Schiedsrichter*innen und Regeln

Fände ein Platzverweis ohne Unterzahl irgendwie cooler als Zeitstrafen, weil die ja nicht in den Geist von Fußball passen. Was passiert, wenn das Spiel dann wegen Protesten 10 Minuten nicht fortgesetzt wurde, und die Uhr einfach weiterläuft. Denke exakte Zeitstrafen gehen nur mit mitgestoppter Zeit.

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Also eigentlich ist es ne gelbe mit Zeitstrafe

Weil gelbblau= gelbrot

Bin dafür die Regeln einfach anzuwenden, die es jetzt gibt
Macht man vor der Saison halt mal ne Ansage

Und ich glaube die meisten Referees sind alt genug zwischen einer höflichen Nachfrage bei nem Pfiff und diesem dauernden gemecker und den Schiedsrichter zu 5 versuchen umzustimmen

und das hat dann auch Signalwirkung nach unten

Und grobe Unsportlichkeiten sollten als diese auch geahndet werden(jemanden ohne Zweikampf, Chance auf den Ball oder irgendwas am Kragen zu ziehen ist halt einfach unsportlich)

„Showing dissent“ ist fast dieselbe Formulierung, wie sie ohnehin schon im Regelwerk steht („dissent by word or action“, Regel 12.3). Auch der vielversprechende Angriff („promising attack“; im deutschen Regelwerk etwas weniger gelungen mit „aussichtsreicher Angriff“ übersetzt) ist kein neuer Regelbegriff - das ist das, was landläufig als „taktisches Foul“ bezeichnet wird (missverständlich, weil es nur darauf ankommt, ob tatsächlich ein aussichtsreicher Angriff vereitelt wurde, und nicht auf die taktische Motivation). Es scheint also darum zu gehen, gewisse unsportliche Verhaltensweisen immer schärfer zu sanktionieren. Die Abgrenzungsprobleme sehe ich daher erst einmal noch nicht so wirklich.
Es kann aber - gerade beim Meckern - sicherlich dazu kommen, dass die Schiris dann (noch) zurückhaltender mit Sanktionen sind. Ich gehe aber davon aus, dass eine solche Änderung mit der Anweisung einhergeht, sogar schärfer gegen Meckern vorzugehen. Immerhin hat sich das IFAB schon länger das Erhöhen des Respekts gegenüber dem SR auf die Fahnen geschrieben.
In einigen Landesverbänden gibt es die Zeitstrafe schon seit Sommer 2021 oder Sommer 2022. Dabei ist die konkrete Ausgestaltung sehr unterschiedlich: In Hessen muss ein Spieler vorher zwingend schon Gelb gesehe haben, in Bayern kann die Zeitstrafe direkt gegeben werden und schließt dann die Gelbe Karte quasi mit ein, sodass anschließend nur noch Gelb-Rot möglich sit (wie im klassischen Hallenfußball).
Da ich in Bayern aktiv bin, kann ich nur von hiesigen Erfahrungen berichten: Dort ist die Regelung so, dass die Zeitstrafe bei Spielern, die noch kein Gelb haben, für Vergehen vorgesehen ist, für die die Gelbe Karte zu wenig erscheint, die Rote aber zu viel, etwa heftiges Meckern, heftigere Fouls („Dunkelgelb“), das Dreschen des Balles auf den Nebenplatz als Reaktion auf eine Schiedsrichterentscheidung oder auch für Situationen, in denen das Spiel die Zeitstrafe als Zeichen braucht, weil die Gelbe Karte nicht wirken würde. Für die „leichteren“, gelbwürdigen Vergehen soll es dagegen bei Gelb bleiben. Bei Spielern, die schon Gelb haben, soll es die Zeitstrafe (statt Gelb-Rot) als zweite persönliche Strafe für eben diese leichteren Vergehen geben (Ausnahme: Vereiteln eines aussichtsreichen Angriffs, da ein Spieler keine drei Chancen dazu bekommen soll). Da ist also sehr viel Spielraum für die Schiris drin und das ist Absicht so, weil die Schiris am besten im konkreten Einzelfall einschätzen können sollten, ob das Spiel eine Zeitstrafe als Zeichen braucht bzw. ob der Spieler eine Abkühlpause braucht.
Nach einem Jahr hat der BFV eine positive Bilanz gezogen: Durch die Einführung der Zeitstrafen ist die Zahl der Gelb-Roten Karten um 41% zurückgegangen und auch die der glattroten Karten um ca. 5% (Quelle). Das klingt erst einmal gut, man muss aber ehrlicherweise sagen, dass leider teilweise Schiris die Zeitstrafe nutzen, um die Glattrote Karte und die damit verbundene Meldung zu vermeiden. Trotzdem kommt die Zeitstrafe im Großen und Ganzen ziemlich gut an. Als Schiedsrichter finde ich sie auch praktisch und nutze sie zum Beispiel auch bei Zeitspiel in der Schlussphase, weil da die Gelbe Karte einfach keine Wirkung mehr hat, während eine Zeitstrafe dann doch wehtut und entsprechend abschrecken kann. Allerdings führt der große Spielraum der Schiris natürlich auch dazu, dass ähnliche Situationen unterschiedlich bewertet werden.
Das dürfte in meinen Augen auch im Profibereich ein großes Problem werden, wenn die Vorgaben nicht relativ eindeutig sind. Deshalb finde ich den geleakten Ansatz, Delikte als Ganzes in den Bereich der Zeitstrafe zu stecken, eigentlich ganz gut. Das erspart uns dann Diskussionen der Kategorie „Da hätte Gelb aber doch auch gereicht“, sodass wir nur noch die Abgrenzungen haben, die wir ohnehin schon haben: Keine Karte - Gelbe (bzw. dann Blaue) Karte - Rote Karte. Damit können wir umgehen, das kriegen wir hin.
Gespannt bin ich, ob die Blaue Karte dann auch VAR-relevant wird, immerhin führt sie zu einer direkten Unterzahl (auch ohne Vorgeschichte). Denkbar wäre das ohnehin nur bei bei der Vereitelung aussichtsreicher Angriffe, weil das Meckern dem SR selbst überlassen werden sollte, der hört ja, was gesagt wurde. Andererseits käme es bei einer VAR-Relevanz der Blauen Karte zu Widersprüchen, weil die Blaue Karte überprüft würde, die Gelb-Rote (oder Blau-Rote) mit der schärferen Sanktion dagegen nicht. Deshal gehe ich davon aus, dass auch die Blaue Karte nicht VAR-relevant sein wird.
Ein bisschen Sorgen mache ich mir, dass die Zeitstrafe das Spiel für die entsprechenden zehn Minuten unansehnlicher machen wird, weil die Mannschaft in Unterzahl dann evtl. auf Zeit spielen könnte. Und ich will nicht, dass sich Mannschaften schon in der 42. Minute an der Eckfahne vergraben. Das ist in der 90. Minute schon nervig genug. Was längere Spielunterbrechungen angeht, vermute ich, es wird dann laufen wie in Bayern: Die Zeitstrafe beginnt mit der Spielfortsetzung zu laufen und wird durch längere Unterbrechungen (klassisches Amateurbeispiel hierfür wäre ein Krankenwageneinsatz) gehemmt. Dafür gäbe es schon ein paar Situationen, von den sehr seltenen Krankenwageneinsätzen über VAR-Checks bis hin zu Tennisbällen aus der Kurve. Aber das könnte man ja begleitend regeln.

@RobChang: Stellst Du Dir unter dem „Platzverweis ohne Unterzahl“ eine vorübergehende Auswechslung vor? Das würde ich kritisch sehen, denn dann würde die Blaue Karte (zumindest bei den richtigen Spielern) noch weniger wehtun als eine Gelbe Karte, weil der vorübergehend eingewechselte Spieler dann ja nicht einmal vorbelastet ist. Unter Umständen könnte dann die Unsportlichkeit auch noch zum taktischen Mittel werden, weil man dem Spieler eine Atempause gönnt oder vielleicht sogar einen zusätzlichen Wechsel einführen würde. Um das zu vermeiden, müsste die Einwechslung also ins Wechselkontingent zählen, aber dann würde der SR den Trainer faktisch zu einem Wechsel zwingen. Das wäre dann doch auch ein seltsames Ergebnis. Das Szenario mit den zehn MInuten Protesten halte ich für unrealistisch. Wenn der SR das merkt, kann er ja weitere Blaue Karten geben und spätestens nach der fünften Blauen Karte ist dann Schicht im Schacht, weil das Spiel abgebrochen wird, wenn eine Mannschaft unter sieben Spieler auf dem Platz hat. Zudem läuft die Zeitstrafe vermutlich erst mit der Spielfortsetzung, das heißt, für wirksamses Zeitspiel müsste man erst in der nächsten Unterbrechung meckern und das wäre dann ja wieder auf Kosten einer Zeitstrafe (die auch wieder mit der Spielfortsetzung erst zu laufen beginnt) teuer erkauft.

Insgesamt finde ich es deshalb gut, wenn die Zeitstrafe eingeführt wird, auch wenn ich dafür keine Blaue Karte bräuchte (die zehn Finger reichen vollkommen), zumal das meine ganze Karten-Einsteck-Logistik durcheinanderbrächte… :grin: Eine Pilotphase würde ich deshalb absolut begrüßen.

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Ne keine vorübergehende, einfach Reduzierung der roten Karte zu einer rein persönlichen Strafe statt eine Teamstrafe zu sein. Siehst du rot, dann darfst nicht mehr weiterspielen. Aber der Trainer darf dich halt dann noch, falls möglich, auswechseln. Das macht die rote Karte eine viel weniger harte Strafe, die das Spiel entscheiden kann, und damit hat der Schiedsrichter auch wieder die Leichtigkeit, diese auch zu zeigen, wenn z.B. wenn ein Spieler zweimal gemeckert hat, was man heute ja einfach über sich ergehen ließe, weil es ja das Spiel zerstört, wenn man da zu kleinlich wäre. Es fehlt einfach Flexibilität, dass man zwischen Bewährung und lebenslänglich keine Varianz hat. Die blaue Karte soll diese herstellen, aber ich habe einfach ein Problem mit Zeitstrafen im Fußball ohne feste Uhr und ohne harte Regeln gegen Zeitspiel. Man kann dann ja immer noch doppelrot einführen, wenn jemand so hart rot-würdige Sachen gemacht hat, dass es auch ne Teamstrafe sein muss. Da jetzt nochmal ne eigene Karte einführen, mit eigenen Komplikationen an die keiner denkt, finde ich einfach zu viel.

PS: Bei Protesten meinte ich eigentlich Fanproteste, wie eben bei Hertha-HSV, da läuft die Zeit oft ja einfach weiter, und es muss ne Instanz von oben geben, die mitgestoppt hat, aber das kann der Schiri aufm Landesligaplatz ja nicht unbedingt.

Genau danach klingt es für mich
Man will Platzverweise verhindern
Warum?
Wenn ich als (erwachsener) Spieler nicht runter will, halt ich mich an die Regeln
Und so wird der Schiedsrichter als Komplize genommen, dass möglichst beide Mannschaften zu 11 zu Ende spielen

Ich glaube nicht, dass das das Hauptmotiv ist, steige aber trotzdem einmal drauf ein: Wollen wir als Fußballfans nicht, dass das Spiel mit elf gegen elf zu Ende geht und kein Platzverweis das Spiel entscheidet? Daher kommen doch letztendlich elenden Diskussionen zum Thema Fingerspitzengefühl, Doppelbestrafung etc. Letzte Saison wurde in der Schlusskonferenz (ich glaube bei Bayern-Gladbach damals und der Roten Karte gegen Upamecano) das Thema im Kontext früher Platzverweise auch angerissen, wenn ich mich recht erinnere. Und dass die Gelb-Roten Karten so erheblich zurückgehen, zeigt, dass die Zeitstrafe in den meisten Fällen ausreicht: Der Spieler kommt zurück und begeht danach keine weiteren (nennenswerten) Regelverstöße mehr, die Abkühlzeit hat also gereicht. Mit der Zeitstrafe lassen sich auch Revanche- bzw. Frustaktionen verhindern, weil der Spieler dann eben erst einmal zehn Minuten Pause hat und sich beruhigend kann.

Ich finde Deinen Ansatz jetzt nicht weniger kompliziert als eine Zeitstrafe (die es im Amateurbereich auch schon lange gab und zu der entsprechende Erfahrungswerte existieren, sodass die unvorgesehenen Komplikationen, die Du beschwörst, sehr selten sein dürften, wenn man die Regelung gescheit macht), spätestens wenn Du Doppel-Rot einführen willst. Und da stellt sich ja auch die Frage, was man als Doppel-Rotwürdig sieht? Tätlichkeiten, Beleidigungen und Kung-Fu-Fouls dürften relativ unstrittig sein. Aber welche Foulintensität wäre „einfachrot“ und welche doppelrot? Und was ist mit Notbremsen? Wenn es da keine Teamstrafe gibt, steigt die Attraktivität von Notbremsen, solange sich der Trainer noch eine Auswechslung aufgehoben hat (und das wird dann jeder Trainer tun, vermute ich). Also müssten wir die eigentlich auch die Doppel-Rot-Liste aufnehmen. Und was bleibt dann noch übrig für Einfachrot?

Wenn ich das richtig verstanden habe, soll die Blaue Karte ja auch erst einmal als Testlauf in einigen Wettbewerben eingeführt werden und anschließend evaluiert werden, bevor sie möglicherweise fest ins Regelwerk kommt. Die Sorgen können dadurch also bestätigt oder entkräftet werden.

Für Fanproteste und andere längere Unterbrechungen kann man eine entsprechende Regelung schaffen (genau wie für den Umgang mit Zeitstrafen über die Halbzeitpause hinweg unter Berücksichtigung der Nachspielzeit). In solchen Fällen müssen die Schiedsrichter die Zeit halt gleich anhalten oder die Vierten Offiziellen stoppen mit und diese Zeit wird im Nachhinein noch auf die Zeitstrafe draufgelegt. Das dürfte im Profibereich kein Problem sein. Und im Amateurbereich ist die Wahrscheinlichkeit solcher Fanproteste doch recht überschaubar - und wenn sie dann doch einmal vorkommen, können die Schiedsrichter die Zeit dann entsprechend anhalten oder am Ende draufschlagen. Im Amateurbereich gibt es die Zeitstrafe ja (teilweise) schon und diese Probleme sind mir bis jetzt zumindest noch nicht untergekommen.

Es ist vielfach unkomplizierter als eine Zeitstrafe, die einfach das Spiel zerstören würde, weil Fußball nicht den nötigen Rahmen für Zeitstrafen hat. Amateurbereich ist auch nicht Profibereich, Jugendbereich ist nicht Erwachsenenbereich. Man gibt den Spieler den Laufpass und dann ist alles geregelt. Keine Extraregeln nötig. Kein Mitstoppen (sowieso in Amateurbereichen gar nicht möglich), keine Motivation zu übermäßigem Zeitspiel, keine Kopplung mit anderen Karten. Wer rot kriegt, fliegt wie immer, nur sie schließt keine Unterzahl mit ein.

Und ja es ist ganz einfach, viele der aktuellen roten Karten bleiben rote Karten: Also Knöcheltreffer, stempeln, insbesondere Gelb-rote Karten sollten rein persönlich bleiben. Das heißt auch, man kann für meckern und Zeitspiel viel leichter gelbe Karten verteilen, dann ist viel schneller Ruhe. Harte Tätlichkeiten, spucken usw., alles was nichts mit dem Sport an sich zu tun hat, wäre dann halt eben Rot mit Unterzahl.

Aber gut, dass du Notbremsen ansprichst. Diese sind sowieso unabhängig von der roten Karten sehr schlecht bestraft, meiner Meinung nach. Hier muss die persönliche Strafe rote Karte herhalten, nicht weil es ein grob unsportliches Foul wäre, sondern weil man außerhalb des Strafraums keinen Elfmeter geben kann (und das wäre auch zu viel, wenn das Foul 30 Meter vorm Tor passiert). Aber man muss halt irgendwie die Verhinderung der klaren Torchance irgendwie ausgleichen und ein Freistoß wo die ganze verteidigende Mannschaft wieder hinter dem Ball ist, tut das offensichtlich nicht. Deshalb muss das total verrückt mit einer Unterzahlsituation bestraft werden, statt mit einer Wiederherstellung der verlorenen Torchance. Gerade am Ende des Spiels nehmen sowieso Mannschaften dann lieber rot in Kauf, statt dass es zum freien Lauf auf den Torwart kommt. Das ist eben die insgesamt schlechte Regelung, die ich anspreche. Und deshalb braucht es eben für solche Situationen halt nicht nur Freistoß als spielbezogenen Vorteil, sondern einen „Freilauf“, das heißt, der ballführende Spieler darf am Ort des Foul eben frei wieder laufen, und der Rest der Spieler stehen Abstand X hinter dem Ball auf einer Linie (Linien kann man ja sowieso dank Linienrichtern beurteilen), und dürfen dann laufen sobald wieder angepfiffen wurde. Dann wurde der foulende Spieler durch Platzverweis bestraft, und die Spielfortsetzung ist zu dem angemessen, sodass hier kaum eine übermäßige Zahl an Notbremsen zu erwarten wäre, ohne dass es eine Doppelbestrafung wäre.

Aber das hier hat nichts mit der roten Kartereform zu tun, sondern einer allgemeinen nötigen Reform der Notbremse, die entweder in Minute 5 das Spiel zerstören kann, oder in Minute 90 einfach den Sieg zunichte macht.

Klar, ich bin nicht naiv, und denke der Fußball würde sich derart reformieren, aber ich halt es nochmal für viel unwahrscheinlicher, dass die blaue Karte kommen wird.

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Nein
Erstens hat dann kein Platzverweis das Spiel entschieden, sondern eine Unsportlichkeit, die zu einem Platzverweis geführt hat
2.Ich will ein möglichst faires Spiel sehen
Ich find dieses Testen wie weit man gehen kann gerade bei Erwachsenen um sich unfaire kleine Vorteile zu schaffen nervig und das zerstört für mich eher ein Spiel als ein Platzverweis

Mal als Beispiel das Spiel Argentinien Holland bei der letzten WM
Hinter der Mittelfeldlinie hatten die Holländer sofort jemanden ohne Chance auf den Ball der ihnen in die hacken getreten hat, trikot ziehen usw
Zusätzlich zum ballwegschlagen, die Holländer immer wieder verbal angehen und vieles mehr

Dem Spiel hätte ein Platzverweis gut getan

Klar das ist ein extrembeispiel, aber ich würde das Verhalten der Argentinier in dem Spiel nicht außergewöhnlich nennen

Und wenn du es nicht schaffst bei einem Spiel mit anderen Menschen dein Gemüt so im Griff zu haben, dass damit alle anderen Leben können, kannst halt nicht mitspielen(das sind Erwachsene)

Ich glaub das Hauptmotiv ist werbeträger zu schützen in der Kabine zu verschwinden

Klopp deutlich: Premier-League-Kritik an der Blauen Karte - kicker

Ob (Profi-)Fußball wirklich nicht den Rahmen für Zeitstrafen hat, sollen ja die Versuche zeigen. Bis jetzt deuten die Erfahrungen im Amateur- und Jugendbereich darauf hin, dass das schon durchaus möglich ist - oder zumindest nicht derart ausgeschlossen, dass man schon die Pilotphasen im Vorfeld verhindern sollte.

Ich kann nachvollziehen, woher Du mit der rein persönlichen Natur der Roten Karte kommen willst. Ich fürchte aber, dass das dazu führen würde, dass wir mehr rotwürdige Vergehen sehen werde, insbesondere auch grobe Fouls, weil die Abschreckungswirkung im Teamgefüge wegfiele. Man hört ja jetzt schon (gerade bei Notbremsen) immer wieder „Er opfert sich fürs Team“ und wenn dann das Team auch noch keinen (nummerischen) Nachteil aus diesem Opfer hat, fehlt mir ein Stück weit die Abschreckungswirkung. Man könnte natürlich trotzdem auch da einen Versuch wagen, ich sehe aber noch nicht den Gewinn - am generellen Konzept der Unterzahl nach einer Matchstrafe gibt es ja bis jetzt zumindest in der allgemeinen Fußballöffentlichkeit keine Kritik, höchstens an bestimmten Einzelsituationen, gerade bei der Notbremse in der Anfangsphase.

Re: Notbremsen: Das finde ich einen sehr interessanten Ansatz. Du hast Recht, der Grund für die Rote Karte bei der Notbremse ist nicht das Foul an sich, sondern die Auswirkungen auf das Spielgeschehen. Da ist es durchaus eine Überlegung wert, (zumindest bei ballorientierten Notbremsen) von der persönlichen Strafe wegzukommen und stattdessen zu versuchen, die Situation wieder herzustellen. Ich hielte dann zwar einen Strafstoß für besser als ein solches „Wettrennen“, weil dafür in meinen Augen höhere allgemeine Akzeptanz da wäre und die (in meinen Augen ohnehin gar nicht so großen) Unterschiede in der Torerzielungswahrscheinlichkeit nicht so sehr ins Gewicht fallen, aber auch das könnte man durchaus ausprobieren - ich kann nicht wirklich abschätzen, ob Notbremsen quantitativ dann eher zunehmen oder eher abnehmen. Meine These: In der Anfangsphase des Spiels würden wir mehr sehen als bisher, in der Schlussphase dagegen eher weniger.
An einer Stelle möchte ich Dir aber ausdrücklich widersprechen: Eine (absichtliche) Notbremse ist in meinen Augen sehr wohl ein grob unsportliches Foul. Auch wenn Notbremsen häufig als „clever“ geframet werden, sollte man sie doch als das Betrachten, was sie sind: Der Versuch, das Ziel des Spiels (Tore zu erzielen) durch absichtliche Regelüberschreitungen zu vereiteln. Und das ist grob unsportlich. Es mag nicht dieselbe Unsportlichkeit sein wie eine Tätlichkeit, ein Spucken o.Ä., aber das liegt daran, dass es qualitativ einfach ganz andere Formen der Unsportlichkeiten sind und man die kaum miteinander vergleichen kann. Deshalb sollte bei absichtlichen bzw. gegnerorientierten Notbremsen auch weiterhin die Rote Karte (und gerne auch die damit verbundene Unterzahl für das Team) zwingende Strafe sein. Ich finde, dass es in diesen Situationen auch schon eine große Akzeptanz für die sog. Mehrfachbestrafung gibt und wenn ein Spieler eine absichtliche Notbremse zu Beginn des Spiels macht, wird normalerweise nicht die Regel kritisiert, sondern es heißt „Da muss er clever sein und das Gegentor in Kauf nehmen“. Und wenn man sich vor Augen führt, dass die Alternative zum Gegentor in den Konstellationen ein absichtliche Foul ist, dann ist das doch eigentlich ein gutes Zeichen dafür, dass die Regel das tut, was sie soll, nämlich Regelübertretungen verhindern. Problematisch sind doch vor allem die Fälle, in denen die Notbremse ballorientiert und damit mehr oder weniger unabsichtlich erfolgt.

Es ist nur grob unsportlich, wenn es nicht ballorientiert ist und man ihm nur die Beine wegzieht. Aber bei der Grätsche einfach auch bisschen Gegner zu erwischen, das ist ein Versehen und nicht unsportlich. Fouls gehören ja zum Sport, ansonsten würde jedes Foul ja viel härter bestraft werden. Und wo ist der Unterschied beim taktischen Foul an der Mittellinie und der ballorientierten Notbremse? Die Verhinderung der klaren Torchance, aber die kann man eben wie oben erwähnt ja wieder herstellen nach der persönlichen Strafe.

Die Statistiken zeigen aber ja durch den massiven Rückgang der Gelb-Roten Karten, dass die Zeitstrafe denselben oder einen ähnlichen präventiven Charakter hat wie die Gelb-Rote Karte. Anekdotisch kann ich auch berichten, dass mitnichten die Spieler nach der Zeitstrafe dann reihenweise ausgewechselt werden. Die wissen dann, dass sie sich nach der Zeitstrafe nichts mehr erlauben dürfen - und wenn das schon bei Amateuren funktioniert, dann dürfte das bei Profis, die im Schnitt eine höhere Disziplin haben, erst Recht klappen. Im Übrigen wäre die Einführung der Zeitstrafe für SPA-Vergehen und für Meckern im Profibereich, wenn ich das Gemeldete richtig verstehe, ja sogar eine Regelverschärfung, da es bisher dafür nur die Gelbe Karte gibt. Das steht und fällt aber natürlich vor allem damit, wie man mit Spielern umgeht, die schon verwarnt sind und dann erneut gegen die Regeln verstößt. Wenn die Standardmaßnahme dann Gelb-Rot bleibt und nur in Einzelfällen (z.B. zwei Vergehen in einer Szene aus der Momenterregung heraus oder so Doppel-Aktionen wie der Torjubel von Huszti damals) mal die Zeitstrafe kommt, ist das etwas anderes als wenn man nach einer Gelben Karte erst einmal typischerweise die Zeitstrafe gibt, sodass ein Spieler drei Vergehen machen kann. Das wäre in der Tat kritisch zu sehen. Was das von Dir vermutete Hauptmotiv angeht, bin ich mir auch nicht sicher. Die Regeländerung käme ja vom IFAB und die FIFA hat sich sogar kritisch dazu geäußert, wenn ich das richtig überblicke. Und auch da gilt natürlich das in Bezug auf die Regelverschärfung Geschriebene entsprechend: Wenn der Star statt Gelb die Zeitstrafe bekommt, ist das aus Werbeträgersicht ja sogar erst einmal kontraproduktiv.

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Für mich braucht es eben keine stärkere gelbe Karte, sondern eine schwächere rote Karte, was auch insgesamt mehr Freiheit gibt, gelbe Karten häufiger zu verteilen und die ist stark genug, auch wenn rot nur individueller Platzverweis bedeutet.

Beim ersten Teil d’accord, deshalb auch meine Einschränkung auf absichtliche Notbremsen. Das absichtliche Halten zur Vereitelung einer klaren Torchance reicht mir aber schon, um die Schwelle zu einer platzverweis- und unterzahlwürdigen Unsportlichkeit zu erreichen. Erfolgt das absichtliche Vergehen durch eine Grätsche ohne Chance auf den Ball, kommt halt noch ein zusätzlicher Unsportlichkeitsaspekt (Verletzungsgefahr) dazu, der sich auf die Sperre auswirken kann. Aber nur weil es noch schlimmer geht, muss man ja nicht auf die Rote Karte und ihre Auswirkungen verzichten. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich das „und“ hier richtig verstehe. Wenn Du auch mannorientierte Notbremsen, die nicht das Wegziehen der Beine sind, als grob unsportlich betrachtest, sind wir uns komplett einig.

Ich finde, es zeigt schon ein höheres Maß an Unsportlichkeit, einen Angriff in dieser letzten Phase zu zerstören als in der Entstehung. Alleine schon, weil die Notbremsensituationen deutlich seltener vorkommen als die aussichtsreichen Angriffe im Mittelfeld.

Aber die Chance geht ja nicht verloren, sondern ist genau wieder da, nur dass der Spieler halt vom Platz fliegt.

Das reicht mir persönlich bei absichtlichen Notbremsen nicht, um die dahinterstehende Unsportlichkeit zu sanktionieren (und entsprechend abzuschrecken), zumal man eine 1:1-Wiederherstellung niemals schaffen kann - was i.Ü. natürlich in beide Richtungen geht, die wiederhergestellte Chance kann ja auch besser sein als die Ausgangschance, z.B. wenn die Ballkontrolle nicht mehr so sehr gegeben ist oder es ein Spieler ist, der zwar einen super Antritt aber keine hohe Endgeschwindigkeit hat.

Ich finds nicht nachvollziehbar, dass jemandem ins Ohr beißen oder den Ball mit der Hand (illegal generell) von der Linie hauen, dasselbe Vergehen sein soll, wie bei der Notbremse ein Mililimeter daneben zu rutschen.

Es ist ja nicht dasselbe Vergehen. Genau wie jemandem eine leichte Ohrfeige zu geben nicht dasselbe Vergehen ist wie drei Faustschläge zu geben. Und beim Danebenrutschen bei der Notbremse würde es sich ja um ein ballorientiertes bzw. ein unabsichtliches Vergehen handeln. Da bin ich mit Dir auf einer Linie, da würde mir die Wiederherstellung der Chance (und evtl. noch eine Gelbe Karte als Verwarnung) ebenfalls reichen, auch wenn wir unterschiedliche Formen der Wiederherstellung befürworten. Da bräuchte ich im Übrigen auch keine persönliche Matchstrafe (mit Einwechslungs-Option).
Meine Argumentation bezieht sich auf Situationen, in denen der Verteidiger gar nicht versucht, den Ball zu spielen, sondern den Gegner bewusst durch ein Foul stoppen will. Das ist mir dann doch zu unsportlich, um es mit einer Wiederherstellung der Ausgangschance abzutun, weil wir damit - um die Formulierungen der Juristerei aufzugreifen - zwar das Erfolgsunrecht kompensieren, nicht aber das Handlungsunrecht. Und da möchte ich auch einen Nachteil der Mannschaft sehen, weil mir da sonst die Abschreckungswirkung nicht reicht, gerade wenn das Team noch eine Auswechslung zur Verfügung hat.

Da bin ich ja bei dir, dass sowas wie von hinten nur den Fuß wegschlagen sicher sehr unsportlich ist. Aber das unabhängig von der Torchance.