Danke für die schöne Sendung, für gezwungene Frühaufsteher ein Highlight.
Der letzte Spieltag hat mich vermutlich Jahre meines Lebens gekostet. Noch einmal Relegation konnte ich mir nicht schönreden.
Dass es am Ende zur Meisterschaft gereicht hat, tut mir leid für Darmstadt, sie hätten es verdient, die Schale mitzunehmen.
Wobei, eigentlich auch wieder nicht . Es war bezeichnend für die Heidenheim-DNA, bis zur letzten Sekunde durchzuziehen. Ich bin mir sicher, im umgekehrten Fall wäre kein Spieler Frank Schmidts auf die Idee gekommen, vor Ende der Saison einen Feiertrip zu unternehmen. Und wenn doch, wäre es vermutlich sein letzter gewesen.
Die Einschätzung, dass der FCH nicht unbedingt chancenlos sein wird, unterschreibe ich. Natürlich.
Helfen wird da sicher, dass trotz der Mahnungen, Schmidt und seine Primaner nicht zu unterschätzen, genau das erst einmal passieren wird. Zu laut sind die Rufe über den sicheren Absteiger, Fußballzwerg, Dorfverein, Langweiler. Das bleibt in den Köpfen und das ist gut so, weil es hilft.
Doch da gibt es auch andere Faktoren.
Frank Schmidt hatte früher den Ruf, stur zu sein. Zeichen der Zeit nicht zu erkennen. Auf seinem Weg zu beharren, auch wenn die Wand immer wieder zu dick war.
Doch er hat sich entwickelt, so wie der ganze Verein.
In der Saison 17/18 lief es nicht. Spielerisch limitiert, zu wenig durchsetzungsfähig. Da wurden die Rufe ganz laut, ihn abzusetzen und endlich mit diesem „schrecklichen Fußball“ Schluss zu machen. Da war was los auf der Ostalb. Denn wenn sie hier eines richtig gut können, dann ist das motzen.
Die Reaktion Sanwalds war eindeutig und erstickte jeden Widerstand im Keim. Öffentlich erklärte er, Schmidt würde entscheiden, wann er aufhört, er würde ihn auf Lebenszeit verlängern und auch mit ihm absteigen.
Auch der Mannschaft wurde das so kommuniziert. Ihr könnt alle gehen, er bleibt.
Dieser Rückhalt ist zementiert. Das muss man wissen. Für Spieler heißt das, entweder ihr könnt mit ihm oder ihr geht. Bei Misserfolg auf einen Trainerwechsel zu hoffen - sinnlos.
Beendet wurde die Saison auf Platz 13. Danach ging es konstant ins erste Drittel. Schmidt hat an der Mannschaft und vor allem an sich gearbeitet.
Ballbesitz, Passquote, diese Werte waren über Jahre unterirdisch. Mit einer Passquote von 79,5 stand man am Ende auf Platz 9 der 2. Liga Statistik, noch vor Darmstadt. Zum Vergleich: In der ersten Liga hatten in dieser Saison 7 Vereine eine zum Teil deutlich geringere.
Die PKs sind oft zäh, aber es ist gut zu hören, wie detailliert Schmidt Spiele und Gegner analysiert, er ist immer in der Lage, den Spielverlauf anzupassen und umzustellen, etwas, das seine Mannschaft umsetzen kann.
Das völlige Gegenteil vom Walter Ball: Hurra, der HSV kommt. „Wir sind ein großer Verein und es geht immer nur nach Vorn“
Dazu kommt die enorme Fitness der ganzen Mannschaft, top in allen Laufstatistiken und doch kaum Ausfälle über die ganze Saison hinweg.
Hier wird im Athletikbereich herausragend gearbeitet, ein großer Verdienst Said Lakhals, ehemaliger Olympiateilnehmer und 800 m Läufer. Auch er bereits seit 2015 im Verein.
Aus dieser Fitness nimmt das Team auch die Gier zu verteidigen. Das fängt bei Kleindienst an, der mit seiner Wucht und Konsequenz nach hinten eine Bank ist, etwas, das er den meisten Stürmern auch in der 1. Liga voraus haben wird.
Defensiv stabil, starke Standards, schnelles Umschalten und enorme physische Stärke. Das sind Voraussetzungen, die du als Aufsteiger unbedingt brauchst.
Oft hört man, der Zweitligist wird mit seinem 2. Liga Fußball nicht weit kommen, zu groß die qualitative Schere der Kader.
Alles muss anders werden. Das wiederum führt aber vorwiegend dazu, dass eine Mannschaft, die sich komplett neu erfinden muss, solche Startschwierigkeiten hat, dass der Zug vorbeirauscht, bevor man aufgesprungen ist.
Die Heidenheimer werden versuchen, dieses zu verhindern.
Die Leistungsträger sollen gehalten werden, Kleindienst der noch 2 Jahre Vertrag hat, gilt als unverkäuflich.
4-5 Verstärkungen soll es geben, in allen Mannschaftsteilen, nur auf der Torhüterposition passiert nichts. Hier ist man hinter Kevin Müller gut aufgestellt.
Vitus Eicher hat noch einmal ein Jahr drauf bekommen, das passt zur Politik des Vereins. Eicher ist 32, seit 2016 die Nummer 2. Immer im Dienst der Mannschaft soll er jetzt das Abenteuer Bundesliga mitnehmen dürfen.
„Dahinter“, aber eigentlich davor, 2 interessante Torwart-Talente, der 21-jährige Österreicher Paul Tschernuth und der sehr spielstarke 19-jährige Frank Feller, Nationaltorhüter U19.
Ich könnte mir vorstellen, dass einer von beiden verliehen wird, um ihm mehr Spielpraxis zu generieren.
Für mich spannend, wie sich Mü schlagen wird. Ein großartiger Typ, der herausragend halten kann, aber doch auch mit dem einen oder anderen Klops. Das darf dir oben eigentlich nicht passieren.
Die ersten Spieler wurden verabschiedet. Da gab es eigentlich keine Überraschungen.
So konstant und stark die erweiterte Stammelf war, die Spieler dahinter konnten kaum mithalten. Da kam es schon zu enormen Brüchen in den Spielen. Da wird man auf min 4-5 Positionen nachlegen müssen.
Hier sehe ich die größte Gefahr. Der Kader ist zu dünn.
In der IV beispielsweise. Tim Siersleben kam 2021 auf Leihbasis aus Wolfsburg. Hier wird wohl noch verhandelt. Man würde ihn gerne behalten und in Wolfsburg käme er sicher nicht so wirklich zum Zug. Dahinter ist eigentlich nichts. Theuerkauf wird da kaum noch aushelfen können und Maloney ist im Mittelfeld unverzichtbar.
Die Vorgaben sind unverändert. Junge hungrige Spieler, bereit zu ackern, um voranzukommen. Laufstark, ausgesprochen teamfähig und robust. Ich denke nicht, dass bei uns jemand seine Karriere auslaufen wird.
Rückkehrer? Schwierig. 2 hätte ich tatsächlich gerne, Niklas Dorsch und Tim Skarke.
Dorsch, weil er immer noch perfekt ins Profil passt und Skarke, weil ich ihn seit seiner Jugend kenne und schätze. Was ihm bei seinem Abgang fehlte, hat er sich in Darmstadt geholt. Mehr Biss und Widerstandsfähigkeit.
Nun. Wir werden sehen. Ich freue mich. Dass das sonst keiner tut, ist uns wumpe. (Anwesende Foristen natürlich ausgenommen )
Das ist schon Hardcore, was da so geschrieben und gesprochen wird.
Verzwergen der Liga, Abstieg in die Bedeutungslosigkeit, Madigmacher der Konferenz.
Da wird seit Jahren gejammert, über Investoren, Geldgier, abgehobene Profis, Werbekonstrukte. Alle haben Sehnsucht nach Fußballromantik. Aber die dann bitte nur in 40k+ Stadien und mit 15000 Auswärtsfans.
Plötzlich vermissen alle Hertha, Schalke und den HSV. Da ich auch die erste Liga komplett verfolge, hatte ich während der vergangenen Saison ja nicht so den Eindruck. Der Schalker Schlussspurt mag emotional gewesen sein, aber mehr doch auch nicht.
Ich kann schon verstehen, dass es maximal frustrierend sein muss, wenn der eigene Club aus all seinen Möglichkeiten so wenig macht. Die Fans geben, was sie können und bekommen wenig zurück. Aber dann doch bitte den Mist vor die Türen der heimischen Vereinsheime kippen.
Jetzt sind wir da. Zumindest 34 Spieltage lang. Das wird schwer, aber nicht unmöglich!