Die klassischen mannorientierten bzw. absichtlichen Notbremsen sind aber ja nicht das Wegschlagen des Fußes, sondern das Festhalten. Und das mag mit Blick auf die Verletzungsgefahr natürlich deutlich weniger unsportlich sein als die Grätsche von hinten, aber mit Blick auf die dahinterstehende Absicht ist das anders, weil wir hier keinerlei Ballorientierung haben und es dem Spieler nur darauf ankommt, den Gegner zu foulen, um die Chance zu unterbinden. Das alleine reicht mir schon, um die Schwelle zum Platzverweis- bzw. Unterzahlwürdigem zu überschreiten. Wenn dann noch der Verletzungsgefahr-Faktor dazukommt, dann soll die Sperre länger werden, da kann man ja auch noch einmal differenzieren.
Bisschen festhalten ist doch ok und auch kein Rot per se
In meinen Augen ist ein Foul mehr als die Handlung und die Auswirkung. Ein wichtiger Faktor ist auch die Motivation und der Wille mit Blick auf die Auswirkungen. Zur Verdeutlichung zwei Beispiele: Dieselbe Grätsche (mit demselben Bewegungsablauf und demselben Trefferbild) ist unsportlicher, wenn sie 20 Meter vom Ball entfernt passiert, als wenn ein Spieler versucht, den Ball zu spielen und knapp verpasst. Und aus dem Straßenverkehr: Wenn man absichtlich Auto fährt und dabei versehentlich jemandem über den Fuß fährt, weil man sich verschätzt, ist das schon nicht gut. Aber noch wesentlich schlimmer ist, wenn man das alles richtig einschätzt und dem anderen absichtlich über den Fuß fährt.
Die Motivation ist dass man den Gegner am Tor hindern will, die ist aber genauso am Mittelfeld der Fall. Von daher sehe ich null Unterschied, solange es ein Allerweltsfoul bleibt.
Das ist mir als Motivation zu abstrakt. Im Grunde ist ja bei fast jeder (nicht-Frust-)Aktion die Motivation, ein Tor zu verhindern bzw. komplementär dazu, ein Tor zu erzielen. Die Besonderheit in der Notbremsensituation ist, dass es eine der seltenen Situationen im Spiel ist, in denen sich die Gelegenheit schon so stark konkretisiert hat, dass man von einer offensichtlichen Torchance ausgeht. Und das bewusst vereiteln zu wollen, ist in meinen Augen vom Unsportlichkeitsgrad her schon ein Unterschied im Vergleich zum taktischen Foul im Mittelfeld, bei dem sich die Chance noch deutlich weiter entfernt ist. Und wenn die Mannschaft noch einen Wechsel und einen adäquaten Ersatz auf der Bank hat, würde eine rein persönliche Strafe kaum Abschreckungswirkung zeigen - der Spieler hätte also (im Teamgefüge) kaum etwas zu verlieren, sehr wohl aber einiges zu gewinnen, alleine schon, weil nicht gesagt ist, dass der Schiedsrichter die Notbremse dann auch als solche bewertet; dazu kommt dann eben noch, dass man die Situation ohnehin nicht 1:1 wiederherstellen kann. Die Unterzahl ist der Punkt, der bei der (absichtlichen) Notbremse abschreckt und damit letztendlich für ein faireres Spiel sorgt.
Es wird halt nicht die Art des Fouls bewertet sondern die Spielsituation. Das ist doch völlig wirr, da einen Unterschied in der persönlichen Bestrafung zu machen. Und wie gesagt auch bei mir fliegt der Spieler immer noch vom Platz, aber was hat die Mannschaft damit zu tun. Kollektivstrafen sind doch so verpöhnt, nur um abzuschrecken
Das ist auch nicht dasselbe Vergehen und war es auch nie. Nur liegt die Abstufung darin, wie lange es dauert, bis der Spieler wieder einen Platz betreten darf. Ich finde auch, dass man von einem Spieler erwarten darf, dass er über die Folgen seiner Aktionen informiert ist. Aus eigener Erfahrung: „Kurz vor dem Strafraum solltest du nicht grätschen, weil wenn du den Ball nicht ganz sauber wegspielst, schießt dein Gegner entweder unbedrängt aufs Tor (wenn du gar nicht getroffen hast und er weiterlaufen kann), oder du bist für den Rest des Spiels und mindestens noch das nächste raus (weil die Regel das für Notbremsen das so vorsieht)“ verstehen schon Zwölfjährige sehr gut.
Das Problem ist aus meiner Sicht eher, dass es immer wieder Spieler gibt, die die Grenzen der Regeln austesten und sich dann darauf verlassen, dass der Druck auf die Schiedsrichter hoch genug ist, dass sie die Regeln nicht anwenden, sondern mittels des berüchtigten Fingerspitzengefühls beugen oder brechen. Da gibt es eine lange Ahnengalerie, wo man dann so prachtvolle Fundstücke findet wie wiederholte klare Tätlichkeiten von Ribery oder Oliver Kahn, einen Kung-Fu-Tritt gegen die Brust im WM-Finale 2010 oder regelrechte Jagdszenen auf Diego Maradona in den 80er Jahren.
Vielleicht wäre eine Unterscheidung des Foulspiels für Eure Diskussion hilfreich. In anderen Sportarten trennt man ja auch:
- technischer Fehler
- Unsportlichkeit
https://twitter.com/JLTorrecilla_/status/1764053439934328842
Also ich finde das ja einfach konsequent, dass wenn man schon zwei Minuten drüber ist, und der Ball dann halt wieder aus dem Strafraum rausgespielt wird, dass man dann auch abpfeift. Man kann natürlich auch immer wieder warten und dann noch ne Ecke geben oder warten bis der Ball an der Mittellinie ist, aber auch hier kann der Ball dann innerhalb paar Aktionen ins Tor fliegen. Am Ende ist es für mich nicht der große Skandal, weil der Ball nicht direkt auf dem Weg ins Tor war, sondern weil eben nach Abpfiff noch der Ball geschossen, abgefälscht und geköpft werden musste, um im Tor zu landen. Eine feste Spielzeit würde natürlich helfen, da dann niemand diskutiert, dass die angreifende Mannschaft schlicht zu langsam war, aber es soll ja scheints nicht sein. Man könnte es ja machen, dass Nachspielzeit dann Netto gespielt werden muss oder so, aber wird wahrscheinlich nie kommen.
Aber ich finde es einfach auch traurig, dass man dann den Schiedsrichter so belagert, obwohl er ja nichts machen kann, wenn das Spiel vorbei ist, dann ist es vorbei, außer es gibt noch mal einen Grund für Elfmeter oder so?
Der Abpfiff während die Flanke kommt, ist schon an sich unclever und widerspricht der gängigen Auslegung, nicht in den laufenden Angriff reinzupfeifen. Besonders kritikwürdig wird es aber, wenn man sich vor Augen führt, dass es in der Nachspielen noch einen langen VAR-Eingriff gab: Laut Kickerticker: in 90+1 Strafstoß gegeben, in 90+4 revidiert. Dementsprechend müssen selbst bei ungünstigen Sekunden (90:59 und 93:00) mindestens zwei Minuten dazwischen gelegen haben. Und spätestens an der Stelle wird der Ermessensspielraum des SR meines Erachtens überschritten. Ich bin kein Freund von vorschnellem Skandalgeschrei, aber hier verstehe ich es. Und ich verstehe die Reaktionen nach dem Abpfiff auch. Das ist so ziemlich der unglücklichste Abpfiff seit Michael Weiner anno dazumal bei Werder-Nürnberg, als Klose alleine auf den Nürnberger Torwart zugelaufen ist, als der Abpfiff kam.
Kann man nur durch Regeländerung unterbinden. Am Ende wird es immer jemand geben, der früher abgepfiffen haben will und andere wollen länger spielen. Und wenn der Ball nicht mehr im Sechszehner ist, kann man schon sagen, dass der Angriff so weit weg ist von der Torerzielung wie halt wenn der Ball nochmal ins Aus gegangen wäre.
Bin bei der Sache auch eher pro Real
Zum einen ist nun mal das umgeschriebene Gesetz, es wird so lange nachgespielt, bis einer der großen Vereine in Spanien sein Tor zum Ausgleich oder Sieg gemacht hat
Zum anderen wird halt normalerweise nicht mitten im Angriff abgepfiffen(egal wie lange man schon drüber ist) und der Ball war die ganze Zeit noch heiß
Und die Nachspielzeiten sind in der aktuellen Auslegung sehr lang und darauf müssen sich Spieler ein bisschen verlassen können
Frag mich auch was Bellingham gesagt hat, weil vielleicht hätte da auch ne gelbe gereicht, weil der Ref hat ja auch gesehen, dass er gerade ein Tor gemacht hat und kann
Und plus natürlich was @Hagi sagt, dass kommt ja noch oben drauf
Aber insgesamt ist es vielleicht auch etwas Gerecht, wenn Real auch mal was gegen sich gepfiffen bekommt
Einfach Nettospielzeit einführen. Jede andere Sportart schafft das doch auch, sogar in den untersten Ligen. Warum soll das bei Fußball nicht möglich sein? Weil Fußballer es nicht gewohnt sind in der Jugend mal Kampfgericht zu machen, obwohl die Kader viel größer sind?
Eine Anzeige wird dafür auch nicht benötigt. Stoppuhr und go. Wenn die Gäste dem KG nicht trauen stehen sie halt dahinter und beobachten. Wie gesagt: Andere kleinere Sportarten schaffen es auch.
Ich habe damit im Amateurbereich (beim Futsal) leider sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Da gibt es bei einigen Vereinen Leute, die versuchen, das Maximale für ihr Team rauszuholen, und dann gibt es nur Probleme, wenn die Stoppuhr nicht jemand Neutrales bedient (und für neutrale Zeitnehmer/innen haben wir viel zu wenig Schiris). Das kriegt man auch nicht mit einer Beobachtung durch die Gäste hin. Denn das Beobachten verhindert, wenn es hart auf hart kommt, nichts. Und umgekehrt kann man natürlich auch einfach behaupten, der Zeitnehmer hält die Uhr zu spät an. Die Schiris können weder das eine noch das andere überprüfen. Spätestens nach drei Monaten gibt es dann den einen oder andern Spezl, der das ganz genau weiß und ausnutzt. Das sieht man ja schon bei den nicht-neutralen SRA in den unteren Ligen (die eigentlich nur anzeigen sollen, ob der Ball im Aus ist, keine Richtung). Da sind bei manchen Sportsfreunden (bewusst nicht gegendert) teilweise vogelwilde Entscheidungen dabei, die komischerweise immer zugunsten ihres eigenen Teams gehen. Und da kann man das als Schiri noch überprüfen und überstimmen. Wie ist es dann erst, wenn keine Kontrollmöglichkeit besteht? Damit macht man sich im Amateurbereich nur Baustellen auf, ohne dass man da einen großen Nutzen hat (man glaubt es kaum, aber: die Länge der Nachspielzeit ist selten ein nachhaltiges Thema).
Jude Bellingham’s non-goal shows us football’s full-time law needs to change - The Athletic
Hier ein guter Artikel zur Situation:
Der erste Pfiff war vor der Flanke, nachdem der Schiri schon gezeigt hat, dass die dann geblockte Ecke die letzte Aktion sein wird und dann hat er abgepfiffen.
Die Idee, die Nachspielzeit exakt zu stoppen, wäre auch meine gewesen, damit das wenigstens klar ist, dass hier einfach Schluss ist, wenn Schluss ist.
Sagt mal ihr Lieben, wo bleibt eigentlich die für die Rückrunde groß angekündigte „VAR APP“, die den Stadionzuschauern transparent Entscheidungen erklären soll?
Ist für mich wirklich nicht zu erklären, dass der DFB überhaupt keine Ambitionen hat sich dem Thema VAR mal ernsthaft anzunehmen und die Schiris durch reine regelkundige Videospezalisten im Keller zu unterstützen, dass dort ebenfalls Schiedsrichter sitzen ist m.E. Teil der Probleme.
Desweiteren bekommen Fans überhaupt keine Infos und Einordnungen mehr seit der DFB Feuerherdt als Leiter Kommunikation und Medienarbeit angestellt hat, was insofern ironisch ist, da er genau diese Einordnungen aber auch Kritik vorher ja ehrenamtlich geliefert hat.
Auch eine öffentliche Distanzierung des DFB gegenüber des Schreihalses der hinter „IG Schiedsrichter“ auf SM. sein Unwesen treibt ist z.B. überfällig.
Habe ich zu hohe Erwartungen oder passiert da gerade echt wenig bzgl. Öffentlichkeitsarbeit und Verbesserung?!
Hier sollten ja hoffentlich eh viele „Becker und Pfeiffer“ hören. Wer es aber nicht tut, seit ich glaube 2 Folgen macht Petra Tabarelli dort Segmente über die Geschichte von Fußballregeln. Ganz dicke Empfehlung an alle die sich dafür interessieren. Sind auch eigene markierte Segmente, also wenn ihr nicht genügend Zeit für den Rest der Folgen haben solltet könnt ihr nur diese Segmente hören.
Hier die aktuellste Folge mit Petra Tabarelli über die Gründung des IFAB (ab Minute 29:11)
Ich weiß nicht, ob das nicht eine Verschlimmbesserung ist. Aktuell haben wir doch recht selten solche Fälle, dass mitten in eine Angriff abgepfiffen wird. Wenn wir eine Netto(nach)spielzeit haben, wäre das regelmäßiger, gerne auch mal mitten in einen Schuss hinein. Jetzt kann man natürlich sagen „Ja, aber das ist von vornherein klar und für alle berechenbar“. Aber wenn ich mir anschaue, wie die Reaktionen auf die letzte Handspielregelung, die zumindest relativ berechenbar war, ausgefallen sind (oder aktuelles Beispiel: Handtor von Darmstadt in Bremen), glaube ich nicht, dass es das besser macht, im Gegenteil. Dann haben wir alle zwei Wochen irgendwelche Szenen, in denen es heißt „Was für eine Schwachsinnsregel“. Das kann man schon durchaus mal machen - aber doch nicht an einer Stelle, wo wir ohnehin keine nenneswerte Baustelle haben.
Globale Blaue Karte für Alle
Auch in diesem Jahr wird es ein Schiedsrichter*innensegment im Rasenfunk Royal geben, aber wir werden es anders gestalten und dafür brauche ich euch: Weil Alex (Feuerherdt) inzwischen in offizieller DFB-Funktion ist, gestalten wir die Sendung anders.
Drei Teile wird es geben:
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Konkrete Szenen aus der Saison. Warum sind sie so gelaufen, wie sie gelaufen sind
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Status quo VAR und Regeln. Wo kann man noch Dinge verbessern?
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Vom Podcaster zum Schiedsrichter:innensprecher: Wie war Alex’ erste Saison beim DFB?
Für alle drei Teile habt ihr sicher Fragen, konkrete Hilfe brauche ich aber bitte vor allem für den ersten Teil. Welche strittigen Szenen sind euch so wichtig, dass wir sie nochmal besprechen sollen?
Wir werden auswählen müssen und uns einschränken. Vielleicht auch einige Szenen bündeln und miteinander vergleichen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mal die Szenen hier lasst, die euch wichtig sind und dann treffe ich daraus eine Auswahl, die ich an Alex schicke. Ich würde die Liste gerne vor dem 34. Spieltag bereits vorbereiten und ihm dann direkt nach dem Spieltag schicken. Relegationshinspiel und Pokalfinale liegen auch noch vor unserer Aufzeichnung, das könnten wir ggf. mit einbeziehen.
Danke für eure Mithilfe und eure Fragen!