierten Kräften wie Schnellhardt, Kempe und Gjasula aufgefasst werden kann.
Die katastrophale Torausbeute in den Testspielen nicht nur gegen höherklassige Gegner mehrt zudem den Verdacht, dass die Offensive durch ( fehlgeschlagene ) Umstellungen ungewollt und zusätzlich geschwächt wurden. Möglicherweiße verordnete Trainer Lieberknecht der Mannschaft eine auf noch mehr Sicherheit ausgerichtete Taktik, was eine Ursache für die Null - Tore - Flaute sein könnte ( 0-1 Norwich, 0-0 Karlsruher SC, 0-0 gegen Sandhausen ). Selbst gegen den Regionalligist Gießen verlor das Team mit 0-2, was einem Bundesligisten selbst während der Vorbereitung nicht passieren sollte. Es bleibt abzuwarten, ob der neu verpflichtete schottische Stürmer Frazer Hornby die Flaute beenden wird. Er kam vom belgischen Erstligist KV Oostende und erzielte in 21 Spielen acht Tore. Es folgten ein passables 1-3 gegen Liverpool die eine blamable Leistung gegen Regionalligist Homburg, gegen den man völlig inspirationsfrei und verdient mit 0-3 unterging. In Fankreisen wird zudem immer wieder die Frage aufgeworfen, ob Liliendenkmal Tobias Kempe noch Bundesligaformat hat. Derzeit scheint es, dass Marcel Mehlem alleine aus seiner Mittelfeldposition heraus dafür verantwortlich sein wird, das Darmstädter Angriffsspiel zu inszenieren, die Angreifer in Position zu bringen. Ihn unterstützen könnte der verletzungsanfällige Honsak, jedoch konnte dieser im Gegensatz von Mehlem bisher nicht beweisen, in der Bundesliga mithalten zu können. Ob das derzeit vorhandene Personal im offensiven Mittelfeld ausreichen wird, bleibt es abzuwarten. Aaron Seydel wurde nahegelgt, sich einen neuen Verein zu suchen, Oscar Vilhelmsson ist zwar hochbegabt, ob es jedoch jetzt schon für die Bundesliga ausreichen wird, muss der Spieler erst beweisen . Er wurde in der letzten Saison durch mehrere Verletzungen immer wieder zurückgeworfen. Daher geht es für Vilhelmsson eher darum, Einsatzzeiten zu bekommen. Ein Stammplatz scheint eher ausgeschlossen.
Eine wichtige Stütze und Leistungsträger sollte Führungsspieler Marcel Schuhen in der Bundesligasaison werden. Kann man ihm seit seinem Wechsel aus Sandhausen kontinuierliche Leistungssteigerungen durch harte Trainingsarbeit bescheinigen, so ist vorrausszusehen, dass er auch in der Bel Etage zur großen Stütze seines Teams werden kann. Lediglich leichte Schwächen in der Strafraumbeherrschung konnten bisher nicht ausgemerzt werden, ansonsten besticht Schuhen durch hervorragende Reflexe, großle Sicherheit, Führung, immensen Ehrgeiz und Stärke im 1 gegen 1. Der Torwart dürfte eine wichtige Rolle bei der Frage spielen, ob Darmstadt 98 der Klassenerhalt gelingen wird. In diesem Zusammenhang sollte bedacht werden, dass es die 98er mit Kalibern a la Kolo Muani und Sheraldo Becker zu tun bekommen werden, dass der Druck auf die Defensive und damit die Torabschlüsse also steigen dürften. Ob das in der zweiten Liga hervorragende Defensivpersonal weiterhin so dicht halten wird, wie im Aufstiegsjahr, kann zu Recht bezweifelt werden.
Die 98er bevorzugten in der Aufstiegssaison einen auf Ballbesitz ausgerichteten Stil, bei dem die Stabilität im Vordergrund stand. Zudem wurde meist mit einer Dreierkette agiert, in der der erfahrene Zimmermann der Kopf war. Das führte dazu, dass die Mannschaft einerseits die wenigsten Gegentore der Liga kassierte, andererseits jedoch die zweitschwächste Torausbeute der in der oberen Tabellenhälfte platzierten Teams erreichte ( 50 ). In der Rückrunde war besonders der in der Winterpause verpflichtet Stojlkovic oft an gefährlichen Kontersituationen beteiligt, Matthias Bader konnte als echter Faktor auf der rechten Schiene überzeugen und reifte unter Lieberknecht zum unumstrittenen Leistungsträger. Zahlreiche Angriffe wurden über seine Seite initiiert. Darmstadt griff oft über die Flügel an, Zielspieler bei den oft von Pfeiffer geschlagenen langen Bällen war Tietz, wobei es oft darum ging, die zweiten Bälle zu erobern. Wahrscheinlich dürfte der in der Vorsaison lange trainierte und dann in den Spielen praktizierte defensivere Ansatz im Vergleich zur Vorsaison ( u.a Werder Bremen, Sandhausen und Ingolstadt wurden abgeschossen ) die Chancen in der Bundesliga verbessern, es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Mannschaft das Niveau der Aufsteigssaisnon auch in der Bundsliga halten kann. Die nun in der Vorbereitung aufgetretene Offenschwäche muss dringend abgestellt werden, ansonsten scheint das Team nicht wettbewerbsfähig zu sein. Dieser Fakt scheint derzeit das größte Manko im Spiel der Lilien zu sein.
In der Dreierkette dürfte Neuzugang Klarer gute Chancen haben, zumindest in der Frühphase der Saison neben Christoph Zimmermann zu verteidigen. Der Österreicher wechselte von Fortuna Düsseldorf nach Hessen und soll den abgewanderten Pfeiffer ersetzen. Um den dritten freien Platz in der Kette streiten in erster Linie Clemens Riedel, Matej Maglica und der solide Jannick Müller, der in der vergangenen Saison von zahlreichen Verletzungen profitieren konnte, und spätestens zur Rückrunde eine feste Größe im Team der Lilien war. Kapitän Holland stellt eine Alternative dar, sollte jedoch bevorzugt im defensiven Mittelfeld neben Schnellhardt oder dem genesenen Gjasula agieren. Der albanische Nationalspieler verlor seinen Stammplatz aufgrund einer langwierigen Verletzung, gehört 23/24 jedoch zum engeren Kreis der ersten Elf . Sollte Lieberknecht verstärkt auf erfahrene Spieler setzen, wird es sicher kein Nachteil sein, dass der Routinier auch in der Deckung eingesetzt werden kann. Ob die ebenfalls gekommenen Nürnberger und Müller sich auf Anhieb Plätze in der Startelf sichern können , ist zweifelhaft, besonders Müller dürfte perspektivisch eher die Zukunft gehören.
Darmstadts Stärken sind der eingespielte Kader, eine solide Defensive, absolute mannschaftliche Geschlossenheit und die EInheit bestehend aus Fans, Mannschaft, Vereinsführung und auch der Stadt. Die meisten Spieler wissen genau, was Lieberknecht in den Spielen sehen will und kenne ndie Abläufe. Zum großen Trumpf könnte Marcel Schuhen werden, dem in der nächsten Saison eine noch größere Bedeutung zukommen dürfte.
Neben der offenbar stark geschwächten Offensive dürften die klamme Kasse und mangelnde Bundesligaerfahrung die größten Schwächen sein. Mit absoluter Sicherheit gehört Darmstadt 98 neben dem VfL Bochum zu den finanzschwächsten Vereinen der Bundesliga. Durch die Niederlage gegen Fürth am letzten Spieltag wurde zudem ein höheres Fernsehgeld leichtfertig verspielt.
Für großen Unmut in Fankreisen sorgten die drastisch angehobenen Preise für Dauerkarten. In diesem Ranking belegen die Lilien den Spitzenplatz, kein Verein verlangt mehr für ein Abo.
Zum Auftakt warten mit Frankfurt am ersten Spieltag, Union Berlin und Leverkusen gleich drei dicke Brocken auf Lieberknecht’s Team. Jedoch dürfte selbst bei drei Niederlagen am sehr ruhigen Standort keine Panik ausbrechen, denn Vereinsführung und Umfeld haben nicht vergessen, wo der Verein herkommt.
Zudem können die Fans die Verhältnisse realistisch einschätzen, sodass auf deren leidenschaftliche Unterstützung auch im Mißerfolgsfall gezählt werden kann.
Für Darmstadt 98 kann es in dieser Saison nur um den Klassenerhalt gehen. Gelingt es nicht, mehr Torgefahr zu entwickeln, dürfte nicht nur am Böllenfalltor zu oft der Gast den Platz als Sieger verlassen und es wieder in Liga zwei gehen. Deshalb gehören die Lilien zum engsten Kreis der Teams, die von Anfang an gegen den Abstieg spielen werden.