Ich habe mit Thomas Böker und Uli Hebel (@ulihebel) über das Ausscheiden Englands und den kroatischen Sieg gesprochen. Eure Gedanken dazu?
Die Folge hat mir sehr sehr gut gefallen. Vor allem die Einblicke von Uli zur generellen Entwicklung im englischen Fußball.
Ich stimme der Analyse zu, dass gestern die Wechsel ein Problem waren. Man hätte das Mittelfeldzentrum verstärken müssen. So hat England leider die Kontrolle über das Spiel verloren. In der ersten Halbzeit dachte ich noch, dass man das Ding relativ sicher hat, weil die Kroaten auf mich zu Beginn müde wirkten.
Einer Sache muss ich auch hier noch mal widersprechen. Es heißt oft, dass Kroatien nach Belgien der zweite richtige Gegner war. Das ist falsch. Zum einen kann man die B-Elf Belgiens in einem belanglosen Spiel nicht als richtigen Gegner bezeichnen, zum anderen ignoriert das die zweistärkste Mannschaft Südamerikas, die im Achtelfinale geschlagen wurde. Und auch die Schweden muss man erst mal schlagen, das haben Deutschland und Italen gezeigt.
Ganz generell noch (nicht auf diese Folge bezogen): Ich find es amüsant, dass viele oft ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass die Russen ihre Laufleistung nur wegen Doping hinbekommen haben, aber jetzt wo Kroatien drei Verlängerungen in kurzer Zeit raushaut, hört man gar nichts. (Ich möchte hier niemandem etwas unterstellen, es amüsiert mich nur)
Mich hat besonders gefreut, dass Max den Anteil von Kroatien gewürdigt hat. Ich fand es bockstark, wie diese Mannschaft sich in das Spiel zurückgebissen hat. Klar hat England das begünstigt, aber so eine Gelegenheit muss man erstmal nutzen.
Mit zwei England-Experten lag der Schwerpunkt natürlich auf England, und es war interessant und okay so, auch der Ausblick auf die zu erwartende Entwicklung in der Zukunft.
Auf die Finalaussichten von Kroatien kommt ihr sicher in einem anderen Kurzpass zu sprechen. Wenn jemand Frankreich noch einen reinwürgen kann, dann diese kroatische Mannschaft, meine ich. England wäre dazu zu brav gewesen. Ein tolles Turnier, ich liebe es!
Ich fand die Folge unglaublich stark, gerade weil eine richtige Diskussion entstanden ist und ich nicht alles teilen konnte.
Die Kritik von Thomas an England fand ich ein wenig übertrieben. Klar war es ein unnötig hergeschenktes Spiel, aber wenn man sieht,wie die Tore gefallen sind, lässt sich einiges ablesen. In der Defensive wurde ab HZ 2 viel häufiger einfach “gepennt” (Beim 1:1 Walker, beim 1:2 Stones) Sicherlich sind das alles hochbezahlte PL-Spieler, aber die Anspannung für England zu spielen ist sicher nochmal viel größer. Vielleicht konnten sie ihr Glück nicht fassen, so nah am Finale zu sein und sind deswegen von ihren Prinzipien und ihrer Spielweise abgekehrt. Es erinnerte ein bisschen an Deutschland 2010, die völlig unerwartet ins Halbfinale gestoßen sind und dann im Laufe der Zeit einfach abgekocht wurden. Bei der Kritik an den Wechseln gehe ich mit. Mir schien es, als wollte er die erschöpftesten Spieler austauschen ohne dabei zu beachten, wie sich das Spiel verändert. Bei Dier für Henderson war das 11er Schießen sicher auch im Hinterkopf. Man stelle sich vor, Deutschland würde im Halbfinale Kroos auswechseln, Kroatien Modric oder Frankreich Kanté. Nicht ganz habe ich verstanden, warum kritisiert wurde, dass Kane zu viel vorne drin war. Ich habe beobachtet, dass eher genau das Gegenteil der Fall war. Nach Rashford´s Einwechslung spielte er fast auf der 10 und war bei möglichen Hereingaben nie in der gefährlichen Zone. Das hat mich fast wahnsinnig gemacht.
Ähnlich wie Max würde ich den Anteil von Kroatien nicht kleinreden. Diese unglaubliche Ruhe und das Vertrauen in die Spieler beeindruckt mich genauso. Sie haben jetzt in jedem KO-Spiel einen Rückstand aufgeholt, gab´s das jemals? Genau aus diesem Grund halte ich auch gar nichts von den ganzen Einschränkungen bzgl. Gegner, Spielweise, Turnierbaum oder Verlängerung. Diese Mannschaft verfolgt so beharrlich ihr Ziel und lässt sich durch nichts verunsichern. Dazu kommt, dass da vorne nur Spieler mit positiven Saisonfinals spielen. Rakitic (Meister), Mandzukic (Meister), Rebic (Pokalsieger), Brozovic & Perisic (Am letzten Spieltag mit Inter für CL qualifiziert). Diesen Part würde ich auch im Finale nicht unterschätzen.
Generell hat mir die Kritik von Thomas an Kroatien aber auch am Turnier nicht gefallen. Wenn es so einfach ist, Russland zu schlagen, warum hat Spanien das nach der frühen Führung nicht getan?
Dieses Gejammer über die armen “Ballbesitz-Mannschaften”, denen das Spiel von den bösen Russen kaputt gemacht wird, geht mir irgendwie auf die Nerven. Wenn man genau hinschaut, hat man kaum Bewegung abseits des Balles (Überlaufen, Hinterlaufen, Kreuzen) gesehen, was elementar für so einen Fußball ist. Natürlich ist das schwer und benötigt Zeit um es zu üben. Dann ist es doch schlau, wie Kroatien auf Flanken zu setzen, bei denen die Flügelspieler einlaufen (Perisic beim 1:1), um im Strafraum besser besetzt zu sein. Belgien hat mich wahnsinnig gemacht mit dem Rumschieben und anschließendem Halbfeldgeflanke, wo sich Lukaku allein gegen Varane und Umtiti durchsetzen sollte. Wir sollten generell mal aufhören, immer der Mannschaft mit 60% Ballbesitz oder 15 Schüssen zuzugestehen, dass sie Fußball spielen wollte. Letztendlich heißt viel Ballbesitz ja auch, dass ich viel länger brauche, Lösungen zu finden.
Ich hätte gern noch mehr über Uli´s Kritik an Southgate´s erfahren, weil er es so oft angerissen hat. Wenn es um das Coaching geht, muss ich ihm zustimmen. Mir schien er wie der Student, der eine wahnsinnig tolle Präsentation über mehrere Monate vorbereitet hat. Super Recherche, ganz tolles Design, tolle Einfälle. Und dann geht auf einmal während des Vortrags der Beamer nicht mehr und er kommt nicht mehr klar. Das war aber auch ein generelles Problem bei dieser WM. Das einzige In-Game-Adjustment (Sorry für den NFL-Begriff) in diesem Turnier war gefühlt, von einen zusätzlichen Mittelstürmer reinzuwerfen. Das schaffen Kreisliga-Trainer auch gerade noch. Kann natürlich an der Angst vor Kontrollverlust und Panik liegen, aber viel besser wurde es dadurch nicht. Einige Beispiele: Deutschland gegen Mexiko und Südkorea. Spanien gegen Russland. Belgien gegen Frankreich. England gegen Kroatien. Costa Rica gegen Serbien. Polen gegen Senegal. Argentinien gegen Island. Die einzigen Positivbeispiele die mir einfallen, sind die Einwechslungen von Fellaini (gegen Japan) und Firmino (gegen Costa Rica) und eben die Anpassungen von Kroatien gegen England, wodurch sich die Statik komplett verändert hat.
So das war quasi ein Kurzpass zum Kurzpass Aber nochmal vielen Dank für die tolle Folge!
Toller Beitrag @nacho
Das unterschreibe ich direkt. Für mich war Kroatien deutlich zu stark, als den Sieg nur auf Englands Schwächen abzuwälzen. Die zweite HZ war richtig richtig Sahne. Und ja, die Erfahrung und die Sieger-Mentalität, die Kroatien im Team hat, sind Faktoren, die unglaublich schwer wiegen. Genau der Punkt, der sie für mich, in einem Finale, indem es vermutlich auf Nuancen ankommt, sogar zu einem “Mini-Favoriten” macht. Liegt Kroatien 0-1 hinten, schockt sie das eventuell deutlich weniger, als würde Frankreich 0-1 hinten liegen.
Und nochmal Kompliment an deine Kaputter-Beamer-Analogie
Super Folge, die Enblicke in die englische Liga waren sehr spannend, ich hätte noch stundenlang zuhören können. Auch das ihr euch bei der Bewertung von England scheinbar nicht immer einig wart, empfand ich als klare Bereicherung.