Schlusskonferenz 390 – #14 & #15 + MVPs

Kurze Verständnisfrage zum Augsburg-Teil:
Hier wurde von Max angesprochen, dass der FCA noch keinen Sieg nach einer Führung erreicht hat. Es stehen aber schon vier Siege, die ja logischerweise aus einer Führung resultieren, zu Buche. Gibt es unterschiedliche „Führungen“ im Fußballsprech?

Insgesamt 'ne schöne und runde Sendung! Find’s witzig, dass Lena teils wortwörtlich Statements aus den Dailys wiederholt und sich teils etwas widerspricht. :slight_smile: Schätze mal, dass das aus der gründlicheren Vorbereitung kommt, insofern Hut ab für die offene Einstellung.

Ein bisschen störend find ich die Tendenz, Verletzungen quasi wie Naturkatastrophen zu behandeln. „Mannschaft XY hatte auch viel Verletzungspech – da konnte sich die Verteidigung gar nicht einspielen, Thema durch.“

Ich finde die letzten Jahre zeigen schon relativ deutlich, dass Verletzungen nicht unbedingt vom Himmel fallen, sondern auch was mit der Arbeit im Verein zu tun haben. Union hatte lange Zeit mit die ältesten Startaufstellungen der Liga, aber trotz fordernder Spielweise vergleichsweise wenig Verletzte. Auch diese Saison haben sie trotz Dreifachbelastung eigentlich kaum nennenswert Verletzte, während sich die üblichen Verdächtigen wieder auf ihr Verletzungspech berufen.

Natürlich spielt Glück auch bei den Verletzungen eine gewisse Rolle, aber wenn sich Trainer in jeder Spielzeit darauf berufen können, dass sie ja seit Wochen ein volles Lazarett haben, sollte man das dann doch auch mal hinterfragen. :slight_smile:

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Das ist leider falsch, wenn ich das so gesagt habe, und hätte mir natürlich auffallen müssen. Richtig ist: 8 Führungen, aber nur viermal auch gewonnen. Quelle: Bundesliga - Punkte nach Führung 22/23 | Transfermarkt

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Ich boykottiere dieses Turnier in Katar auch. Schönen Urlaub, Max! Erhole Dich gut!

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Ich schaffe es bei den regulären Schlusskonferenzen oft zeitlich nicht, die ganze Sendung zu hören und skippe daher dann über Spiele und Vereine, die mich jetzt nicht so krass interessieren (sorry, FCA). Von daher kommt mir die WM-Pause ganz gelegen, weil ich dadurch bisschen Raum erhalte, um endlich ein paar Tribünengespräche zu hören.

Was ich aber eigentlich sagen wollte: das hier ist eine tolle Sendung geworden mit zwei super Gästen! Und danke für deinen Monolog am Ende, fand die Erklärung gut und wünsche dir einen erholsamere Zeit jetzt.

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Mir hat die Sendung auch sehr gut gefallen! Tolle Gästekombination.
Langsam muss ich mir in der Woche ein bisschen Forums-Lesezeit einplanen! Tolle Beiträge, wirklich lehrreich. Ich brüte für mich weiter über dem Spannungsfeld meiner eurozentristischen Prägung und trotzdem der klaren Haltung, dass ich die Menschenrechtsverletzungen in Quatar verurteile. Alles nicht so einfach, insbesondere wenn ich beim Lesen der Forumsbeiträge merke, dass mir noch eine Menge Wissen fehlt.
Zum Abschluss eine kleine Beichte oder sowas: ich boykottiere die WM, will das so, aber: es fällt mir schwer. Ich hätte eigentlich Lust drauf, würde gerne mit ein paar Freunden und Bier und Chips zu Hause auf dem Sofa Fussball gucken. Ausblenden kann ich aber die Umstände nicht. Alles blöd.
Ich werde mich nun in den Frauenfussball stürzen und den Rasenfunk vermissen, bin froh, dass es ein paar Sendungen geben wird.
Schönen Urlaub Max!

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Ich habe mir eben mal den Spaß gemacht, eine Tabelle nach abgegebenen Stimmen bei der „MVP“-Wahl (ich bekenne - ich wusste zuvor nicht, was diese Abkürzung bedeutet…) anzufertigen (abgerufen am 17.11.2022, 15.50 Uhr, hoffentlich ohne Übertragungsfehler).
Finde die Verteilung ganz interessant…
Was würdet ihr sagen, was sich daran ablesen lässt…?

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… dass Max’ Hass auf zu viele gesehene Augsburg-Spiele Früchte trägt.
… dass der gefühlt hohe Anteil an SGE-Expert/*innen stimmt.
… dass „Ey, ihr habt lange nix mehr zu Mainz gemacht!“ stimmt.
… dass viele Teams, die diese Saison (sehr) gut performen, hohe Beteiligtenzahlen zeigen (BVB ausgenommen).
… dass Frankfurt nun definitiv Deutscher Meister wird, wenn sie schon dieses Ranking anführen.

Nochmal off-topic zum Politikteil:

Ich lese gerade ein Buch zur Geschichte der Meteorologie (ist echt spannender, als es klingt) und bin da über einen sehr interessanten Punkt gestolpert.
Buchdruck.
Für die Kirche war Wetter Teil des göttlichen Himmels. Darüber spricht man nicht. So sprach man darüber nur in universitären Kreisen.
Dies änderte erst der Buchdruck. Und so war es ja nicht nur beim Wetter. Die Reformationsbewegung um Jan Hus hätte sich wahrscheinlich ähnlich wie später unter Luther durchgesetzt, hätte es schon einen Buchdruck gegeben. Informationsverbreitung und Aufklärung waren eben nur so möglich. Und damit auch das Entstehen einer Zivilgesellschaft.

Habe dann mal gegoogelt und herausgefunden, dass in der Diskussion um den Islam und muslimische Gesellschaften Buchdruck tatsächlich ein viel diskutiertes Argument ist.
Buchdruck war in der muslimischen Welt seit 1485 verboten und erst sehr spät und schleppend fand der Buchdruck dort wieder Eingang.
Eine progressive, bildungsbürgerliche Tradition konnte dort also erst sehr spät entstehen. Zumal dann auch schon weite Teile der muslimischen Welt in ihrer Entwicklung durch die Kolonialzeit geprägt wurden.
Um die arabische Welt besser zu verstehen, könnten dies vielleicht gute Anhaltspunkte sein.

Ansonsten gibt es glaube ich auch einfach universelle Gründe für Diskriminierung und Hass. Man sollte aufpassen die arabische Welt oder muslimisch geprägte Gesellschaften nicht nur auf den Islam zu reduzieren.
So kann Autoritarismus beispielsweise fast immer zu Irrationalismus führen.
Konservatismus ist naheliegend bei Angst vor der Deklassierung, was die Aufgabe einiger Privilegien mit sich bringen würde.
Am Ende könnte man, auch wenn es zunächst etwas absurd klingt, einige Probleme in Qatar unter Ähnlichen Aspekten analysieren, wie wir hier radikalen Konservatismus oder Faschismus analysieren. (An der Stelle einfach nochmal „Der ewige Faschismus“ von Umberto Eco und „Aspekte des neuen Rechtsradikalismus“ empfohlen)

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Spannend, ich dachte auch genau bei dieser Aussage, dass sie mich dazu bewegen würde etwas hier zu schreiben, aber ich finde deine Darstelltung der Säkulariserung etwas merkwürdig.

Meiner Ansicht nach ist es schwer wegzudisktuieren, dass die Ideen der Aufklärung ein Ursprung der Säkularisierung sind. Aber Geschichte verläuft eben nicht linear, es ist nun mal nicht so, dass ein Kant schreibt „Habe den Mut…“ und alle denken: „Oh ja, da hat er ja recht! Warum sind wir nicht früher darauf gekommen!“ Ich empfinde es auch nicht als Widerspruch, dass die Menschen die zur Säkulariserung das Gedankengebäude entworfen haben selbst gläubige Christen waren. Säkularisierung meint ja nicht Abwendung von Religion, sondern nur Zurückdrängung ihres Einflusses auf staatliches Handeln.
Dennoch steht am Anfang aller Veränderung meist ein Gedanken und hier sind es sehr viele Gedanken, die ganze Gesellschaftsschichten prägten und in meinen Augen schon einen der wichtigsten Anstöße zu säkularen Entwicklungen geben. (Stichwort: Liberalismus)
Das Problem liegt doch eher da, dass wir hier keinen billigen und unlauteren Vergleich anstellen können. Historische Situationen sind immer verschieden und die Annahme, Säkularisierung ist gut, hat Fortschritt gebracht und schade für die, die sie nicht hatten, ist unlauter (und by the way eurozentrisch, genau das war es ja, was viele Kolonialisten dachten). In Europa hat dieser Prozess lange gedauert und ist auch noch nicht abgeschlossen (wie @ixolius z.B. in Bezug auf die BRD korrekt darlegt). Im Zuge dessen wurden viele Kriege geführt und sind sonst noch so einige Dinge passiert, die wir eher als uncool beschreiben würden. Ich finde es daher problematisch anzunehmen, Säkularisierung sei die Lösung für viele Probleme. Andere Kulturen ernst zu nehmen heißt ja genau die eigenen Maßstäbe nicht auch an sie anzulegen. Es kann auch andere Wege geben menschenverachtende Scheiße hinter sich zu lassen,
Und das ist dann eben der entscheidende Punkt und da stimme ich Max zu: Menschenverachtende Scheiße ist nicht zu akzeptieren, nicht mal zu tolerieren. Ich finde den Vorwurf des Eurozentrismus, wenn dieser Zusammenhang formuliert wird immer etwas wohlfeil. Denn auch in Europa war und ist menschenverachtende Scheiße abzulehnen und man sollte sie als solche benennen und dagegen angehen.
Klar ist es dennoch problematisch, dass die Kategorien Religion und speziell Islam dafür verantwortlich gemacht werden. Ich bin daher Fan der Kategorie Patriachat, die es abzulehnen gilt. Das scheint nämlich eher die Konstante über verschiedene Kulturkreise hinweg zu sein. (und eben auch im Kolonialismus und Imperialismus) Und genau da sind wir vor der eigenen Haustür, wo auch noch ne Menge zu tun ist.

Eine kleine Volte aber noch zur FIFA: Ist es nicht ironisch, dass das imperiale Gebahren eines in Europa zentrierten und aus Europa und mit europäischen Maßstäben agierenden Verbandes, dazu führt, dass die Länder in denen eine andere Form von Kolonialismus (ja, sportlicher Wettkampf westlicher Coleur) hingetragen wird, dann mit kolonial-paternalistischen Argumenten kritisiert werden? Oder kurz: Ist nicht eher die FIFA zu kritisieren als Qatar?

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Zunächst einmal möchte ich in meinem ersten Beitrag im Forum Max nicht nur für die Arbeit im Rasenfunk danken, sondern auch für die Gelegenheit, ihn im kommenden Jahr im Nordwesten begrüßen zu können (auch wenn ich mich frage, warum es ausgerechnet das kleine Lemwerder sein musste, wo es doch so viele schöne und besser zu erreichende Locations in Bremen, Oldenburg und umzu gibt).

Darüber hinaus sprechen einige Beiträge in diesem Thread eher dafür, politische Diskussionen aus einem Sport Forum lieber herauszuhalten.
Wenn hier tatsächlich der Kolonialismus, der im Falle Katars nicht viel mehr war als die von Großbritannien häufig angewandte „indirect rule“ (politische Aufsicht bei gleichzeitiger Beibehaltung gesellschaftlicher und kultureller Autonomie), für die dortige Unterdrückung von Frauen, die Verfolgung sexueller Minderheiten und die Ausbeutung nicht-westlicher Arbeitskräfte, kann ich nur den Kopf schütteln. Nicht an allem Übel dieser Welt ist „der Westen“ schuld.
Im Falle Katars muss man auch keine Sorge haben, mit Kritik irgendwelchen islamfeindlichen Klischees Vorschub zu leisten. Die dort, wie auch in Saudi-Arabien praktizierte wahabitische Form ist auch den meisten Muslimen zu reaktionär.
Eurozentrisch ist dagegen in Wahrheit eher die Haltung, die WM zu boykottieren. In Südamerika, Afrika und Asien dürfte die berechtigte Kritik an Katar nur wenige davon abhalten, die Spiele ihrer Nationalmannschaften zu schauen.

Es liegt schon nahe, diese Tabelle mit der Diskussion um die Schwerpunkte neulich in Verbindung zu verbringen (wobei Max dort mit Recht darauf hingewiesen hat, dass er sich in dieser Saison mehrmals sehr positiv über Augsburg geäußert hat!).

Ich will mal sagen, was ich in dieser Tabelle lese. Wobei ich sie als Spielerei sehe (Nerd-Kram!) und die folgenden Sachen nur in aller Vorsicht äußern will.
Ich sehe sie ein Stück weit als „Aufmerksamkeits-Tabelle“, also, welche Clubs besonders beachtet werden. Es gehört ja doch etwas dazu, bewerten zu wollen, welcher Spieler bei einem Club am wichtigsten ist.
Das wird allerdings ein bisschen verzerrt durch Vereine, für die mensch sich ggf. nicht übermäßig interessiert, die aber einen herausragenden Spieler haben.
Interessant finde ich, dass Frankfurt noch vor Bayern, denen ich üblicherweise die höchste Aufmerksamkeit zurechnen würde, auf Platz 1 ist. Hat ja auch einen super Lauf, die Mannschaft, ist viel präsent und beliebt. Und inzwischen auch schon Geheim-Favorit für die Meisterschaft… :wink:
Wenig überraschend erscheinen dann die Platzierungen von Bayern und Dortmund, beides viel beachtete Vereine. (Wobei interessant ist, dass es mit Musiala und Bellingham bei beiden jeweils einen gibt, der in der MVP-Wertung weit vorn liegt. Wo wären sie gelandet, wenn es diese herausragenden Spieler nicht gegeben hätte…?)
Auf den ersten Blick überraschend Platz 4 von Bremen, letztes Jahr noch Zweitliga-Team. Allerdings könnte da die Person Niklas Füllkrug eine Rolle spielen, mit 71,7% zum MVP gewählt. Den kennen womöglich alle, rechnen ihm eine hohe Bedeutung zu und äußern sich entsprechend.
Bemerkenswert, aber vielleicht tatsächlich nicht übermäßig überraschend bei der konstant guten Performance (und dadurch Beachtung) im Jahr 2022 Freiburg und Union.
Interessant die Platzierung von Leipzig, bei denen ich im Ranking eines Rasenfunk-Forums (bei erwarteter tendenziell kritischer Sichtweise auf das „Konstrukt“ RB) einen tieferen Platz als 11 erwartet hätte. Hier jedoch mit Christopher Nkunku und 76,8% wieder ein dominierender Spieler.

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Du hast in den meisten Punkten mMn Recht, ich würde aber noch Gewichtungsfaktor „Laune der Fanbase“ hinzufügen. Frankfurt hat viele Fans, die aber auch gerade richtig Lust auf Fußball haben. Werder auch. Bei Stuttgart und Schalke ist die Motivation an einer MVP-Wahl Teilzunehmen eher so… meh! Und auch die Dortmunder werden beim Thema Fußball derzeit nicht direkt aufspringen.

Müsste ich es in eine Formel Pressen, wäre mein erster Ansatz:
„Größe der Fanbase“ * „Aktuelle Laune“ + („Bekanntheit Kader“ + „Offset“) * „Teilnehmer“

„Offset“ ist dabei die Solide Basis an Rasenfunk Höhrerinnen und Hörer die natürlich über alle Vereine bestens informiert sind. Mit „Bekanntheit des Kaders“ meine ich auch wie gut Leute einen MVP rauspicken können. Um das zu qunatifizieren würde ich nicht nur darauf gucken wie viel Prozent der erste Platz bekommen hat, sondern zum Beispiel die ersten drei Plätze summieren und gucken was an „Rauschen“ über ist. Augsburg, Mainz und Hoffenheim kumulieren im Bereich 60-70% auf dem Treppchen, während Bremen das schon mit Füllkrug alleine übertrumpft.

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Den darauf folgenden Zeilen entnehme ich, dass diese Forderung weniger dem „politikfreien Sport“ Gedanken entspringt, sondern von anderen politischen Ansichten herrührt.
Aber wozu ist ein Forum da, wenn nicht für den Austausch und das Zusammentragen unterschiedlichster Aspekte?

Sicher ist es schwierig im Fall Qatar von Kolonialismus zu sprechen. Aber habe ich das überhaupt? Zunächst schrieb ich ja weniger von Qatar im speziellen, welches, wie du ja selbst beschrieben hast, durchaus Teil der Persischen Golf Politik des Empires war, sondern allgemein über die Entwicklung von Gesellschaften des Nahen und Mittleren Ostens. Und da kam der europäische Einfluss ja durchaus auch ohne Erklärung eines Protektorats etc. zu Stande. Aber Verfassungsreformen hin zu einem Rule of law oder die Ideen der Jungtürken sind mMn stark europäisch bedingte Einflüsse, was ich zugegebenermaßen unglücklich verkürzt habe

Verkürzt finde ich aber auch den Vorwurf unsere bisherige Diskussion würde auf ein

hinauslaufen. Im Gegenteil wurden hier unterschiedliche Gründe ausgemacht, warum Menschenrechte in der qatarischen Gesellschaft nicht an vorderster Stelle stehen oder sich kein sonderlich progressives Bürgertum ausgebildet hat. Das Druckverbot kam ja nicht von den Europäern. Von Franzosen in Ägypten eingeführte Druckerpressen, welche nach und nach ein Zeitungswesen etablierten, waren da wohl eher förderlich.

Ist berechtigte Kritik und ein daraus folgendes Handeln nun eurozentristisch?

Schließen möchte ich diesen Beitrag mit der Erinnerung daran, dass dieses Forum eigentlich zu den schöneren Orten im Internet gehört. Gerade deine Einleitung bezüglich politischer Beiträge empfand ich persönlich im Ton doch etwas abfälllig. Vielleicht täusche ich mich aber auch. Wie dem auch sei, willkommen in einen positiven und konstruktiven Forum.

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Guter Punkt, ja! :+1:

Ich glaube, das ist ein ganz entscheidender Punkt: Die ‚Aufklärung‘ stellt in gewisser Weise die Semantik bereit, auf die sich spätere Trennungen von Kirche und Staat berufen können, ohne dass das 18. Jahrhundert diese Trennung selbst in seinen Institutionen vollziehen würde. Der spätaufklärerische Liberalismus zum Beispiel weist dem Staat die Zuständigkeit für alle Belange zwischen Menschen zu, während die organisierte Religion (Kirche) auf die Verwaltung des Seelenheils beschränkt wird.

Die Aufklärung gibt es natürlich nicht. Aber ich würde auch nochmal unterstreichen, dass weite Teile - vor allem der deutschsprachigen Aufklärung - keine anti-religiöse Bewegung sind, sondern allenfalls eine anti-klerikale oder anti-dogmatische Bewegung. Damit steht sie ja aber wiederum in der Tradition von Luthers Priestertum aller Gläubigen. Viele Anstrengungen von Aufklärern dienen geradezu der ‚Tieferlegung‘ von religiösen Überzeugungen und setzen sich mit der Frage auseinander, wie religiöse Gehalte mit den Erkenntnisen der neuen Naturwissenschaften (Newton, Linné, etc.) und mit den Bemühungen der historisierenden Bibel-Exegese harmonisiert werden können. (Dabei entstehen dann Denkformationen wie die Physikotheologie, die Neologie, der Deismus, die Natürliche Religion, etc.)

Im Hinblick auf die Kontroverstheologie kann man vielleicht sagen, dass ‚aufklärerisches‘ Denken auf die Schlichtung allzu gewaltvoll ausagierter religiöser Auseinandersetzungen abzielt (bei gleichzeitiger Begeisterung der meisten Aufklärer für proto-nationale Expansionskriege). Mit einer Publikationsoffensive haben es die Hamburger ‚Patrioten‘ immerhin geschafft, die anti-katholischen Unruhen in Hamburg nach 1720 nicht mehr offen ausbrechen zu lassen. Im Hinblick auf Voltaire ist vielleicht interessant: Eines der großen Vorbilder Voltaires für die politische Durchsetzung religiöser Toleranz ist der ägyptisch-syrische Sultan Saladin aus dem 12. Jahrhundert. Für das 18. Jahrhundert ist der Islam vor allem eine Religion, die beispielhaft für die Umsetzung staatlicher religiöser Toleranz ist. Für die Aufklärung liegt die Funktion der Religion - würde ich sagen - vor allem darin, zur Motivation bei der Befolgung weltlicher Gesetze und der Ausbildung zur Sozialfähigkeit beizutragen. Bestimmte religiöse Vorstellungen und Inhalte eignen sich dazu, andere nicht.

Ich würde auch sagen, dass die vielfältigen Beziehungen von ‚Aufklärung‘ und Religion mit „Säkularisierung“ nicht treffend beschrieben sind, sich aber natürlich Anschlüsse finden lassen. Man müsste dann auch diskutieren, wie man mit Theorien zur „Rückkehr des Sakralen“ im 20. Jahrhundert umgeht: Säkularisierung ist ja kein unumkehrbahrer Prozess und ohnehin ist es eine methodisch recht schwer zu fassende Frage, inwiefern gesellschaftliche Umschichtungsprozesse vor 300 Jahren für den heutigen Zustand unserer politisch-gesellschaftlichen Verfassung in die Verantwortung zu nehmen sind (falls mit „Aufklärung“ tatsächlich die historische Formation gemeint ist, häufiger wird der Begriff in populären Diskussionen m.E. als Sammelausdruck für vielfältige Entwicklungen im europäischen Staatsbildungsprozess genutzt).

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Ich habe mich vor allem auf den post von @dxciBel und da auf folgende Passage bezogen:

Hier hätte es wenig Rechercheaufwand benötigt, um das im Fall von Katar als völlig unzutreffend herauszufinden.
Statt die offensichtliche Erklärung für die Homofeindlichkeit in Katar zu benennen, nämlich die regressive Auslegung islamischer Rechts- und Moralvorstellungen, die in Katar bereits deutlich vor der eher oberflächlichen britischen Kolonialherrschaft existiert haben, wird pauschal der westlichen Kolonialismus verantwortlich gemacht. Das mag in anderen Regionen vielleicht zutreffen, für Katar gilt das nicht.

Ich sitze bzw. stehe regelmäßig in Fussballstadien und da sind mir die politische Meinungen der anderen Fans ziemlich egal, solange sie sich nicht offen extremistisch zeigen.
„No politics, no religion“ oder anders ausgedrückt „wir lassen uns beim Sport gegenseitig mit unseren Ansichten zu Politik und Religion in Ruhe“ halte ich für die bessere Alternative als das plakative Herausstellen der eigenen Meinung, was in vielen Fällen nur der eigenen Selbstvergewisserung dient und/oder nicht über ein „preaching to the choir“ hinauskommt.

Für Politik gibt es jede Menge Foren unterschiedlicher Medien. Den Rasenfunk braucht es da nicht noch zusätzlich.

Man kann nicht „nicht handeln“.
„No politics, no religion“ suggeriert den Königsweg der gegenseitigen Toleranz. In manchen Situationen könnte dies auch tatsächlich sinnvoll sein*.
Für nicht sinnvoll erachte ich dieses Credo, wenn sportliche Großereignisse von den Veranstaltern mehr und mehr politisiert werden.
Für nicht sinnvoll erachte ich dieses Credo, wenn Menschen vom Spiel ausgeschlossen werden.
Natürlich können wir alle wie Biedermeier in der Kurve stehen und über abkippende 6er oder über den fehlenden Willen der 11 auf dem Rasen diskutieren und alles andere ausblenden.
Nicht falsch verstehen, ich möchte auch nicht meinem Nachbarn mit Politik auf die Nerven gehen, wenn der nur ein Bierchen in der Kurve genießen und einfach mal abschalten möchte. Aber wenn wir uns niergends zusammenfinden, um uns z.B. auch mal über die Rolle und Auswirkung von Verbänden im Fußball unterhalten, wer dann? Und kann dies wirklich im Fan-fernen Raum stattfinden? Wenn ein Fußball-Podcast nicht mehr über diese Art des Fußballs berichten möchte, soll dies nicht in dem dazugehörigen Forum diskutiert werden?

Natürlich braucht alles Maß und Mitte, aber manchmal braucht es auch radikale Ideen.
Oder zumindest den Austausch darüber.

*was aber auch eine politische Handlung wäre…

Hatte den Eindruck, dass es hier bisher eher eine geistesgeschichtliche Bedeutung zur Anwendung kam. Ich habe seine Relevanz als als historische Kategorie immer noch nicht richtig verstanden.

Ich wollte mich mit dem Begriff, aber auch eher auf die wirklich stattgefundenen Trennungstendenzen von Kirche und Staat beziehen. Eine wirkliche laizistische Trennung gibt es verwirklicht ja nur in den wenigsten Staaten. Und Säkularisierung halte ich immer noch für den treffendsten Begriff, wenn es um die Zurückdrängung kirchlichen Einflusses aus staatlichen Belangen geht.

Diese Haltung verstehe ich nicht. Dies hier ist z.B. das einzige Forum, dass ich überhaupt nutze und wenn ich mich mit Menschen über das gehörte (darum ging es hier ja die ganze Zeit) austauschen möchte und wir als Laien/Halbprofis/Profis(?) zu Themen schreiben, die nicht direkt mit Fußball, aber direkt mit dem Podcast zu tun haben, kann man dem doch nicht die Legitimität absprechen. Sachliche und fachliche Fehler werden dabei auch in Politik- und oder Geschichtsforen gemacht (alles andere würde mich zumindest wundern). Die Diskussion schlicht als verfehlt zu bezeichnen ist schon von oben herab.

Dann hilf uns mit der Richtigstellung statt zu sagen, wir dürfen nicht drüber sprechen!

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Du hast bis auf einen Beitrag 2019 bisher nichts hier geschrieben. Und jetzt glaubst du definieren zu können, worüber im Rasenfunkforum diskutiert werden darf? Zumindest klingt das für mich so. Das finde ich sehr schade.