1. FC Union Berlin

Man hat gegen Ende der Hinrunde aber auch gemerkt, dass Union so langsam die Kraft ausgeht. Und Union hat ja sonst auch immer genug Spieler transferiert, die gar nicht zwingendermaßen direkt funktionieren mussten. Sondern wer sich nicht schnell eingliedern ließ, landete auf der Bank, aber es waren genug Spieler da, es mit ihnen auszuprobieren. Jetzt hat man viel Geld für Spieler ausgegeben, die eigentlich immer spielen müssen. Zudem dann eben der Clash der Spielsysteme, wo diese Spieler vielleicht gar nicht mitmachen wollen bei Fischer-Ball, sondern eher ihre eigenen Output im Sinn haben.

Unions Problem auf den Punkt gebracht.

Fabrizio Romano Xt (ehemals twittert) um 21:15 Uhr, also eine Viertelstunde nach Anpfiff, dass Bonucci nicht glücklich ist, weil er gegen Neapel nicht in der Startelf steht. Er wäre in Berlin um Champions League zu spielen. Un-glaub-lich!

Es zeigt eben die Reibung zwischen einigen der neuen Stars und dem sehr indoktrinierten Spielsystem von Fischer, der jeden sanktioniert, der nicht dieses sehr kollektive Spiel mitmacht. Ist die Frage, ob Union sich mit der Ambition jetzt in der CL mitspielen zu wollen und dadurch auch individuelle Qualität nachzuholen, nicht überfordert hat. Vielleicht nicht finanziell, weil vieles nur Leihen sind, die nur wegen der Champions League gekommen sind, aber eben spielerisch wollen die dann ja auch nicht nur in der Champions League auf dem Rasen stehen, während der Rest wie wild Fischerball spielt, sondern wollen sich ja auch dann individuell einbringen und auch von den ganzen gefühlten No-Names in Szene setzen lassen. Das verursacht Reibung, was zu Misserfolg führt und zu mehr Reibung. Als das System Fischer noch erfolgreich war, war es einfach, die Spieler, die sich nicht fügen, auszusortieren. Oft auch nicht schlau diese Spieler dann zu verpflichten, denn nicht zu Union passen ist noch kein Qualitätsnachweis (looking at you Schalke). Aber nun haben Leute wie Bonucci einfach ne Megalobby und können sich wehren, wenn sie sehen, dass statt der Vorstellung, dass sie mit Union nochmal in ihrer Karriere die Champions League rocken können, auf einmal so ein Knoche ohne Länderspiel spielen soll. Das gibt eben Unruhe, selbst wenn der Verein gerne so tut, als wäre man immer noch ganz klein und ohne Ambitionen, was aber nicht zu dem Handeln passt.

Für diese Reibung, dass die neuen Spieler sich nicht direkt in das Spiel einordnen können, ist für mich auch dadurch repräsentiert, dass Union nach drei BL-Spieltagen soviele Platzverweise hatte, wie nach der gesamten letzten Saison. Das ist deshalb besonders, weil es ja immer hieß, Union weiß wie sie so foulen, dass sie keine Karten bekommen. Dass dann die beiden Platzverweise gerade von Aaronson und Volland kamen, zwei Neuzugängen, könnte unterstreichen, dass diese Spieler noch nicht gelernt haben, das richtig anzuwenden.

Nun muss man sich in Anbetracht der sportlichen Krise fragen, wie man nun das Problem löst. Es tauchen ja nun auch Diskussionen um Fischer auf, der eben mit seinem sehr inflexiblen System natürlich ein Teil des Problems bedeutet. Allerdings sind immer noch 80% der Mannschaft darauf ausgelegt worden, dass sie im System Fischer funktionieren, und das war viel wichtiger als z.B. die eigene individuelle Qualität, weil der Verein eben vieles über das Kollektiv gelöst hat. Jetzt den Trainer und das System komplett zu ändern, und dafür eins zu finden, wo die Neuzugänge besser ihre Stärken einbringen können, damit würde dann aber der Rest der Mannschaft eventuell große Probleme bekommen. Zumal eben die paar Spieler, die jetzt die Probleme machen, auch nur solange da bleiben, wie Union oben mitgespielt hätte, aber jetzt im Sommer, wenn das Ziel wieder ganz klar als Klassenerhalt ausgerufen wird, wieder weiterziehen würden. Da lohnt sich die Anpassung einfach nicht.

Man wird nun versuchen, wieder das alte System, das um Knoche und Khedira zentriert ist, einzurichten, und dann in der Bundesliga um den Klassenerhalt zu erarbeiten, und lässt die Spieler, die jetzt soviel Unruhe bereiten, nun irgendwie beruhigen, und dann im Winter unauffällig wieder abgeben. Und in der CL ist die Messe wahrscheinlich eh gelesen, denn selbst EL halte ich für unwahrscheinlich. Da kann man dann auch nochmal einen Bonucci spielen lassen, wenn er sich einsichtig gegeben hat, oder eben doch wieder Trimmel, als dank für die vergangenen Jahre.

In der Champions League ist die Messe wahrscheinlich eh gelesen, lässt man nun den Stars diese Spielwiese, oder zeigt man es ihnen erst recht, und gibt Trimmel nochmal die extra Ehre für die vergangenen Jahre. Im Winter ohne CL kann man diese dann abgeben und so tun als wäre nie was gewesen.

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Am Sonntagvormittag wird Union unser Schwerpunkt. Wenn ihr Input und Fragen habt: Immer her damit.

Meinem Eindruck oben kann ich wenig hinzufügen, aber ich bin froh, dass der Schwerpunkt kommt und möchte noch ein paar Fragen formulieren:

  • Was sind die Ursprünge der Umstellung der Spiel- und Transferstrategie? Wollte damit Union den Schritt weg von Unionfußball machen, hin zu einem eher spielerischen Fußball als Schlüssel dahingehend, sich nachhaltig in der Bundesliga-Spitze und auch europäisch zu etablieren? Oder woher kam die Not für diesen Schritt statt wie Freiburg einfach am alten Prinzip festzuhalten und den Überschuss an Erfolg einfach als Bonus abzuschöpfen? Andererseits wird Freiburg nie das Potenzial haben, ein europäischer Topclub zu werden, da hat ein Berliner Club natürlich mehr Möglichkeiten und Hoffnungen. Also hat Union jetzt versucht der nächste Big City Club zu werden, oder wie sind die Ambitionen des Vereins?
  • Dahingehend wundert mich, dass es diese Ruhnertgerüchte bei Schalke gab, und dass er anscheinend sagt, dass er mit dem Erreichen der Championsleague dem Projekt Union nicht mehr weiterhelfen kann. Eventuell ist Ruhnert auch tatsächlich an seine Managergrenzen gestoßen, um diesen nächsten Schritt den Union gehen will, zu organisieren? Sportmanager haben eben auch ihre Netzwerke oft so aufgebaut, dass sie zu den ursprünglichen Aufgaben passen, also bei Ruhnert zweite Liga und untere erste Liga, aber ein kompletter Champions League-Kader wäre ja eine ganz andere Welt. Das heißt es kann sein, dass vor allem Berater dann dich bei einem melden, um ihre Spieler zu platzieren, statt andersrum.

  • Und dann eben die Frage, wie sich Union aus der Misere retten kann? Gibt es ein Zurück zum guten Alten oder wird man nun die Umstellung trotz kurzfristiger „Wachstumsschmerzen“ erzwingen, auch wenn man dann damit riskiert, sehr viel vom bewährten Konstrukt einzureißen. Die Rolle, die da die Vereinsführung über Ruhnert und damit auch Fischer bei der gesamten Vereinsstragie spielt, würde mich echt interessieren.

Edit:

  • Wie sieht denn die Reibung zwischen Ambitionen der Fans und des Vereins aus? Eben die Fans sagen, es sei das wichtigste sich selbst treu zu bleiben, auf der anderen Seite sieht man dann diesen Umbruch und auch so Aktionen wie der Umzug ins Olympiastadion, um die Gelegenheit Champions League maximal auszunutzen. Was natürlich dem harten Kern das Erlebnis CL in der alten Försterei nimmt, aber eben dann anderen Fans und Gelegenheitszuschauer die Möglichkeit gibt, auch dabei zu sein, und dem Verein erhebliche Mehreinnahmen.
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Vielleicht passend zu @RobChang’s erster Frage: Besteht denn im Verein tatsächlich auch die Eigenwahrnehmung eines aktiv eingeleiteten Bruchs? Oder anders formuliert: In der Außenwahrnehmung ist der Bruch ja unbestritten da, aber gab es tatsächlich im Sommer einen Zeitpunkt, zu dem intern gesagt wurde „Okay, wir wissen alle, für welche Spielidee der Verein bisher steht. Aber jetzt ist der Moment gekommen, an dem wir das ändern.“?

Kontext für diese Frage: Meine persönliche Vermutung ist es, dass es diese aktive Entscheidung für einen Bruch im Sommer zumindest im Vorhinein gar nicht gab. Denn sonst hätte man ja durchaus Zeit gehabt, den Spielstil auf das neue Personal anzupassen, selbst wenn es noch gar nicht komplett da war. Das ist aber, wie @RobChang ja beschreibt, überhaupt nicht passiert. Man versucht mit teils ganz anderem Spielermaterial die gleiche Art von Fußball zu spielen. Mir kommt es eher so vor, als sei alles im Verein nach wie vor auf die „alte“ Art und Weise, Fußball zu spielen, ausgelegt und der Verlauf der Transferphase war eher ein „Wir sind Union und bleiben es auch! Wow, jetzt haben wir die Chance, Volland zu kriegen! Das können wir uns nicht entgehen lassen. Woah, jetzt Gosens! Okay, jetzt aber wirklich wieder back to the roots. Oh krass sogar Bonucci kriegen wir!“.
Die konkrete Reihenfolge der Transfers habe ich jetzt nicht mehr genau im Kopf, aber worauf ich hinaus will: Es scheint mir zum Teil eher so, als sei Union von der neuen eigenen Anziehungskraft für Spieler völlig überrascht worden und ist in diese neue Transferstrategie mit namhaften Spielern dadurch sozusagen mehr aus Unerfahrenheit mit der Attraktivität der Champions League reingerutscht.

Wie gesagt, das ist alles reine Spekulation meinerseits, aber für mich scheint die aktuelle Situation im Verein viel konsistenter mit einem völlig unerwarteten Verlauf der Transferphase als mit einem bewusst vorbereiteten Entwicklungsprozess.

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Dass man solange noch an einem Isco-Transfer gearbeitet hat, zeigt für mich, dass der Verein immer verborgen wollte, dass man eben auch auf einmal durch namhafte Transfers für Aufsehen sorgt. Als wäre das Ansehen für die bisherigen Leistungen nicht genug, sondern es brauchte noch: „Jetzt holen die auch noch einen internationalen Superstar!“. Damals gelang es ihnen noch, dass sie diesem Spieler, der sich größer als der unbekannte Klub aus Köpenick, zu viel Macht gegeben haben, aber ob es auch ne spielerische Idee gab, ihn einzubinden, das weiß ich nicht. Aber nun mit CL im Rücken, da dachten sie wahrscheinlich, die individuelle Qualität wird nötig sein, um eben dann den nächsten Schritt zu gehen und um die Achtelfinalsplätze konkurrieren zu können. Und sie haben es ja schon geschickt gemacht, sich jetzt nicht mit einmal CL finanziell komplett zu verheben, sondern haben eben nur Leihen und Gosens, der auch noch mittelfristig seinen Dienst einbringen kann, wenn Union weiter international spielt. Aber dann ist halt die Frage, wie sehr sich diese Spieler mit Union identifizieren, oder einfach nur auf die CL-Bühne linsen und der Rest ist ihnen egal.

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Gedanken einer Person, die Union nicht wirklich verfolgt:

1. Erwarungshaltung – oder: Das Ikarus Syndrom
Diese Saison wird zum ersten mal seit ihrem Aufstieg etwas erwartet – zumindest gefühlt. Hab als Realitätscheck mal geschaut in welches Tabellenfenster Union vor den letzten Saisons im Rasenfunk so getippt wurde:

  • 2020/21: 14-16 → 15.25
  • 2021/22: 11-13 → 11.75
  • 2022/23: 09-12 → 10.50
  • 2023/24: 05-07 → 06.00

Da ist diese Saison ein deutlicher Sprung nach oben passiert mit der Erwartung, dass sie wieder international spielen werden. Diese Erwartung haben sie sich über die letzten Jahre natürlich verdient, aber ich habe das Gefühl es hat sie nun eingeholt. Nach drei Jahren Reiten auf der Erfolgswelle weiß gerade keiner wo Union „eigentlich“ hingehört in der Tabelle. Sollten sie normalerweise um die Europaleague spielen? Wäre die Europaleague überhaupt noch ein Erfolgserlebnis nach der Championsleage? Oder ist Union „eigentlich“ Abstiegskandidat? Vermutlich gesichertes Mittelfeld oder so, aber wer weiß das im Augenblick schon.

Dazu passen auch die Transfers von Union diese Saison. Spieler wie Bonucci, Gosens oder Volland freuen sich nicht darüber International zu spielen. Das ist für sie Alltag. Ich will damit garnicht sagen die Transfers seien schlecht, nur dass es damit einen Bruch gab. Wenn so ein kleiner Verein plötzlich auf so einer Erfolgswelle reitet gibt es im Grunde zwei Arten wie es ausgehen kann:

  • Die Reise geht irgendwann zu Ende: Der Verein muss dann zeigen, wie er damit umgehen kann und wieder zum „schöden“ Alltag zurückkehren ohne in ein Loch zu fallen.
  • Die Reise wird zum Alltag: Der Verein muss sich neu aufstellen und Kader und Strukturen entsprechend anpassen um sich dort oben langfristig zu stabilisieren – ohne auf der Hypewelle zu surfen.

Union ist dieses Jahr am höchsten Punkt ihrer Welle angekommen und die Welle bricht gerade, wie es meistens der Fall ist. Diesen Sommer mussten sie sich also entscheiden ob sie kontrolliert wieder auf dem Boden der Tatsachen ankommen und weiter der kultige Underdog aus Köpenick sind, oder aber, ob sie lernen zu fliegen. Dafür müssten sie sich dann Flügel wachsen lassen (aka Kader und Strukturen umbauen).

Mein Eindruck als Außenstehender ist jedoch, dass Union das „Underdog sein“ in die Vereins-DNA aufgenommen hat und daher nicht von heute auf morgen Flügel bekommen wird. Der Versuch diesen Sommer einen Umbruch hinzubekommen von „wir können selbst kaum glauben warum wir hier oben mitspielen, geil, geil geil!“ zu „wir wissen wie gut wir sind, wir machen das schon“ war in meinen Augen einfach zu groß. Spieler wie Bonucci und Co sind sicherlich gute Spieler… aber ich sehe nicht wie sie sich in die Underdog-DNA des Vereins eingliedern wollen. Union hat sich also keine Zeit genommen Flügel wachsen zu lassen, sondern sich einfach welche angeklebt – war aber bereits zu dicht an der Sonne.

2. Was ist anders?
Auf der Suche warum Union plötzlich so einbrach habe ich versucht Veränderungen in ihrer Spielen zu finden. Da ich aber kaum Spiele von ihnen gesehen haben, musste ich mich auf Daten berufen und dort habe ich gefunden: Nichts.
Zugegeben: Als Fußballtaktik-Laie habe ich vermutlich etwas übersehen, aber ich habe alle möglichen (vermutlich) relevanten Statistiken der letzten Jahre im zeitlichen Verlauf dargestellt und nirgendwo gab es eine signifikante Änderung… außer bei den Toren. Eigentlich nur die Differenz zwischen Toren und expected Goals (G-xG) hat sich verändert, sowohl für Union (zum Schlechteren) als auch für Unions Gegner (zum Besseren).

Spielt Union also wirklich so viel schlechter als letzte Saison? Oder gelingt ihnen einfach nicht mehr alles so einfach und sie regressieren zur Mitte? Letzteres gepaart mit der erhöhten Erwartungshaltung wäre dann ein möglicher Auslöser für einen eine Abwärsspirale… und angeklebte Flügel sind nicht wirklich gut geeignet zum Schwimmen.

Quo vadis, Icare?
Angenommen meine Beobachtung in Punkt zwei würde stimmen: Was sollte Union in dem Fall jetzt tun? Die Flügel abschneiden und hoffen dass der Aufprall nicht zu hart wird? Oder doch noch versuchen fliegen zu lernen, wenn auch weiter weg von der Sonne? Wie Daidalos aber schon sagte: Zu tief kann man mit den Flügeln auch nicht fliegen, da die Feuchte des Meeres sie sonst zerstört – sprich: der Kader wird zu teuer und die neuen Spieler wollen sowieso lieber international spielen statt Abstiegskampf.

Ich bin gespannt für was Union sich jetzt entscheidet, wo sie am Ende landen werden und wie sanft die Landung dann wird.

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Ich denke, die Führung bei Union ist zu Beginn der Saison so ein bisschen von der Entwicklung überrollt worden. Bisher hat der Verein sich etabliert, in dem man die Vorgabe hatte, dass jeder Spieler ersetzbar ist und sich System und Trainer unterordnen muss. Von Giekiewicz über Friedrich und Andrich bis zu Awoniy spielt ja mittlerweile nicht nur eine Elf von ehemaligen Leistungsträgern in anderen Mannschaften. Und auch Spieler, die bei Union nicht zurecht kamen, wurden relativ geräuschlos (selbst bei Max Kruse versuchte die Boulevardpresse vergeblich zu zündeln) aus dem Kader entfernt. Das war der Deal: Spieler kamen zu Union, ordneten sich unter, und wenn sie woanders mehr verdienen können, legt man ihnen keine Steine in den Weg.

Jetzt, so vermute ich, sind erstmals Spieler in nennenswerter Zahl im Kader, die andere Ziele haben. Und andere Zahlen auf dem Lohnzettel. Und das hat die Hierarchie in der Mannschaft ordentlich aus den Fugen gebracht. Volland, Gosens, Bonucci und Fofana sind von Ruhnert nicht auf irgendwelchen Nebenplätzen oder Abstellgleisen gefunden worden, sondern die werden sich über ihre Berater selbst angeboten haben. Und natürlich ist es enorm verführerisch, bei Spielern dieser Qualität zuzugreifen. Aber sind die auch bereit, sich so einem akribisch arbeitenden Trainer wie Urs Fischer, der in der Spielklasse Champions League ein ziemlicher No-Name ist, bedingungslos unterzuordnen? Dazu brachen mit Knoche und Khedira wichtige Stützen durch Verletzungen weg. Im Podcast Hauptstadtderby haben die Jungs noch auf das Sprachproblem hingewiesen. Bisher haben die wichtigsten Spieler in der Achse deutsch gesprochen. Jetzt spielte im Zentrum Bonucci hinter Kral. In welcher Sprache kommunizieren die?

Ich hoffe, Union hält an Urs Fischer fest, trennt sich in der Winterpause von den Spielern mit höheren Ansprüchen und findet wieder zu der Einheit, mit der die aktuellen Erfolge überhaupt möglich wurden. Das Vorbild finden sie in der eigenen Stadt. Als Hertha 1999 in die Champions League stürmte und diesen Erfolg trotz erheblicher Investitionen nicht wiederholen konnte, blieb Jürgen Röber noch weitere zweieinhalb Jahre Trainer der Hertha und die meisten Fans bedauerten seinen Abgang.

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Bei Union läuft alles gut. Etwas überspitzt formuliert, aber der Tendenz nach sowas ähnliches wollte ich vor dem Spieltag schreiben.

Ich habe die Niederlage gegen Real gesehen und die gegen Braga und dazu noch die größten Teile einer der frühen BuLi-Niederlagen diese Saison (weiß nicht mehr welche) sowie das Spiel gegen Mainz. Mein Eindruck war durchaus, dass Union sich qualitativ verstärkt hat und auch durch die neue Qualität etwas mehr mit dem Ball anfangen kann (außer vielleicht gegen Madrid). Man hat sich teilweise ‚nur‘ nicht belohnt und das, was @zaunpfahl rausgearbeitet hat, war auch der Eindruck beim Zuschauen: Es gibt gerade eine Tendenz zum Ausgleich des ‚Glücks‘, das Union lange hatte. Nur eigentlich noch schlimmer: Es wirkte nicht wie die Tendenz zur Mitte, sondern es hatte etwas von Dortmund in der letzten Klopp Saison. Mit Ausnahme vom Mainzspiel (das war wahrscheinlich prophetisch für Mainz) hat man sich nicht, wie eine Platz 9 oder 8 Mannschaft der Bundesliga es im Schnitt tun würde, belohnt, sondern drunter. Die Berichte über die Spiele, die ich nicht gesehen habe, klangen ähnlich.
Es gab auch einige Dinge, die wegen der Ausfälle und wegen der Neuen (noch) nicht funktioniert haben, aber a) wissen wir ja aus dem Rasenfunk, dass das allen Vereinen so geht bzw. bei keinem Verein (außer Leverkusen natürlich :wink: ) alles klappt und b) wirkte das ein wenig so als würde man sich trotzdem langsam an das Zerschlagen des Gordischen Knotens heranrobben.

Wie bereits gesagt: Das wollte ich vor diesem Spieltag schreiben. Jetzt sehe ich das ein wenig anders, basierend auf dem Radiobericht, den ich heute zum Spiel gehört habe (nur in Auszügen und eben nur Radio). Denn dort fiel der Satz: „Von Union kommt nichts.“ Na gut, Auswärtsspiel, Khedira ist vom Platz geflogen, Stimmung ist schlecht, Bremen zu Hause ganz gut - kann mal passieren. Das Problem ist nur: Der Satz fiel kurz vor der Halbzeit, also vor dem Platzverweis. Das, zusammen mit dem Spiel gegen Heidenheim, in dem Union auch schon große Schwierigkeiten hatte, lässt bei mir die Alarmglocken schrillen: Die Leistungen scheinen sich den Ergebnissen anzupassen, aber alarmierenderweise im negativen Sinn.

Ich glaube man hat zwei große Probleme:

  1. Man ist jetzt in einer Negativspirale, das Selbstvertrauen ist flöten gegangen, die Verzweiflung ist so groß, dass man Knoche und Khedira reinwirft, obwohl die die nötige Form kaum haben können. Gleichzeitig hat man einige Neue so spät geholt, dass die mit den kalendarischen Zwängen immer noch Zeit brauchen, um voll im System anzukommen. Was mich zu 2. bringt.
  2. Das CL-Problem. Wenn Vereine in den letzten Jahren die CL zum ersten Mal erreicht haben, die da nicht ‚hingehören‘ (Gladbach oder Frankfurt), dann war die folgende Saison meist in der Bundesliga nicht so gut und die Teams haben gestruggelt. Mein Eindruck ist: Internationale Erfahrung ist nicht internationale Erfahrung. Die Motivation für die CL ist bei den Spielern nochmal größer, die Belastung dadurch aber auch. Der Rhythmus ist nochmal anders als in den anderen Wettbewerben und die Belastungssteuerung muss nochmal anders angepasst werden als wenn man nur die ‚kleinen‘ Cups spielt. Die Erfahrung fehlt Union aber auf allen Ebenen und das merkt man jetzt. Dazu kommt, dass man plötzlich Nationalspieler hat, die nicht mittrainieren, wenn man doch mal Zeit hätte.

Was mich zum Ikarus-Syndrom bringt: Hier im Forum sind die Starspieler in der Kritik, aber ich würde die gar nicht teilen und gleichzeitig würde ich auch die Kritik am Management nicht teilen. Denn für mich sind das normale Uniongeschäfte. Verpflichtungen mit dem Ziel den Kader gezielt zu verstärken und ohne übertriebene Kosten. Volland und Gosens wollen (wieder) Bundesliga spielen und man kann ihnen noch die CL vor der EM anbieten, aber beide möchten gerne ‚in der Heimat‘ sein. D.h. die Chance ist da, dass sie auch noch etwas länger bleiben, wenn man nicht mehr CL spielt. Mit Bonucci hat man Erfahrung geholt und gleichzeitig wissen alle, dass er nicht ewig bleibt, sodass es auch kein Problem ist, wenn man nicht CL spielt. Fofana wirkte bisher auf mich wie ein Perspektivspieler à la Awoniy. Das wirkt für mich wie normales Unionscouting/normale Unionverpflichtungen - mit dem Unterschied, dass man mittlerweile über einen Unterbau verfügt, bei dem solche Verstärkungen eben nicht mehr unbekannte Namen sind. Wie gut das in der Mannschaft funktioniert (abgesehen von Fofana) kann ich nicht sagen und ich wäre sehr vorsichtig Herrn Romano zu vertrauen. Dessen Fame leitet sich doch vor allem von der Tuchelverpflichtung ab und jetzt wird er ständig zitiert, obwohl viel von seinen Aussagen eher banal ist bzw. aus den Dingen wird mehr gemacht als da ist. Ist Bonucci unglücklich, wenn er auf der Bank sitzt? Ganz sicher! Welcher Spieler freut sich, wenn er in der CL nur zuschaut? Aber Bonucci weiß doch auch, dass er nicht mehr so viele Spiele haben wird und wenn er sich jetzt mit Union überwirft, macht er ggf. gar keine mehr. Warum soll der also über die Bande gehen, wenn ihm das am ehesten schadet?

Noch eine Frage zum Schluss: Was ist Fischer-Fußball? Ich weiß, das wurde im Rasenfunk schon ein paar Mal ausgeführt, aber wiederholt es für mich doch bitte nochmal.
Taktische Disziplin, starke Defensive + schnell Umschalten, Konter versenken und gute Standards? Ich frage auch, weil es im Rasenfunk hieß, dass Union letzte Saison angefangen hat mehr spielerische Elemente einzubauen und zumindest ein wenig mehr mit Ball anfangen zu können. Einerseits hatte ich das Gefühl, dass das immer noch das Ziel ist und das man das in Ansätzen auch immer mal wieder gesehen hat. Hat man das wieder eingestellt? Spielt man wirklich so wie vor 3 Jahren? Und wenn ja, warum?

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Total spannend. Sind das die Tipps von allen, also die drei aus der Saisonvorschau + Tipps der Hörerinnen oder nur die der Hörerinnen?

Möchte dafür einfach nochmal gesondert ein :heart: vergeben.

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Ersteres. Der Mittelwert dann einfach euch drei plus gemittelte Hörer*Innen und dann geteilt durch vier.

Ach Zaunie :heart_eyes: schöner geht nimmer ! Mir egal wenn das jetzt nicht akkurate Forumsrhetorik meinerseits ist.

Edit: Also von mir, nicht von Dir!

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Wird es eventuell langsam zu einem Faktor, dass Union eben doch an einem großen Medienstandort angesiedelt ist und nicht in der badischen Provinz? Kann man die beschworene Underdog-DNA in Standorten wie Köln, Hamburg, Stuttgart und Berlin überhaupt auf Dauer aufrecht erhalten, oder wachsen dort nicht automatisch zu schnell die Ansprüche, als dass man den Prozess einfach so stoppen oder umkehren könnte?

Jahrelang hat man so viele positive Geschichten geschrieben, dass die paar Störfeuer um Covid, Orban, vegane Currywurst, etc. ganz gut vom Verein wegmoderiert werden konnten, während der Nachbar im Westen der Stadt quasi täglich die Geschichten für die Boulevardpresse abgeliefert hat.

Nun kehrt es sich aber langsam um: Unions Absturz nach dem langen Flug ist, wie du so wunderbar ausgeführt hast, mittlerweile einfach die bessere Tragödie in der Hauptstadt, während Hertha außer Trainersöhnen und lackierten Fingernägeln dem Boulevard nicht mehr viel anbietet.

Union ist jetzt faktisch gesehen der Fußballclub Nummer Eins in der Hauptstadt und wird von den Medien spätestens seit Herthas Abstieg auch so behandelt. Die rasant dazugewonnenen Mitglieder und Fans kennen nicht mehr die Zeiten, wo man vor 4.000 Zuschauern in der Oberliga Nord gespielt hat, sondern Champions League vor 70.000 Zuschauern im Olympiastadion. Es ist eben Berlin und nicht Freiburg.

Gibt es unter diesen Voraussetzungen überhaupt einen Weg zurück zur Underdog-DNA?

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Urs Fischer ist nicht mehr Trainer bei Union…

Sehr schade. Kam für mich jetzt nicht unerwartet, aber schneller als gedacht.
Bisschen schräg, dass er gehen musste, ohne dass es jemand Neues gibt.
Traurige Geschichte… :slightly_frowning_face:

Gibt es jetzt einen Ringtausch Baumgart – Fischer – Svensson? :wink:

Böse :imp: . Denke Fischer und Svensson brauchen jetzt erstmal 'ne Pause.

Ist am Ende halt auch nur ein normaler Fussballclub mit stillen Investor und ohne veganer Stadionwurst.

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