Borussia Dortmund

Wenn ich das heute im Wolfsburg-Segment richtig verstanden habe, dann sogar mehr als einmal … Offenbar trifft es einen Nerv.

Mir sind kürzlich zwei Artikel begegnet, die sich vielleicht beide über Eck mit dieser Frage beschäftigen. Beide diese Artikel versuchen nämlich den Handlungsspielraum von Trainer:Innen zu ergründen.

  1. Tiotal Football: Theory of Soccer: A world without tactics (mit dem wunderschönen Untertitel "So wie wenn alle Teams von Jürgen Klinsmann trainiert würden)
    Theory of Soccer: A world without tactics

  2. John Muller: How can you tell if a football manager is actually good at their job?
    How can you tell if a football manager is actually good at their job? - The Athletic

Beide kommen erstmal zu dem Schluss, dass vor allem Geld Erfolg bringt (oh Wunder), aber es selbst in Ligen mit einem geringerem Ungleichverhältnis wie der MLS schwierig ist die tatsächliche Rolle eines Trainers im (Miss-)Erfolg zu bewerten. Als Faustregel für Trainer:Innen halten die beiden „Play your best players“ fest, ersterer Text kommt zu folgendem Ergebnis:

  • „It’s basically impossible for a manager at the professional level to ruin a team with poor (in an absolute sense) tactics. It is very possible for a manager at the professional level to refuse to allow the players to play tactics that fit their strengths, and it is very possible for a manager at the professional level to not pick the best team.“

Eine Antwort auf die „Kernfrage“ bringt das natürlich auch nicht, aber ich denke, dass auch der Faktor Glück durchaus komplex sein kann und nicht zwingend Populismus ist.

1 „Gefällt mir“

Interessanter Text.

Allerdings hätte ich mir eine Definition von „Taktik“ (vielleicht habe ich sie auch überlesen?) und eine Abgrenzung zu „Strategie“ gewünscht. Manchmal frug ich mich, ob diese beiden Begriffe synonym verwendet wurden. Richtig klar wurde mir das nicht.

Auch die Sache mit dem Naturzustand habe ich nicht verstanden. Irgendwie schien man anzunehmen, dass sich in diesem Naturzustand die Spieler von alleine über dem Platz verteilen und irgendwie zusammen spielen.

Aber warum?

So ging es mir mit vielen Passagen im Text. Und es will mir immer noch nicht gelingen, diese beiden Sätze logisch miteinander in Einklang zu bringen:

Ich kann also mein Team nicht durch schlechte Taktik kaputtmachen, aber ich kann Spielern verbieten, mit Taktiken zu spielen, die zu ihren Stärken passen.

Ist das dann nicht schlechte Taktik, mit der ich das Team kaputtmache?

:joy:

Dortmund 2023/24:

4 „Gefällt mir“

Bin hier grade ein bisschen überfordert:
Die Bundesliga ist doch nicht die MLS also ist die Kernfrage doch dadurch beantwortet. Dortmund hat mehr Geld und dadurch eine höhere individuelle Qualität der Spieler. Dortmund ist natürlich nicht so massiv überfinanziell aufgestellt wie die Bayern, aber am Ende hat man trotzdem gerne mal nen 5x so hohen Personalaufwand als der Gegner gegen den man spielt und sich vielleicht gerade so zu einem Sieg durchringt.
Der einzig freundliche Move von Dortmund für die Parität der Liga ist, dass man einen nicht geringen Anteil des massiv höheren Budgets oft in Spieler steckt die eher das Gegenteil von Leistungsträgern sind.
Also vielleicht ist die Kernfrage nicht beantwortet wenn man nur die Möglichkeiten „Glück“ oder „Dortmund spielt besser als es aussieht“ als Antwort akzeptiert, aber mMn ist der wichtigste Teil der Antwort halt diese 3. Möglichkeit.

Oder etwas umformulierte Möglichkeit 2: „Die individuelle Qualität von Dortmund ist besser als behauptet“ (wegen Geld).

Das Erreichen des Champions League Finals plus Klub-WM nächstes Jahr sorgt auch nicht dafür, dass der finanzielle Unterschied geringer wird.

Da hast du vollkommen Recht. Ich wollte eher nochmal herausstellen, dass ich es schwierig finde, die Leistung von Edin Terzic im Hinblick auf den Erfolg zu beurteilen.

Die Unterscheidung Taktik/Strategie fehlt definitiv.
In dem Artikel wird ja betont, dass es sich vor allem um ein Gedankenexperiment handelt und der Begriff des Naturzustands auch direkt kritisch eingeschränkt. Ich habe diese „natürliche Verteilung“ als offensichtliche Prinzipien verstanden, die - unter der Prämisse gewinnen zu wollen - immer verfolgt werden, also zum Beispiel

  • Wir wollen ein Tor schießen → Wir müssen den Ball zusammen in die gegnerische Hälfte bringen
  • Wir wollen kein Tor kassieren → alle Spieler verteidigen (und mit 11 Spielern auf den Ballführenden loszuspringen ist wenig erfolgversprechend)

Es gibt nicht den einen Naturzustand von Taktik, aber jede Mannschaft hätte eine taktischen Herangehensweise, ohne, dass etwas explizit vorgegeben wird.

Der Punkt aus meinem Zitat ist glaube ich, dass durch das extrem hohe Grundniveau und die Erfahrung der Spieler eine taktisch/strategische Baseline vorhanden ist, welche die Spieler ggf. eigenständig umsetzen. Um aber das Maximum an Erfolg herauszuholen sollten Spieler und Strategie zueinander passen. Um im Bild des BVB zu bleiben: Dortmund würde mit jedem Trainer wahrscheinlich mindestens 5. werden.
Und mit dieser Erkenntnis drehen wir uns im Bezug auf die Ausgangsfrage wieder im Kreis.

1 „Gefällt mir“

@Ankersechser

Vielen Dank für deine Ausführungen!

Das ist beruhigend zu wissen.

Ja. Das ist mir auch aufgefallen.

Ich habe das gar nicht verstanden, weil sich mir nicht erschließen wollte (und es auch nicht erklärt wurde), wie es zu dieser „natürlichen Verteilung“ kommt. Mein Eindruck war, dass man im Text davon ausging, dass sich die Spieler in dieser Art „Naturzustand“ von allein so über den Platz verteilen würden, wie sie es jetzt - mit Taktik, Strategie, match plan etc. - tun. Aber was ist, wenn sie das nicht tun?

Ich habe hier sofort ein Bild vor Augen stehen, das sich auch in einem Band von Asterix finden lassen könnte: Ein Spieler mit dem Ball am Fuß ist umringt von zehn Mitspielern, und der gesamte Block bewegt sich auf das Tor der gegnerischen Mannschaft zu, dabei jeden gegnerischen Spieler zur Seite schiebend … :joy:

Aber wahrscheinlich muss man für dieses Gedankenexperiment wirklich annehmen, dass die Spieler sich wie Fußballer verhalten, die in der UCL spielen.

Ja. Wenn dieser Naturzustands-Fußball funktioniert wie der Fußball, den wir kennen. Sonst nicht.

Das ist der Punkt. Ich habe „Naturzustand“ immer als eine Art „Sammelkasten von Prinzipien“ verstanden, die zu jeder Zeit und für jeden gelten. Demnach wäre der Naturzustand für dieses Fußball-Gedankenexperiment, dass es keine festen taktischen Prinzipien wie heute gibt - und die Spieler stellen sich so auf den Platz, wie es ihnen gefällt. Ich weiß darum nicht, ob es überhaupt eine „Taktik“ geben würde, die über „wenn wir angreifen, bewegen wir uns alle nach vorne, und wenn wir verteidigen, gehen wir alle zurück“ hinausgeht. Es ist Naturzustand. Life is simple.

Tja. Mir fehlt die Phantasie, um mir das vorstellen zu können. Wenn etwas nicht explizit vorgegeben wird, dann gibt es keine taktische Herangehensweise. Das ist mein Verständnis des Naturzustandes. Woher soll sie auch kommen, die gemeinsame Herangehensweise? Niemand im Naturzustand „kennt“ Fußball, wie er heute gespielt wird. Außer den beiden gruppendynamischen Prozessen, die ich oben angesprochen habe, sehe ich nicht, was da auf dem Platz sonst noch passieren sollte.

Ja, ich habe es auch so verstanden, dass das die Hoffnung ist. Woraus sie sich speist, wurde meiner Meinung nach nicht hinlänglich erklärt. Es wird einfach angenommen. Darum bin ich mir nicht sicher, wie das gehen soll, denn jeder Spieler hat andere Erfahrungen gemacht und ohne Vorgaben durch den Trainer werden diese auch nicht für die Mannschaft als Ganzes geordnet. Zudem stellt sich die Frage, wie lange das so gehen soll. Nach einigen Monaten dürfte von den Prinzipien, an denen man sich einmal orientiert hat, weil man sie gelernt hat, nichts mehr übrig sein. Es macht jeder, was er will.

Hier schummelst du jetzt aber. Es ging in dem Text nie um Strategie. Es ging immer nur um Taktik. So wie ich das verstanden habe, bedeutet das, dass man einen Stürmer als Stürmer einsetzt und einen Verteidiger als Verteidiger. Und wenn man nicht Julian Nagelsmann ist, dann stellt man Kai Havertz auch nicht in die Fünferkette, weshalb ich diese Argumentation etwas dümmlich fand.

Ich meine, wundersamerweise wissen die Spieler alle auch ohne Trainer, wie man zu spielen hat, aber der Trainer ist dann zu doof, um Füllkrug als Stürmer aufzustellen, weil er ihn eher als Innenverteidiger sieht?

Warum? Weil angenommen wird, dass die Mannschaft aufgrund der Tatsache, dass der BvB mehr Geld hat als fast alle und somit die individuell zweitstärksten Spieler im Team versammelt sind, so dass dann die Mannschaft in minimaler taktischer Ordnung, die sich irgendwie von selbst ergibt, „hero ball“ spielt und über die individuelle Klasse zu Siegen kommt?

Erschließt sich mir nicht.

1 „Gefällt mir“

Ja. Das war auch meine Schlussfolgerung.

Ok, das ist weit genug entfernt von perfekt eingeparkt, dass der Unterschied zu meinem GIF groß genug ist :smiley: (Kontext: Zaunie hatte Angst der Copycat beschuldigt zu werden, als wir unsere GIFs parallel gesucht haben)

1 „Gefällt mir“

Tun sie ja sogar bei „gehens hinaus und spielens Fußball“. Es ist eine Standardtaktik, die die Spieler dann in ihrer Sozialisierung so anerlernt haben.

Aber die These des Artikels ist ja, dass Taktik weniger Effekt hat als gemeinhin angenommen und zum das zu begründen nimmt er die MLS als Beispiel einer wirtschaftlich eingeebneten Liga.
Für die Bewertung von Dortmund würde dann eben dieses Zitat passen

Zumindest wenn man annimmt Terzic sei der neue Jürgen Klinsmann.

P.S.: Die Kritik verstehe ich nicht, es geht ihm ja eben um Taktik und von nichts anderem schreibt er?

Und er definiert doch (sehr grob paraphrasiert) Taktik ist den Spielern einen Plan zu geben, was sie auf dem Feld tun?

Kann man es sich wirklich so einfach machen? Das wäre ja dann nicht „Naturzustand“, sondern „Zustand Stand jetzt, aber wir machen alle so, als hätten wir noch nie Fußball gespielt“.

Das sind in meinen Augen völlig andere Dinge.

Ja. Das kann die Definition für beides sein. Taktik und Strategie. Das war - und ist - mein Problem.

Kann mir wär der näher dran ist erklären:

Wäre ein beispielhafter Tabubruch

Äh sorry, aber der Link führt zu einem Bild eines Geländeentwicklungsplans?! :thinking:

Eine Strategie ist kein Plan, sondern eine Idee, die einem Plan zugrunde liegt.

Sollte jetzt gefixt sein sry

1 „Gefällt mir“

Ja.

A. Strategie ist, den Spielern einen entweder offensiven oder defensiven Plan zu geben, was sie die Saison über auf dem Feld tun.

B. Taktik ist, den Spielern einen mehr oder minder detaillierten Plan zu geben, was sie in Spiel X auf dem Feld tun.

Ich glaube, wir haben beide eine Idee davon, was „Strategie“ und „Taktik“ ist. Mein Eindruck beim Lesen des fraglichen Artikels war, dass das in genanntem Artikel nicht immer voneinander zu unterscheiden war.

Das kommt auf die eigene Haltung bzw. das eigene Weltbild an, würde ich meinen. So zynisch es auch sein mag.