DIe Klammer in dem Zitat von mir - „wer auch immer daran im Konkreten teilnimmt“ - ist von zentraler Bedeutung. Wenn man die höchste Schlagkraft haben will, dann braucht man klare Ziele und eine vernünftige Organisation (siehe unten zur Strategie). Organisation heißt nicht Organisation aller Frauen (die es so wahrscheinlich nicht geben wird), sondern aller, die diese Ziele teilen; unabhängig vom Geschlecht. Nur dann kann man neue Kreise erreichen und andere zum Umdenken zwingen (insofern stimme ich zu, dass es ohne Sichtbarkeit nicht geht).
Das ist kein Zynismus, das ist wie gesellschaftliche Veränderungen (ergo Politik) funktioniert. Wobei ein bisschen Zynismus natürlich doch dabei ist: Die Kampfbedingungen sind nunmal zynisch.
Wie bereits gesagt: Nicht Frauen, sondern alle, die a) Übergriffe nicht hinnehmen wollen und b) verhindern wollen, dass Übergriffe überhaupt systematisch möglich sind.
Das ist auch keine Täter-Opfer-Umkehr, denn ich bin weit davon entfernt zu sagen, die Opfer seien schuld daran, dass sie Opfer sind. Ich sage, wenn man Gerechtigkeit (für sich oder andere) will, muss man sie sich erkämpfen. Ich finde den Ansatz:
sehr sinnvoll und halte das genau für die richtige Vorgehensweise (auch wenn auf der einen Seite nicht nur Frauen und auf der anderen nicht nur Männer stehen). Aber es nicht der Ansatz, der mir meistens begegnet. Der Ansatz, der mir meistens begegnet, ist der, der primär appelliert, der glaubt Sichtbarkeit alleine würde etwas bedeuten und der denkt, man würde Gerechtigkeit bekommen, weil es (moralisch) richtig ist, dass man sie bekommt. Es ist der Ansatz, der in die Demobilisierung und Hilflosigkeit führt, weil man so viel appelliert hat, schöne Reden zurückbekommen hat und einer zurückgetreten ist, aber nach dem Fall Rubiales kommt dann in zwei Jahren der Fall X und es sich zeigt, dass sich wieder wenig bis nichts verändert hat. Deshalb auch meine Frage, ob sich etwas ändert, wenn Rubiales nicht mehr auf dem Posten ist.
Was mich zur Strategie bringt:
Das ist halt meine Frage, ob dieser Schluss am Ende funktionieren wird.
Wenn es schlecht läuft, dann geht es doch so:
Es gab Übergriffe, die öffentlich wurden. Die hatten Konsequenzen.
Signal: Lass dich nicht erwischen.
Deshalb würde ich auch dem ersten Satz aus diesem Absatz widersprechen:
Nein, es ist nicht die Aufgabe der Spielerinnen strategisch zu denken, weil sie sich angesichts des Übergriffs zusammengeschlossen haben. Es ist auch nicht unsere Aufgabe (oder wenn du mich da rauszählen möchtest ‚eure‘, wer auch immer das im Einzelnen ist) strategisch zu denken. Denn niemand hat diese Aufgabe übertragen. Wenn man aber erfolgreich sein will, d.h. nicht nur Rubiales loszuwerden, sondern darüber hinauszugehen, dann muss man strategisch denken, weil man sonst in der Hilflosigkeit landet, die ich bereits beschrieben habe. Wenn man will, dass Übergriffe nicht mehr möglich sind bzw. der nächste Täter tatsächlich Konsequenzen nicht nur fürchten muss, sondern wirklich bestraft wird, dann muss man sich eine zielführende Strategie überlegen, wie man das erreichen kann. Die Spielerinnen sollen nicht strategisch denken, weil sie jetzt bitte die Probleme der Gesamtgesellschaft lösen sollen oder weil sie erst Unterstützung bekommen, wenn sie sich stark genug gewährt haben. Sie sollten aber strategisch denken, wenn sie mehr erreichen wollen als ‚nur‘ Rubiales loszuwerden, weil es notwendig ist.
Da wäre ich mir nicht so sicher, dass das ausreicht, weil es so tut als hätten die Gruppen (Männer/Frauen) monolithische Interessen und als würden Frauen in Führungspositionen automatisch für ihre Geschlechtsgenossinnen kämpfen.