TSG Hoffenheim:
Wenn wir über die bisherige Saison der TSG Hoffenheim sprechen möchten, muss man zwischen den Ergebnissen bzw. der Tabellenkonstellation und der Spielweise unterscheiden.
Nach 11 Spielen hat die TSG 14 Punkte geholt. 4 Siege, 2 Unentschieden und 5 Niederlagen, bei 19:17 Toren. Tabellenplatz 10, 3 Punkte hinter den Quali-Plätzen für die Europa League und Conference League. Diese Ausbeute wurde ich im großen und ganzen als Okay bewerten. Hoffenheim ist tabellarisch gesehen absolutes Mittelmaß. Nicht mehr und nicht weniger.
Was die Spielweise betrifft bin ich maximal unzufrieden. Vor der Saison hatte ich die Hoffnung, dass Sebastian Hoeneß unter deutlich verbesserten Bedingungen (im Vergleich zum Vorhjahr; keine EL, wenige verletzte/coronainfizierte, viel Training etc.) zeigen kann, was die sportliche Führung in ihm gesehen hat, als man ihn verpflichtete. Nach 13 Pflichtspielen muss man leider feststellen, die diese Hoffnungen nicht erfüllt wurde. Ganz im Gegenteil. Aktuell erinnert mich die Spielweise an die Zeit unter Alfred Schreuder. Nehmen wir beispielsweise das Spiel gegen Hertha BSC:
Minute 1-15: Hoffenheim spielt abwartend und passiv. Man hat die Berliner erstmal machen lassen.
Minute 15-35: Die TSG erspielt sich 3 sehr gute Chancen, 3 Schüsse auf‘s Tor. 2 Tore.
Minute 35-45: Hoffenheim zieht sich wieder zurück und lässt die Hertha wieder machen.
Minute 45-90: Kompletter Verwaltungsmodus. Auch wenn es ein paar schlecht zu Ende gespielte Kontersituationen gab. In der gesamten zweiten Halbzeit gab es kein Schuss auf‘s Berliner Tor. Obwohl Hoffenheim 15 Minuten lang in Überzahl war.
Sebastian Hoeneß hofft auf die eigene individuelle Qualität und wartet auf Fehler des Gegners. Das war unter Schreuder doch nicht viel anders, oder? Vielleicht noch defensiver, aber ansonsten gibt‘s da nicht so viele Unterschiede. Durch die eben beschriebene Herangehensweise ist Hoffenheim auch extrem Anfällig für schwankende Ergebnisse. Mal macht der Gegner Fehler, mal nicht, mal hat Kramarić einen tollen Tag, mal nicht. Diese Spielweise ist nicht nur extrem unattraktiv. Ich stelle mir auch die Frage, ob Hoeneß der richtige Trainer ist, wenn die TSG nachhaltigen Erfolg haben möchte. Und das ist noch sehr vorichtig formuliert. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Kramarić im kommenden Sommer weg ist. (Vertrag läuft aus)
Ich würde gerne das ganz große Bild aufmachen: Die TSG Hoffenheim muss sich die Frage stellen, wie sich der Verein seit dem Abgang von Julian Nagelsmann entwickelt hat. Damit meine explizit nicht, dass Hoffenheim seit seinem Abgang nicht mehr in der Champions League spielt. Julian Nagelsmann ist ein ausgewöhnlich guter Trainer. Jemanden wie ihn wird die TSG womöglich niemals wieder bekommen.
Mir geht es vor allem um die Spielweise. Ich finde, dass mit Alfred Schreuder ein schleichender Prozess begann, womit die TSG seine spielerische Identität verloren hat. Mit dem Trainerwechsel (Schreuder → Rapp/Kaltenbach → Hoeneß) sollte dieser Prozess beendet werden. Die letzte Saison konnte allerdings auch nicht für die Entwicklung einer spielerischen Identität genutzt werden, was sicherlich auch an den vielen Verletzten und Coronainfizierten lag. Dementsprechend groß war meine Hoffnung bzgl. einer spielerischen Entwicklung in dieser Saison. Das davon nichts zu sehen ist, macht mich sehr traurig. Vor allem wenn man überlegt, was mit dieser Mannschaft möglich wäre.
Für mich steht die TSG Hoffenheim auch deshalb aktuell an einem Scheideweg. Entweder sie bekommen demnächst einen Trainer, der der Mannschaft eine spielerische Identität gibt, der eine attraktive Spielidee implementiert und dafür sorgt, dass Hoffenheim wieder für einen bestimmten Spielstil steht. Wenn dies gelingt, kann Hoffenheim wieder oben angreifen.
Wenn das nicht gelingt, droht Hoffenheim eine graue Maus zu werden. Vor allem, weil mit Freiburg, Mainz, Union Berlin und Stuttgart (Nicht in dieser Saison, aber mittelfristig) Vereine kommen, die aktuell drauf und dran sind, Hoffenheim zu überholen.
Meine Fragen:
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Meiner Meinung nach braucht Hoffenheim einen Trainer, der der Mannschaft eine spielerische Identität gibt, der eine attraktive Spielidee implementiert und dafür sorgt, dass Hoffenheim wieder für einen bestimmten Spielstil steht. Habt ihr noch den Glauben, dass Hoeneß dafür weiterhin der richtige Trainer ist?
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Kann es sein, dass sich die sportliche Leitung zum zweiten Mal von “nebensächlichen Fakten” hat blenden lassen? Bei Alfred Schreuder: Co-Trainer von Nagelsmann, Co-Trainer von Erik ten Hag beim Champions League Run 2018/2019 mit Ajax Amsterdam. Bei Sebastian Hoeneß: Meisterschaft der 3. Liga, möglicherweise auch von dem Nachname Hoeneß? Hat man dabei zu wenig auf inhaltliche Punkte geachtet? Stichwort: Implementierung einer attraktiven Spielidee, Lösungen im Ballbesitz etc.