Von jemanden, der es sich verbietet, dass man die eigene Fanszene destruktiv pauschalisiert, hätte ich nun mehr erwartet als einfach andere Fanszenen als „Eintracht- Idioten“ zu verunglimpfen. Zumal wenn es gleichzeitig mit der Forderung nach Selbstkritik formuliert wird. Aber muss jeder für sich selbst wissen.
Ja, es gibt gewaltbereite Fans und der Verein tut sein bestes eben jene draußen zu halten, glaub mir.
Gewaltbereitschaft ist ein sehr großes gesellschaftliches Problem, das nicht einfach nur durch einen Verein beendet werden kann. Als fundamental in der Bevölkerung verwurzelter Verein gibt es eben alle Arten von Menschen, gerade in Frankfurt: Rentner, Schüler, Arbeiter, Bankvorsitzende, alle. Und dann gibt es eben auch Fans, bei denen eine Gewalthistorie Teil des eigenen Umfelds ist. Aufgewachsen in präkären Umständen, wo Gewalt im eigenen Elternhaus oder Viertel allgegenwärtig ist. Wo die Fähigkeit, sich wehren zu können immer wichtiger wird und zum Ideal verkommt. Es entwickelt sich eine komplette Subkultur, die viel größer ist als nur das Fantum eines einzelnen Vereins. Man muss sich ja nur den Gangsterrap anschauen, der viel aktiver die Gewaltbereitschaft promoviert. Aber dort stellen sich komischerweise nie Verbotsforderungen auch wenn die Fans auch gerne mal Kinosäle klein schlagen. Es gibt eben eine komplette Parallelgesellschaft, gerade in den großen Großstädten. Und niemand würde sich die Gesichter einprügeln lassen, wenn er am nächsten Tag seiner fürsorgenden Mutter oder einem bürgerlichen Kunden unter die Augen treten müsste. Also die Präkarisierung hält immer noch an, was eben die Norm ist, wenn man dort hinein geboren worden ist.
Was da nun der Fußball lösen soll, was die Politik oder Polizei nicht schafft, verstehe ich nicht. Klar, alle die gewaltbereit rund um den Fußball auftreten werden konsequent aus dem Stadion verbannt. Was eben ein zivilrechtlicher Akteur machen kann, Hausrecht ausüben, und dazu noch eben Prävention sowohl sicherheitstechnisch als auch sozial durch Fanprojekte. Alles andere ist halt Angelegenheit der Politik, die ganz andere Möglichkeiten hätte.
Wenn Außenstehende aus einem ganz anderen Umfeld nun fordern, da müsse man doch mal durchgreifen, dann verkommt das doch recht schnell zu Populismus. Weil eben die eigene gesittete Situation sehr angenehm und fern von Gewaltpotenzial ist, bis auf den Nachbarn, der sich nicht an die Mittagsruhe hält, übertrieben gesagt. Und so ist es auch ein wenig, wenn Vereine mit eher ausgewählten Fans herkommen und sagen, es ist doch ganz einfach, seht her bei uns, das Stadion halb leer und nur voll mit Bayermitarbeitern, hier gibts keine Probleme.
Ja, halt nur kein Beispiel, das es nachzustreben gilt, weil einfach nicht das worum es Vereinen geht, auch euch nicht. Zumal es eben ein kulturelles Gut ist, dass der Fußball Menschen allmöglicher Hintergründe vereint und Klassengräben überwinden kann. Das durch Selektion zu beenden, würde nichts lösen. Denn dann hat man noch weniger Handhabe in die Szenen hinein und schlagen dann halt woanders problematisch auf.
Und bei all den großen Gewaltgeschichten um den Fußball darf man in dem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass es wirklich sehr schwierig ist, bei Menschen, die immer nur sich selbst oder ihre Leute hatten, Vetrauen in die bürgerlich geprägten Strukturen zu geben, wenn diese dann auch wieder willkürlich agieren und sich herausnehmen, Gewalt jedweder Form, gegen diese Leute auszüben. Und das ist eben das was in Neapel passiert ist. Menschen, die sich leicht provozieren lassen und zeigen wollen, dass sie sich das nicht von der italienischen Polizei und den Neapelfans gefallen lassen wollen, machen dann Chaos, weil es eben auch keinerlei Sicherheitskonzept gab, weil die Polizei dort schon lange aufgegeben hat. Ähnliches in Marseille, wo die Ordner am Stadion null kontrollieren und dann auf einmal 3000 Eintrachtfans sich mitten in einem militärischen Gefecht wiederfinden. Und dass dort dann ein paar davon sich wehren wollen, nicht gutzuheißen, aber auch nicht überraschend.
Am Ende des Tages ist es eben meist Gewalt, die Gegengewalt schafft und somit einen Strudel der Gewalt. Und von jugendlichen Akteuren zu erwarten, sich wie Erwachsene zu verhalten, oder gar nicht teilhabenzudürfen an der Gesellschaft, ist auch sehr kurzgegriffen, wie der Bremer Vereinspräsident sagte, als die Polzei in Wolfsburg meinte, mal ihre Gewalt auszutesten.