Ost- Ost- Ostfußball

Das Stadion (generisches Billigding mit, zumindest im Auswärtsbereich, Containertoiletten und Ministänden für Essen und Getränke)?!

Die Hängepartie war eher ein Nachteil für Unterhaching, die sich trotzdem durchsetzen konnten.

Könnte man grundsätzlich schon so sehen, nur wussten die 100 %, welchen Gegner sie erhalten werden. Cottbus hatte das Glück nicht… Aber klar ist natürlich auch, dass die Reli an sich das noch größere Problem darstellt.

Magdeburg ist zweifelsohne nicht das Maracana, aber Wolfsburg/Sinsheim definitiv auch nicht…Und die Probleme für den Auswärtsblock (da kann ich dir schon mangels Erfahrung nicht widersprechen) sollten bei einer beliebigen Freundschaftsspiel nicht ins Gewicht fallen.

Offiziell hat das was mit der Stadionkapazität zu tun, so gut kenne ich mich da aber auch nicht aus.

Nebenbei: Im Rasenfunk wird immer wieder betont, wie toll doch zentral gelegene Stadien sind. In dieser Hinsicht wäre der Osten im Vergleich zur Bundesliga ein Eldorado. Während Vereine wie Mainz, Augsburg, Freiburg oder Bayern ihr Stadion irgendwo an den Stadtrand „auf die grüne Wiese“ gepflanzt haben, kann man in Halle, Dresden oder Cottbus vom Stadtzentrum aus zum Stadion laufen.

Was für ein seltenblöder Satz. Aber das ist ja nunmal das Problem in diesen Diskussionen, aus dem Westen gibts meist stumpfes Ostbashing und ausm Osten ostidentitäre Verklärung. Zumindest gibts genügend historische und sozioökonomische Anhaltspunkte warum gerade im Osten die fckAfD Nährboden findet.
Zu den Fanszenen kann ich als Rostocker nur sagen, dass ich diese Saison viele Plakate gegnerischer Ultras gesehen habe die sich mit dem Rostocker Naziblock 9A solidarisiert haben, da dieser verlegt werden soll - und nicht nur in Magdeburg, auch zB von Braunschweig und Paderborn (zu der Situation in Rostock selbst kann man sich bei Interesse diverse Beiträge im Thread zum Kurzpass 258 durchlesen). Alles andere wurde hier schon geschrieben

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CN Antisemitismus, Rassismus

Natürlich wissen die Nazis das auch. Und natürlich investieren sie viel, um in den Fanszenen Einfluss zu gewinnen. Manchmal klappt das. Ein gutes Beispiel ist der Chemnitzer FC, wo Hooligans ein Ligaspiel als Gedenkveranstaltung für einen stadtbekannten Neonazi missbraucht haben. Das hat dann natürlich eine lange Vorgeschichte, ist aber ein echter Erfolg für die Neonaziszene.

So schade das alles für die Betroffenen und auf gesellschaftlicher Ebene ist
(und was jetzt kommt meine ich weniger polemisch als es klingt), aber kannst Du mir große ostdeutsche Fußballvereine mit Ausnahme von RaBa und Union nennen, bei denen es KEIN Problem mit dem Einfluss von Neonazis im Stadion gibt? Die größten die mir einfallen, sind Jena und Chemie Leipzig und damit wären wir dann in der Regionalliga.

Ich komme aus dem Westen, habe aber mehrere Jahre in Dresden gelebt und dort im weitesten Sinne zu lokaler Identität und Rechtsextremismus geforscht und mich entsprechend engagiert, mittlerweile lebe ich in Halle. Ich bin mir der Prozesse und Strukturen die hinter den politischen Entwicklungen der letzten 40 Jahre stehen bewusst, ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es auch in Dresden, Halle oder auf dem Dorf auch ganz tolle Leute gibt, die Unterstützung verdienen und dass es auch in Nord-, West- und Süddeutschland teilweise große Probleme mit Nazis gibt. Das ändert aber nichts daran, dass es in großen Teilen Ostdeutschlands (und da nehme ich Dresden explizit mit rein, da gibt es genug Beispiele) keinen antifaschistischen Konsens gibt und du als jemand der sich öffentlich als Nazi zu erkennen gibt eben nicht so gesellschaftlich tot bist, wie du es im Rest Deutschlands bist (egal ob die Leute dir nun insgeheim zustimmen oder nicht). Und dass es folglich in Ostdeutschland wesentlich weniger Hemmungen gibt, Rassismus, Antisemitismus und Queerfeindlichkeit nach außen zu tragen. In drei Jahren in Dresden habe ich öfter das N-Wort oder „Jude“ als Beleidigung verwendet gehört, als im Rest meines Lebens. Und wie oft in den Jahren, in denen ich für meine Forschung die Lokalberichterstettung gemonitort habe, in der Bahn oder auf der Straße Schwarze Personen angespuckt oder angegriffen wurden, ohne dass irgendjemand der Umstehenden etwas gesagt oder unternommen hätte, war einfach nur schockierend. Bei einem Spiel des Dresdner SC sind der sportliche Leiter und wir Fans sogar vom gegnersichen Trainer als „verdammte Judentruppe“ bezeichnet worden - ich war völlig perplex, warum das nicht gemeldet wurde. Antwort: „Dann müssten wir ja ständig was melden und das bringt bei den Sportgerichten hier eh nichts“. Kaum ein Sportplatz, auf dem dir nicht jemand mit Thor Steinar-Klamotten oder einschlägigen Tätowierungen auffällt, gern auch mal beim Vereinspersonal (umso mehr zu loben sind natürlich die wenigen tollen Projekte, die sich ganz ausdrücklich dagegen positionieren). Gleiches gilt hier in Halle.

Ultras Dynamo als Beispiel gibt sich „unpolitisch“ und ich nehme denen sogar ab, dass sie das aus ihrer verqueren Sicht ernst meinen, aber das ändert halt nichts daran, dass ein großer Teil der selbst ernannten „sportlichen Fraktion“ von Dynamo eben doch extrem rechts ist und Verbindungen zu PEGIDA und in die organisierte Neonaziszene hat und man im Zweifel unter dem gemeinsamen Ziel „Alles für Dynamo“ eben mit solchen Leuten zusammenhält. Befreundet ist Dynamo mit Zwickau, deren Fanszene offensichtlich auch kein Problem damit hat. In Halle sind die Überschneidungen zwischen Ultras/Hooligans und organisierter Neonaziszene noch offensichtlicher. Befreundet sind die wiederum mit Lok Leipzig (neben Chemnitz vielleicht der Verein mit dem vielleicht offensichtlichsten Nazi-Problem) und Rot-Weiß Erfurt. Energie Cottbus ist ebenfalls bekannt für seine Naziproblematik (und hat mit seinem Tweet zum Relegationsspiel unlängst erst wieder bewiesen, wie unsensibel man mit der Thematik teilweise immer noch umgeht). Welche unproblematischen Vereine bleiben denn da noch? Auch in Aue gab es gerade erst wieder eine Razzia, die eine Überschneidung von organisierten Neonazis und einer Hool-Truppe aufgedeckt hat.

Und selbst wenn man die klar politische Dimension rauslässt, bleibt immer noch das riesige Problem der Gewalt. Ich war selbst als ich jünger war im weiteren Ultra-Umfeld unterwegs und bin niemand, der da jetzt irgendwie von der Business-Loge draufguckt und sich wundert, wie es passieren kann, dass beim Fußball mal die Fäuste fliegen. Aber dass Du bei quasi allen großen Ostclubs selbst als absoluter Normalo bei Auswärtsspielen in Stadion und Stadt überhaupt nicht frei bewegen kannst, weil du ständig damit rechnen musst, eins auf die Fresse zu bekommen, ist absolut nichts was ich beim Fußball oder sonst wo in der Gesellschaft haben will. Und dass Szenen wie Dynamo oder HFC regelmäßig die kleinen progressiven Amateurvereine wie den Dresdner SC oder den VfL Halle überfallen und zerkloppen, sei es nun aus weirdem „Das ist hier unsere Stadt“-Gemacker oder weil es eben doch um Politik geht, ist einfach nur dreckig. Und mir geht es auch tierisch auf den Sack, wenn Vereine wie Dynamo oder Hansa für ihre „imposanten Auswärtsauftritte“ ihren ach so tollen Support gelobt werden: gewaltaffine Kurven mit autoritären und rechtsoffenen Strukturen sind in der Lage, Massendisziplin besser zu durchzusetzen und zu koordinieren, na Surprise und herzlichen Glückwunsch, sehr bewundernswert!

Ich habe auch keine Lösung für diese Probleme und ich selbst kann nach mehreren Jahren im Osten nur sagen, dass ich bei aller Ambivalenz, trotz all der tollen Leuten die ich hier kennengelernt habe und trotz der unfassbar hohen Lebensqualität an den meisten Orten (wenn man denn Nazis im Alltag ignorieren kann - ich kann es nicht) lieber heute als morgen hier weg möchte. Das mag egoistisch sein, aber ich hab da aktuell nicht mehr die ausreichende Resilienz und Kraft für.

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Als Antwort darauf drei Punkte:

Mal ganz abgesehen davon, dass ich den Ansatz hinter deinem „fiktiven“ Vergleichstext ziemlich fragwürdig finde, geht er komplett am Punkt vorbei. Ich finde, dass sich das ganz gut auf Folgendes runterbrechen lässt:

Dann ersetze „Türken“ durch „Ostdeutsche“. Und dann leg den Text mal neben dein Posting.
Bitte rede nicht so über Menschengruppen.

Der Begriff „Ostdeutsche“ oder sonstige Menschengruppen kommen in meinem Text überhaupt nicht vor. Ich spreche von „Ostdeutschland“ oder „teilen Ostdeutschlands“, also sozialen und geographischen Orten, und beschreibe dort existente strukturelle Probleme, ohne sie einzelnen Personen oder „Menschengruppen“ vorzuwerfen - Du machst daraus einen Angriff auf eine imaginierte Gruppe von „Ostdeutschen“. Die einzigen Gruppen, die ich nenne, sind die Ultra-/Hool-Gruppierungen der von mir angesprochenen Vereine und über die so zu sprechen, dazu stehe ich sehr gern solange sie kein Problem mit organisierten Neonazis haben. Warum Du dich oder andere Personen davon angegriffen siehst, erschließt sich mir nicht.

Zweiter Punkt: Die Gleichsetzung von - bei allen dort real existierenden Problemen - Islamisten in einzelnen Stadtteilen in NRW mit der Tatsache, dass in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ganze Landstriche und Städte de facto unter extrem rechter kultureller Hegemonie stehen (als plakativste Beispiele seien Bautzen, Sonneberg oder Teile der Sächsischen Schweiz oder des Erzgebirges genannt; und nein, das ist NICHT per se ein Angriff auf dort lebende Einzelpersonen) ist Humbug. Das ist, so schlimm dort manche Entwicklungen auch sein mögen, qualitativ wie quantitativ ein enormer Unterschied - da sprechen wir von extrem kleinen Communities, nicht von Strömungen die bei Kommunalwahlen deutlich über 50% der abgegebenen Stimmen holen und das gesamte öffentliche Leben von Verwaltungseinheiten prägen.

Dann fragst Du noch, was das Ganze soll und warum ich das geschrieben habe (auch wenn es dann länger und mehr „Ausgekotze“ wurde, als ich beabsichtigt hatte): Weil Du ursprünglich geschrieben hast, dass es den Nazis halt „manchmal“ gelänge in den Fanszenen Einfluss zu gewinnen. In meinen Augen gelingt Ihnen das aber nicht manchmal, sondern bei ALLEN großen Clubs bis auf die wenigen Ausnahmen (Chemie, SVB, Jena). Und diese Ausnahmen sind alles Szenen, die sich explizit und laut als antifaschistisch definieren und eben nicht solche, die versuchen „alle“ Leute unter dem Motto „Alles für den Verein“ zusammenzubringen. Weil das nur intern funktioniert - ein rassistischer Dynamo-Hool oder -Fan hat vielleicht keine Probleme mit einem Dynamo-Fan mit einem türkischen oder vietnamesischen Elternteil - aber er wird dadurch nicht auf magische Weise zum Nicht-Rassisten, der plötzlich Nicht-Dynamo-Fans weniger hasst. Es gibt genug Beispiele dafür, dass Rechte durchaus in der Lage sind, ihre Menschenfeindlichkeit zu rationalisieren und solche Leute dann eben als „das ist unser Türke, der ist aber trotzdem okay“ zu klassifizieren, ohne daraus irgendetwas auf andere Menschen abzuleiten. Zu glauben, dass so jemand plötzlich kein Rassist mehr ist, sind Hollywood-Vorstellungen. Solange es dieses Mackertum und Nazis in den Kurven gibt, wird das Gros des Nachwuchs auch wieder dort landen, so gut manche Projekte, Sozial- und Jugendarbeit auch sind - gerade solange auch einige Leute in den Chefetagen der großen Vereine den Eindruck machen, das Problem eher als ein Image- denn ein Gesellschaftliches wahrzunehmen (Grüße an Pele Wollitz oder Helge Leonhardt).

Und damit bin ich bei dem Punkt, an dem ich sage, dass ich keine Lösung habe: Du kannst halt in Dresden oder bei Energie aufgrund der vorherrschenden Strukturen die Nazis nicht aus der Kurve prügeln, wie das Mitte der 2000er in Bremen passiert ist und selbst dort nur mit krasser Anstrengung und unter viel Aufopferungsbereitschaft möglich war - das wäre aber eigentlich nötig, wenn man eine dauerhafte positive Veränderung will.

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Un woran erkennt man diese „Hegemonie“? Stehen dort jetzt überall Ausländer raus Schilder oder Bänke, wo sich nur bestimmte Volksgruppen draufsetzen dürfen?

In der letzten Kommunalwahl 2019 im Landkreis Sonneberg hat die AFD in Sonneberg bei einer Wahlbeteiligung von 56,1%(!) einen Stimmenanteil von 24% erhalten. Also weit weg von über 50%. Ja bei der Wahl zum Landrat haben die Gewonnen, alle Entscheidungen müssen durch den Kreistag entschieden werden, und da liegt keine AFD mehrheit vor. Am ende bringen dir Oberbürgermeisteramter und Landratsämter nix, wenn man im Rat der Stadt und im Kreistag keine Mehrheit hat.


Also in meiner Nachbarstadt werden Probleme bereits außerhalb des deutschen Rechtsstaat gelöst.

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Glaube wir brauchen nen extra Thread RL NOFV wenn wir über Ost-Fußball reden wollen. Freue mich tatsächlich auf die saison da hansas zweite viele tolle Vereine im ostseeestadion begrüßen darf :grin:

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Ich hätte mir meine ersten Post verkneifen sollen, wenn ich keine Lust/Energie habe, das hier zu Ende zu diskutieren, sorry dafür. Aber spätestens an der Stelle wo hier im Jahr 2023 ernsthaft in Frage gestellt wird, dass es es in bestimmten (konkret benannten) Regionen extrem rechte Hegemonien gibt und zur Relativierung auf „Clankriminalität“ im Ruhrgebiet verwiesen wird, so als hätte das irgendetwas damit zu tun, bin ich raus (aber wenn wir schon bei Whataboutism sind: Friedensabkommen verfeindeter Gruppen außerhalb des Rechtsstaats haben Hells Angels und Bandidos übrigens schon geschlossen schon vor Jahrzehnten geschlossen, dafür brauchte es keine arabischen Großfamilien).

Letzte Worte zum Thema: Wer sich über Orte rechter Hegemonie in Sachsen informieren möchte, kann sich exemplarisch Bautzen angucken, wo ein rechts-offener CDU-Landrat seit Jahren defacto mit AfD-Stadträten und dem der Verschwörungsszene nahestenden „Bürgerbündnis Bautzen“ um AfD-Spender Jörg Drews zusammenarbeitet.

PS: Wer die Zivilgesellschaft vor Ort unterstützen möchte, findet unter anderem hier ein paar Anlaufstellen für Spenden oder weitere Informationen:

https://kulturbuero-sachsen.de/ - Verein für politische Bildung mit einem Schwerpunkt auf den ländlichen Raum in Sachsen

Halle gegen Rechts: KAMPF DER BETROFFENEN MIT EINER SPENDE UNTERSTÜTZEN – Neonazi Sven Liebich den Prozess machen - Bündnis aus Halle, das aktuell von Neonazi Sven Liebich geschädigte Perseonen finanziell unterstützt

RAA Sachsen e. V. | RAA Sachsen e.V. - Beratung und Unterstützung für Betroffene rechter und rassistischer Gewalt und viele weitere Projekte

https://treibhaus-doebeln.de/ - Lokale Jugend- und Kulturarbeit

https://fjz-grimma.org/ - ebenfalls lokale Jugend- und Kulturarbeit

Und damit bin ich dann hier raus.

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Ich stelle hier gar nix in Frage und relativiere auch nix, also kannst du dein Whataboutism schön mal stecken lassen. Nur weil andere Themen angesprochen werden, welche mindestens genauso Relevant sind wie die gezeigten Probleme in Ostdeutschland, muss man diese auch nicht klein reden oder relativieren. Aber das ganze Verurteilen und Beschweren, dass die Probleme da sind, verstellt den Blick auf die Ursachen, welche zum einen über die Entwicklung der letzten 30 Jahre zugrunde liegt wie auch die Geschichte der Region seit 1945.

Aber die Diskussion kann besser in einen eigenen Thread geführt werden.

Ach die bringen nix? Schau dir doch mal die Aufgaben von Bürgermeistern und Landräten an, die werden nicht umsonst direkt gewählt. Im übrigen sind in Thüringen bereits im kommenden Frühjahr Kommunalwahlen, da kann man angesichts der aktuellen Umfragewerte nur schlimmes befürchten.

Klar, wenn man den Aufstieg Rechtsradikaler anspricht, kommt als Reflex „aber die Ausländer machen auch Probleme“. Friedrich Merz würde sich freuen, wenn er das liest, er kennt das Stilmittel.

Ich arbeite in einer Kreisfreien Kommune in NRW und ich kann die sagen, ich weiß ganz genau was ein OB darf, und als Chef der Verwaltung und erster Bürger der Stadt ist er kein alleinregierender Allmachtdiktator, sondern ist auf Konsens aus der Politik bzw. dem Rat der Stadt und aus der Fachmeinung der Verwaltung angewiesen. Er kann weder gegen die Verwaltung noch gegen die Politik in der Stadt „regieren“, so sieht das ganz nüchtern betrachtet aus. Satzungen, also die „Gesetze“ auf kommunalebene muss immer durch den Rat beschlossen werden.

Uff, da werden mir mal wieder Sachen vorgeworfen die ich nicht gesagt habe. So kann man natürlich eine Diskussion führen.

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Ich möchte den Thread ungern so stehen lassen. Vor allem, da auch in den letzten Beiträgen die für mich interessante Diskussion um ‚den Osten‘ angestochen wurde. Mit dem Jahrestag des Volksaufstands am 17.06. In der DDR gab es ja auch von öffentlich-rechtlicher Seite viele Beiträge.

Jetzt gehe ich mal stellvertretend auf dich ein @LBBDK, da du ja auch viele Beispiele und Beobachtungen seinerseits eingebracht hast. Dabei hast du zumindest im ersten Beitrag mit einer zumindest häufig getätigten Aussage abgeschlossen, die eben oft auch von seiten der Politik gegeben wird:

Was ich aus meiner Arbeit sagen kann: Es lässt sich hier keine Lösung finden, weil es nicht die Probleme sind. Es sind die Auswirkungen und Symptome. Es fehlt scheinbar an einer richtigen Problembeschreibung, und eine solche zu finden kann schwerer sein als man denkt. Als persönlichen Einschub: ich beschäftige mich mit der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung. Viele von uns wissen, was schief läuft. Aber die Problembeschreibung findet in einem ganz anderen Punkt statt, als häufig (vor allem politisch) kommuniziert wird. Und so langsam, ganz langsam wird tatsächlich auf diese Punkte eingegangen. Ähnlich sehe ich es auch in den Debatten im die ‚Ostpolitik‘ .

Warum sind die Bürger und Bürgerinnen im Osten also mehr im rechten politischen Lager mit Tendenzen zum Rand zu finden als vergleichsweise im Westen?
Man könnte historisch an das Thema heran gehen. Die politischen Systeme in Ost- und West-Deutschland waren sich zum Volksaufstand am 17.06.1953 (wahrscheinlich und tatsächlich) näher als im Jahr 1989, als der Volksaufstand tatsächlich zur Wiedervereinigung führte. Der soziokulturelle Hintergrund war in beiden Teilen Deutschlands so unterschiedlich, dass ein einfaches Eingliederung nicht ausreicht. Hier wäre ein weiterer Punkt zu finden: die Wiedervereinigung. Politisch eine wichtige Frage, da es um die Konditionen geht. Tritt Ostdeutschland der BRD bei (was im Grunde so geschehen ist), ändert sich nichts im Westen und alles im Osten. Die Verfassung wird einfach übernommen von den neuen Ländern. Hätte es geholfen, hätte man zusammen am einer neuen Staatsverfassung gearbeitet? Vielleicht. In dem Sinne kann ich den Verdruss der Ostbürger und Ostbürgerinnen verstehen, gerade für die (nun) Älteren wurde viel durcheinander geworfen. Nur als Gedankenspiel: was wäre in Westdeutschland gewesen, wenn man hätte vieles ändern müssen. Die Unzufriedenheit wäre vorprogrammiert gewesen.
Bezüglich des Wahlklientels muss man auch anmerken, dass lange Zeit die ‚neuen‘ Bundesländer durch die CDU geprägt waren, mit ebenfalls einem großen Anteil an Linken Wählern und Wählerinnen. Hier könnte man nun ein genaueres Auge auf die Parteiprogramme über die Jahre werfen. Jede Landespartei hat hier seine eigenen aus Richtungen, vielleicht erkennt man Tendenzen in den politischen Richtungen.

Und dann auch noch mal einen eigenen Blick mit eigenen Erfahrungen. Tief in Deutschland lebend bin ich sehr ländlich aufgewachsen. In unserer lokalen Region hat man einen eindeutigen Rechtsruck unter den Jugendlichen gemerkt. Es wurde Rechtsrock wie Landser gehört, Schützenverein und Freiwillige Feuerwehr war geil (wegen der Uniformen) und auch der Aufbau des Osterfeuers beispielsweise war mit einem leichten Möchtegern-militärischen Drill geprägt (Springerstiefel im besten Fall, Kleidung natürlich in Tarnfarbe, man war erst richtig drin wenn man eine Demütigung (meisten Schlammbaden bei 10 Grad) über sich ergehen lassen hat. Interessant war auch, dass nicht nur ‚Biodeutsche‘ in dieser Gruppe waren, sondern auch Leute mit polnischer Herkunft, oder auch südländisch aussehende Leute. Die haben natürlich mal einen Spruch abbekommen, waren dadurch aber auch fast die Extremsten mit ihren Ansichten in diesem Bereich. Wer sich abgewandt hat, was auch schwer war, da es größtenteils die Freubdesgruppe war, war ein ‚Verräter‘. Und Ausländerfeindlich war man natürlich auch, hätte das aber nie offen oder vor den Erwachsenen geäußert. Ich glaube, dass das alles ein wenig ein ‚Jugenspiel‘ war, um seine Indentität abzustecken. Jetzt nach 15 oder 20 Jahren sieht man da gar nichts mehr von. Vielleicht tragen manche noch diesen ‚kleinen Nazi‘ in sich, aber die meisten sind da raus. Auch sieht man so etwas gar nicht mehr bei den heutigen Jugendlichen, das war scheinbar ein Ding zwischen 2000 und 2015.
Was mich nun daran isteressiert ist, weshalb da nichts nachhaltiges draus geworden ist. Zu einer bestimmten Zeit hat sich ja ein Window of Opportunity geöffnet, und willigte Personen waren auch da. Aber dass sich eine Gruppe, ein Verein oder was auch immer gebildet hat, kein Anzeichen. Jetzt könnte man das gleiche auf den Osten legen. Hier würde man dann vielleicht öfters fündig werden, also dass sich Gruppen gebildet und über Jahre stabil waren. Und es wird angenommen, dass sich eine Mitgliedschaft über einen länger werderen Zeitraum immer mehr stabilisiert, also die Gruppe auch stabiler wird. Das kann man untersuchen.
Jetzt hätte man zumindest ein paar Punkte um eine Problembeschreibung vornehmen zu können. Die Lösung für die dann sich ergebenden Punkte und Aspekte wird auf jeden Fall eine politische sein. Ich hoffe einfach nur, dass dies auch im politischen Diskurs mehr Anklang findet, sonst endet man nur damit, dass sich Beobachtung und Zahlen um die Ohren gefeuert werden, wie man hier jetzt auch sehen konnte. Das alles zeigt aber nichts, wenn es keinen Kontext gibt.

Und um nun wieder zum Fußball zu kommen: seht ihr Union Berlin eigentlich eher als richtigen Ostclub an, oder ist das aufgrund der Hauptstadtlage anders, als wenn jetzt beispielsweise Einheit Wenigerode in der BuLi spielen würde? Ich habe tatsächlich öfters mal gesagt bekommen als ich in Aschersleben länger verweilte, dass man Union jetzt nicht als den Ostclub sehen würde. Andere sagten natürlich schon. Fand ich schon spannend.

Wenn ich rein nach der Historie gehe ja, nach der Lage des Vereins in Berlin nein. Was aber für mich daher nehme, da für mich Berlin als eine einzige riesige Stadt wahrnehme, obwohl ja die Bezirke dort eine größere Rolle spielen. Diese klare Ost-Westtrennung beim Fussball gibt es für mich nicht mehr.

Wegen der Historie gilt der BFC Dynamo für mich auch als Ostklub, TEBE und Tasmania als Westklubs.

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Das mit der riesigen Stadt sehe ich auch so und haben auch einige gesagt :smile: auf jeden Fall geb ich dir auch recht, man muss auch mal das Ost-West-Denken aus dem Kopf bekommen. Aber ich denke so langsam kommen wir dahin, da man in den jüngeren Generationen dazu ja quasi kein Bezug mehr zu hat.

Sonst können wir auch zwei Rasenfunk machen, einen mit Max-Jacob Ost und einen mit Moritz-Julius West

Also in Aue spielen die soweit ich das weiß immer noch das Wismutlied :joy:

Nun, wenn wir über Fußball als Kulturgut reden haben sich da halt einfach in den Jahrzehnten der Teilung unterschiedliche Kulturen entwickelt, sonst würde ja nicht heute noch überall „Ostclub“ ein Begriff sein und ich denke es ist nicht rückwärtsgewandt auf diese Eigenheiten hinzuweisen solange sie existieren.
Ich persönlich empfinde das auch als einen Zugewinn zur gesamtdeutschen Fußballkultur. Es gibt halt Gründe wieso die Regionalliga Nordost einen so starken Zuschauer*innenschnitt hat wie sie ihn hat und wieso auch die Ostclubs in höheren Ligen immer als insgesamt positiv für die Gesamtfankultur der Liga wahrgenommen werden, auch wenn da selbstverständlich auch immer Ambivalenzen existieren, die wurden hier ja schon ausführlich besprochen.

Ich habe mich vor ein paar Tagen hier über die Art und Weise beklagt, wie über den Osten und seine Bewohner hier gesprochen wurde. Ich bezog mich explizit auf einen Post von @LBBDK , aber eigentlich war es allgemein gesprochen.

Mir wurde daraufhin Relativierung vorgeworfen, was wirklich nicht meine Absicht war. Sollte es so rübergekommen sein, tut es mir leid. Ich werde deshalb mein Posting löschen.

Auf entsprechendes Posting habe ich eine Antwort bekommen, die ich nie lesen konnte, weil sie gemeldet wurde. Ich habe auch eine Antwort von @LBBDK bekommen. Ich habe darauf versucht, die Diskussion per Direktnachricht weiterzuführen, um meine Absichten zu erklären und den Thread nicht weiter zu derailen. Darauf kam keine Antwort. Im Thread wurde derweil weitergeschrieben. Ich hätte mich gefreut, wenn man die Diskussionsfreude aus dem öffentlichen Teil des Forums auch im Privaten gezeigt hätte.

Drei Dinge sind mir noch wichtig:

  1. Wer eine Idee von den Verwerfungen der Wiedervereinigung bekommen möchte, lese https://www.38north.org/2014/04/rfrank040314/ Ja das ist ein Blog über Nordkorea(!) mit einem Artikel von 2014. Lesen lohnt sich trotzdem

Ich kenne viele dieser Anlaufstellen, habe auch schon Veranstaltungen besucht und kann die Empfehlung nur teilen.
3.

Ist das letztere irgendwie bildlich gemeint? Oder wird hier Gewalt in Stadien gutgeheißen?

Im nächsten Posting wird es wieder um Fußball gehen, versprochen!

Da der Osten ja unterrepräsentiert in den oberen drei Ligen ist, ist die Regionalliga Nordost ja DIE Liga für den Ostfußball. Mir ist dabei aber eine Tendenz aufgefallen:
Der Anteil der Berliner Mannschaften wächst tendenziell. Waren es 2012/13 (der ersten Saison mit 5 Regionalligen) noch drei Vereine aus Berlin, sind es aktuell sechs, also ein Drittel der Liga. In den anderen Regionalligen ist die Unwucht meines Erachtens nicht so stark.

Mich würde interessieren (gibt es Experten hier?), wie die Situation in Berlin ist. Ist das gerade eine Welle? Oder wird Berlin gerade zu einer Fußballmetropole mit vielen nicht sonderlich hochklassigen aber sehr stabilen Leistung? Ich meine, Hertha und und Union betonen ja immer wieder, wie sehr sie die „Käfigkicker“ finden wollen. Da bieten sich die Berliner Regionalliga-Vereine ja als „Frühchenstation“ an.

Für die Fläche halte ich die aktuelle Situation nicht gerade gut, weil es den Profi-/hochklassigen Amateurfußball in der Fläche weiter ausdünnt. Und wenn der Stadionbesuch weniger attraktiv wird, wird der Nazitreff attraktiver.

Da ich durch und durch ein Kind der Großstadt bin, würde mich auch interessieren, wie die Fußball-Situation gerade in den Mittelstädten (wie Riesa, Hoyerswerda, Meerane, Apolda, Merseburg, Senftenberg, Güstrow, Neubrandenburg) gerade aussieht. Ist Fußball dort gerade attraktiv? Oder befindet er sich auf dem absteigenden Ast? Vielleicht kommt ja jemand aus einer der vielen Ecken…

Sport im Osten hat das Thema zumindest mal angeschnitten, könnte man denke ich noch ausführlicher drüber reden, da werden ja viele große Themen angeschnitten, unter anderem auch Sachen die du schon selbst angesprochen hast.

Ich denke es macht wenig Sinn die Thematik zuerst unter dem Aspekt Fußball zu betrachten. Wenn ich z.b. an den ehemaligen DDR-Oberligisten und sogar UEFA-Cup Teilnehmer Stahl Brandenburg denke, der mittlerweile nach mehreren Insolvenzen und Umbenennungen Siebtklassig spielt, denke ich mit Brandenburg an der Havel auch an eine Stadt die nach von der Treuhand komplett deindustrialisiert wurde, wodurch die Arbeitslosenquote dort sehr plötzlich extrem hoch wurde und die Anzahl von potenziellen potenten Sponsoren für einen Fußballverein richtig null gesenkt wurde. Auf diese Vorgänge folgt dann halt bis heute Abwanderung, jetzt ist auch das Durchschnittsalter dort immens hoch und das Durchschnittseinkommen sehr niedrig und es gibt kaum eine Chance da etwas aufzubauen, sowohl im Fußball als auch außerhalb. Also, wieso sollte man gleichzeitig junge Leute abstoßen und dann Fußballspieler in ebenfalls jungen Alter anziehen?

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