Schiedsrichter*innen und Regeln

Auf Grundlage eures Input für den Rasenfunk Royal 22/23 können wir gerne fortlaufend hier über Schiedsrichter und Regeln sprechen. Dementsprechend habe ich den Thread aus dem Royal Input ins Geplauder verschoben.

Also.
Die Regeln sind aktuell für mich recht klar und soweit verständlich.
Was ich aber auffällig finde: die Fehlerquote der Schiedsrichter auf dem Feld (!).
Das fällt umso deutlicher auf, wenn dann der VAR nicht eingreift.

Dazu das ewige Problem: laufen lassen, weil es könnte im Zweifel ja der VAR eingreifen.
Gibts dann aber kein Tor oder eine sonstige überprüfbare Situation sondern zum Beispiel eine Ecke, aus der dann ein Tor entsteht, dann haben wir wieder genau das, was der Verband sicher nicht will: Tore nach Fehlentscheidungen.

Man könnte es jetzt wieder lange ausführen, aber leider steht ebenso weiter: die VAR-Entscheide dauern oft zu lange.
Dazu - um jetzt einfach mal ein Beispiel vom 32. Spieltag zu nehmen - kommen immer wieder Szenen vor, in denen der VAR eingreift, obwohl eine Aktion, die zu einem Tor führte bestenfalls zweifelhaft, keinesfalls aber klar falsch ist. Jetzt kann man natürlich immer damit argumentieren, der Schiedsrichter habe es nicht gesehen, aber wenn schon leichteste Berührungen dann gecheckt werden, dann ist das schon übel.
Es sei denn natürlich, der Schiedsrichter sagt, er habe es gesehen, aber als nicht so hart bewertet. Dann darf der VAR ja nicht eingreifen.
Insgesamt: Murks. Weg damit bitte. (ich weiß: wird trotz auch immer wieder von Trainern und Spielern geäußerter Kritik nicht passieren)

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Ein Gedanke noch zur Problematik VAR: Der Grund, warum es nach wie vor schief ist und nicht immer für die erwartbare Gerechtigkeit sorgt, liegt auch im Verhalten der Schiedsrichter*innen: Ich möchte das am Beispiel des Spiels Bochum-BVB vom 30. Spieltag erklären. Es gibt Schiedsrichter, die sind eher selbstbewusst oder durch vorhergehende Spiele gebiased (Stegemann bzw. Gräfe und Adeyemi) und pfeifen daher solche Situationen nicht. Andere pfeifen sie und denken, wenn ich falsch liege, dann werde ich schon korrigiert werden. Wie wir jetzt aber durch Erfahrung gelernt haben, wird ein einmal gepfiffener Elfmeter bei der kleinsten Berührung nicht mehr zurückgenommen, weil man da dann einfach sehr schwer mehr von einer „klaren Fehlentscheidung“ sprechen kann. Wenn er aber vom Schiedsrichter nicht gepfiffen wird, dann ist der Ermessensspielraum schon wieder ungleich größer, da dann wieder der VAR an der Reihe ist und letztlich entscheidet, reicht das für einen Strafstoß oder nicht. Wenn Stegemann jetzt prophylaktisch gepfiffen hätte, wäre der Elfer niemals zurückgenommen worden. Das ist ein weiterer, meines Meinung nach bis jetzt nicht oder nur selten zur Sprache gekommener Aspekt.

Grundsätzlich halte ich den VAR und die Intention wieso er mal vor ein paar Jahren eingeführt wurde für gut.
Wie er jetzt gehandhabt wird und umgesetzt wird, ist für das emotionale Spiel das von situativen Tatsachenentscheidungen lebt verherend.
Es gibt im Fussball beim bewerten von Entscheidungen oft kein schwarz oder weiß, vor allem bei der Bewertung von Zweikämpfen. Mit dem VAR wird krampfhaft versucht dies zu tuen. Oft mehr schlecht als recht.
Wenn ein Tor gefallen ist, wird die gesamte Angriffsituation untersucht und jeder Kontakt akribisch auf ein übersehnes Foul untersucht, wenn kein Tor fällt ist es aber egal, ob mal ein Zweikampf vermeindlich „falsch“ bewertet worden ist. Zumal ja oft das Tor theoretisch noch danach verteidigt werden könnte. Es geht ja oft nicht um den letzten Zweikampf vor dem Pass zum Torabschluss oder den der dem direkten Abschluss vorrausgeht.
Der Fakt das es sich um klare Fehlentscheidungen handeln muss, wird sehr stark interpretiert und da herscht für mich oft ein Konflikt zwischen Feld- und "Keller"Schiedsrichter…
Vielleicht ist das auch ein Problem unserer deutschen Mentatiltät immer alles zu Normen und zu Regeln. Genau das ist halt im Fussball schwierig.
Ein großes Problem sehe ich genau so bei der Bewertung von Handspiel im Strafraum. Die Intention der Absicht wird immer weiter in den Hintergrund gedrückt, mit der Meinung, man könne die Absicht nicht wissen. Bälle die aus voller Geschwindigkeit und sehr kurzer Distanz an „abgespreizte“ Arme von Verteidigern prallen, sind keine Absicht. Jeder der Fussball spielt weiss dass, trotzdem wird hier oft auf Elfmeter entschieden, da es eine vermeindliche „Körperflächenvergrößerung“ oder „unnatürliche“ Armhaltung ist. Das hat mit dem simplen Spiel Fussball, welches die ganze Welt liebt nix mehr zu tuen. Da wird etwas bürokratisiert und reglemntiert, weil es vielleicht um zu viel Geld geht im Erfolg oder Misserfolg. Auf Dauer ist das für dass Spiel schädlich.
Wäre ich Trainer, ich würde keine Torabschlüsse mehr trainieren, sonder Flanken oder Schüsse an die Arme der Gegenspieler im Strafraum, um es mal etwas überspitzt auszudrücken. Das wird natürlich niemand öffentlich zugeben…
Der Sinn des Spiels Tore zu schießen rückt in den Hintergrund, lieber Elfmeter und damit verbundene persönliche Strafen für den Gegner provozieren, was vermeindlich zu mehr Erfolg führt…
Das gleiche bei Abseitsentscheidungen. Die oberste Regel, im Zweifel bei gleicher Höhe zu gunsten des Angreifers zu entscheiden, ist bei den technischen Milimeterentscheidungen, wo es um einzelne Körperteile mitlerweile geht lächerlich. Sogar die Sportschau hat letztens bei einem Tor von Sadio Mane gezeigt, das es technich Intepretationssache ist, wo man in welchem Pixel oder Frame das Bild anhält un der Ball den Fuss des passenden Spielers verlässt und daraufhin „versucht“ eine Linie zu ziehen auf einem Display. Sorry, das ist dann einfach gleiche Höhe und im Zweifel für den Angreifer. Das hat mit dem grundsätzlichen Sinn zu dem einmal die Abseitsregel eingeführt wurde, nämlich das kein Stürmer einfach vor dem gegnerischen Tor rumlungert und auf einen langen Ball wartet, nix mehr zu tuen.
Klar der DFB versucht hier Fifa und Uefa Vorgaben umzusetzten. Gut für das Spiel und den Spass daran als Zuschauer ist es leider nicht mehr.
Etwas Ähnliche problematisch finde ich die Inapretation der Regel des „deliberate play“; vor Toren. Zwei Beispiele, die mir dazu einfallen:
Das Tor von Leipzig gegen Union, wo Laïdouni versucht den Ball mit der Hacke elegant zu klären, was schief geht und dies als unbabsichtigtes Spielen des Balles interpretiert wird. Da Frage ich mich ob Schiedsrichter noch nie in ihrem Leben selber Fussball gespielt haben. Marco Rose hat sich ja genau so nach dem Spiel darüber aufgeregt.
Die zweite Szene Bochum Gladbach, wo ein Bochumer Verteidiger den Ball zur Seite aus dem Strafraum klärt unter leichter Bedrängniss, nach einer Ecke meine ich, aber mit voller Absicht, so gut es in dieser Situation für ihn möglich ist. Die folgende Flanke führt zu Tor und wird wegen „deliberate play“ abgepfiffen.
Beide Szenen wurden aber erst unter VAR Eingriff korrigiert??? Im Spiel wurde weitergespielt???
Als ob sich wer im „Keller“ beweisen müsste???

Das macht mich als Liebhaber diese Spiels oft nur traurig.
Schiedsrichter Urs Meier hat mal gesagt, er hat knifflige Entscheidungen auch mal aus dem Bauch herraus entschieden, wenn er sie nicht perfekt beurteilen konnte. Genau dieses Gefühl für das Spiel fehlt komplett bei den Schiedrichterentscheidungen, die durch den VAR bürokratisiert werden.
Er hat bei seinen Enscheidungen, dann zu 99% richtig gelegen, sagt Urs Meier…

Noch etwas grundsätzliches zum Thema Bundesliga, weiß nicht wo ich es sonst hinschreiben soll:
Das Theater und die Situation um Sascha Stegemann beim Spiel Bochum Dortmund, der vielleicht „Schuld“ ist an der verpassten Meisterschaft des BVB zeigt für mich wie kaputt dieser Wettbewerb ist, dass ganz Deutschland endlich nochmal einen anderen Meister als die Bayern haben will und die BVB die einzig mögliche Option überhaupt noch ist…der Rest der Liga ist ja noch weiter weg und RaBa will da keiner sehen…
Der letzte nicht BVB oder Bayern Meister war der VFL Wolfsburg und VFB Stuttgart Ende der 00er Jahre. Das zeigt was wir für ein Problem haben im internationalen und damit auch deutschen Fussball. Das Spiel und die Titelrennen oder SIeger von Wettbewerben sind sehr vorhersehbar geworden und damit langweilig auf die Dauer…

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Absolut. Wenn Dortmund Meister wird, dann wäre es das erste Mal, dass Max im Rasenfunk über einen anderen Meister spricht als Bayern…also in Deutschland.

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Ich will mal daran erinnern, dass vor der Einführung des VARs auch nach jeder größeren Fehlentscheidung diskutiert wurde, nämlich ob es einen Videobeweis geben sollte. Wie bei vielem was gut gemeint ist, ist dann aber die Umsetzung das Problem: Warum ist in der Bundesliga die Hürde so groß, dass sich das der Schiri einfach nochmal selbst anschaut anstatt sich 90 Sekunden was erzählen zu lassen? Inzwischen sind ja 8 Minuten Nachspielzeit Gang und Gäbe, das würde Zeit sparen und sowohl Schiri als auch VAR bei größeren Fehlentscheidungen aus der Schusslinie nehmen. Jüngst Stegeman bei BVB-Bochum oder Stieler bei Bielefeld-Fürth, dann muss man sich als Schiedsrichter danach auch nicht hinstellen und sich für eine Fehlentscheidung entschuldigen. Beim Mailänder CL Halbfinale stand der Schiri keine 20 Sekunden nach seiner Fehlentscheidung vor (einem dann zurückgenommenen) Elfmeter am Bildschirm.

P.S. das geht auch wenn es sich nicht um Fehlentscheidungen handelt, im DFB Pokal-Halbfinale Stuttgart-Frankfurt hat der Schiri die Entscheidung, keinen Elfmeter in der Nachspielzeit zu geben, nochmal überprüft und ist bei seiner Entscheidung geblieben - einfach um der Tragweite einer solchen Entscheidung gerecht zu werden

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Das unnötigste Regelthema dieser Saison ist für mich das Thema „deliberate play“ durch Abwehrspieler bei Abseits. In der Bundesliga am Beispiel Laidouni vs. Raba.

Die Vorgeschichte ist bekannt, dass die regulären Tore von Mbappe vs. Spanien (Nations League Finale) und auch Haaland vs. Paderborn (DFB Pokal) für großes Unverständnis in der Öffentlichkeit gesorgt haben, wo Abwehrspieler den Ball durch einen verunglückten Klärungsversuch in den Lauf des ursprünglich im Abseits stehenden Stürmers verlängern und nach alter Regel eine neue Spielsituation erzeugen.

Daraufhin wurde der Regeltext angepasst, dass ein Ball nur noch dann als absichtlich gespielt gilt, wenn zusätzlich auch ein Mindestmaß an Kontrolle vorliegt. Diese Definition ergibt natürlich überhaupt keinen Sinn bzw. eröffnet einen riesigen Graubereich, was genau ein Mindestmaß an Kontrolle ist. Deshalb wurden vom IFAB zusätzlich Beispielvideos veröffentlicht, an denen sich die Schiedsrichter entlanghangeln. Das eine schlechte Grätsche als unkontrolliert gilt, ein schlechter Kopfball aber als kontrolliert, ist zwar reine Willkür und steht in keinem Regeltext, geht aus den Videos aber so hervor.

Aus meiner Sicht leiten sich daraus zwei bedenkliche Trends ab:

  • es werden schwammige Regeln formuliert, aus denen sich keine konkreten Handlungsanweisungen ergeben, sondern das zusätzliche Studium von ergänzenden Bemerkungen oder Beispielvideos auf der IFAB Website voraussetzen. Das ist nicht nur ein vollkommen unnötiges Maß ein Finetuning, sondern auch eine Erhöhung der Zugangsschwelle.
  • die Regelhüter werden zunehmend reaktionär. Sie schmeißen lieber eine gut funktionierende und leicht zu verstehende Regel unter den Bus, als einen kurzen Shitstorm auszusitzen.

Die alte Regel war für Abwehrspieler natürlich sehr hart. Aber ist es wirklich so schlimm, einen Abwehrspieler für eine schlechte Grätsche zu bestrafen, dass man einen riesigen neuen Graubereich einführen muss? Innenverteidiger sind noch vor Manuel Neuer die Erfinder des Reklamierarms. Wenn sie das Abseits so perfekt im Blick haben, dass sie andauernd lautstark reklamieren, lasst den Ball doch einfach zum im Abseits stehenden Spieler durch und riskiert nicht, durch eine verunglückte Grätsche eine neue Spielsituation zu erzeugen.

Die Diskussion um sowas wie die Laidouniszene war im Moment der Regeländerung vorhersehbar. Die Experten, die nur in den Regeltext gucken (Gräfe, Kicker, etc.) müssen Schlagers Entscheidung als falsch einordnen, während die Experten, die die ergänzenden IFAB Fußnoten und Beispielvideos kennen (Fröhlich, Collinaserben, etc.) zum entgegengesetzten Urteil kommen.

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Die Diskussionen um die Qualität der Feldentscheidungen und über das deliberate play finde ich interessant. Beim VAR habe ich das Gefühl same procedure as…, man könnte zu allem die Threads der letzten Jahre kopieren und Antworten aus alten Podcasts kompilieren.
Meinetwegen könnt ihr diesen Teil der Diskussion in dem Segment einfach weglassen.

Werkzeug wäre für mich der Laubbläser mit Loch im Fangsack. Macht viel Lärm und nervt alle in der ganzen Nachbarschaft. Fühlt sich wichtiger als er ist (kommt mir zumindest bei einigen Schiedsrichtern aktuell so vor) und könnte genauso gut durch einen stinknormalen Rechen erledigt werden. Das Loch im Fangsack könnte für die fehlende Topleistung der Schiedsrichter stehen oder dem VAR, der weiterhin zu oft nicht funktioniert.

Wenn das in der Sportschau wirklich gemacht wurde, wäre das eine erschreckende Regelunkenntnis! Seit dem VAR ist das verlassen des Balles vom Fuß beim Abseits doch nicht mehr das Kriterium…

Dann klär mich mal über VAR Abseits auf…

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Im übrigen bin ich der Meinung, dass Vergehen im Strafraum nur noch zu Strafstoß führen sollen, wenn eine klare Torchance verhindert wurde. Insbesondere bei Handspiel, aber auch so manches Foul auf dem Weg aus dem Strafraum raus ist auch nicht sinnvoll mit Strafstoß bestraft.

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Ich schlage vor einfach eine AI auf Abseits entscheiden zu lassen. Dann liegt das Ergebnis sofort vor und ist eindeutig und objektiv. Falsch im Sinn der Regel kann es natürlich immer noch sein, aber wenigstens ist das Thema „bei Club XY hätte er anders entschieden“ vom Tisch.

Das wollte ich auch vorschlagen. Einfach eine KI benutzen, die in Echtzeit alle Bilder auf Abseits checkt, und auch die notwendigen Kamerabilder beim VAR vorsortiert, sodass man die relevanten Bilder schnell vorliegen hat

Seit dem VAR zählt nicht mehr der Moment des Abspiels, sondern “Massgebend ist der erste Kontakt beim Spielen oder Berühren des Balls.”

Ok, vielleicht hat sie Sportschau das auch so gemacht, ich meinte eher, dass man das Bild gar nicht so genau stoppen und diesen Moment definieren kann. Die Folge ist, je nachdem welcher VAR Techniker das Bild für den VAR vorbereitet und die Linie zieht, es Abseits ist oder nicht…und das hat mit dem Sinn der Regel nichts mehr zu tuen. Die Fehlertoleranz der Technik ist da noch garnicht mit einberechnet.
Irgendwer hat mal gesagt, das man die Abseitslinie eh nur auf 5cm genau anlegen kann, vielleicht ist das jetzt mitlerweile besser, trotzdem entspricht es nicht dem Sinn der Regel und wofür sie mal eingeführt wurde…

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Ist halt die Frage wie man es anpasst. Zu sagen: Es ist solange kein Abseits, solange man im Kontakt mit der Abseitslinie ist, würde diese Unschärfe ausgleichen, aber ich weiß auch nicht, wie sich diesen erlaubten Spielraum darauf auswirkt dass es schwieriger wird, Abseitsfallen zu stellen ? Im Profifußball kann natürlich jedes bisschen für den Stürmer gegeben, bedeuten, dass das dann ausgenutzt wird.

„Im Profifußball kann natürlich jedes bisschen für den Stürmer gegeben, bedeuten, dass das dann ausgenutzt wird.“

Was nicht schlimm wäre, im Zweifel soll die Regel ja auch Pro Stürmer ausgelegt werden…

Naja, aber dann zerschießt ein Verein, der Weltklasse-Stürmer hat noch mehr die kleinen Vereine. Man stelle sich ja vor, ohne Abseits hätte Mané 5 Tore mehr oder so. Und ich würde nun nicht sagen, dass es der Bundesliga insgesamt an Toren mangelt.