Also ich weiß nun nicht, woher diese ultradefensive Haltung kommt. Niemand hat gesagt man soll alles „umschmeißen“ und die sogenannten fehlenden finanziellen Mittel überstrapazieren. Diese Übertreibung ist unnötig. Zweitens wurde ich doch schon einigermaßen konkret, du gehst ja auch darauf ein. Wenn dir das nicht reicht, um Kritik an der generellen Behäbigkeit was neue Dinge einzugliedern angeht, zu akzeptieren, dann ist das so. Aber es sollte auch nicht überraschen, dass ich hier so spontan eine vollumfängliche Beratung machen kann, an der eine ganze Beratungsagentur mit Zugriff auf alle Geschäftsdetails in einem halben Jahr machen würde. Das empfinde ich eher als weitere Taktik, um den Status Quo als alternativlos zu argumentieren. Dabei gibt es eben auch trotz aller Rahmenbedingungen, mal etwas auszuprobieren, das etwas Fantasie zulässt, dass es den Verein weiterbringt.
Aber werde ich nochmal im Rahmen meiner Möglichkeiten konkret:
1. Talentschmiede Bremen
Ja, ich werde aus Bremen wie auch schon die letzten Jahre nicht schlau und so wie ich Benny Grund gehört habe, er auch nicht. Man hat im Frühjahr groß angekündigt, dass man nun Investoren im Verein hat, um eben auch einmal konzeptionell, etwas Neues zu wagen. Und das Geld sollte vor allem in Talente gehen, damit der Verein eine weitere Basis des wirtschaftlichen und sportlichen Erfolgs hat und nicht immer nur um Punktstrafen fürchten muss. Jetzt hat man mit Skelly einen großen Transfer gemacht, der sitzt nun ein halbes Jahr auf der Bank und wird das auch in Zukunft tun, wenn man sich die Vorbereitung und die aktuelle Saison anschaut und das war es dann auch schon mit dem großen Projekt? Das ist einfach komisch. Zumal man ja auch extra Nelson Valdez zum Co-Trainer gemacht hat, um die Integration von südamerikanischen Talenten, die man wohl holen wollte, zu erleichtern. Aber gekommen sind nach Malatini keine weiteren mehr und er bleibt jetzt wieder irgendwie Innenverteidiger Nr. 5 oder 6?
2. Trainer und Spielsystem
Welche Spieler sind denn neu, die nicht schon in der Zweiligasaison im Verein waren?
Stark, Lynen, Stage → Zwei davon kamen im Aufstiegsjahr. Also hat man in den vergangenen zwei Sommern genau einen neuen Spieler in Lynen eingebaut und das auch erst nach einem halben Jahr, wo er ignoriert wurde.
Und eben wenn der Spieler so langsam, wie du es ja auch anerkannt hast, integriert und aufgebaut wird, dann macht es auch wenig Sinn, weitere Spieler mit Fantasie zu holen. Es braucht halt vorher erstmal ein Konzept, bevor man es ausgestaltet und dann fragt man sich halt, ob Werner trotz aller Erfolge, der richtige für das Projekt ist oder ist das Projekt nur groß angekündigt worden, aber eigentlich will man eben alles beim guten Alten halten.
Aber es ist auch nicht die erste Saison, wo Werner Spieler bekommt, die er offenbar gar nicht will und das ist eben auch ein grundsätzliches Problem, wo sich wundert, was ist denn mit der Abstimmung zwischen Trainer und Management. Oder was ist mit Deman, der für Bremen richtig viel Asche gekostet hat und dann letzte Halbsaison nicht gespielt hat, und nun auch noch Köhn auf die Bank gesetzt bekommen hat. Ist er so außen vor, wieso wird er dann nicht verkauft? Wo ist hier die Kommunikation und die Idee?
Und weil so wenige neue Spieler integriert werden, ist man ja eh immer wieder darin gefangen, immer wieder dasselbe Spiel aufzuziehen, aber Entwicklung sieht auch anders auf. Und hier geht es ja auch nicht nur darum, dass man sich entwickeln muss, um Europa zu erreichen, sondern Entwicklung ist Teil des Wettbewerbs, denn die Konkurrenz wird ja nicht schlafen.
3. Verdiente Spieler vs Neue Impulse
Und ebenso langsam ist halt auch das Ersetzen der Aufstiegshelden, um eben den nächsten sportlichen Schritt in der Bundesliga zu machen und auch Platz und Raum für neue Charaktere und Profile zu haben. Aber dazu müssten ja auch erstmal welche gehen. Wer ist denn gegangen?
2022: Toprak
2023: Füllkrug
2024: Pavlenka und Groß
Das ist eben dieselbe Frequenz, wie neue Spieler integriert wurden, nämlich sehr behäbig. Denn die Liste an Kandidaten, ist ja immer noch lang. Ducksch wollte und sollte weg, Bittencourt ist außen vor, verdient aber sehr viel, die Abwehr könnte auch mal frischen Wind gebrauchen und Vejlkovic und Bremen waren ja auch offen für etwas Neues. Dazu noch Keita und Deman, die keine Rolle spielen. Und dann muss man sich auch nicht wundern, dass relativ wenig auf dem Transfermarkt passiert ist, um die Grundlage für eine sportliche Weiterentwicklung zu legen.
4. Generelle Unruhe im Verein
Wenn man den Verein von außen im Sommer begleitet, dann hört man nur Unruhe. Spieler X geht vor die Kameras und fordert mehr Transfers. Trainer geht vor die Kameras und fordert mehr Transfers. Spieler Y geht vor die Kameras und beschwert sich über fehlende Wechsel. Spieler Z geht vor die Kameras und beschwert sich darüber ausgewechselt worden zu sein. Hier sieht man für mich zwei Dinge.
Einerseits gibt es anscheinend keine klare Linie, was das Konzept ist, das der Verein verfolgt und deshalb gibt es Unruhe, wenn das eine angekündigt wird, aber nicht gemacht wird. Zweitens zeigt sich aber auch, dass so viel öffentlich ausgetragen wird, dass gewisse verdiente Spieler sich in dem Verein so wohl fühlen, dass sie sich gewisse Dinge und Kommentare herausnehmen, die ihnen eigentlich nicht zustehen. Ich kann zumindest keine anderen Spieler aufzählen, die mal ähnlich gegenüber ihren Vorgesetzten aufgetreten sind. Wenn dann sowas wie Hinteregger vs Baum oder Baumgartl vs Reiß, wo diese dann aber auch den Verein verlassen haben.
Und diese Unruhe ist halt gefährlich und es ist auch Fritzs Aufgabe, dass es eine klare Linie im Verein gibt, dass jeder weiß, was die Idee ist, und nur jene mit an Bord bleiben, die diese Linie auch mitziehen.
5. Die generelle Werder-Wohlfühloase
Abschließend komme ich einfach wieder nicht an dem Gedanken vorbei, dass das alles nur Sinn ergibt, weil man halt sich davor scheut, neue Dinge zu denken und auch konsequent entgegen mancher anderen verdienten Personen durchzusetzen. Fritz wird Sportdirektor, weil er ja schon immer im Verein war, Werner bleibt trotz Dissonanzen weiterhin Trainer, weil er ja den Erfolg hatte, verdiente Spieler bleiben im Kader, weil man sie ja gerne im Verein halten will, auch wenn sie immer wieder aufmucken. Am besten bleibt alles wie es ist, denn die Gefahr, dass etwas Neues gefährlich sein kann, wird größer gewichtet als die Chance, die ein kohärentes Konzept bieten kann. Man scheut jedes Risiko und jeden Konflikt, obwohl man ja meiner Meinung erkennen kann, das irgendwas nicht ganz rund läuft. Und dass man auch in Konstanz absteigen kann, das hat Bremen ja ganz gut bewiesen. Und wie gesagt, ich fordere nichts Unvernünftiges, aber ein Spieler mehr pro Saison, der Stammspieler wird, wäre ja schonmal ein Anfang, ansonsten wird man nie Talente entwickeln können.