Ich habe es vor einigen Wochen hier bereits gebeichtet, dass ich in dieser Saison nicht viel von Hoffenheim über 90 Minuten gesehen habe und von daher habe ich logischerweise eine andere und vor allem auch unvollständige Perspektive auf den Stand der Dinge. Auch auf die Gefahr hin, dass ich damit sehr nerve, möchte ich - insbesondere, weil mit Louis Loeser jemand zu Gast ist, dessen Wortbeiträge ich sehr zu schätzen weiß - noch einmal einen Aspekt aus der Konserve holen, den ich im Input-Forum aus der abgelaufenen Saison angemerkt hatte. Dazu gleich mehr.
Auch wenn ich wenig Fachkundiges zum jetzigen Zustand des Vereins sagen kann, so kann ich wie jeder eine Sache klar sehen: Mit Breitenreiter kam ein Meistertrainer (nicht Meister in 1998 in der Hintertutzinger Leistungsklasse, sondern in der abgelaufenen Saison in der Schweiz) und die Ergebnisse und vor allem der Fußball waren so schlecht, dass Max sich wiederholt über die eklatanten Schwächen im Spielerischen in der Sendung auslässt. Danach kommt Matarazzo (und geht vielleicht auch morgen wieder) und die Ergebnisse und vor allem das Spiel nach vorne sind so schlecht, dass man sich fragt, ob dieser Verein, den jeder allein aufgrund der finanziellen Grundlagen als unabsteigbar abgestempelt hat, nicht vielleicht doch dieses Jahr absteigt; das Momentum ist jedenfalls nicht auf der Seite der TSG.
Jetzt kann man behaupten, dass das zwei schlechte Trainer seien; es sind sicher keine Anwärter, Guardiola abzulösen, sie sind auch nicht Visionäre in dem, was sie strategisch-taktisch anbieten wollen. Wir alle haben die Stirn gerunzelt, als Breitenreiter verpflichtet wurde; ich finde es zwar nicht richtig, zu sagen, dass Zürich ohne ihn nicht Meister hätte werden können, genauso wie es dennoch falsch wäre zu sagen, dass er gerade der Hauptverantwortliche für diese Schieflage sei. Meiner Meinung nach sind er und Matarazzo einfach zur falschen Zeit am falschen Ort, ohne sie größer reden zu wollen, als sie sind, und ich nehme ihnen auch nicht die Mitverantwortung von den Schultern.
Womit ich auf den Punkt kommen möchte. Max hat im letzten Rasenfunk Royale meine Frage eingebunden:
Und Louis antwortete, dass er über diesen speziellen Aspekt, also die Motivationsbereitschaft des einzelnen Spielers, gar nicht so viel nachgedacht hätte bis dahin.
Daher möchte ich jetzt fragen: Wenn ALLE, die nach Hoffenheim gefragt werden (und keine Dauerkarte nutzen), sagen, dass sie es sich nicht erklären können, was da passiert, und dass der Kader doch eigentlich viel mehr können müsste mit diesen qualitativ hochwertigen und/oder talentierten Jungs, was außer der guten alten „Mentalität“ soll dann der Auslöser für die Krise sein (und hier ist das Wort Krise wirklich mal erlaubt)?
Ihr werdet sowieso viel über Rosen und Breitenreiter sprechen (müssen) und das ist im Rahmen der jetzigen Situation auch absolut nachvollziehbar; es ist mir allerdings schon ein Anliegen, klarzustellen, dass man mit Hoeneß zwei Jahre lang einen Trainer in Hoffenheim hatte, der bis auf den Wechsel des Kapitäns jeden Fehler von David Wagner bei Schalke wiederholt hat (zumindest die, die wir Außenstehenden beurteilen können).
Erst wird ein Jahr lang mit der Verletzten- bzw. Corona-Situation davon abgelenkt, dass kein Einzelspieler (der jetzt noch da ist) bis auf Baumgartner sich weiterentwickelt hat; plötzlich redet Hopp davon, dass das Ziel für die TSG Europa sein soll und Hoeneß stellt sich vor die Presse und behauptet das Gegenteil; dann manövriert sich Hoffenheim im Frühling selbst aus dem Champions-League-Kampf und wird Neunter oder so (da hat man die Leistungsimplosion in dem Ausmaß noch nicht kommen sehen, aber rückwirkend hätte man vielleicht genauer auf diesen Frühling gucken müssen), und Hoeneß sagt kürzlich im Interview, dass eine „Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ bestanden hätte.
Ich bin kein Motivationstrainer, aber ich muss sagen: Hoeneß ist es definitiv auch nicht. Man vergisst glaube ich gerne mal, dass diese Profisportler, egal ob Fußballer oder Tischtennisspieler, immer gewinnen wollen und es hassen, zu verlieren; nur aufgrund dieser Geisteshaltung sind sie überhaupt Profis geworden und nicht Amateure geblieben. Wenn du dann plötzlich einen Trainer auf der Matte hast, der in zwei Jahren keinen Stamm an mehr als vier Spielern findet (und damit mMn auch signalisiert, dass du noch so gut trainieren und spielen kannst und am Samstag dann doch wieder jemand anders spielt, weil er ja auch mal wieder Spielpraxis braucht, was das Leistungsprinzip einfach aushebelt) und dir zwei Jahre lang erklärt, dass es auch nicht weiter schlimm ist, zu verlieren und dass jede Zielsetzung über dem aktuellen Tabellenplatz albern und realitätsfern ist, dann wirst du es entweder irgendwann selbst glauben und deine Moral sinkt dadurch, oder du wirst den Respekt vorm Trainer verlieren und deine Moral sinkt dadurch.
Ich will nicht so tun, als wüsste ich den genauen Grund, warum Hoffenheim aktuell so reinscheißt, und auch nicht, als ob Hoeneß alleinverantwortlich für die jetzige Situation ist; aber meine Überzeugung ist es, dass Hoeneß mehr zu diesem Abstiegskampf, der es jetzt geworden ist, beigetragen hat, als z.B. Breitenreiter. Hoeneß hat einen Kader hinterlassen, dem man ansehen konnte, dass der Biss fehlt, und wenn die Grundlage für ein Bestehen im Profifußball (egal ob aus Sicht einer Mannschaft oder aus Sicht eines einzelnen Spielers) - der absolute Siegeswille um jeden Preis, um jede körperliche Entbehrung - flächendeckend fehlt, dann würden da 99% der Trainer untergehen, weil sich die Gemengelage schon so weit verselbständigt hat.
Ich habe fertig