Wie auch beim RB-Schwerpunkt hätten sich Sollbruchstellen angeboten, an denen die vollkommene Loslösung von Vereinsführung und Fußballfans problematisiert werden können.
Watzkes Statement nach dem Motto, wir sind erfolgreich und machen einen Reibach klang schon ziemlich arg nach dem wehklagenden Unverständnis der Demokraten nach der kläglichen US-Wahl, die vor lauter abstrakten Wirtschaftskennzahlen nicht zu raffen schienen, dass ein Großteil der Bevölkerung die Inflation stärker spürt als makroökonomische Trends.
Das Werbelabel „Echte Liebe“ wird zwar einerseits gemolken, dass sich die Balken biegen, auf der anderen Seite kommt der Verein aber auch mitnichten auf die Idee, diese Liebe mal in direkter Form zurückzuzahlen. Sei es durch Vergünstigungen im Bereich der Tickets (die stattdessen immer teurer werden) oder durch eine bewusstere und weniger polarisierende Auswahl von (finanziell zudem nicht lukrativen) Sponsoren.
Watzke reiht sich damit in die Reihe der neoliberalen Vorkämpfer der Hyperkapitalisierung ein, die das übliche Trickle Down predigen und Menschen zum willenlosen wie unwidersprochenen Konsumenten degradieren. Hier geht es sich nicht um die Zufriedenheit der „Pöhler“, die eh immer ins Stadion kämen, sondern um Weltmarktanteile, Wachstumsraten und Performance-Kennzahlen. Ob nun im Kader noch irgendwie geartet Identifikationsfiguren rumlaufen oder eine Stimulanz der emotionalen Komponente des Fandaseins erfolgt, ist dabei irrelevant. Solange ein Platz von 2-5 rausspringt, ab und an eine Perle am Talentemarkt geschnappt werden kann, in die dann zwei Jahre allerhand hineinprojiziert werden kann, ehe sie von dannen ziehen und im Vierjahrestakt gegen Real, Barca oder ähnliche Größen auf dem Weg ins CL-Viertelfinale gewonnen wird, werden genügend Konsumenten die Ware BVB mit ihrer Nachfrage beglücken.
Ob die Ware dabei von einem eingefleischten Ultra oder Tourist XY abgenommen wird, ist Aki wirklich vollkommen egal.
Emotionale Distanzierung und Entfremdungserfahrungen kommen aber nicht von ungefähr und solange er und sein Pendant im Brause-Kosmos den Ton angeben, wird der Erfolg des „Vereins“ vor allem über Finanzkennzahlen gemessen, die zweifelsohne wiederum von guten Platzierungen abhängen, diese aber nicht voraussetzen.
Ganz vielleicht war es Teil des Kloppschen-Charmes, dass er es vermochte, nahbare Kicker (aus der Region/Jugend) mit externem Talent zur perfekten Symbiose zusammenzuschweißen und dabei eben auch auf Aspekte der Zugänglichkeit achtete.
Ich weiß jetzt nicht, ob Donyell Malen, Karim Adeyemi und Niklas Süle beim durchschnittlichen Dauerkarteninhaber die Identifikationsfläche anbietet, die technisch ggf. beschränktere aber dafür umso engagiertere Jungs wie Schmelzer, Piszczek, Lewandowski und Subotic offeriert haben. Jedenfalls würde ich aus der Ferne behaupten, dass die Gucci-Täschchen und Kapriolen jenseits des Platzes im Pott eher weniger gut ankommen als die klassischen „Malocher.“
Und ganz im Ernst: Süle, Sabitzer und Can kommen entweder direkt aus München, oder haben eine Fußballsozialisation durchlaufen, die es jetzt nicht unbedingt plausibel macht, ihnen die große Leidenschaft für den BVB abzunehmen. Das mag nun Küchenpyschologie sein, aber ich fände es als Fan nun nicht gerade prickelnd, Spielern wöchentlich die Daumen drücken zu müssen, die von den größten (sportlichen) Widersachern kommen. Vor allem, wenn dazu die Abneigung vieler Fans gegenüber den Konzernfilialen hinzugerechnet wird, sei dies nun SAP, RB, VW oder Bayer.