Schlusskonferenz 57 - #25 BVB - FCB (Saison 2015/16)

Anlässlich des anstehenden Klassikers zwischen Bayern und Dortmund (Stand 31.03.2023), welcher auch unter interessanten Umständen (direktes Meisterschaftsduell und Rückkehr Tuchels in die Bundesliga nach dem Aus in Dortmund) stattfinden wird, habe ich mir mal den Rasenfunk zum Rückspiel des Klassikers in der Saison 2015/2016 angehört. Und was soll ich sagen, es war unendlich spannend, den Blick auf das Duell der beiden Mannschaften unter Tuchel in seinem ersten Jahr und Guardiola in seinem letzten Jahr nachzuhören. Deshalb möchte ich nun gerne alle möglichen Gedanken zu der Folge und dem darin Besprochenen aber auch, was das alles mit der heutigen Situation zu tun haben könnte, mit euch teilen.

Zum Nachhören:
Rasenfunk — der Fußballpodcast
BVB - FCB: Sie sahen die Zukunft des Fußballs! - YouTube

Zur Folge selbst:
Wie ihr schon den beiden Links oben entnehmen könnt, ist die 57. Ausgabe der Schlusskonferenz tatsächlich etwas ganz Besonderes. Denn es wurde zum ersten Mal ein Spiel direkt am Samstagabend nach Abpfiff besprochen und in einer eigenständigen etwa einstündigen Folge zwei Tage vor dem Rest der Spieltagsbesprechung veröffentlicht. Eine Ehre, die bis heute nur wenigen anderen Spielen zuteilwerden durfte. Zu Gast waren der BVB-Fan Stefan Vogel und der Taktikexperte Tobias Escher, während die Sendung von Max moderiert wurde.

Die sportliche Ausgangslage:
Das Topspiel des 25. Spieltags fand am 5. März 2016 um 18:30 Uhr in Dortmund statt und wurde von Tobias Stieler geleitet. Zu Gast war der Tabellenführer aus München, der vor Beginn des Spiel mit 62 Punkten vor den schwarz-gelben Verfolgern mit 57 Punkten lag. Auf Platz drei und vier folgten Hertha BSC und Schalke 04 relativ weit abgeschlagen mit 42 bzw. 41 Punkten, sodass der Meisterschaftskampf nur noch auf die beiden oberen Mannschaften reduziert war. Und dieser spitzte sich eben dann mit dem direkten Duell zu, nachdem die Bayern den vorherigen Spieltag gegen Mainz 05 mit 1-2 überraschend verloren hatten. Somit lag der Ball nun bei der Borussia und sie brauchten hier schon fast zwingend einen Sieg, wollten sie den sonst gnadenlosen Bayern unter Guardiola die nächste Meisterschaft noch streitig machen. Dabei war der Abschied Guardiolas aus der Bundesliga schon zur Winterpause bekannt gemacht geworden.

Die Mannschaften:

Das Spiel:
Das Spiel endete mit einem 0-0, wobei die Bayern ein leichtes Chancenplus verzeichnen konnten. Dennoch ging das Spiel nach Analysten gerecht torlos aus, wobei schwindende Kräfte in der zweiten Halbzeit durch die vorausgegangene Englische Woche der Bundesliga bemerkt wurde.

Ausführliche Spielzusammenfassung:
Spielanalyse | Bürkis Finger lenken Vidals Kracher an die Latte | Borussia Dortmund - Bayern München 0:0 | 25. Spieltag | Bundesliga 2015/16 - kicker

Nun zum Inhaltlichen der Folge:
Nachfolgend liste ich alle Thesen (nur paraphrasiert), denn selbst Max wird nach sieben Jahren nicht mehr wissen, was damals gesagt wurde und es ist so einfacher, sich auf gewisse Stellen des Podcasts zu beziehen:

Zum Ausklappen bitte klicken
  • These 1 (Stefan Vogel): Dortmund hat sich unter Tuchel in den ersten Monaten direkt spielerisch verbessert. Das konnte man auch heute in dem Spiel sehen. Die beiden Teams spielen einen Fußball fernab der Rest der Liga und machen die Meisterschaft entsprechend nur unter sich aus.

  • These 2 (Tobias Escher): Ein Spiel auf spielerisch und taktisch sehr hohem Niveau, mit sehr hohen Passquoten fast immer um die 80% trotz großem Pressing und Tempo. Das war „Fußball der Zukunft“ und zumindest die erste Halbzeit sollte beim DFB als Lehrmaterial benutzt werden.

  • These 3 (Tobias Escher): Tuchel hat sich an Guardiola orientiert und sein System direkt an den Fußball der Bayern angepasst. Hier hat sich der BVB weiterentwickelt. Das System wurde anschließend nicht mehr groß durch Einstellungen oder Wechsel verändert, denn die Trainer zeigten Vertrauen in ihre Ideen.

  • These 4 (Stefan Vogel): Dortmund hat sich im Vergleich zum Hinspiel noch einmal mehr stabilisiert, sowohl spielerisch als auch mental. Verglichen zum hektischen Kloppfußball war das hier sehr viel mehr auf Ballbesitz orientiert und mit der Hinsicht sind Dortmund und die Bayern, die einzigen Mannschaften der Liga, die den Ball wollen.

  • These 5 (Tobias Escher): Jede Spielsituation im Gegenpressing wurde vor allem spielerisch gelöst. Es gab wenig lange Bälle. Diese technische Stärke und den Mut, das gegen den FC Bayern zu zeigen, ist bemerkenswert. Und ich denke, wir werden das in Zukunft immer öfters sehen.

  • These 6 (Stefan Vogel): Nur ein Thomas Tuchel konnte eine so krasse Entscheidung treffen, wie Großkreutz nach sieben Jahre im Verein wegen mangelnder Qualität auf dem angestrebten Niveau auszuloten. Tuchel konnte die Mannschaft in relativ kurzer Zeit sehr viel besser machen und schaffte es, dass sie sehr viel attraktiveren Fußball spielen kann. Man ist nach der letzten Saison, in der wenig lief, direkt wieder auf Augenhöhe mit den Bayern. Tuchel konnte auch die Belastungssteuerung und Ernährung derart verändern, sodass die Verletzungshäufigkeit geringer ist als bei anderen Vereinen der Liga.

  • These 7 (Tobias Escher): Tuchel redet auf eine gewisse Art und Weise mit seinen Spielern. Er lobt insbesondere die Einstellung der Spieler zu ihrem Profitum inklusive ihrer Disziplin bei der Ernährung aber auch beim Schlafengehen konsequent zu bleiben. Er habe Mkhitaryan direkt am Anfang ein Buch über Tennisprofis geschenkt, um daraus Lektionen für den eigenen Profisport zu ziehen. Das ist besonders.

  • These 8 (Tobias Escher): Es ist eine Generationenfrage, dass heutige Spieler es mit sich machen lassen, sich von einem Trainer wie Tuchel oder Guardiola durchgehend belehren und in allen Lebenssituationen coachen zu lassen. Sie sind begierig nach dieser Art von Führung und den Erfahrungen der Trainer. Sie sind auch ähnlich fokussiert auf den datenanalytische Seite des Fußballs wie ein Thomas Tuchel und sind dahingehend mit den modernen Trainern auf einer Wellenlänge.

  • These 9 (Tobias Escher): Alonso wurde relativ in Ruhe gelassen und konnte gut den Ball verteilen. Er ließ sich auch gerne einmal in die Innenverteidigung fallen und konnte so insgesamt das Spiel der Münchner stabilisieren, was auch durch die Passivität der Dortmunder entstanden ist. Sie konnten die Schwächung des Mittelfelds durch die frühe gelbe Karte gegen Alonso nicht nutzen.

  • These 10 (Stefan Vogel): Die Dortmunder wurden in ihre Passivität gedrängt. Denn gegen die Bayern, wenn sie dann einmal im Flow sind, ist es schwierig einen verlorenen Ball direkt wieder zu erobern. Deshalb wusste Tuchel auch schon vornerein, dass er keinen 10er wie Kawaga benötigen wird, und hat ihn gar nicht erst in den Kader berufen.

  • These 11 (Tobias Escher): Beide Teams zeigten Respekt voreinander und stellt deshalb fast gar nicht mehr um, aus Angst, so das eigene Spiel zu verlieren. Der BVB hat sich so nicht darauf eingelassen, den Bayern Räume durch aggressives Gegenpressing zu geben, für ein schnelles Umschaltspiel. Das ist nämlich ihr Plan gewesen. Am Ende ging das Spiel kontrolliert von beiden Mannschaften 0-0 zu Ende, wovon die Bayern am ehesten profitieren sollten.

  • These 12 (Stefan Vogel): Ja, Klopp hätte sich nicht auf ein 0-0 eingelassen, sondern ein Sieg forciert. Aber Tuchel hat die langfristige Entwicklung der Mannschaft im Blick und gibt ihr damit Erfahrung mit dem eigenen Spiel und auch Selbstvertrauen gegen die Bayern auf Augenhöhe zu bleiben, gerade da sie in der Hinrunde sehr von den Bayern abgeschossen wurden. Wir konnten aus diesem Spiel gegen die Bayern so am meisten lernen.

  • These 13 (Tobias Escher): Die Dortmunder können auf Jahre hinaus von dem 0-0 und den gewonnenen Erfahrungen zum Beispiel in einem möglichen Pokalfinale gegen die Bayern profitieren, auch wenn sie mit diesem Ergebnis die Meisterschaft eher verloren haben.

  • These 14 (Tobias Escher): Es fehlt der Offensive noch, das hat man in der zweiten Hälfte gemerkt. Da gibt es noch Entwicklungsbedarf. Auch Bürki zeigt bei der Passsicherheit eine klaren Unterschied zu einem Torhüter wie Neuer bei den Bayern. Hier besteht noch Entwicklungsbedarf bei Bürki oder Handlungsbedarf für einen anderen Kandidaten für die klare Nachfolge der Nummer 1 für Weidenfeller, wenn man den Ballbesitzfußball weiterhin verfolgen will.

  • These 15 (Stefan Vogel): Man darf aber auch nicht die unglaubliche Parade Bürkis vergessen, da ist er sehr stark. Zeigt aber im Spielaufbau noch Schwächen und ist damit eher mit einem Ralf Fährmann von Schalke zu vergleichen.

  • These 16 (Tobias Escher): Vidal ist in herausragender Form und sehr offensiv und schaffte es die Ordnung von Dortmund mit Läufen und Tacklings zu stören. Gerade im Gegenpressing erzeugt er die Überzahl und setzt seinen Körper gut an, auch wenn er in den Ballzirkulationen weniger beteiligt ist. Man konnte seine Schwächen gut cachieren. Er ist sowas wie ein Müller gegen den Ball.

  • These 17 (Tobias Escher): Kimmich hat ein überragendes Spiel gemacht und wird auch im Aufbau immer wichtiger. Er scheint auch der Lieblingsspieler Guardiolas zu sein und er rannte direkt nach Abschluss zum Trainer, um mit ihm über den Fußball zu reden.

  • These 18 (Stefan Vogel): Der gesamte Defensivverbund um Hummels und Bender ist zu loben, dahingehend haben Reus und Aubameyang eher enttäuscht. Gerade Reus hat mit dem ersten Ballkontakt gerade einige Chancen in der Entstehung zunichtegemacht. Aubameyang scheint einfach dann doch nicht so ein kompletter Stürmer wie ein Lewandowski zu sein, sondern es fehlt noch an ein paar Stellen.

  • These 19 (Tobias Escher): Anscheinend scheint Reus unter Prüfungsangst zu leiden, was auch in großen Spielen wie diesem leider zu sehen ist.

  • These 20 (Stefan Vogel): Ich bin echt froh, dass es ein solches Spiel auf sportlich fairem Niveau ohne Nebengeräusche gibt und die einzig verbliebenden Meckerköpfe weiter oben in den Etagen zu finden sind.

  • These 21 (Tobias Escher): Der Fußball der 90er war der schlimmste, den ich sehen musste. Gefühlt war alles immer nur gegenseitige Manndeckung damals und es wurden immer wieder sehr scharfe Fouls durchgelassen von den Schiedsrichtern.

Meine Aussagen dazu:
Ich kann der Schlusskonferenz sieben Jahre später echt viel abgewinnen. Hierbei kann man eben sehen, wie Tuchel schon damals in seinem ersten Jahr bei Dortmund wahrgenommen wurde. Eben als ein Trainer, der eine Mannschaft direkt umstellen kann und will. Der sich immer auch wieder adaptiv auf den Gegner einstellt und ein Trainer, der von seinen Spielern absolute Disziplin verlangt. Nun wird es interessant, wie sich Tuchel bei den Bayern etablieren kann, wo gerade letzteres das größte Problem gewesen ist. Aber wenn er jetzt auch wieder wie hier von Tobias erwähnt, wieder einen Guardiolafußball einführt, dann kann natürlich auch wieder die Rückkehr der gnadenlosen Ballbesitzbayern kommen.

Des Weiteren kann man natürlich auch sehen, wie sich die Bayern und die Dortmunder beide als Mannschaften in der vergangenen Zeit entwickelt haben. In Dortmund war es noch nicht so, dass ein sehr junges Talent komplett die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, weder ein Dembele, Sancho, noch ein Haaland oder ein Bellingham. Es war eben diese Zwischenzeit nach der erfolgreichen Zeit mit Klopp und der Zeit des BVB als Ausbildungsklub Europas, eben mit den prägenden Spielern Reus, Aubameyang und Mkhitaryan und so weiter.

Es ist natürlich das Interessante an den Aussagen, dass das Spiel die langfristige spielerische Entwicklung des BVB unter Tuchel unterstreiche. Und es ist in der Tat auch zu dem von Tobias Escher vorhergesagten DFB-Pokalfinale gekommen. Und das Spiel konnte auch dort wieder für 120 Minuten zumindest vom Ergebnis her auf Augenhöhe gestaltet werden, ging jedoch im Elfmeterschießen verloren. Das Hinspiel der nächsten Saison konnte der BVB dann sogar gewinnen. Man könnte also einen aufsteigenden Trend erkennen wollen, wenn man beide Augen zudrückt.

Und naja dann wurde aufgrund der bekannten Umstände das Projekt Tuchel jäh beendet. Was sich aus der Mannschaft entwickelt hätte, wäre alles anders gekommen, kann man sich nur ausmalen. Aber meiner Meinung nach, kann man schon sagen, dass die Abwesenheit eines Trainers von Tuchels Kaliber beim BVB sehr vermisst wurde. Denn ich habe das Gefühl, dass man dann doch immer schnell unzufrieden war, mit dem fehlenden spielerischen Ansatz der Mannschaft. Und es hat sich eben dann dieser moderne BVB entwickelt, der nach seiner Identität außerhalb einer Spielerbörse sucht.

Was auch noch irgendwie kurios an der Schlusskonferenz ist, wie die jeweiligen Schwächen von Bürki und Reus damals angesprochen wurden, unter denen die beiden Spieler dann auch die Jahre danach am meisten gelitten haben. Ich meine das gar nicht böse oder so, aber es sind ja Qualitäten, die bei beiden dann ja relativ lange als deren Schwäche unter ansonsten sehr herausragenden Fähigkeiten erkannt werden können. Bürki hatte ja auch zB 2019/2020 nur 30%Passquote und war damit nur unter den 6% der Torhüter im Vergleich. ( Roman Bürki Scouting Report for 2019-2020 Bundesliga | FBref.com)


Auch auf der anderen Seite des Spielfelds hat sich seither viel verändert. Die Abgänge von Lahm, Alonso, Robben, Alaba und Lewandowski sind wohl am prägendsten. Geblieben sind die Kimmich, Müller und Neuer, eben jene, die heute am deutlichsten die Geschicke der Mannschaft steuern. Ergänzt wurden sie durch eine ganze Menge französische Verteidiger Upamecano Hernandez und Pavard und deutsche offensive Mittelfeldspieler wie Musiala, Sané, Gnabry, Goretzka. Und ich sag es euch wie ich denke. Irgendwie wirkt der Kader schwächer. Ja, es fehlt ein Weltfußballer Lewandowski, aber das meine ich gar nicht. Es fehlt irgendwie dieser Typ Alaba/Lahm oder Alonso, die gefühlt noch einmal mehr Ordnung in den Laden und den Spielaufbau bekommen.

Interessant finde ich ja die Beschreibung der Doppelsechs mit Alonso und Vidal. Auch hier hat man eine Aufteilung der Kompetenzen, wie sie bei Kimmich und Goretzka heute fast nicht so stark erkennbar ist. Was ich mega interessant finde, ist, dass es sich hier anscheinend nicht um die typische Aufteilung eines physisch starken defensiven Mittelfeldspielers gepaart mit einem spielerisch starken offensiveren Mittelfeldspielers handelt. Sondern Alonso ist der defensivere Part, aber gestaltet den Spielaufbau und Vidal ist der offensivere Teil, aber setzt vorallem seinen Körper im Gegenpressing ein. Liege ich falsch oder gibt es diese Spieler nicht mehr so prägnant bei den Bayern?


Schlussendlich komme ich zum titelgebenden Punkt der Folge: Der Fußball der Zukunft. Hier würde mich interessieren, ob der Fußball der Zukunft von damals eher zunehmend oder abnehmend Teil des gegenwärtigen Bundesligafußballs ist. Meine Vermutung wäre anhand Ballbesitzstatistiken wie die von Niklas Levinsohn oder aktuellen Kommentaren von Tobias Escher eher abnehmend. Da wäre die Frage ja, woran es liegt? Ziemlich sicher wird es wohl an der Abwesenheit von Trainern wie Tuchel und Guardiola liegen, die eine gewisse Philsophie durchsetzen wollen. Aber eben auch die Topteams haben Spieler, die dieses Spiel unterhalten können, eher abgegeben und nicht gehalten. Das heißt aber auch, dass die nächste Generation nicht diesen multidimensionalen Input hat, sich selbst darin zu verbessern. Aber hier würde ich gerne die Meinung des ursprünglichen Formulierers der These zum Fußball der Zukunft @Taktikfuchs123 interessieren.

Abseits von allem oben gesagten, bin ich ja noch auf der Suche nach dem Grund, warum so ab 2016-2017 sich die Nationalmannschaft so schlagartig verschlechtert hat. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass es eben der Bundesliga an den herausragenden Trainern fehlt mit Abgang Guardiola 2016 und Tuchel 2017, aber auch, dass Spieler wie Gündogan auch gegangen sind (wenig überraschend auch 2016 zu City mit Guardiola), und somit sich weniger feste Strukturen unter Nationalspielern etablieren können. Und dann auch sowas wie oben schon erwähnt eben das Karriereende gewisser Spieler wie Lahm, Alonso fallen auch in diese Zeit.

In die Zukunft blickend, finde ich auch interessant, wie ein Tuchel mit der neuen Generation an Spielern zurechtkommt, eben der These folgend, dass junge Spieler heutzutage viel gecoacht werden wollen. Da vereint Tuchel ja eigentlich die Aspekte von Guardiola und Nagelsmann ziemlich gut. Auf der anderen Seite hat man ja gemunkelt, dass so manchen Spielern es nicht gefallen hat, dass jeder Quatsch ihnen erklärt wurden, als wüssten sie es nicht. Aber vielleicht ist das bei Tuchel einfach anders. Auf jeden Fall vermisse ich irgendwie die Beziehung zwischen Kimmich und Guardiola und diese Neugierde und den großen gegenseitigen Respekt, trotz aller Unterschiede in Alter, Nationalität und Persönlichkeit. Und damit kann man die Analyse auch schön beenden. Danke

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Vielen Dank!

Finde ich spannend, dass du das heute bei Bayern nicht so siehst. Denn das wäre genau die gleiche Aufteilung, die ich heute bei Kimmich und Goretzka sehen würde. Wobei Goretzka gleichzeitig spielerisch stark ist. Mir ist irgendwann letzte Saison aufgefallen, wie stark Goretzka in das Gegenpressing eingebunden ist. Davor war mir das auch nicht klar, also vielleicht hat er sich da auch weiterentwickelt. U.U. liegt dein Eindruck auch daran, dass Goretzka relativ oft verletzt war?

Außer Robben würde ich alle genannten als Führungsspieler charakterisieren. Der einzige, der mir heute bei Bayern einfällt, ist Müller. Denn Neuer ist ständig verletzt und Kimmich wirkt nicht so, dass er den anderen mal eine Ansage macht, sie organisiert und sie mal mitreißt - eher meckert er häufiger oder lässt den Kopf hängen. Das sind aber keine guten Eigenschaften eines Führungsspieler (looking at you Marco Reus).

Max meinte mal, dass Löw immer vom Austausch mit den Bundesligatrainern profitiert hat. Insofern ist das ziemlich sicher auch ein Aspekt.
Für mich kommen aber noch zwei weitere hinzu: Einerseits die mangelnde Konkurrenz in der Nationalmannschaft, die es auch unter Flick immer noch gibt. Bestimmte Spieler werden zu lange mitgenommen, obwohl es ihre Leistung in der Saison oder ihr FItnessstatus nicht rechtfertigen. Es hätte seit Jahren einen Kampf um die Torwartposition geben müssen, Draxler hat erstaunlich viele Spiele gemacht, ohne in Paris sonderlich erfolgreich zu sein, manche Spieler wurden ignoriert oder teilweise indirekt ausgebootet. Es ist legitim einen Kruse rauszuwerfen, aber es wird problematisch, wenn es keine Möglichkeit der ‚Resozialisierung‘ gibt. Ein Volland wurde immer wieder ignoriert, aber ein Werner hat auch in seinen schlechten Zeiten gespielt, ein Gomez auch.
Als zweites Element kommt aber auch ein Ausbildungsproblem hinzu: Stürmer aus Deutschland gibt es gefühlt einfach nicht mehr (Füllkrug ist jetzt die Ausnahme, aber er ist 30). In der Defensive hat man oft 1-2 mit hohem internationalem Niveau und dahinter wird es problematisch. Die Außenverteidiger sind immer wieder ein Problem.
Dann hat man auch ein Führungsspieler-Problem. Die gibt es sowieso nie wie Sand am Meer, aber in der Bundesliga fallen mir ehrlich gesagt keine jüngeren deutschen Spieler (20-Jährige müssen und können das nicht sein, aber mit Mitte 20 kann sich so jemand schonmal entwickeln) ein, die die Kriterien von oben erfüllen. Sané, Gnabry, Brandt, etc. sind es jedenfalls nicht. Vielleicht ist das auch ein Ausbildungsproblem: Den Mund aufmachen oder sich für die Mannschaft gegen den Trainer stellen, nicht alles hinnehmen, etc. sind evtl. Dinge, die dir heute die Karriere versauen können. Wobei das nur eine Vermutung ist, weil ich gesamtgesellschaftlich das Gefühl habe, dass das Respekt-ohne-Grundlage-Verlangen der Schiedsrichter sehr verbreitet ist und man so viele Ja-Sager und Mitläufer erhält. (Da wäre der Fußball dann einfach ein Spiegel der Gesellschaft)
Tatsächlich habe ich in den letzten Jahren auch mehrfach gehört, dass Jugendspieler, die sozio-ökonomisch nicht aus der vielbeschworenen Mittelschicht kommen, es heute schwerer haben (auch weil sie schneller verbrannt werden) - vielleicht fehlt dadurch auch einfach die Masse aus der genügend Klasse entstehen kann?

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Megacool, vielen Dank! Ich hab das in der alten Folge mal als Kommentarthread verlinkt

Hmm, vom Spielaufbau ist Kimmich auf jeden Fall ähnlich, aber bei Goretzka sehe ich die körperliche Komponente kaum. Dass Kimmich auch in die Innenverteidigung abtaucht, ist mir nun auch noch nicht aufgefallen. Für mich sie die beiden halt gefühlt beide relativ ähnliche Spieler, die irgendwie parallel nebeneinander das gleiche spielen wollen, und sich deshalb im engen Raum im Zentrum in die Quere kommen.

Ich empfand ja Kimmich eigentlich immer als Spieler, der zumindest immer Dampf gemacht hat, aber scheinbar sind die Mitspieler ihm einfach nicht gefolgt, sodass er jetzt das weniger macht, und mehr mit sich selbst beschäftigt ist, wieso denn es gerade immer wieder diese Misserfolge gibt. Ich denke halt auch, dass es eben an diesen Brückenspielern fehlt. Wenn Müller und Neuer deine einzigen Unantastbaren sind, die vor 10 Jahren ihr Maximum erreicht haben, und dann nur noch Kimmich derjenige ist, der sowas wie Bayern-DNA hat, dann wird es halt knapp. In allen Salihamidzic-Transferphasen war immer vielleicht ein Transfer dabei, den man als gelungen betiteln kann, aber dann eine Führungskraft ist es dann eher nicht, sondern entweder ein großes deutsches Talent, ein guter Bundesligaspieler von direkten Konkurrenten oder ein internationaler Statementtransfer. Aber die Führungsstruktur hat sogar eher darunter gelitten, dass man Spieler, die eigentlich diese DNA haben und wo man denkt, dass sie immer bleiben können, einfach abgegeben werden.