Ok, das wird jetzt länger. Ich drösel das mal ein bisschen anhand deiner genannten Punkte auf, um meinen Standpunkt noch weiter zu erörtern:
Transferpolitik: Also zunächst einmal gab es noch keine Transfersperre als Keller im April 2022 in Köln angefangen hat. Er hat im ersten Sommer Modeste, Özcan, Bisseck und Ehizibue für insgesamt etwas über 13 Mio verkauft (Quelle immer Transfermarkt.de, Handgeld und Vertragslänge ausgeklammert) und damit rund 7 MIo Gewinn gemacht, denn für 6 Mio kamen insgesamt Kilian, Adamyan, Tigges, Martel, Soldo und Huseinbasic. Der ablösefreie Maina sei noch erwähnt. Das war wohlgemerkt der Sommer, als man in die Conference League eingezogen ist. Martel und Huseinbasic haben sicher mehr gehalten was sie versprochen haben, den Modeste Abgang mit Adamyan, Tigges und dem intern beförderten Dietz auffangen zu wollen war aber zu jeder Zeit grotesk, vor allem vor dem Hintergrund das man ja auch international spielt. Die Hinrunde lief dann Offensiv auch wirklich nicht gut, wobei durch die WM in Katar alles auch extrem komprimiert hat und für den FC kaum zu stemmen war. Im Winter kam dann Selke, zunächst als Leihe und dann im Sommer 23 fix verpflichtet. Im Frühjahr flatterte die Transfersperre ins Haus, die dann aufgeschoben werden konnte, so dass der FC im Sommer '23 am Transfermarkt teilnehmen konnte. Da hat man für 2,5 Mio Chabot fest verpflichtet, ansonsten nur ablösefrei Pacarada, Heintz und Christensen, zwei ältere Ersatztorhüter und Waldschmidt und Alidou als Leihe geholt. Wobei man unter anderem mit Duda, Skhiri und Hector Leistungsträger bzw. den zweiten Sommer in Folge Führungsspieler und damit enorme Substanz abgab. Und kleiner teaser: Führungsspieler fehlen dieser Mannschaft bis heute! Der Kader ist in den ersten Kellerjahren regelrecht ausgeblutet, fast schon folgerichtig ist man dann auch auf elende Art abgestiegen, wobei ich mich an die letzte PK von Keller und Baumgart vor Schließung des Transferfensters im Sommer '23 erinnere, als sie vom Podium wirklich ungemütlich Journalisten auf die Frage hin anblafften, ob man wirklich keinen neuen Stürmer holen wollte, weil Selke und Uth viel verletzt und Dietz, Adamyan und Tigges nicht die Klasse haben. Hätten sie mal lieber gemacht, anstatt zu denken sie seien die Allergeilsten.
Dann Transfersperre, Abstieg, Baumgart Aus usw. Die nächsten Transfers gab es dann im letzten Winter, als man 6 Mio für Racioppi (mittlerweile dritter TW), Schmied, Rondic und Gazibegovic ausgab. Keiner von denen hat in der Rückrunde nachgewiesen eine Verstärkung sein zu können, und das in der zweiten Liga. Rondic und Schmied haben zudem wohl 4 1/2 Jahresverträge unterschrieben. Das Glück für Keller trägt den Namen Lemperle und Downs, die den Sprung zu den Profis geschafft haben, sonst wäre diese Mannschaft irgendwo da wo Hertha jetzt steht und ein kompletter Scherbenhaufen. So steigt man immer noch vermutlich auf, was an dieser Liga liegt, aber natürlich auch Fakt ist.
Zusätzlich gab es immer Stress mit Jugendspielern, dessen Verträge er nicht verlängern konnte (das lag dann immer an den gierigen Beratern und bestimmt nicht an seinen knausrigen Angeboten). Der Vertrag von von der Hitz läuft immer noch aus was unfassbar ist, Diehl hat man ablösefrei nach Stuttgart verloren, Lemperle geht ablösefrei nach Hoffenheim (ROGON lässt grüßen, mit denen hat man dann einen Kleinkrieg angefangen), Downs läuft nächstes Jahra aus, er ist aber wohl nicht ganz glücklich das ein Rondic mehr als er verdient. Zurecht wohlgemerkt.
Unterm Strich hat Keller sicherlich Geld bei den Gehältern im Lizenzspielerbereich gespart, das ganze ging aber zulasten jeder sportlichen Wettbewerbsfähigkeit, mündete im Abstieg und einer ganz biederen Truppe mit enormen Tempodefizit. Lücken wie auf RV und LV hat er nie schließen können, auch wenn mit Finkgräfe auf LV ein großes Talent rumläuft (aber wieder auch nicht Kellers Verdienst). Im Sturm bewies er eine Nibelungentreue seinen Verpflichtungen Adamyan und Tigges gegenüber, die beide allerdings selbst in der zweiten Liga kein Bein auf den Boden bekommen. Für mich ist das unterm Strich ein Ungenügend bei der Kaderzusammenstellung, und das ist halt sein Kernbereich als Geschäftsführer Sport. Sicher, die Transfersperre hat es ihm schwer gemacht und die Umstände waren schwierig, aber bei seinen Transfers hat er fast ausschließlich in die Jauchegrube gegriffen.
Die Transfersperre: Noch ein paar Worte dazu. Potocnik kam im Winter bevor Keller angefangen hat. Die geht ausdrücklich nicht auf ihn zurück. Sein kommunikativer Umgang damit war dennoch nicht gut, er hätte wohl die Chance gehabt einen Deal mit Ljubilana zu machen, hat dies aber nicht hinbekommen. Sowohl vor dem ersten Urteil, als man die Slowenen in einem 30 Minuten Gespräch abwimmelte, woraufhin die dann erst zur FIFA gegangen sind. Als auch danach, als es Gespräche am Münchener Flughafen gab. Die Gründe liegen je nach dem wen man fragt im juristischen Kleinklein, beide Parteien werfen sich Unprofessionalität, Zwielichtigkeit oder auch maßlose Arroganz vor. Schwer zu beurteilen, eine gute Figur hat Keller jedoch nicht gemacht wenn er immer mit absoluter Gewissheit davon sprach dass das Urteil noch gekippt wird und man sich da auch ganz ganz sicher sei, Ljubilana sowieso auch noch verklagt wird und es dann doch irgedwie alles anders kommt. Und am Ende hat man eben auch keinen Deal mit den Slowenen abschließen können, der die Transfersperre abgewendet hätte.
Die Trainer: Von Baumgart hat sich Keller zu spät getrennt, der FC-Tanker hatte in der Abstiegssaison schon im Herbst enorme Schlagseite, Baumgart war aber vermutlich zu beliebt um ihn zu schmeißen. Oder Keller damit zu schwach. Dann hat er Timo Schultz eine extrem schwere Aufgabe übernehmen lassen, an der dieser eigentlich nur scheitern konnte. Was er dann auch ohne Probleme tat und dabei unglaublich farblos blieb, bis auf sein Fremdeln mit dem Karneval. Dann holte Keller Struber, dem man auch schlichtweg attestieren muss, nach 32 Spieltagen gescheitert zu sein. Er hat der Mannschaft nie Selbstvertrauen einimpfen können, es ist auf dem Platz kein Plan mit Ball erkennbar, die Spieler wirken verunsichert und verkrampft, der Appell vor dem Spiel gegen Regensburg „Lust statt Last“ verblasste komplett, er hat in den lezten Wochen nur noch Phrasen im feinsten Ösi Denglish von sich gegeben, vermutlich verkopfte Matchplans erstellt (Martel situationselastisch mal Sechser mal dritter IV im Spiel) anstatt den Spielern vielleicht durch Einfachheit Sicherheit zu geben. Struber war in Köln komplett am Ende mit seinem Latein, unglaublich viele knappe Siege hin oder her. Struber und Schultz waren beides Typen, die mit Keller können und gut auf Wellenlänge funken, die mit dem Kader und den Spielern aber nicht konnten. Aber am Ende des Tages stellt man einen Trainer halt nicht für den Geschäftsführer Sport, sondern für die Spieler ein.
Köln: Keller hat diese Stadt nie verstanden und auch nie verstehen wollen. Er hat einen analytischen Ansatz, der auf Kontiniutät setzt und unglaublich verkopft rüberkommt, dem vernehmen nach alles dreimal überlegt und eben seine Idee hat wie ein Verein zu führen ist. Das ist erstmal was positives und vielleicht sogar das was dieser Verein als Gegenpol zur Stadt braucht. Es bringt aber nichts, wenn die Theorie sich nicht auf die Praxis übertragen lässt, wenn die Theorie sagt „ich trenne mich nicht zwei Spieltage vor Ende vom Trainer“, die 90 Minuten davor aber zeitgleich klar machen das der Trainer nun einmal einfach fertig hat und das Stadion mit „Struber raus“ und „Keller raus“ Rufen gefüllt wird. Eine Stadt und einen Verein wie Köln kann man auch als Schwungmasse nehmen, mobilisieren, anzünden. Dahinter kann immer noch ein analytischer Ansatz stehen, aber ein wenig muss man die Stadt auch verstehen wollen. Und ihnen nicht sagen, sie sollen die Mannschaft lieber unterstützen anstatt nach dem Spiel zu pfeifen, wenn in der Vorwoche noch 15.000 nach Hannover gefahren sind und sich eine wirkliche Frechheit von Leistung ansehen mussten. Vieleicht kann er in einem kleineren Verein Aufbauarbeit leisten, wobei es in Regensburg ja auch durchaus Kritik gab. Diese Idee der reinen Lehre und dabei überhaupt nicht zu schauen wo man sich gerade befindet funktioniert jedenfalls in den wenigsten Fällen. Vor allem wenn man denkt man ist der einzige mit Plan.
Geißbockheim: Keller hat vom Vorstand nach und nach den Generalschlüssel in die Hand gedrückt bekommen und war eindeutig der wirklich starke Mann. Er hat sich ja auch bei der DFL in irgendein Gremium wählen lassen (Aufsichtsrat?). Keller ist von sich und seiner Idee wie ein Verein zu führen mus sehr überzeugt, sagen wir mal so. Und dringend notwendige Renovierungen am Geißbockheim gehen wohl auch auf sein Konto, oder zumindest wird dies so verkauft. Der Präsident hat ihm selbst als er entlassen war am Montag auch nur Blumen hinterhergeworfen und von ihm geschwärmt. Die nächsten finanziellen Zahlen sollen wohl unglaublich toll sein. Leider ist der FC kein Wirtschaftsunternehmen, sondern ein Fussballverein, und dieses Produkt auf dem grünen Rasen ist nach drei Jahren Keller nicht nur eine Klasse schlechter, sondern auch unanschaubar. Wenn dann noch intern personell alles aus dem Weg geräumt wird was mit Keller nicht kann, zuletzt der Geschäftsführerkollege Rejek sowie der Chefscout Schulz und mit Getreuen aus Regensburg nachbesetzt wird (die Scoutabteilung jedenfalls), dann kann man da beim besten Willen kein gutes Zeugnis ausstellen. Jetzt kam raus, dass er im Winter wohl gefordert haben soll in den Gremien unter anderem Souque, den REWE-Boss zu entmachten, weil der ihm wohl Contra gegeben hat. Ich glaube, Keller kann auch sehr intregant sein.
Ich habe ihn deswegen auch einen Blender genannt, weil er rhetorisch dabei alles verkaufen kann. Der geht in eine Halle aufgebrachter FC-Fans bei einem Stammtisch, du denkst der wird gleich richtig gerupft und nach zwei Stunden gehen die Türen wieder auf und alle sagen das das ein guter Typ ist der richtig Ahnung hat und schon das richtige machen wird.
Zeitgleich gab es auch immer wieder ganz abstruse Aussagen, zum Beispiel letzten Sommer das man ein Team von Mark Uth aufbauen möchte, der da schon zwei Jahre Dauerverletzt war. Oder die Begründung zur überflüssigen Vertragsverlängerung von Dietz, die da lautete so einen Spielertyp würde er nicht ablösefrei gehen lassen. Ein halbes Jahr später leiht man ihn nach Österreich aus. Und der Spieler hat evtl. die Qualität für die dritte Liga, aber nicht mehr, bei aller Liebe. Oder ständige Wiederholungen seines tollen Schattenkaders, der im Herbst schon steht und die Hausaufgaben seien damit gemacht, nur das dann am 31. 1. als Panikkauf Imad Rondic kommt, der Mitte 20 ist und ein halbes Jahr in Polen getroffen hat. Oder wenn Keller auf der Bühne auf der Mitgliederversammlung steht und vom datenbasierten Scouting spricht, das er ausbauen möchte. Was sich auch erstmal gut anhört, aber im Jahr 2024 als Innovation wirklich aus der Zeit gefallen wirkt. Weil wie denn bitte sonst?
Ich mache an dieser Stelle mal einen Schlussstrich, das ist ja auch nicht der Kellerthread, der Kellerkritik habe ich trotzdem hoffentlich ein paar Punkte hinzugefügt die nachvollziehbar sind. Für mich ist das ein wirklich umfassendes Scheitern, er wird aber bestimmt irgendwo noch mal die Chance bekommen und vielleicht macht er es dann ja besser.