Hallo, für die nächste Ligatour wünsche ich mir, dass ihr mal über Hellas Verona berichtet. Schließlich geht es dort seit geraumer Zeit drunter und drüber. Und dennoch scheint der Klassenerhalt auch dieses Jahr wieder in Reichweite. Zu den Hintergründen möchte ich gerne etwas weiter ausholen:
Es wird dabei auch etwas kompliziert, ich hoffe aber alles erklärlich darzustellen.
Eigentümer und Präsident des Vereins ist Maurizio Setti, der den Club seit geraumer Zeit verkaufen möchte. Er war im vergangenen Herbst wohl mit einem US-amerikanischen Konsortium schon recht weit, als plötzlich die Staatsanwaltschaft im Dezember 2023 auf der Matte stand. Infolge dessen erfolgten Hausdurchsuchungen und Untersuchungen bei Setti und anderen Leuten im Vereinsumfeld, offensichtlich wurden sogar Settis Vereinsanteile aufgrund der Untersuchung wegen „betrügerischen Bankrotts“ eingefroren und beschlagnahmt. Bereits in den vergangenen Jahren gab es mehrfach Untersuchungen seitens der Guardia di Finanza, damals offiziell allerdings nicht Hellas Verona betreffend, sondern vielmehr Settis Modeunternehmen „Manila Grace“. Tatsächlich hielten sich schon damals hartnäckig Gerüchte, der Präsident habe mit Geldern aus der Hellas-Kasse anderweitige Löcher in seinem Firmenkosmos geflickt. Diese hatte Setti heftig dementiert. Trotz hoher Transfereinnahmen in der letzten Spielzeit, schloss Hellas die Spielzeit 22/23 mit einem Verlust von 11,7 Mio. € ab. € 11,7 mio Verlust – wohlgemerkt trotz der Rekordeinnahmen im Zeitraum der Setti-Ära in Höhe von € 30,9 mio. Im relevanten Bilanzierungszeitraum betraf dies folgende Einnahmen: € 8 mio für Ilic, 6,7 für Casale, 5,4 für Caprari, 3,6 für Simeone, 2,5 für Barak und € 0,8 mio für Ivor Pandur.
Dieser Verlust lässt sich laut „Hellastory“ auf drei Gründe zurückführen:
- Anstieg der Personalkosten, insbesondere durch die Erhöhung von ergebnisabhängigen Prämienzahlungen (Anstieg von € 15,5 mio im Vergleich zu 2021-22). Interessant hierbei: Die variablen Bonizahlungen haben sich hierbei verdreifacht, stiegen 2022-23 auf € 12,5 mio. Wohlgemerkt ist dies eine Verdreifachung im Vergleich zu einer Saison 21-22 unter Coach Tudor, die Hellas Verona auf dem neunten Platz beendete. Absurd - doch offensichtlich versuchte Setti, das Wunder der letzten Saison durch Extra-Motivationen in monetärer Form für die Spieler noch reizvoller zu machen. Logisch, diese Prämien dürften von ziemlicher Höhe gewesen sein, immerhin schien der Nichtabstieg zu vielen Zeitpunkten während der Saison unmöglich zu sein…
Für Setti schienen diese horrende Bonuszahlungen aus wirtschaftlicher Sicht jedenfalls das kleinere Übel zu sein als ein möglicher Abstieg in die Zweitklassigkeit.
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Erhöhung der Abschreibungskosten um € 4,2 mio (Mehrjährige Spielerrechte).
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Erhöhung von Finanzaufwendungen auf € 4,5 mio, was einer Vervierfachung im Vergleich zur Vorsaison entspricht. Dies ist auf die gestiegene Verschuldung sowie die generellen Zinserhöhungen zurückzuführen.
Das Vereinsnettovermögen zum 30.06.2023 sank auf € 2,1 mio. Die Gesamtverbindlichkeiten beliefen sich auf € 162,0 mio, überstiegen somit den vermeintlichen Gesamtwert des Vereins um mehr als das Anderthalbfache.
Auch die Nettofinanzposition hat sich deutlich verschlechtert. Diese dient als Kennzahl zur Messung der gesamten Finanzposition eines Unternehmens gegenüber Banken und Kreditgebern, entwickelte sich hierbei von einem Negativ in Höhe von € 32,0 mio zum Stichtag 30.06.2022 zu einem Negativ von € 65,6 mio zum Stichtag 30.06.2023. Dieses Ungleichgewicht soll durch kommende und kurzfristig erzielte Kapitalgewinne „abgefedert“ werden. Zudem stiegen auch die Steuerschulden um fast eine Million.
Als Folge jener Kennzahlen wurde durch die Wirtschaftsprüfer eine schriftliche Zusage von Setti gefordert, um diverse Prognosen mit Hinblick auf den Stichtag 30.06.2024 einzuhalten, um so den Geschäftsbetrieb auch gewährleisten zu können.
Als dann Settis Modeunternehmen noch Insolvenz anmelden musste, war es doch dem letzten Tifosi klar, was hier abgelaufen sein muss.
Für die Winterpause war die Marschroute klar: Senkung der Personalkosten und Erzielung von Sondereinnahmen. Oder auch: Alle Leistungsträger verkaufen. Sofort! Man beachte, dass Verona nach 19 Spieltagen erst 14 Zähler geholt hatte und auf einem Abstiegsrang stand.
Hellas verkaufte mit Topspieler Ngonge (€ 18 Mio. zu Napoli), Hien (€ 8,5 Mio. zu Atalanta), Doig (€ 6 Mio. Sassulolo), Terracino (€ 4,5 Mio zu Milan), Amione (€ 3 Mio zu Santos Laguna/Mex), Hongla ( €2,8 Mio zu Granada und Sturmhüne und Identifikationsfigur Djuric (€ 2 Mio zu Monza) ihre besten Spieler in der Winterpause zum Teil an die direkte Konkurrenz. (Insgesamt Transferplus in dieser Saison: € 84 Mio. lt. Transfermarkt.de) Dafür kamen allerlei Nonames für insgesamt circa 7 Mio. und ein Gang in die Serie B schien nur noch formaler Natur.
Doch Coach Baroni, ein Kandidat für den „Unsung-Hero“ der auf der Doppelsechs mit Suat Serdar und Ondrej Duda auf altbekannte Bundesligakräfte setzt, formte eine unglaubliche Einheit, die sich tapfer gegen den Abstieg stemmt. Am letzten Spieltag gab es einen hart umkämpften 2:1 Erfolg gegen den AC Florenz und Hellas steht tatsächlich drei Runden vor dem Ende „Über dem Strich“. Mit 34 Punkten hat man gegenwärtig 5 Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz und zumindest sportlich scheint diese Saison ein Happy End in Aussicht!
Und mit dem feurigen Michael Folorunsho wurde nach langer Zeit auch wieder mal ein Hellas Akteur für Squadra Azzura nominiert.