Schlusskonferenz 388 – #12

Hey ihr,

ich wollte an der Stelle mal ein paar Gedanken zu Gästen und Segmentlängen teilen. Ich verstehe eure Sicht darauf, wirklich, aber manchmal habe ich auch das Gefühl, es bräuchte 50-60 eierlegende Wollmilchsäue pro Saison, um es allen Recht zu machen.

Deshalb vielleicht ergänzend mal meine Perspektive:

Im Rasenfunk zu Gast zu sein ist auch für Veteran*innen eine Herausforderung. Du verfolgst die Bundesliga immer so ein bisschen und deinen Verein genau (gilt auch für die Vereinsjournalist*innen) und dann meldet sich manchmal mit nicht mal ein paar Tagen Vorlauf der Max und fragt, ob du über neun Spiele sprechen willst.

Es braucht Selbstbewusstsein und Vertrauen, dafür zuzusagen. Zu beidem gehört, dass ich in den Sendungen nicht nur den Interessen der Hörer*innen gerecht werden möchte, sondern auch denen der Gäste. Ich habe die Verantwortung als Moderator, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle Beteiligten wohl und wertgeschätzt fühlen. Gleichzeitig muss ich alles dafür tun, dass sie nach der Sendung mit Lob und nicht mit Kritik überschüttet werden.

Wozu führt das?

Unter anderem dazu, dass ich bei der Reihenfolge darauf achte, dass wir Spiele mit genügend „Diskussionsfleisch“ am Anfang haben, leichte Partien zum warm reden. Dass der Schwerpunkt erst kommt, wenn beide Gäste angekommen sind in der Sendung und es nicht schlimm ist, wenn eine*r von beiden länger schweigen muss. Und es führt dazu, dass ich den Gästen Raum lasse, sie nicht einenge. Wir alle wissen, dass ich immer alle Spiele gesehen habe und dazu alle Spiele der Woche davor und der Woche davor und der Woche davor. Aber ich bin nicht der Gast, ich bin der Moderator.

Wenn also jemand mal etwas weiter ausholt, obwohl wir genau diese Diskussion schon vor zwei Wochen hatten: Egal. Wenn jemand vielleicht etwas wiederholt, das die Fans des jeweiligen Vereins alle schon lange wissen: Ist halt so. Oder wenn jemand einem Gast aus anderen Sendungen unwissentlich widerspricht: Passt doch. Es gehört zum Konzept des Rasenfunks, dass es Redundanzen gibt, Widersprüche und unterschiedliche Perspektiven (Fan, Journalist*in, Kommentator*in, Nerd). Geht es zu sehr in eine Richtung, versuche ich es aufzufangen, dafür bin ich da. Wenn ich das aber nicht mache, dann ist das meine Schuld und nicht die der Gäste. Fehlt euch etwas in einem Segment, liegt die Verantwortung bei mir, nicht bei ihnen.

Zudem bitte ich die Gäste vorher um Transparenz: Ihr müsst keine Meinung haben, ihr dürft zu euren Lücken (nur Highlights gesehen) stehen. Anders als andere Formate will ich nichts faken, verwendet das aber bitte nicht gegen die Gäste. Alle neun Spiele zu sehen, ist allein technisch nicht möglich. Wenn Gäste das getan haben (was oft genug vorkommt), dann nur weil ich ihnen dabei geholfen habe und sie die Zeit hatten, also an diesem Wochenende nicht arbeiten mussten oder private Termine hatten. Es ist jedoch auffällig, dass den Gästen, die ihr Highlightwissen ankündigen, kritischer begegnet wird, als denjenigen, die so tun, als hätten sie mehr gesehen. Das möchte ich euch nur spiegeln, dahinter steckt kein inhaltliches Argument.

Zu dieser Transparenz gehört auch, eigene Vorlieben zu benennen. Darf jede und jeder machen wie sie oder er das will, aber manchmal verwundert mich die Empfindlichkeit. Ja mei, dann mag XY halt den oder den Verein nicht, und vielleicht ist die Beurteilung des Spiels davon geprägt. Aber alle wussten doch, was passiert? Es wird ja sogar gesagt! Wo ist das sonst so, wo über Fußball gesprochen wird?

Zuletzt auch das noch: Das Raum geben für die Gäste führt automatisch dazu, dass manche Vereine kürzer besprochen werden als andere. Das Vorwissen über Frankfurt ist höher als das über Hoffenheim. Es ist aber zu hundert Prozent richtig, was hier geschrieben wurde: Sowas verändert sich in Wellenbewegungen über fast alle Vereine hinweg. Man nimmt es nur kaum wahr, weil das wie bei Kontinentalplattenverschiebungen zwar passiert, aber graduell. Gleichzeitig gibt es kaum ein Mittel dagegen: Es ist schwierig genug, für jede Sendung Gäste zu finden. Oft sind die Vereinspodcaster*innen, die oft zum Vergleich herangezogen werden bei Lücken im Wissen zu Verein XY, diejenigen, die am wenigsten zu 17 anderen Vereinen zu sagen hätten. Lüde ich z.B. außerhalb von Schwerpunkten jemand ein, der das zu kurz gekommene Augsburg besser kennt, dann habe ich eine Lücke bei Mainz, Wolfsburg oder Leipzig. Gleichzeitig finde ich es total interessant, was die Gäste wissen über Vereine, denn das reflektiert oft die nationale Berichterstattung.

Es ist schier unmöglich, sich bei 18 Vereinen perfekt auszukennen. Glaubt mir, ich jage diesem Ideal doch seit vielen Jahren hinterher und verzweifle auch daran. Plus: nicht jeder Verein ist immer interessant. Zuletzt habe ich mit jemandem geschrieben, der frustriert darüber war, dass beim SC Freiburg oft gesagt wird: „So etwas wirklich Neues gibt es nicht“ und die Segmente nicht so tief wären wie andere. Aber, nun ja, das ist halt so. Freiburg tut Freiburg-Dinge. Freiburg tut Freiburg-Dinge sehr gut. Aber ich kann doch nicht in jeder Sendung nochmal über Kompaktheit gegen den Ball, Umschaltspiel, die neue Qualität im eins gegen eins sprechen. Wenn ich das bei jedem Verein mache, landen wir bei vier Stunden Sendungslänge und das geht nicht (auch für die Gäste). Auch das bildet sich im Rasenfunk ab.

Enden möchte ich mit der Frage: Worüber reden wir hier eigentlich? Jede Woche wird in rund drei Stunden über 17 Vereine kürzer und einen Verein länger gesprochen. Mit wechselndem Personal und Schwerpunkten. Mal kommt Bayern in Minute 13, mal in Minute 147 dran. Es gibt Kapitelmarken, mit denen man auch mal skippen kann. Und wenn ich Feedback gebe, liest es der Macher immer, auch wenn er nicht immer reagiert (diese 20k Zeichen zeigen vielleicht, warum das auch ganz gut ist manchmal). Der Rasenfunk ist seltsamerweise immer noch einzigartig in seiner strukturellen Ausrichtung. Das soll keine Kritik niederbügeln, aber bitte verliert das nicht aus den Augen, wenn ihr mit Gästen unzufrieden seid. Mir gegenüber ist es wurscht, ich muss das aushalten. Aber an den Gästen wird mir manchmal einen Tick zu schnell herumgenörgelt, weil einem die sieben Minuten zum eigenen Verein nicht gefallen haben in einem Produkt, das aber 180 Minuten hat und in seiner Erstellung weit über 1000 Minuten verbrauchen kann.

Edit: Das Kursive kommt offenbar davon, dass ein Gendersternchen vor einem i steht. Das muss ich Discourse mal melden, nervt ja.

Re-Edit: Jetzt passt das mit den Sternchen. Sonst nichts verändert.

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