BVB - FCH
Da sind sie wieder zurechtgerückt, die Verhältnisse.
Sahin überrascht. Alle. Gegner, Medien und Fans.
Guirassy in der Startelf war das eine, aber Adeyemi und Malen als zusätzliche Außenstürmer das Andere.
Can muss draußenbleiben und in den ersten 20–25 Minuten überrollt Dortmund Heidenheim.
Das war schon beeindruckend, welche Wucht da am Start war.
Adeyemi spielt den FCH auseinander, Guirassy macht die Räume auf und Heidenheim bekommt weder Zugriff noch gelingt es, die Mitte zu schließen.
Man bekommt klar aufgezeigt, dass hier ein 50 Millionen Kader einem 460 Millionen Kader gegenübersteht.
Als Underdog hast du nur eine Chance, wenn du am Limit spielst und keine Fehler machst, aber auch dann muss dein Gegenüber einen schlechten Tag haben.
Beides blieb aus.
Das 1:0 eine Folge dessen. Gimber bekommt die Beine nicht mehr zu und nimmt Mü jede Chance.
Bereits 4 Minuten später der nächste Fehler. Leo Scienza verliert zu leicht den Ball in der Dortmunder Hälfte, Ryerson leitet das Dortmunder Umschaltspiel ein, über Malen und Brandt geht es zu schnell für HDH nach vorn und Adeyemi erzielt das 2.0 aus knapp 10 m ins lange Eck.
Das war der Moment, indem ich dachte, autsch-das wird böse heute.
Déjà-vu.
Auch ein Jahr zuvor standen einige zum ersten Mal vor der gelben Wand und 81000 Zuschauern. Beeindruckt und verständlicherweise gehemmt.
So auch gestern, Scienza und Wanner war das Erlebnis in der ersten Hälfte sehr anzumerken.
Wen wunderts, der eine frisch aus der 3. Liga und der andere von den Medien zum neuen Wunderkind hochgejazzt.
Nach gut 30 Minuten fingen sich die Heidenheimer und kamen ebenfalls zu Chancen. Nachdem er in der 36. Minute noch frei vor Kobel den Kopfball als Rückgabe in dessen Arme abgeschlossen hatte, gelang Marvin Pieringer das 1:2 nach einer Flanke von Traore´.
Die Morgenluft entwich leider zügig, denn 2 Minuten später war es wieder Ryerson der einen Konter einleitet, Guirassy macht auf und Adeyemi erzielt das 3:1.
Zu Halbzeit 2 kam Sissi Conteh für Adrian Beck, der große Mühe mit dem Spiel hatte.
Heidenheim wurde offensiver, aber auch konteranfälliger.
Scienza hatte gleich 2x eine vielversprechende Möglichkeit, blieb aber zu überhastet am eingewechselten Marcel Sabitzer hängen. Der wiederum traf im Anschluss zum 4:1. Dieser Treffer wurde wegen eines vorausgegangenen vermeintlichen Handspiels von Pascal Groß zurückgenommen.
Kurz darauf Guirassy fast mit seinem Debüttor. Der Versuch eines spektakulären Seitfallziehers, aber Mü pariert nicht weniger spektakulär.
Statt 4:1 dann das 2:3. Niklas Süle trifft nicht den Ball, sondern Mikkel Kaufmanns Wade und Schiedsrichter Schröder entscheidet auf Elfmeter. Der kurz davor einwechselte Maximilian Breunig trifft unaufgeregt und sicher.
Die nächsten 10 Minuten scheint der FCH wieder die Chance zu haben, einen Punkt aus Dortmund mitzunehmen. Doch dann verwechselt Sirlord Conteh die Sportart und blockt einen Ball mit dem falschen Körperteil. Wieder Elfmeter, Can trifft in der 92. Minute zum 4:2 Endstand.
Warum ich trotzdem nicht unzufrieden bin?
Wie schon im vergangenen Jahr sind hier einige Spieler auf dem Platz, die zum Teil eine Liga übersprungen haben. Auch bei Rückständen und überlegenem Gegner gibt sich keiner auf und es geht immer in Richtung Torerfolg. Da passt schon sehr viel zusammen und es steht auch genug Talent auf dem Platz, dem man Zeit zur Entwicklung geben muss und wird.
Scienza und Wanner werden das hinbekommen.
Sie dürfen Fehler machen, werden aber trotzdem weiter spielen.
Conteh, bei dem ich in den ersten Vorbereitungsspielen dachte, wow ist der schnell, aber am Ball wird es schwierig, hat schon ordentlich dazugelernt.
Breunig, ebenfalls aus der 3. Liga, passt perfekt. Unaufgeregt und mit Überzeugung geht er das an. Vor ein paar Jahren saß er 2 Wochen im Rollstuhl. Nach einem Autounfall bekam er die Verdachtsdiagnose: Querschnittslähmung.
Doch er hatte Glück, der Lendenwirbelbruch schrammte Millimeter an der Lähmung vorbei. Breunig kämpfte sich zurück und stand 9 Monate später wieder bei den Würzburger Kickers auf dem Platz.
Er fühlt sich wohl auf der beschaulichen Ostalb und in der Box. Das kann ein Großer werden, wenn er ohne schwerwiegende Verletzungen bleibt.
Niklas Dorsch, über dessen erneute Verpflichtung erstaunlich wenig gesprochen wird, obwohl der FCH für seine Verhältnisse da richtig Geld in die Hand genommen hat, stabilisierte das Spiel nach seiner Einwechslung sofort. Es war zu erkennen, dass er das spielerische Niveau anheben wird.
Auch Kaufmann und Honsak konnten zeigen, dass sie in die Mannschaft passen und ihr weiterhelfen können.
In der ersten Bundesligasaison fehlte noch die Möglichkeit, durch Einwechslungen dem Spiel noch einmal eine positive Wende zu geben.
Dies war für mich das größte Problem im letzten Jahr. Zu abhängig war man von 3 bis 4 Spielern.
Long Story short, nahezu 30 Minuten komplett unterlegen und doch nicht untergegangen, da ist nicht nur noch viel Luft nach oben, sondern auch Qualität erkennbar, die einfach noch etwas Zeit benötigt.
Sie werden weiter machen, Spiel für Spiel. Unaufgeregt und konzentriert.
Gut, dass es jetzt auch medial wieder ruhiger wird.
Den BVB loben, dürfen jetzt andere.