Fußball & Gesellschaft - oder: Was genau ist eigentlich ein Sommermärchen?

Ich finde die Diskussion über den Begriff „Sommemärchen“ in den Threads zur EM-Vorschau super spannend. Nachdem das per Definition ein Thema ist, bei dem man vom Hundertsten ins Tausendste kommt, dachte ich, vielleicht wäre es mal Zeit für einen eigenen Thread dazu. Vielleicht gibt es dafür ja größeres Interesse.

Als Diskussionsstarter frage ich hier einfach mal ins Leere: Welche konkreten Erfahrungen, Erinnerungen oder Dinge verbindet ihr persönlich mit dem Begriff Sommermärchen?

Mich hat in meiner Interpretation Max Czollek mit seinem Buch „Desintegriert euch!“ sehr geprägt. Ich war damals komplett überrascht (und auch irritiert) von der Wut, mit der Czollek die Art und Weise verurteilt, in der in Deutschland über den Begriff der Integration geredet wird. In seinem Buch spannt er in einem Kapitel den Bogen zur WM 2006 und dem „Sommermärchen“. Ich zitiere mal eine Passage aus einem Interview zum Buch:

Während der WM 2006 gab es in Deutschland eine große Freude darüber, dass man die deutsche Fahne endlich wieder zwanglos raushängen durfte. In „Desintegriert euch“ ist das für mich eine entscheidende Stelle. Warum ist dir der Umgang mit der deutschen Fahne so wichtig?
In diesem WM-Mantra „Endlich dürfen wir wieder die Fahne raushängen“ steckt viel von dem, was mir in der öffentlichen Debatte und in persönlichen Gesprächen immer wieder entgegentritt. In dem „endlich“ äußert sich eine Erleichterung, die nicht allgemein ist. Ich bin beispielsweise nicht erleichtert, dass die Deutschland-Fahne wieder rausgehangen wird. Die Erleichterung ist spezifisch für eine deutsche Gesellschaft, die sich damit implizit als eine Gesellschaft der Täternachkommen markiert. Das wird auch im „wir“ und im „wieder“ deutlich, denn Wann war es denn das letzte Mal so, dass man ohne schlechte Gefühle eine Fahne in Bezug auf Deutschland schwenken durfte? Natürlich in der Nazizeit, wann denn sonst… Das schlimmste Wort in diesem Mantra ist aber vermutlich das „dürfen“, denn es bedeutet: Es war vorher nicht erlaubt. Wer hat es denn verboten? Gegen wen lehnt man sich hier auf? Wer ist dieses mächtige Gegenüber, was Verbote aussprechen kann, die man dann lustvoll und in der Volksgemeinschaft bricht?

Ich weiß noch: Meine erste intuitive Reaktion beim Lesen war Genervtheit. Ah, wow, da macht einer mal wieder das ganz große Fass auf, na super. Je länger der Text in mir gewirkt hat, desto eher habe ich mich schlussendlich aber damit identifizieren können: Wenn das „Sommermärchen“ synonym ist mit der allgemeinen Gefühlslage „Endlich dürfen wir wieder stolz auf Deutschland sein“, dann impliziert die Erleichterung über das Ende eines gefühlten Patriotismus-Verbots, dass man aus eigenen Stücken nie skeptisch gegenüber Patriotismus war, sondern stets nur das Gefühl hatte, es sei von oben herab vorgeschrieben, skeptisch gegenüber Patriotismus zu sein. Und das wiederum bedeutet im logischen Schluss, dass man sich eigentlich gar nie so richtig damit auseinandergesetzt hat, was genau an Patriotismus so problematisch sein kann. Und dann fühlt es sich auf einmal ganz logisch an, den ganz großen Bogen zu schließen und das ganz große Fass aufzumachen.

Letztlich sind das dann in der Summe irgendwie drei implizite und abstrakte Schlussfolgerungen hintereinander - ich verstehe alle, die irgendwo in der Argumentationskette ausgestiegen sind und das als zu verkopft abtun. Für mich aber gilt: Als ich dann irgendwann mal soweit war, diese Kette einmal von Anfang bis Ende durchdacht zu haben, konnte ich es nicht mehr anders sehen.

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Wer ist denn dieser / diese / dieses „man“? Ich fühle mich davon nicht angesprochen.

Ganz konkret verbinde ich mit dem „Sommermärchen“, dass ich während des Finales für ein paar Minuten eingeschlafen sein muss und ich mir nicht erklären konnte, warum Zinedine Zidane nicht mehr auf dem Feld war, als ich wieder etwas wacher war.

Personen, die 2006 dachten: „Endlich dürfen wir wieder stolz auf Deutschland sein“. Ich selbst fühle mich davon auch nicht angesprochen, ich denke, das wird wahrscheinlich klar geworden sein. Meine Annahme ist, dass Menschen, die das Sommermärchen positiv verklären, damals eher dieses Gefühl hatten, als solche, die gegenüber dem Begriff Sommermärchen emotional neutral oder negativ eingestellt sind. Diese Annahme möchte ich mit meiner Nachfrage überprüfen.

Wer sind bzw. waren diese Leute deiner Meinung nach? Magst du das vielleicht ein wenig präzisieren?

Ich habe das schon öfter mal gehört, dass das „Sommermärchen“ damals viele Leute „re-nationalisiert“ habe. Ich wüsste nun gerne, wie belastbar diese Aussage ist.

Für mich kann ich sagen, dass ich damals genauso viele Deutschlandfahnen prominent placiert habe wie immer. Nämlich keine. Nicht einmal ein DFB-Trikot wollte ich mir gönnen.

Dieser Begriff setzt sich meines Erachtens aus sehr vielen verschiedenen Erfahrungen zusammen und hätte nicht bis heute überlebt, wenn es nur um ein Ding gegangen wäre (z.B. Fahne raushängen). Soweit ich mich erinnere (puh, schon ewig her), war das eine Mixtur aus: die Deutschen spielten überraschend gut; der DFB war nicht wie sonst zum Fremdschämen - die Elf wurde von einem jungen, frischen Team (Klinsmann/Löw) geführt und für den DFB hat Beckenbauer sehr lässig und cool repräsentiert; die Gästefans schienen sich sehr wohl zu fühlen und überhaupt war man doch auf das angenehmste überrascht, wie positiv das Ausland Deutschland in dieser Zeit wahrnahm - positiver als man selbst; die Stimmung in den Stadien und drum herum war sehr friedlich; das Public Viewing wurde erstmals wirklich gut organisiert mit guter Technik und guten Standorten (in Frankfurt wurde z.B. zum ersten Mal ein Bildschirm vor der Skyline auf einem Ponton im Main aufgebaut und man konnte vom Ufer aus das Siel bestens verfolgen - davon hat die ganze Stadt geredet) und ich glaube, das hat wahnsinnig viele Leute außerhalb der Stadien emotional mitgezogen; und sicher nicht unwichtig - das Wetter war die ganze Zeit absolut beschissen bis zum Tag vor dem Eröffnungsspiel, und dann gab es plötzlich bis zum Finale nur Sonnenschein - Kaiserwetter sozusagen. Und das Ding mit der Fahne: das war irgendwie befreiend, weil man (vereinfachend gesagt) zum ersten Mal (meist sehr junge) Leute damit hat rumlaufen gesehen, die nicht entweder berufsmäßig den Staat repräsentierten oder privat aus der sehr rechten Ecke kamen, und mit der Fahne ein politische Botschaft transportieren wollten. Es war also eher die ‚Naivität‘ des Fahnenzeigens, das sich im ‚Bekenntnis‘ Nationalmannschaftsfan erschöpfte, was das plötzlich so erträglich machte. Wie gesagt, meiner Erinnerung nach eine Melange von Wohlfühlfaktoren, die jeder alleine oder auch paarweise nicht ausgereicht hätten, den Sommermärchen-Status dieser WM zu begründen.

Geholfen hat sicherlich auch, das es ein Sommermärchen und keine Sommerfabel war, d.h., es hat nicht diese massiven Diskussionen und Belehrungen um und über die richtige Moral gegeben. Dass das eine wichtige Rolle spielte, kann man, finde ich, gut daran sehen, wie um den Begriff Sommermärchen gerungen wurde, als die Bestechungsaffäre ins Rollen kam. Da ging es für viele genau um diesen Begriff, von ‚es war kein Märchen, es war Bestechung‘ bis zu ‚macht uns das Märchen nicht kaputt‘. Die WM 2006 war ein moralinfreier Raum.

Zu dem Text, den Du zitierst: „Endlich dürfen wir wieder die Fahne raushängen“ habe ich (so wie oben schon angesprochen) immer so verstanden, dass man vor 2006 (oder um diese Zeit rum) keine deutsche Fahne zeigen konnte, ohne dass man nicht sofort untrennbar mit einer politischen Agenda bzw. Weltanschauung verbunden wurde, und zwar einer eher unangenehmen. Die Loslösung der Fahne von dieser Agenda ist meines Erachtens ein Fortschritt. Der Begriff „wieder“ (mal abgesehen davon, dass es sich um ein beliebtes Füllwort handelt) kann man nicht so interpretieren, wie Czollek es getan hat. Schwarz-Rot-Gold wurde von den Nazis aus allen Reichssymbolen getilgt, weil verhasst. Wenn man diese Fahne „wieder“ zwanglos raushängen konnte, und man dieses Wort Ernst nimmt, dann schließt das an die Weimarer Republik an. Den Zusammenhang, den Czollek da konstruiert, finde ich zwanghaft.

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Ich hab jetzt nicht zufällig entsprechende Statistiken zur Hand, aber es ist durchaus keine aus der Luft gegriffene Aussage, sondern eine die u.a. soziologisch untersucht wurde. Mehr dazu z.B. hier:

Ismer 2016

Seitz 2016

Ratzlaff 2008

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Offenbar mache ich etwas falsch. Ich bekomme keinen Zugang zu den liebenswerterweise von dir verlinkten Artikeln.

Beim letzten Artikel scheint es sich um einen Artikel für den DaF-Unterricht zu handeln.

Von ersterem bin ich ausgegangen, auf letzteres hatte ich gehofft.

Vielen lieben Dank auf alle Fälle für deine Mühe! Ich weiß es zu schätzen.

Vielen Dank dafür. Bei mir funktionieren die Links. Vor allem Seitz scheint lesenswert. Was mir bei der Aussage der Re-Nationalisierung der Deutschen durch die WM missfällt, ist, dass der WM hier meines Erachtens zu viel Wirkungsmacht zugeschrieben wird. Als ob ein paar Wochen Fußball das gefestigte Weltbild großer gesellschaftlicher Gruppen neu formen könnten. Das Sommermärchen in Bezug auf eine neue Form des Nationalismus (wenn man das so nennen will) war ein Symptom und keine Ursache oder Auslöser.

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Man kann im Jahr 2006 einen deutlichen Anstieg der rechten Straftaten erkennen

Ich bin dann über Berlin.de auf eine Studie rechter Gewalt von 2003-2006 gestoßen, die man sich runterladen konnte
Ich muss die noch mal durcharbeiten, aber im April, Mai gab es einen massiven Anstieg von Sachbeschädigung(ua. Rechte schmiererreien, Sachbeschädigung auf jüdischen Friedhof, etc.)
Und dann ab August gibt es wieder Anstiege, dieses mal aber bei körperlicher Gewalt und das zieht sich dann bis Jahresende

2001 und 2005 gab es(subjektive Erinnerung und weiß nicht mehr aus welchem Buch) u.a. Deswegen so hohe Zahlen, weil die Polizei angehalten wurde rechte Gewalt härter zu ahnden wegen der WM, damit es während der WM nicht zu Vorfällen kommt, weshalb insbesondere beim Fußball rechte Straftaten geahndet wurden(der Grund war Daniel Nivel 98 in Frankreich)
(Aber nochmal, dass sind Erinnerungen aus einem Buch oder aufsatz den ich vor 10-15 Jahren gelesen hab und müsste mich da noch mal rein arbeiten, was ich nicht schaffen werde, aber vielleicht weiß da jemand mehr oder ich habe was falsch abgespeichert im Hirn)

Natürlich war die WM nicht alleine Schuld am Anstieg rechter Gewalt und wie man sehen kann, entwickelt sich 2005 schon was
Aber vielleicht ist das Sommermärchen nicht ganz unschuldig

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Es wurde öfter geschrieben, dass 2006 das Bild von Deutschland positiv verändert hat nach außen hin

Ich hab dazu außerhalb Deutschlands bis jetzt nichts gefunden und subjektiv auch nicht so erlebt(war von 2008-2012 viel in Europa unterwegs und von 2014-2018 in EU, Südamerika und Asien und hab dabei auch immer wieder Stadien besucht und mit Fussballfans gequatscht
Und während die wm 14 noch oder 2017/18 Thema war, war es die WM 2006 so gut wie nie, außer von ein Paar fans, sowas wie joa war ich halt da, aber da ging es dann nur um die Spiele)
Vielleicht hab ich schlecht gesucht und subjektive Erfahrungen können immer täuschen

Ich kann eh nicht verstehen, warum so viele ein grundsätzliches Problem mit dem Zeigen der Deutschlandfahne haben, immerhin stehen die Farben in einer demokratischen Tradition ( Frankfurter Nationalversammlung, Weimarer Republik, 75 Jahre Grundgesetz), wobei ich ja persönlich kein freund davon bin, alles in Schwarz-Rot-Gold zuzuklastern. Ich finde das eher zurückhaltende Darstellen der Fahne in der Öffentlichkeit eher angenehm, in anderen Ländern sieht man ja gefühlt an jeder Straßenecke die Nationalfahne hängen.

Stolz auf ein Land zu sein ist meiner Meinung nach eh immer schwierig, da sich ja kein Land auf einen fixen Punkt festnageln lässt. Man kann natürlich Stolz auf Errungenschaften sein, welche in dem Land erreicht wurden, aber „Stolz“ auf ein eher abstraktes Gebilde fällt mir persönlich schwer. Ich war jetzt z.B. 2014 nicht Stolz auf Deutschland, weil man den WM-Titel geholt hat.


Thema Özil, da haben wir leider das Paradebeispiel eines Nationalisten, fernab davon wie er sich da hin entwickelt hat oder wer dafür Verantwortlich gemacht werden kann.

Also ich schildere hier mal meine Erfahrungen. Ich bin Ende der 80er geboren und aus Mecklenburg-Vorpommern. Das erste Mal, das ich gehäuft schwarz-rot-goldene Fahnen gesehen habe war zur Wende! Deshalb irritiert mich der Text aus dem EP etwas, der sofort einen Bezug zur NS Zeit herstellt. Die Wende wurde von meinen Eltern und deren Generation ziemlich positiv empfunden und die ersten 2-3 Jahre wurde auch immer zum 03.10. eine Fahne aufgehangen.
Allerdings trat dann natürlich schnell Ernüchterung ein. Zahlreiche Betriebsschließungen und Massenarbeitslosigkeit prägten die Gespräche bei Familienfeiern soweit ich es als Kind mitbekommen hatte. Für meine Generation war die Perspektive ziemlich schlecht. Es war schwierig eine Lehrstelle zu bekommen. Viele meiner Bekannten und meine älteren Cousinen sind " in den Westen " um dort Arbeit zu finden. Das prägt meine Heimat bis heute,denn viele Menschen aus meiner Generation sind weggezogen und kommen nicht mehr zurück. Dadurch sind ganze Landstriche „vergreist“
Kurzum: die 90er und auch die ersten 00er waren nicht besonders gut.

Die WM 2006 hat dann aber so ein Gefühl vermittelt, dass es doch aufwärts geht. Dazu kommt sicher aauch, dass viele junge Menschen (also meine Generation damals) die ganze Wende Situation gar nicht so richtig einschätzen konnten. Auch diese ganze Ossi gegen Wessi Diskussionen spielte in meiner Generation keine Rolle. Für meine Eltern (bzw. deren Generation) waren Hamburg, Berlin oder Rostock weit entfernte Städte. Vor allem im Kopf. Aber für meine Generation sind das nur 2 Stunden Fahrt. Das ist nicht so weit weg. Für meine Generation ist Deutschland zumindest räumlich zusammen gewachsen. Dieses Gefühl war sicher auch prägend für 2006. Wir waren nicht mehr getrennt sondern tatsächlich ein vereintes Land, eine vereinte Generation. Wahrscheinlich ist das „im Westen“ nicht so stark empfunden worden.

Für mich persönlich kam dann noch dazu, dass ich 2006 mein Abitur gemacht habe. Ich hattealso einen schönen langen Sommer ohne große Verpflichtungen oder Sorgen. Ich konnte mich echt 4 Wochen lang nur mit der WM beschäftigen und war auch zwei Mal in Berlin auf der Meile (AF gegen Schweden und das VF gegen Argentinien). Und gerade das hat in der Rückschau auch meine Erinnerungen geprägt. Dazu kommen dann noch die anderen Dinge wie das gute Wetter und die Reaktionen aus dem Ausland (die deutschen sind nicht nur humorlose Spießer bspw.). Deshalb war es für mich tatsächlich ein Sommermärchen.

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Kommt halt auch immer auf die Geschichte des Landes an.

Warum ich angesichts der deutschen Vergangenheit keine Lust habe, mein „Deutschsein“ auch noch für alle ersichtlich raushängenzulassen, dürfte verständlich sein.

Ansonsten laufe ich sehr gerne mit den philippinischen Farben auf der Jacke herum. Es ist nicht zu glauben, wie oft man darauf von Filipinos und Filipinas angesprochen wird. Eigentlich immer, wenn ich so darüber nachdenke …

Wobei es schon ein Unterschied ist, ob man die Schwarz-Rot-Goldene Fahne zeigt oder eine Schwarz-Weiß-Rote. Die jetzige Fahne ist ja das Symbol der bürgerlichen Revolution von 1848. Eigentlich eine Fahne der Republik. Die andere ist eine Fahne der Monarchie bzw. Diktatur.

Ich glaube ja, dass die Farben der Fahnen am Ende piepegal sind. Entscheidend ist, welche Gesinnung damit zum Ausdruck gebracht werden soll, weshalb ich diesen Teil der Diskussion nur bedingt nachvollziehen kann.

Wie das 1954 war, kann ich nicht beurteilen. War ich nicht dabei. Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Kontext da schon ein anderer war, um sich mal wieder mit etwas Positivem auf der Weltbühne zu präsentieren. Da messe ich so einer Geschichte auch etwas Bedeutung bei.
2006 hingegen ist unsere Rolle in der Welt meines Erachtens zu vernachlässigen. Aber auch die Meinungen zum Thema Patriotismus kann ich rückblickend wie auch damals nicht teilen.

Ich habe 2006 als ganz wunderbar erlebt. Mittendrin und in der Partyblüte meines Lebens… :slight_smile:
Das, was ich gerne behalten habe, war dementsprechend eine tolle Stimmung: Schöne, freudige, offenherzige Begegnungen mit Menschen aus In- und Ausland. Das war top.

Leicht- oder schwermütigen Patriotismus habe ich nicht wahrgenommen. Es ging doch immer um die Nationalelf und nicht um die Nation selbst.
Und das Fahnenmeer habe ich natürlich erlebt und wahrgenommen, aber es ebenso wenig als „patriotisch“ gewertet. Ich fand, die Flagge war in dem Moment ein „Partyutensil“ und, wenn man so will: Deko. Also muss ich sagen, diese Verknüpfung zum Patriotismus will mir nicht einleuchten.

Insofern glaube ich, dass der Zusammenhang mit dem „Nationalgefühl“ nicht besteht oder einfach nur mit Ausgelassenheit verwechselt wird. Das Turnier hat ganz viele Leute in Beschlag genommen und begeistert. Keinesfalls würde ich zustimmen, wenn man behauptet, dass die Deutschen so Ihren Patriotismus wiederentdeckt hätten. Wo soll der denn plötzlich herkommen? Wegen einem Fußballturnier? Vier Wochen im Sommer? War sicherlich alles schön, aber soviel Macht hat das Runde in dem Moment dann doch nicht…

Ich bezweifele, dass man da eine irgendeine „Schuld“ des Sommermärchens rauslesen kann. Du hast bereits bemerkt, dass der Anstieg rechter Kriminalität schon in den Jahren zuvor zu verzeichnen war, es sich also um einen Trend handelte, der 2007 unterbrochen wurde (der nachhaltige gute Einfluss des Sommermärchens :wink: ?) um 2008 seinen vorläufigen Peak zu erreichen. Gleichzeitig war auch die linke Kriminalität gewachsen, anscheinend in ähnlichen Proportionen, es scheint sich also eher um einen jahrelangen, allgemeinen Anstieg politischer Kriminalität auf breiter Front gehandelt zu haben.

Ich hab mal kurz eine allgemeine Frage in die Runde: Wann wurde der Name „Sommermärchen“ eigentlich geprägt? Wurde das damals schon so genannt? Oder später? :sweat_smile:

Ich selbst erinnere mich gar nicht mehr an sooo viel. Das Spiel gegen Argentinien war krass und nach der ganzen Lehmann-Kahn-Elfmeterschießen-Nummer musste ich mit meiner Schwester erstmal raus und jubeln gehen, um den Stress abzubauen. :sweat_smile: Wetter war gut und den Slogan „Die Welt zu Gast bei Freunden“ fand ich auch gut. Tatsächlich hatte ich damals auch das Gefühl, dass das stimmt. Viele Fanlager, viel Freude. Ein Fußballturnier halt.

Viel mehr war’s für mich dann aber auch nicht. Und Jahre später hab ich mich gewundert, was denn daran jetzt so märchenhaft gewesen sein soll. Immerhin sind wir ja im Halbfinale raus. Den Begriff fand ich daher schon immer irgendwie merkwürdig. Es war halt ein launiges Fußballfest. Quasi so wie derzeit aus. Ich freue mich über die Bilder der Schotten in München und der Niederländer in Hamburg. Ich hab Spaß dran, dass die Nationalmannschaft endlich mal wieder so wirkt, als hätte sie Bock. Aber weder damals noch heute stellt sich Nationalstolz oder Märchenstimmung ein. Wobei ich ganz froh bin, dass wir anscheinend wieder ganz gute Gastgeber sind. :slight_smile:

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Es gibt einen schlechten Film namens Deutschland ein Sommermärchen von Sönke Wortmann
Da wurde die Deutsche Nationalmannschaft begleitet und es wurden Bilder von Fans reingeschnitten(so eine pseudodoku)

Wahnsinnig pathetische scheiße

Den Begriff Sommermärchen hat dann die Springerpresse Insbesondere die 4 Buchstaben(ja beide großen) das immer wieder aufgegriffen vor allem am Anfang, wenn es so ein bisschen Nationalismus geben sollte und wie toll Deutschland doch ist(ein Märchen eben(Wortmanns Film hatte mit Heine aber auch schon nichts mehr am Hut))
Und zusammen mit dem slogan die welt zu gast bei Freunden hat sich dass dann verselbstständigt,

wurde aber dann richtig präsent, als auf einmal heraus kam, dass Deutschland die wm doch nicht bekommen hat, weil es so geil ist, sondern weil es so viel bestochen hat
Weil machte sich als Kontrast ganz nett

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Weiß gar nicht ob da schon alle Vorfälle dabei sind und natürlich sollte man diese Vorfälle nicht über die ganzen friedlich feiernden Menschen hängen, aber ich seh da steigerungsbedarf

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