Schlusskonferenz 390 – #14 & #15 + MVPs

Politik ist halt nicht gut definiert. Wenn das Stadionklo unbenutzbar ist, und die Fans dann ein Banner hinhalten, dass die Bedingungen für sie unhaltbar sind, dann ist das auch direkte Politik. Und genauso kann man das ja hier auch machen, wenn es um die Fansicherheit bei der WM geht.

Hier geht es ja nicht darum, dass jemand dem aktuellen Herrscher in Qatar seine Stimme geben will oder halt nicht. Es geht rein allein darum, ob man die WM in so einem Land ausrichten sollte. Reine Sportpolitik

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Nein, ich will gar nichts definieren, das steht mir auch nicht zu. Am Ende entscheidet Max darüber welche Threads bzw. Beiträge stehen bleiben.
Und natürlich gibt es genug Gründe, sich über Sportpolitik bzw. Politik im Sport im allgemeinen und die WM in Katar im speziellen auszutauschen. Ich persönlich finde dieses Forum gerade im Bezug auf die WM dann aber nicht der richtige Ort, wo Max entschieden hat, dazu nichts zu veröffentlichen. Aber das kann und soll ja jede und jeder für sich selbst entscheiden. Das war offensichtlich von mir im vorigen Beitrag missverständlich geschrieben.

Der Rasenfunk hat bereits 2017 ein Tribünengespräch zum Thema Footballleaks veröffentlicht. Das zeigt doch, dass der Rasenfunk schon sehr sehr lange auch ein politisches Medium ist. Das kommt jetzt nicht gerade plötzlich, und es gehört zum Rasenfunk dazu.

Abgesehen davon kann man sich nie von Politik lösen, finde das hat Max auch jetzt beim Thema Katar wieder sehr klar herausgearbeitet. Wenn du nicht explizit politische Stellung beziehst, stützt du das existente System. Wenn der Rasenfunk nicht Stellung gegen Katar beziehen würde und einfach unreflektiert sportlich berichtet, würde er die WM mit stützen

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Was meinst du mit System? Den Staat Katar? Die FIFA? Ersterer wird doch im wesentlichen gestützt durch Milliarden von Geld aus den Industriestaaten, u.a. auch durch Deutschland, dass nun LNG Lieferungen aus Katar beziehen wird.
Und auch wenn ich Max’ Haltung komplett nachvollziehen kann und er mir als Person ohnehin grundsymphatisch ist, finde ich es am Ende falsch und schade, dass die WM im Rasenfunk nicht stattfindet. Denn der Rasenfunk ist nunmal in erster Linie kein „politisches Medium“, sondern ein Fussballpodcast, in dem das größte Einzelereignis dieses Sports nun ignoriert wird. Katar wird diese Entscheidung sicher nicht stören, jedes Medium, was nicht mehr kritisch über die WM berichtet, dürfte denen im Gegenteil eher entgegen kommen.

Yes, ich habe Aufklärung eher in diesem Sinne gemeint. Für mich kommen dann auch Punkte wie Industrialisierung und damit Kapitalismus mit dazu, darin steckt ja nicht nur eine Stärkung der Demokratie (Vermögensbildung ermöglichte erstmals standesunabhängige Aufstiegsmöglichkeiten, gleichzeitig wurden breite Schichten dazu ermächtigt, für mehr zu leben als nur Arbeit (und wenn sie wollen Glaube), dadurch spielt Konsum eine Rolle, etc.). Dazu auch die Renaissance der Naturwissenschaften, die meiner Meinung nach eben auch sehr wichtig dabei war, das Obrigkeitshörige in der Religion stückweise zu reduzieren (mit Gegenbewegungen).

Wenn ich die Diskussion hier lese, dann hätte ich an der Stelle sicher präziser formulieren müssen. Danke aber für eure Einwürfe, hab mich an manche Sachen wieder erinnert, die ich früher mal wusste. Anderes war mir komplett neu.

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Zur restlichen Debatte: Im Forum hier wird in der Regel gar nichts gelöscht. Es ist, was wir alle draus machen. Und ich glaube, dass es im Fußball sogar mehr Diskussionen über Politik braucht und nicht weniger. Dass dieser Sport so losgelöst von vielem anderen gesehen wurde lange, ist meiner Meinung nach eines seiner Grundprobleme.

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Wie wäre es, einen eigenen Thread zum Thema Quatar anzulegen?
Es kommen täglich viele neue Beiträge in den Medien, es wird ein Thema bleiben, und ich fände den weiteren Austausch darüber auch unabhängig von der Schlusskonferenz 390 sehr interessant.
Gestern ein Beitrag in Deutschlandfunk Kultur, der auf Fan-Initiativen einging: #BoycottQatar2022 - in Bayern heißt das Freibier gegen Fußball | deutschlandfunkkultur.de
Daraus spricht für mich zwar zum einen die eurozentrische Sicht (in der Empörung, die Winderpause vorziehen zu müssen - die ich vor der Diskussion hier auch hatte, nun aber anders darüber denke), interessant fand ich hingegen z.B. die Aktion der 60er an die nach ihrer Information 15.000 Toten (!) zu erinnern.

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Eine heitere Runde der Experten.Hat Spaß gemacht. Eignet sich zum Wiederhören in der rasenfunklosen Zeit. Jetzt aber erstmal WM. Trotz allem…

Moin! Sehr gute Sendung! Unterstütze den Rasenfunk jetzt monatlich mit 5€! Nach deinem selbstkritischen Kommentar zur WM in Russland und deiner Haltung zur WM in Katar, ist es mir ein Anliegen!
Der Rasenfunk ist das letzte Medium, dass ich zum Thema Fussball konsumiere!
Nach jahrelangen bedingungslosen Konsum von BuLi und Champions League, gehen mir die Themen wie Fifa, Berichterstattung der Pay Tv Sender, 50+1 usw. so auf die Nerven, dass ich mir nur noch den Podcast anhöre, da es hier um die Sache Fussball geht! Und ich muss mir nicht die engstirnigen und in Ihren Zeit zurückgebliebenen “Altstars” anhören. Wie der immer das Gleiche erzählende Loddar usw! Soll heißen: sehr gute Gäste und tolles Format!

Danke dafür.

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Ich stimme dir in so vielem zu Qatar zu.

Allerdings bin ich seit Gestern stark am grübeln ob wir uns von wegen Rechtsstaat, Meinungsfreiheit, etc. so weit aus dem Fenster lehnen dürfen, wenn von der Polizei in Bayern gegen Fußballfans wegen einem (klar provokativen) Banner so brutal vorgengangen wird wie an diesem Wochenende.
Das habe ich in dieser Art und Weise schon lange nicht mehr in Deutschland gesehen und habe mich immer über andere Länder gewundert und geurteilt - speziell Frankreich wo ja gerne mal Gästeblocks gestürmt werden.

Ich möchte auch nicht in den Whatbaoutism abrutschen. Keine Frage, Qatar ist voller Ausbeutung und Menschenverachtung ihrer „Minderheiten“.

Aber ich wurde an diesem Wochenende gefühlt geistig mit Schlagstöcken und Tränengas von meinem moralischen hohen Roß geholt.

Schauen wir doch mal, ob und wie das aufgearbeitet wird. Das gibt dann einen Hinweis darauf, wie es um den Rechtsstaat bestellt ist.

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Heute Morgen erstmal den Pressebericht der Polizei gelesen. Natürlich wurde da behauptet deeskalierend gehandelt zu haben. Die diversen Videos, die ich gesehen habe, sahen halt nicht deeskalierend aus.
Klar, die waren alle sehr einseitig.
Aber ich kann mir schwer vorstellen wie man Pfeffersprayeinsatz in eine Menschenmenge in denen sich auch Kinder befinden rechtfertigen kann.

Erst einmal Respekt für deine Haltung zur WM in Qatar. Ich finde sogar, dass „Boykott Qatar“ zu kurz greift. Es müsste eigentlich „Boykott FIFA“ heißen. Die regeln in ihren Kandidatenländern für eine WM jeden Pups, von der Steuergesetzgebung, die den Wünschen der hohen Herren angepasst werden muss, bis zum Abstand zwischen Stadien und Reklametafeln von Nicht-Sponsoren. Und in diese Verträge kann man nicht aufnehmen, dass Arbeiter fair entlohnt und menschenwürdig behandelt werden müssen? Wohl kaum. Auch die geltenden Gesetze des Landes sind keine Überraschung. Wenn man möchte, dass Homosexuelle gefahrlos bei der WM dabei sind, dann vergibt man keine Veranstaltung in ein Land, wo gleichgeschlechtliche Beziehungen verboten sind. Dann kann sich der Kandidat frei entscheiden, ob er seine Gesetze ändert, und zwar für alle Menschen in seinem Staat (und nicht nur ein paar Wochen für WM-Touristen), oder keine WM ausrichten kann. Erst jetzt anzukommen und unsere Maßstäbe anzulegen ist ein bisschen billig. Warum sollte Qatar ausgerechnet unsere Gesetze übernehmen? Warum nicht das Sozialrecht der USA oder das Strafrecht von Saudi-Arabien? :crazy_face:

Die Arbeiter in Qatar verdienen jede Unterstützung von uns. Aber nicht, weil dort in den nächsten Wochen eine WM läuft.

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Von wegen unterschiedliche Kultur, die Qataris boykottieren doch selbst ihre WM :stuck_out_tongue:

Es stimmt, dass der Adressat der Verband sein muss. Nur hinter ein BoycottFIFA kommt man nicht mehr zurück. Mit Qatar spricht man das Symptom an und bietet der FIFA die Möglichkeit sich zu rehabilieren.

Ja, ich weiß, es ist immer noch die Fifa…

Ich bin mir garnicht sicher was man bei Qatar überhaupt boykottieren soll, man kann doch nur die FIFA boykottieren, oder? Für Qatar ist das Kind schon in den Brunnen gefallen bzw die Schäfchen ins Trockene geholt . Der einen Fangruppe ist es egal und sie feiern den Fußball in Qatar, die anderen haben sich ihre Meinung gebildet und mögen Qatar nicht. Ob die Leute dann Spiele gucken, kann den Qataris doch Wurst sein. Und zumindest in Teilen Westeuropas haben sie sich ihren Ruf schon einmal nachhaltig ruiniert

Wenn ich die WM boykottiere trifft das doch nur die Sendeanstalten, Werbepartner und dadurch dann auch die FIFA in the long run. Von daher sollte man (wenn man etwas ändern will) wirklich #BoykottFIFA sagen und konsequent in Zukunft keines ihrer Turniere gucken. Oder es zumindest in einer Weise tun bei der man nicht mitgezählt wird (also keine Streams und GFK Boxen). Das ist doch das einzige was die FIFA interessiert: Geld, also Werbepartner, also mediale Reichweite. Wenn ich nun sage: Wir müssen auch die nächste WM in Amerika boykottieren, dann meine ich das nicht als whataboutism, sondern: Die FIFA ist und bleibt der Hausherr, also ist die nächste WM auch scheiße, egal in welchem Land.

Oder übersehe ich da etwas?

PS: Bitte nicht falsch verstehen, Qatar ist untragbar mit ihrer Diskriminierung von Minderheiten und Frauen, ich will das nicht relativieren. Aber die muss man mMn durch kritische Berichte im TV und anderen Medien „angehen“, vor allem im Rahmen der WM jetzt. Aber wieso Qatar ein Boykott der Übertragung interessieren habe ich noch nicht so ganz verstanden. Bin aber offen für Erklärungen, falls meine Ansicht falsch ist.

tl;dr: Boykott trifft mMn nicht Qatar, ist aber dennoch gut weil es die FIFA trifft. Bei Qatar hilft nur Aufklärung, in welcher Definition auch immer… oder nicht?

Ich denke in dem Fazit sind wir uns einig.

Ein Kollege von mir schaut die WM. Hat sich heute aber sehr über den OneLove-Binde Rückzieher aufgeregt. Sollen die europäischen Verbände doch auf Konfrontation gehen, ohne die Europäer wäre die Fifa doch nichts.

Aber was kommt dann?

Ein neuer Verband der sich dann wie von der Fifa unterscheidet? Die Uefa ist doch genauso ein korrupter Haufen wie die Fifa. Ein daraus hervorgehender neuer Verband wird früher oder später einfach nur eine Fifa 2.0.
Das Problem ist ja auch nicht, dass die handelnden Akteure zufällig immer moralisch fragwürdig sind, sondern dass die Logik des Systems moralisch fragwürdiges Handeln erfordert.

Also ja, Krieg den Verbänden.
Aber dies ist wohl eher das Credo einer kleinen Gruppe der Fans.
Greifbar schien bisher in meinen Augen keine Revolution, aber Reformen.
Die Boycott Bewegung hatte Erfolg. Sie hat so viel Druck auf die nationalen Verbände ausgeübt, dass diese sich positionieren mussten. Und da wir gerade sehen können wie radikal die Fifa gegen jegliche Kritik oder Nichtkritik (über-)reagiert, erscheint sogar der Bruch mit der Fifa schon fast Mainstream. Dies wäre (vordergründig) eine Revolution. Diese WM wird vermutlich eine schwere innenpolitische Krise bei der Fifa auslösen und in einem lösungsorientierten Kompromiss könnte eine Chance auf eine andere Fifa stecken. Jetzt alles sehr viel Konjunktiv, aber dies wäre ein direkter Erfolg der Boycott Bewegung. Nicht, dass man die WM hätte verhindern können, sondern dass man die Macht der Fifa bricht.
Gut, noch ist der Würfel nicht gefallen, aber:
Der Weg auf dem der Feind flieht, muss man bahnen. - Vegetius

Qatar ist in meinen Augen nicht das Ziel. Deshalb mal BoycottQatar und BoycottFifa gegenübergestellt.

BoycottQatar zielt mMn weniger auf das Land, dies ist den meisten ja egal, sondern auf die QatarWM. Wer kann dies ändern? Die Fifa. Wenn nicht jetzt, dann aber, dass keine Wiederholung in der Zukunft stattfindet.

BoycottFifa würde auf die nationalen Verbände und die Fans zielen. Es fordert eine Revolution. Vielleicht nötig, aber schwer vorstellbar, deshalb dann vermutlich auch mit geringen Mobilisierungspotential. BoycottFifa würde zudem jeweils den Verweis auf Qatar etc. benötigen, wäre deshalb in meinen Augen auch nicht so prägnant.